Dienstag, 30. Dezember 2025

Glückliche Trumpanzees

Irgendwie ist es ganz süß, wie nach zehn Jahren Verzweiflung, zum Jahreswechsel wieder einmal Kolumnisten Artikel schreiben, in denen sie Trumps Ende heraufziehen sehen. Zum myriadsten Male.

Ein offensichtlich lächerliches Vorhaben, da dieser Mann aus politischem Teflon besteht. Ein Prozent der Trump-Skandale hätten jeden anderen US-Präsidenten aus dem Amt gefegt. Für ihn aber sind die Maßstäbe nicht nur verrutscht, sondern ganz abgeschafft. Moralische, politische, juristische Grenzen gibt es nicht mehr.

Wieso sollte man also dennoch darauf hoffen, ihm könnte irgendein neuer Skandal das Genick brechen?

-      Weil er es fertig bringt, kontinuierlich zu eskalieren.

Trump ist nicht gleichbleibend katastrophal, sondern wird täglich schlimmer.

Daher packt es einen, wider besseres Wissen, immer wieder: Jetzt muss es doch mal zu viel sein. Selbst seine sklavisch hörigen Jünger können das doch nicht mehr gut finden.

So hoffe ich beispielsweise auf die zum Jahreswechsel einkickenden drastischen Erhöhungen der Krankenkassenbeiträge. Man kann es schlecht bei FOX und Breitbart kaschieren, wenn sich die Prognosen der verhassten Demokraten, so realistisch im eigenen Portemonnaie manifestieren.

Immer mehr Betroffene melden sich zu Wort, wie zum Beispiel eine 61-Jährige Amerikanerin, deren Krankenkassenbeitrag von derzeit 314,40 Dollar im Januar auf 1.296,00 Dollar steigt. Ein kleiner Unterschied, den viele Durchschnittsverdiener nur mit der Kündigung ihrer Versicherung bewältigen können.

Vielen Dank, Trump. Vielen Dank, Republikaner im Kapitol. Muss nicht irgendwann doch die Stimmung gewaltig kippen?

[…] Nach knapp zwölf Monaten im Amt allerdings sieht Trump bemerkenswert geschrumpft aus. Die Koalition, die ihm zum Wahlsieg verholfen hat, bröckelt. Je mehr präsidentielle Macht er an sich reißt, desto schneller scheint er zugleich die Kontrolle zu verlieren: über sein Außenbild, die Politik, sich selbst.

Schneller als viele Amtsinhaber vor ihm wirkt er plötzlich wie ein »lame duck«-Präsident, also einer in Restlaufzeit. Das dürfte auch daran liegen, dass er so zwanghaft an seinem Vermächtnis arbeitet – und dabei immer offensichtlicher wird: Es ging ihm nie um America First, sondern immer um Trump First. […] Politisch will Trump nicht viel gelingen, von der Zerstörung bestehender Normen und Institutionen abgesehen. Seine Umfragewerte sind im Dezember so schlecht wie die Zahlen zum Arbeitsmarkt. Was die Wirtschaft betrifft, wächst diese zwar, doch eine Mehrheit der Wähler traut dem erratisch agierenden Präsidenten ökonomisch nicht mehr viel zu. Sein Wahlkampfversprechen, die Preise zu senken, hat Trump nicht gehalten. Stattdessen hat er sich und seine Familie auf schamlose Weise bereichert. Die Republikaner blicken mit Sorge auf die Midtermwahlen im nächsten Jahr, schon im November mussten sie in Virginia, New Jersey und New York herbe Niederlagen einstecken. Zudem schwebt der Epstein-Skandal wie ein Damoklesschwert über dem Weißen Haus. […] Als wäre das nicht genug, scheint Trump weder seinen innersten Zirkel noch sich selbst richtig im Griff zu haben. Rund ein Dutzend Mal wurde der Präsident seit Amtsantritt öffentlich beim Einschlafen erwischt, unter anderem während einer Militärparade und bei der Beerdigung des Papstes. […] Trotzdem wäre es viel zu verfrüht, Trump jetzt als Scheinriesen abzutun. Wenn jemand bewiesen hat, dass er zu großen Comebacks fähig ist, dann er. Und drei Jahre sind eine Menge Zeit, um die Architektur der Welt einzureißen – vor allem, wenn man nicht viel zu verlieren hat.  [….]

(Nicola Abé, 30.12.2025)

Müssten nicht irgendwann selbst die 77 Millionen Trump-Wähler begreifen, wie sie für dumm verkauft und geschröpft werden?

Wer kann so doof sein?

Es stellt sich immer wieder die Frage, wie man journalistisch damit umgehen soll.

Man dürfte dem Irrsinn nicht mit Belohnung durch Aufmerksamkeit begegnen.

Man kann aber auch nicht, nicht darüber berichten, weil er der mächtigste Mensch der Welt ist.

Man darf aber schon gar keine Gewöhnung an den Irrsinn zulassen.

[…] Nachdem Donald J. Trump, der unerklärlicherweise ein zweites Mal zum US-Präsidenten gewählt wurde und immer noch als solcher geduldet ist, am 17. Dezember eine 20-minütige „Rede an die Nation“ gehalten hatte, konnte man am Tag danach bei factcheck.org wie üblich nachlesen, welche seiner Behauptungen korrekt (wenige) und welche erfunden waren (die allermeisten). Die Seite wird vom Annenberg Public Policy Center betreut, man nimmt dort seine Sache genau. Aber nicht nur auf factcheck.org schreibt man jedes Mal (unter vielem anderen) gewissenhaft auf, dass es mathematisch unmöglich ist, Preise um 400, 500, 600 Prozent zu senken, da schon 100 Prozent bedeuten würde, dass die betreffende Ware kostenlos sein müsste. […] Aber alle Scherze über Trump, selbst die äußerst geistreichen, werden zunehmend schal. Und kein noch so gut gemeintes, penibles Faktchecking scheint etwas zu nützen. Schon in seiner ersten Amtszeit, von Tag eins an, wurde der US-Präsident dergestalt begleitet. Am Ende stand am Tag vor der nächsten Wahl, 2020, die faktenbasierte (Lügen-)Zahl 30573. Am Ende stand das Gefühl, dass zwar Teile der Presse die, die man seriös nennt und es weiterhin einigermaßen sind sich bemüht haben, aber dass sie es auch hätten lassen können. Oder hätte dann Trump bereits damals die Wahl erneut gewonnen? […] Und sie sind ein anderes Spiel gewöhnt, die Presseleute. Es geht ungefähr so: Politiker oder Politikerin wird bei einer Lüge ertappt, Politiker oder Politikerin versucht sich herauszuwinden, beruft sich auf einen Fehler, entschuldigt sich im besten Fall und verspricht, die falsche Behauptung nicht mehr aufzustellen.

Bei Donald Trump aber läuft es nicht so. Er verwischt alle Grenzen zwischen Fakt und Erfindung und man weiß nicht einmal, welche seiner Lügen er glaubt – ob die Chose mit den 600 Prozent also seiner zweifellos beginnenden Demenz geschuldet und darum von seinem defekten Gehirn aus gesehen gar keine Lüge ist. Unsere Theorie: Er denkt nicht darüber nach, sein Mund redet quasi von selbst. Es ist ihm völlig egal, was rauskommt. Denn er wurde ja nie zur Rechenschaft gezogen. Im Gegenteil. […] Donald Trump hat sich unverwundbar gemacht – indem er keinen Anstand besitzt, nicht einen Funken, und sich nicht schämt, für gar nichts. Ja, er versucht, die Late Night Talker zu canceln, zuletzt wollte er, dass Stephen Colbert „eingeschläfert“ wird. Doch das ist kein Beleg dafür, dass er angesichts ihrer Witze gegen ihn so etwas wie Scham empfindet. Es ist pure Bösartigkeit, mit der er Unerhörtheit auf Unerhörtheit und Unverschämtheit auf Unverschämtheit häuft. Es schert ihn nicht.

Die meisten Amerikaner und Amerikanerinnen scheinen aufgegeben zu haben, ob sie nun Presseleute sind oder nur Wählende. Es wird schlimmer und die Reaktion ist überwiegend ein Achselzucken. […] Trump hat ein Paralleluniversum errichtet. Wir sind ihm hineingefolgt und haben die Gefahr nicht erkannt. Denn unterm Arm tragen wir immer noch bloß die Regeln, die in einer Welt ohne Trump galten.   […]

(Sylvia Staude, 29.12.2025)

Wieso wenden sich seine Fans nicht endlich von ihm ab?

Man kann das nur verstehen, wenn man sich endlich von der Illusion verabschiedet, daß der Mensch generell gut sei. Das ist er nicht. Der christliche Mensch schon gar nicht.

Trumps christliche Jünger sind nicht nur Rassisten, sondern auch Sadisten.

Sie lieben die Grausamkeit ihres orangen Messias.

[…] Über die Festtage hat das US-Militär Ziele in Nigeria beschossen. Loyale Anhänger von Präsident Donald Trump feiern die Attacken […]

Trump selbst wurde noch deutlicher: »Heute Nacht haben die Vereinigten Staaten auf meine Anweisung als Oberbefehlshaber hin einen mächtigen und tödlichen Schlag gegen den IS-Terroristenabschaum im Nordwesten Nigerias ausgeführt«, schrieb er in seinem Onlinesprachrohr Truth Social. […] In der Heimat kommt dies bei vielen Hardlinern unter den Trump-Anhängern offenbar gut an, wie unter anderem der »Guardian« berichtet . Die hartrechte, islamfeindliche Aktivistin Laura Loomer, der eine große Nähe zum US-Präsidenten nachgesagt wird, schrieb bei X: »Ich kann mir kein besseres Weihnachtsfest vorstellen, als den Tod von Christen durch die gerechtfertigte, massenhafte Tötung von islamistischen Terroristen zu rächen.« Ihr sei von höchster Stelle versichert worden, so Loomer, dass es sich bei dem Angriff um eine Vergeltungsaktion für die Tötung von Christen in Nigeria gehandelt habe.  Ähnlich äußerte sich der ebenfalls weit rechts einsortierte Senator Tom Cotton (Arkansas). Er sprach von »blutrünstigen Wilden, die nicht nur Christen verfolgen, sondern auch viele Amerikaner getötet haben«.[…]

(SPON, 28.12.2025)

Andere Menschen zu quälen, zu verfolgen, zu töten, ist einfach geil für die Trumpanzees. Das feiern sie und ihr Held liefert.