Bei der letzten Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 06.06.2021 gab es erhebliche Verschiebungen nach rechts.
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Sachsen Anhalt war aber schon bei der vorherigen Wahl 2016 endgültig braun geworden, nachdem es dort unter dem SPD-Ministerpräsidenten Höppner 1994-2002 immerhin eine klare rotrote Landtagsmehrheit gab.
Mit CDU-Ministerpräsident Haseloff gibt es aber die eine „weißer alter Mann“-Führungsfigur, die in den Ostdeutschen Bundesländern so populär werden können: Stolpe, Biedenkopf, Vogel, Böhmer, Woidke. Diese Gerontenfraktion vermag es, fast unabhängig vom eigenen Parteibuch, Stimmen von ganz rechts auf sich zu ziehen.
Frauen, Queere, Jüngere, Grüne haben es hingegen ganz schwer in den Dunkelländern und schaffen es kaum einmal in Landratsämter; geschweige denn in die Landesstaatskanzleien.
In Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt kann man sich aber bedauerlicherweise nicht auf die demokratische Gesinnung der CDU-Basis und Parlamentarier verlassen. Sie teilen rechtspopulistische Ansichten und empfinden wenig Wertschätzung für die parlamentarische Demokratie, freie Medien oder unabhängige Justiz.
Detlef Gürth, CDU
[….] Gürth hatte in seinem Tweet den Tod des gewalttätigen Afghanen durch eine Polizeikugel begrüßt. „Gut, dass die Polizisten diesen feigen, hinterlistigen Afghanen erschossen hat“, schrieb er. Anschließend äußerte er sich ganz allgemein über diese Flüchtlingsgruppe. „Wir füttern sie durch und dann ermorden sie unschuldige Menschen. Dieses Pack muss raus aus Deutschland.“ Die Aussagen lösten bundesweit Empörung aus. Der 62-Jährige ist das dienstälteste Mitglied des Landtags. Von 2011 bis 2015 war er Landtagspräsident und damit der protokollarisch höchstrangige Politiker in Sachsen-Anhalt. Auch derzeit hat er herausgehobene parlamentarische Ämter. Als Vorsitzender des Finanzausschusses ist er maßgeblich an den derzeit laufenden Haushaltsberatungen beteiligt. Innerhalb der CDU-Fraktion ist er zudem Vorsitzender der Arbeitsgruppe für Infrastruktur und Digitales. [….]
Alexander Räuscher, CDU
[….] Im Landtag von Sachsen-Anhalt hat der CDU-Abgeordnete Alexander Räuscher mit einem Beitrag auf "X" (vormals Twitter) für Aufsehen gesorgt. Er hatte am Donnerstag auf einen Beitrag des Grünen-Politikers Christian Franke-Langmach reagiert. Dieser hatte scherzhaft beklagt, Kopfschmerzen von Räuschers Inhalten zu bekommen. Als Lösung für die Kopfschmerzen schrieb Räuscher, der selbst Jäger und Waffenbesitzer ist: "Ich bin Konservativer, entsprechend die Behandlungsmethoden zur Auswahl". Dazu postete er ein Foto, auf dem drei Patronen, eine Euro-Münze und ein Tablettenblister zu sehen waren. Inzwischen ist der X-Beitrag nicht mehr abrufbar. [….]
In einem Landtag mit schwarzbrauner Mehrheit sorgen sich die Sachsenanhaltinischen Christen-Politiker nicht etwa um die Demokratie, sondern um die mangelnden Durchsetzung von AfD-Forderungen, wenn die CDU nicht mit den Braunen paktiert. Auf die CDU ist im Zweifelsfall kein Verlass. In Regierungsverantwortung kämpft sie nicht für Demokratie und Vielfalt, sondern für die dumpfen AfD-Positionen. So schaffen sich die Ossis selbst ab.
[….] Es ist ja immer gut, wenn Menschen miteinander reden. Noch besser ist es mitunter sogar, wenn gerade Kontrahenten und Andersdenkende ins Gespräch kommen. Wenn das Gegenüber allerdings einer extrem rechten Partei angehört, wird es kompliziert. Vor allem dann, wenn man selbst Volksvertreter ist – und ein führender Abgeordneter der größten Regierungspartei. In Sachsen-Anhalt soll genau das geschehen sein, so berichtet es die »Volksstimme« aus Magdeburg: Der CDU-Fraktionsvize Frank Bommersbach habe angeblich einen führenden AfD-Politiker am Rande einer Landtagssitzung gefragt, ob dessen Fraktion bei einer nahenden Abstimmung mit ein paar Ja-Stimmen aushelfen könne. [….] Manche wie der CDU-Politiker Michael Brychcy, Präsident des Thüringer Gemeinde- und Städtebunds, fordern bereits Gespräche mit der AfD.
Der Fall Bommersbach wirft daher einmal mehr zentrale Fragen auf: Wie ernst meint es die Union damit, Kooperationen mit der AfD dauerhaft und konsequent auszuschließen? [….] Während Grüne und Linke sich angesichts der Vorgänge empört zeigen (»fassungslos«, »keine Überraschung«), hält sich die dritte Oppositionspartei bislang zurück – vielleicht, weil die AfD selbst wohl am meisten von dieser Debatte profitiert. Fraktionschef Ulrich Siegmund sagt, er könne sich zu der Sache nicht äußern, seine Partei sei aber an »vernünftigen Beziehungen im Sinne der Sacharbeit zu anderen Abgeordneten« interessiert. »Das gelingt mit Vertretern der CDU auf menschlicher Ebene deutlich besser«, die seien nämlich nicht »ganz so ideologisch verbohrt« wie manche Grüne und Linke. [….]
Selbstverständlich hat es Konsequenzen, wenn die angebräunte Landes-CDU so demonstrativ liebevoll mit den Nazis menschelt.
[…..] CDU erwägt Wahl von AfD-Politiker zum Landtagsvizepräsidenten
Die Christdemokraten in Sachsen-Anhalt stehen in der Kritik. Teile der CDU-Fraktion wollen offenbar einen AfD-Politiker zum Landtagsvizepräsidenten wählen. Der Deutschland-Koalition droht eine erste Belastungsprobe. […..]
Trotz Haseloff bleibt die CDU in Sachsen-Anhalt stets eine Stütze der AfD-Agenda.
[…..] Doch statt die AfD im Wahlkampf als Gegner zu adressieren, setzte die Landes-CDU eigenwillige Schwerpunkte. "Sachsen-Anhalt ist kein Land der Naturparke und Schönwettergebiete", meldete sich die Fraktion in einer Pressemitteilung zu Wort, ohne dass überhaupt jemand auf diese Idee gekommen wäre. "Kein Bock auf Kommunismus? Wir auch nicht!", hieß es in einer Wahlwerbung des Landesverbandes. Genauso gut hätte da stehen können: kein Bock auf Feuerquallen. Die gibt es in Sachsen-Anhalt auch nicht. Es klang, als drohe dem Land eine links-grüne Gewaltherrschaft und nicht der Wahlsieg einer vom Verfassungsschutz beobachteten Partei. […..]
Ost-CDU-Landesverbände stimmen mit der AfD, lehnen Teile der Menschenrechte ab und bleiben auch heterosexuelle Männerpartei. Frauen spielen keine Rolle.
In der CDU Sachsen-Anhalt gibt es ähnlich wie im rechtskonservativen Landesverband Hamburg gar keine Frauen in CDU-Funktionen.
[…..] Im August 2017 stimmten Teile der CDU für einen AfD-Antrag, eine Enquetekommission zum Thema Linksextremismus einzusetzen. Gleich drei Mal fiel 2018 ein Experte bei der Wahl zum Datenschutzbeauftragten des Landtags durch, weil einige Christdemokraten sich weigerten, einen Grünen in dieses Amt zu heben. 2019 wollte der damalige Innenminister und CDU-Landeschef Holger Stahlknecht den umstrittenen Polizeigewerkschafter Rainer Wendt zum Staatssekretär machen. Im selben Jahr wollten die CDU-Fraktionsvizes Ulrich Thomas und Lars-Jörn Zimmer in einer "Denkschrift" das "Soziale mit dem Nationalen" versöhnen, so als hätten sie noch nie ein Geschichtsbuch in der Hand gehabt. Zimmer und Thomas stehen auf Platz drei und vier der Landesliste. […..]
Die Ost-CDU wurde seit zehn Jahren gewarnt. Natürlich macht sie mit der Übernahme von Nazi-Positionen die Nazis stark.
(…) Gestern war es CDU-Innenminister Holger Stahlknecht von Sachsen-Anhalt, der zurückgetreten wurde, nachdem seiner kontinuierlichen demokratiefeindlichen Anbiederung nach ganz rechts nun ganz offen die Idee folgen ließ, die Kenia-Koalition zu verlassen und zukünftig die CDU, deren Landeschef er ist, von der AfD abhängig zu machen.
Natürlich ging es nicht um 86 Cent Rundfunkgebühr.
Der CDU-Landeschef ist wie so viele seiner Ost-CDU-Kollegen auch als Verfassungsminister nicht verfassungsfest. Dabei ist Stahlknecht, 56, Oberst der Reserve, wie sein Kollege Höcke gar kein Ostdeutscher, sondern stammt aus Hannover. Aber die ganz Braunen finden ihre politische Heimat eher in den Ost-Landesverbänden. Das braunschwarze CDU-Biotop des Ostens ist deswegen so schockierend, weil es die CDU nicht mehr schockiert und überhaupt solche Typen Karriere machen können.
[…..] Es geht um mehr als nur eine Erhöhung des Rundfunkbeitrages. Holger Stahlknecht überschreitet Grenzen nach rechts. Schon im Zusammenhang mit dem Anschlag auf die Synagoge in Halle gab es Rücktrittsforderungen, die überhört wurden. […..] Bereits vor einem Jahr waren die Sicherheitsbehörden des Bundeslandes in die Kritik geraten, weil die Synagoge von Halle am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur ungeschützt blieb: Nur hin und wieder fuhr an dem Grundstück ein Streifenwagen vorbei. Stahlknecht hatte sich nach dem Anschlag, der nur scheiterte, weil die schwere Holztür zum Friedhofsgrundstück mit der Synagoge den Schüssen standhielt, behauptet, die Beamten hätten "gute Arbeit" geleistet. Dem widersprach der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein. Es sei eine "fatale Fehleinschätzung der Sicherheitslage" gewesen. […..]
Immer wieder wurden aus der Magdeburger CDU-Fraktion ungeheuerliche Vorkommnisse bekannt. Mit Gruseln erinnert man sich an den CDU-Funktionär
und Uniter-Mann Robert Möritz aus Sachsen-Anhalt, der das SS-Symbol der „schwarzen Sonne“ als Tattoo trägt.
[…..] Noch immer liegt im Landtag für Besucher die AfD-Zeitung „Blauer Aufbruch“ von damals aus, darauf Stahlknecht mit einem Foto in Verbrecher-Manier und der Titelüberschrift: „Stahlknecht muss zurücktreten.“ Im November wechselte dann seine bisherige Staatssekretärin ins Bundesverkehrsministerium, Stahlknecht und Haseloff wollten den Polizeigewerkschafter Rainer Wendt, Dauerprovokateur und Aufrüstungsprediger, als Nachfolger holen. Die Entscheidung sollte wohl die Rechtsaußen in der Fraktion besänftigen. Einer der Anführer dieses Flügels, Fraktionsvize Lars-Jörn Zimmer, hatte bereits da eine Zusammenarbeit mit der AfD ins Spiel gebracht und im Juni 2019 in einem Papier gefordert, das „Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen“. Er hatte es zusammen mit dem wirtschaftspolitischen Sprecher Uli Thomas geschrieben. Jenem Mann, mit dem Stahlknecht nun sein „Volksstimme“-Interview abgesprochen haben soll. Doch SPD und Grüne intervenierten damals scharf gegen Wendt, die Koalition drohte zu zerbrechen, selbst in der CDU wollten viele statt des polarisierenden Duisburgers lieber eine ostdeutsche Lösung. Erst eine Intervention des Kanzleramtes beendete angeblich den Konflikt, Stahlknecht überstand ganz knapp eine Vertrauensfrage in der Fraktion. […..]
OST-CDUler wie Stahlknecht oder Mohring mögen Grüne und SPD nicht und fühlen sich habituell bei der AfD wohl. Man hat den gleichen Humor, weitgehend deckungsgleiche Ansichten und will nicht auf Dauer gegen den eigenen Willen mit fremderen Parteien koalieren.
[…..] Ein paar Mal zu oft hatte diese CDU-Fraktion in den vergangenen Monaten öffentlich mit der AfD geflirtet. Mal hatten Abgeordnete das "Soziale mit dem Nationalen" versöhnen wollen. Mal hatten sie, hinter nur halb vorgehaltener Hand, erzählt: Immerhin seien ihnen die AfD-Kollegen lieber als die von den Grünen, die ständig nervten mit ihrer Besserwisserei und Weltverbesserei! In dieser Gemengelage gab Innenminister Stahlknecht (da war er es noch) ein Interview in der Magdeburger Volksstimme. Es war am Freitagmorgen zu lesen: "Wir lassen uns nicht dadurch von unseren Überzeugungen abbringen, dass jetzt auch die AfD sagt, sie habe an der einen oder anderen Stelle die gleiche Auffassung wie wir", sagte Stahlknecht. SPD und Grüne würden aus taktischen Gründen auf die CDU zeigen und sagen: "Die bereiten den Nazis den Boden." So etwas führe dazu, dass viele Menschen nicht mehr sagten, was sie denken. Dann steigerte sich Stahlknecht zum Finale: "Mittlerweile sind wir doch so weit, dass bei einer geselligen Runde Zitronen ausgegeben werden müssen, damit bei einem politisch verunglückten Witz jeder, der vielleicht geneigt ist zu lachen, vorsorglich in die Zitrone beißt." […..]
Stahlknecht will seine CDU mit der AfD paaren, so führte er in einem Interview mit der Leipziger Volksstimme aus.
Als ob das nicht schon an sich schlimm genug wäre - dafür wurde er vom CDU-Ministerpräsidenten Haseloff gekündigt – griff der Verfassungsminister gleich auch noch die Pressefreiheit an.
[…..] Stahlknecht kritisierte in dem Interview, die Rundfunkanstalten berichteten unausgewogen über Ostdeutschland. "Die Öffentlich-Rechtlichen berichten gelegentlich nicht auf Augenhöhe, sondern mit dem erhobenen Zeigefinger der Moralisierung." […..]
(Sueddeutsche Zeitung, 04.12.2020) (….)
(CDU auf Antisemitismus-Kurs, 06.12.2020)
Selbstverständlich bleibt eine so strikt AfD-affine Politik der Landes-CDU nicht ohne Konsequenzen. Konsequenzen in Form von extrem häßlichen Zahlen.
[….] Ein Jahr vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt liegt die AfD in der Gunst der Wählerinnen und Wähler weit vorne. Das geht aus dem Sachsen-Anhalt-Trend von Infratest Dimap für MDR, "Mitteldeutsche Zeitung" und "Volksstimme" hervor. Laut der repräsentativen Umfrage könnte die AfD bei einer Wahl derzeit mit 39 Prozent der Stimmen rechnen. [….] Die CDU würde auf 27 Prozent zurückfallen, die SPD würde zum jetzigen Zeitpunkt mit 7 Prozent knapp unter ihrem Rekordtiefstand der letzten Landtagswahl liegen. Die Linke käme auf 13 Prozent. Die Grünen würden mit 3 Prozent den Einzug in den Magdeburger Landtag verfehlen. Das BSW hätte 6 Prozent in Aussicht. Alle übrigen Parteien, darunter die mitregierende FDP, lägen zusammengenommen bei 5 Prozent. [….]
Während ich mich nun noch intensiver frage, wohin ich auswandern könnte, wundert sich die CDU:
„HUCH? Wir machen zehn Jahre die AfD groß, umschmeicheln sie, übernehmen ihre rechtspopulistischen Forderungen, zeigen demonstrativ unsere Zustimmung und davon PROIFITIEREN die Nazis? Na sowas! Damit konnte ja keiner rechnen!“
[…] Dies ist nur eine Umfrage, kein Wahlergebnis, aber sie ist repräsentativ – und sie enthält noch mehr Aussagen, die der CDU nicht gefallen dürften. Als da wären: Den CDU-Spitzenkandidaten Sven Schulze, immerhin seit vier Jahren Wirtschaftsminister und Chef der Landespartei, kennen nur 44 Prozent der Befragten. Zufrieden mit seiner Arbeit sind demnach gerade mal 20 Prozent. […] Auf die Frage, welcher Partei sie am ehesten zutrauen, die wichtigsten Aufgaben in Sachsen-Anhalt zu lösen, antworten 29 Prozent mit AfD. 23 Prozent sagen: keiner Partei. Gerade mal ein Fünftel der Befragten hält die seit 23 Jahren in Magdeburg regierende CDU für fähig, die wichtigsten Probleme in Sachsen-Anhalt zu lösen. Generell schauen 71 Prozent düster in die Zukunft des Landes, nur 20 Prozent sind zuversichtlich. […] CDU-Landesgeneralsekretär Mario Karschunke hat den ersten Schock schon verdaut, als ihn man ihn am Donnerstag ans Telefon bekommt. Er sagt der Süddeutschen Zeitung: „Wir haben einen Warnschuss bekommen. Das ist ein Weckruf für alle in der CDU, dass dies nächstes Jahr in Sachsen-Anhalt die entscheidende Wahl ist.“ […]