Sonntag, 6. Juli 2025

Markus goes Donald

Donald Trump liebt Zölle, weil er in seiner gewaltigen Ignoranz nicht die geringste Ahnung von Volkswirtschaft hat und nicht versteht, was Zölle sind.

In unserer Medienwelt stützt man seinen Überzeugung gern auf Experten, Umfragen und Studien. Unglücklicherweise gibt es aber keine ernst zu nehmenden Ökonomen, die den Trumpschen Zollwahn gutheißen. Also beauftragte Donny Sr. Donny Jr., einen passenden Experten zu finden und gelangte so an seinen heutigen Senior counselor for trade and manufacturing der US-Regierung; Peter Navarro, 75.

Der Ökonomie-Professor war einst Demokrat, bog aber mit Trumps erster Präsidentschaft scharf ins rechtsextreme Verschwörungstheoretikerlager ab, wurde 2020 drastischer Coviot und Anti-Vaxxer.

[…] Navarro behauptete am 13. November 2020, fünf Tage nach der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2020, bei Fox News ohne Belege mit Nachdruck, das Weiße Haus (= das Kabinett Trump I) schreite unter der „Annahme einer zweiten Trump-Regierungsperiode“ voran und US-Präsident Trump habe „die Wahl gewonnen“. Er verbreitete damit die von Trump erfundene Big Lie. Er veröffentlichte im Dezember 2020 einen Bericht, der auf widerlegten Annahmen beruhte, und behauptete, dass Trump die Wahl durch Wahlbetrug verloren habe. Über zwei Jahre nach der Präsidentenwahl warb Navarro noch für ein Brettspiel, das Verschwörungstheorien zur Wahl und zur COVID-19-Pandemie vertrat. Man soll laut Navarro das Spiel spielen, um zu lernen, wie die Wahl gestohlen sei und wie Anthony Fauci in chinesischen Labors das Virus entwickelt habe.  Im Juni 2022 wurde er wegen Missachtung des Kongresses angeklagt. Ihm wurde vorgeworfen, dem Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses zum Sturm auf das Kapitol 2021 angeforderte Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt und sich der Vorladung des Ausschusses widersetzt zu haben. Im September 2023 wurde er verurteilt. Im Januar 2024 wurde das Strafmaß auf eine Zahlung von $9500 und vier Monate Haft festgelegt, die er ab März 2024 in Florida antrat. Nur wenige Stunden nach seiner Haftentlassung am 17. Juli 2024 sprach Navarro auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner in Milwaukee Donald Trump seine Unterstützung im laufenden Präsidentschaftswahlkampf zu. [….]

(Wikipedia)

Jemand, der so dreist und ausdauernd lügt, ist natürlich genau der Richtige für Trumps Kabinett. Noch irrer als seine verschwörungstheoretischen rechtsextremen Talkingpoints sind allerdings seine ökonomischen Aussagen. Er ist ein kruder Außenseiter; der von ihm verbreitete Unsinn wird von keinem anderen Ökonom geglaubt. Also machte er es wie Trump und dachte sich seine eigenen Fakten, sowie eigenen Experten aus.

[…] Bereits damals nahm es Navarro mit der Realität nicht so genau: In seinen Büchern bezog sich der Ökonom öfter auf einen Wissenschaftler mit dem Namen "Ron Vara". 2019 deckte eine Recherche im "Chronicle of Higher Eduction" auf, dass die Person nicht existiert. Navarro hatte sich die Figur ausgedacht. Der Name entstand dadurch, dass er die Buchstaben aus seinem Nachnamen neu zusammengesetzt hatte.

Sein China-Buch wurde verfilmt, was dann auch Anklang bei Donald Trump fand. In der ersten Amtszeit des Präsidenten ernannte Trump ihn zum wirtschaftspolitischen Berater im Weißen Haus – wo Navarro zahlreiche Wirtschaftsexperten gegen sich aufbrachte.

In einem Brief warnten 370 Ökonomen, darunter 19 Nobelpreisträger, vor der radikalen Zollpolitik Navarros. Bereits in Trumps erstem Wahlkampf hatte er mit dem späteren Handelsminister Willbur Ross einen Essay verfasst. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Simon Johnson schrieb darüber, dass er auf so "unrealistischen Annahmen basiert, dass sie von einem anderen Planeten zu stammen scheinen."

Trump und Navarro interessierte das allerdings wenig: Bis heute bleibt ihr oberstes Ziel der Schutz der heimischen Industrie um jeden Preis. "Die Botschaft lautet: Zölle sind Steuersenkungen, Zölle sind Arbeitsplätze, Zölle sind für die nationale Sicherheit, Zölle sind großartig für Amerika, Zölle werden Amerika wieder groß machen", sagte Navarro jüngst.  […]

(David Schafbuch, 09.04.2025)

In der echten Realität würde ein durchgedrehter Fanatiker, der zum Beleg seiner wirren Thesen, fiktive Anagramm-Phantome verwendet, in einer Gummizelle sitzen.

Aber in der Simulation, in der wir 2025 leben, ist er mächtigster Wirtschaftsberater des mächtigsten Mannes der Welt.

Das Beispiel macht längst Schule. Wenn die lästige Realität nicht zu den eigenen kruden Thesen passt, denkt man sich halt was aus.

So fantasieren CDUCSU-Toppolitiker über die Faulheit der deutschen Arbeiter, obwohl diese mehr arbeiten denn je. Söder, Merz und Linnemann lügen dabei so ungeniert; werden so plump von den Medien multipliziert, daß sie damit Wahlen gewinnen.

Eine besonders beliebte Lüge, der von der Fossil- und Atom-Lobby bezahlten CDUCSUler, ist das Märchen von der ökonomischen und ökologischen Atomkraft. Sie bringen das so nachdrücklich in die Öffentlichkeit, daß inzwischen in allen Umfragen große Mehrheiten des Volkes ebenfalls eine Rückkehr der Atomkraft in Deutschland wünschen – obwohl es die teuerste, gefährlichsten und untauglichste Energieform ist.


 Beim Uran begibt man sich in Putin-Abhängigkeit, kann den Millionen Jahre strahlenden Müll nicht endlagern, lockt Terroristen an und muss, wie Frankreich, wieder einmal zeigt, die AKWs runterfahren, wenn es im Sommer warm wird.

Es schmerzt dem Ego des trumpesken Foodbloggers natürlich sehr, ausgerechnet von dem verhassten Habeck auf die schnöde Realität hingewiesen zu werden, die so gar nicht ins debile Bild des Bayern-MPs passt. Also macht er es wie Navarro und denkt sich die passenden Experten einfach aus.

[…] In der Atomdebatte des Bundestagswahlkampfes hat CSU-Chef Markus Söder nach Ansicht des Grünen-Landtagsabgeordneten Martin Stümpfig wissentlich die Unwahrheit gesagt.  Konkret geht es um Verweise Söders auf namentlich nie genannte »technische Experten«, etwa am 11. Februar 2025. Söder hatte unter Berufung auf diese behauptet, die Reaktivierung des Atomkraftwerkes Isar 2 sei »in diesem und im nächsten Jahr jederzeit möglich«. Aber trotz diverser Recherchen und Nachfragen sind noch immer keine Namen bekannt. […] I Das für die Atomkraftwerke zuständige Umweltministerium konnte in keiner Anfrage eine Expertin oder einen Experten benennen.

Stattdessen beruft es sich bei der Antwort im Namen der Staatsregierung auf ein Gutachten des TÜV Süd, das aber schon im April 2022 fertiggestellt wurde, im Februar 2025 war es also fast drei Jahre alt. Aussagen über eine Reaktivierung eines abgeschalteten und teilweise bereits rückgebauten Reaktors finden sich in dem Gutachten an keiner Stelle. Das war auch gar nicht möglich, da es zum damaligen Zeitpunkt noch in Betrieb war.

 

[…] Stümpfig sieht das als Beleg, dass es Söders Experten »schlichtweg nicht gab und gibt«.  »Zu lügen, dass sich die Balken biegen, und danach nichts mehr davon wissen zu wollen, ist dem Amt nicht würdig«, sagt er. »So geht Vertrauen verloren, und angelogene Wähler wandern an die Ränder. Es wird höchste Zeit, dass der Ministerpräsident zu einer faktenbasierten Politik zurückkehrt.« [….]

(SPON, 06.07.2025)

Stümpfig mag sich empören, weil Söder so massiv lügt und den Navarro macht.

[…] Seit Monaten suchen wir die #Atom-Expert*innen von Markus #Söder. Bislang keine Antwort. Doch wir bleiben weiter dran

Denn: Die Frage ob der MP wenige Tage vor der Bundestagswahl die Menschen bewusst belogen hat, hat eine andere Dimension als seine bisherigen Fakes. [….]

(Martin Stümpfig, 27.06.2025)

Aber politisch sind Söder Lügen effektiv. Der Urnenpöbel liebt es, verarscht zu werden und wählt mit Vorliebe Politiker, die am meisten lügen. Siehe Trump.

In Bayern liegen Sümpfigs Grüne bei 10%, Söders Schwarze bei 43%. Lügen lohnt. Ehrlichkeit bestraft der Wähler.

Mittlerweile rangiert die CDUCSU schon bei 30%. Dem Urnenpöbel gefällt es. Wähler haben 4 mal Roland Koch, 4 mal Merkel, 4 mal Kohl, 2 mal Trump, Erdogan nonstop seit 2002, 4 mal Berlusconi, 68 Jahre CSU-Ministerpräsidenten, den Brexit und Boris Johnson gewählt. WÄHLER SIND DUMM!

Samstag, 5. Juli 2025

Flatter-Faschisten

Fritze Merz ist unheimlich stolz: Sein intensives schleimspurziehendes Kriechen von dem kriminellen orangen Faschisten, hat sich gelohnt. Der Rassist und Vergewaltiger weiß jetzt, wer der Bundeskanzler ist und findet ihn nett.

[…] „Ich hatte ein großartiges Telefonat mit dem deutschen Bundeskanzler. Er ist ein starker Kerl, ein sehr guter Mann, der einen großen Wahlsieg hatte“, sagte Trump am Freitag (Ortszeit) im Gespräch mit Journalisten an Bord der Präsidentenmaschine Air Force One. „Er ist ein starker Kerl und klug, ein sehr kluger Mann“, fuhr Trump fort. [….]

(Tagesspiegel, 05.07.2025)

(Following his telephone conversation with Friedrich Merz, US President Donald Trump has praised the German Chancellor and described him as a "strong" and "smart" man. "I had a great phone call with the German Chancellor. He's a strong guy, a very good man who had a great election victory," Trump said on Friday (local time) in conversation with journalists on board the presidential aircraft Air Force One. "He's a strong guy and smart, a very smart man," Trump continued. The US President had spoken to Merz on the phone on Friday.)

Große Teil der Presse, ohnehin schon zu Merz-Fanboys mutiert, überschlagen sich vor Glück. Z.B. die Chefredakteure vom Hamburger Abendblatt (Lars Haider) und T-Online (Christoph Schwennicke).

[….] Haider: Lieber Christoph, ich habe viele Kanzlerbefragungen bei Illner, Maischberger und Co. gesehen. Aber die mit Friedrich Merz in der vergangenen Woche war die seit Langem unterhaltsamste. Also: Reden kann er, und ich staune, wie der CDU-Chef als Bundeskanzler auftritt. Souverän bis lustig, durchaus auch sympathisch, und wie ein Landesvater, kein Vergleich zu seiner Zeit als Oppositionsführer, in der er oft sehr verkniffen und angespannt gewirkt hat. Spricht da die Erleichterung aus einem Mann, der endlich das ist, was er immer sein wollte?

 Schwennicke: Wirkt so, ja. Selbst Bekannte von mir, die ihn nicht ausstehen können, reden respektvoll und anerkennend davon, wie er das macht. Wie klar und konkret er redet, wie überzeugend er argumentiert. Wie sicher er auf internationalem Parkett auftritt. [….]

Haider: Und so groß die Begeisterung für Merz’ Auftritte außerhalb Deutschlands ist – zu Recht, wie ich finde –, so groß ist die Enttäuschung, dass und wie er angekündigte Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger abmoderiert, als ob er sie nie gegeben hätte.

Schwennicke: Jetzt will ich aber schon die Relationen wahren und die Dimensionen klarmachen. Von mir aus kann das bei der Stromsteuer erst mal so sein, dass private Haushalte nicht entlastet werden. [….]

(HH Abla, 05.07.2025)

Das ist der Maßstab. Merz vermochte es, ob seines entfernten Rückgrates und des stoisch-stummen Lächelns zu Trumps gewalttätiger Lügentirade, nicht aus dem Weißen Haus geworfen zu werden.

Dazu sage ich: SO WHAT? Was haben wir davon; außer der Verachtung vom Rest der Welt? Deswegen macht Trump keine vernünftigere Politik, lässt nicht vom seinem Zoll-Wahnsinn ab, erkennt keine Europäischen Institutionen an, tritt nicht wieder dem Paris Klimaabkommen bei, respektiert nicht den internationalen Strafgerichtshof, lässt nicht wieder die USAid-Mittel fließen, boykottiert weiterhin die WHO, setzt weiter einseitig auf rechtsautoritäre Diktatoren.

 

Die Deutsche Wirtschaft profitiert nicht von der Arschkriecherei des Kanzlers. Merz kann seine Zollwünsche nicht anbringen.

Aber selbst wenn Trump sich von Merz beeinflussen ließe und zusagte, alle Strafzölle gegen Deutschland abzuschaffen, wäre das ein Pyrrhussieg, weil der flatterhafte Faschist seine Meinung täglich ändert. Gerade setzte Trump die Waffenhilfe an die Ukraine wieder aus – während Putin die schwersten Angriffe überhaupt auf Kiew unternimmt.

[…..] Lässt Trump die Ukraine endgültig fallen?

Die USA haben einige zugesagte Waffenhilfen für die Ukraine gestoppt. Langfristig spricht alles dafür: Trump bleibt beim Thema Ukraine-Krieg eher auf der Seite des russischen Präsidenten Putin.  [….]

(Tagesschau, 03.07.2025)

Also wozu die Kriecherei vor Trump, Fritze?

Was auch immer Trump zusagt, kann er fünf Minuten später wieder zurückziehen und das Gegenteil davon vertreten.

Es macht keinen Sinn, sich das Rückgrat herausoperieren und die Testikel abknipsen zu lassen, um Trump zu gefallen, weil der Mann ein notorischer Lügner ist, der keine Loyalität gegenüber anderen kennt und sein Wort generell wieder bricht.

Daher ist es auch so irre, sich in der Trump-Aufmerksamkeitsspirale zu bewegen. Weltweit wird von enthusiastisch jubelnd bis zu entsetzt-geschockt über jede neue Sau berichtet, die Trump stündlich durchs Dorf treibt. Wohlwissend, daß man ihn damit nur stärkt; sein Spiel mitmacht: Flood The Zone With Shit. Ablenken, Medienaufmerksamkeit generieren. Aber man kann auch nicht nicht über den Irrsinn berichten, der stündlich aus dem orange geschminkten Strohkopf quillt, weil Trump nun mal der mächtigste Mann der Welt ist, der über die stärkste Wirtschaftsmacht der Erde und das gewaltigste Militär aller Zeiten gebietet – und zwar inzwischen entfesselt von Legislative und Judikative, die er unter Zerschlagung der Verfassung völlig unter seine Kontrolle brachte.

Die Meldung des Tages könnte Trump dennoch beunruhigen: Mit Elon Musk gründet eine ebenso verlogener, rechtsextremer, antidemokratischer flatterhafter Faschist die Gründung einer Partei an.


[….] Tech-Milliardär Elon Musk will eine eigene Partei namens America Party gründen. Das kündigte der frühere Berater von Präsident Donald Trump, mit dem er jetzt zerstritten ist, am Samstag auf seiner Plattform X an. Musk schrieb, die neue Partei werde den US-Bürgern „ihre Freiheit zurückgeben“. Wenn das Land durch Verschwendung und Bestechung in den Bankrott getrieben werde, „leben wir in einem Einparteiensystem, nicht in einer Demokratie“. Er ließ offen, welche Rolle er in der neuen Partei spielen will.

Bereits vor einigen Wochen hatte Musk vorgeschlagen, eine neue Partei der Mitte zu gründen. Am Unabhängigkeitstag, einem der wichtigsten Feiertage für die Amerikaner, hatte er am Freitag dann eine Umfrage auf X gestartet, in der er die Parteigründung zur Abstimmung stellte. Am Samstag ergänzte er: „Ihr wollt eine neue politische Partei und ihr sollt sie haben.“

Musk hatte den Republikaner Trump im Wahlkampf mit mehr als 250 Millionen Dollar unterstützt. Danach leitete Musk in Trumps Auftrag vorübergehend die sogenannte Abteilung für Regierungseffizienz (Department of Government Efficiency, Doge), um die Bundesverwaltung zu verkleinern und damit Ausgaben zu kürzen.

Doch dann folgte Anfang Juni eine größere Auseinandersetzung. Die beiden überzogen sich mit heftigen Vorwürfen in den sozialen Medien, und jeder konnte mitlesen. Musk schrieb zum Beispiel: „Ohne mich hätte Trump die Wahl verloren.“ Zuletzt hatte sich Musk erneut massiv über das von Trump am Freitag unterzeichnete große Steuer- und Ausgabengesetz aufgeregt, bekannt als „One Big Beautiful Bill“. Musk kritisierte das Gesetzespaket wegen der dadurch erwarteten höheren Staatsverschuldung und forderte unter anderem stärkere Ausgabenkürzungen.  […]

(SZ, 05.07.2025)


Es widerstrebt mir, auf irgendetwas zu reagieren, das der flatterhafte Tesla-Faschist von sich gibt, weil auch der mutmaßlich schwer drogensüchtige Egomane, berüchtigt dafür ist, seine Meinungen zu wechseln und Tweets wieder zu löschen.

Aber in den USA wird der Wahlerfolg wesentlich von den Finanzen der Kandidaten bestimmt. Wie hoch die Wahlkampfkassen der Kandidaten gefüllt sind, wird öffentlich breit diskutiert und als Kriterium für Wählbarkeit erachtet. Wer Milliardenspenden generieren kann, also das Ohr der abgehobenen Superreichen hat, gilt als fähiger Politiker.

Elon Musk ist aber ein Ross Perot auf Speed; er ist so reich, daß er ganz allein Wahlkämpfe bestreiten kann.  Funfact am Rande: Mit dem Argument, er sei so märchenhaft reich, daß er gar keine Spenden brauche, brachte sich Trump 2015 ins Präsidialspiel und sein Reichtum wurde zunächst das Hauptargument, ihn zu wählen. In Wahrheit war Trump finanziell aber relativ klamm, konnte gar nichts selbst finanzieren, sondern gedachte, ganz im Gegenteil, sich durch die Medienaufmerksamkeit finanziell zu sanieren. Als er nach seiner ersten Amtszeit in New York verurteilt wurde, konnte er beim besten Willen keine 400 Millionen Dollar aufbringen, um die Strafe zu zahlen. Seine Wahlkampfmaschine lief als Haupteinnahmequelle, während sein eigentliches Business kaum etwas abwarf. Erst nach seinem zweiten Wahlsieg und der damit eintretenden schamlosen Korruption, konnte er wieder Milliarden generieren.

Musk hat das Problem sich nicht und ist flüssig genug, um Milliarden auszugeben.

Das US-amerikanische Mehrheitswahlrecht gibt neuen Parteien kaum eine Chance.

Aber ein zweiter Kandidat von rechts, kann wie Ross Perot, den Republikanern schaden, indem er in umkämpften Wahlkreisen den Trumpisten ein paar Prozente abnimmt, daraufhin der Demokrat gewinnt und die GOP-Stimmen unter den Tisch fallen.

Die Demokraten kennen das Problem und haben linken Splitterkandidaten – Jill Stein und Ralph Nader - auf diese Weise Niederlagen zu verdanken. Es genügt manchmal, nur zwei, drei oder vier Prozentpunkte an die Minis abzugeben und schon rutscht man im gnadenlosen Mehrheitswahlrecht effektiv auf NULL.

Zeit für Trump, sich vor den Midterms zu fürchten. Musk könnte ihm schwer schaden. Oder auch nicht, weil Musk es sich morgen wieder ganz anders überlegt.

Freitag, 4. Juli 2025

Kein Geld da!

Es ging gestern ausführlich durch die Medien, wie die Kleiko Prioritäten setzt: Strom aus erneuerbaren Energien verteuern und Erdgasverbrauch verbilligen.

Schluss mit dem grünen Irrweg der Elektromobilität und Wärmepumpe. Willkommen Hitzehölle.

Endlich werden wieder Prioritäten gesetzt – für die Fossillobby!

Söder, Reiche, Merz scheinen tatsächlich zu glauben, kein Klimaschutz wäre billiger, als Klimaschutz. Dabei weiß selbst die erzkonservative FAZ, daß KEIN KLIMASCHUTZ die allerteuerste Variante ist.

[….]  Eine Hitzewelle rollt über Deutschland – währenddessen beschließt das schwarz-rote Kabinett ein Abkommen zu Erdgasbohrungen direkt vor Borkum und geht damit ein Schritt in Richtung fossiler Abhängigkeit. Das passt vorne und hinten nicht zusammen.

Das Gebiet, in dem die Bohrungen stattfinden sollen, liegt im ökologisch besonders sensiblen Wattenmeer – einem UNESCO-Weltnaturerbe. Auch Schutzgebiete sind von den geplanten Gasbohrungen vor Borkum betroffen. Das macht die Gasbohrungen nicht nur klimapolitisch völlig falsch, sondern auch ökologisch unverantwortlich – Tatsachen, die das Merz-Kabinett komplett ignoriert.

Anfang des Jahres konnte ich mir selbst noch auf Borkum ein Bild von der Lage machen. Auch deshalb bin ich der festen Überzeugung: Wer in Zeiten der Klimakrise an neuen fossilen Förderprojekten festhält, hat den Ernst der Lage nicht verstanden. Dieses Abkommen ist ein fossiler Irrweg – und ein Schlag ins Gesicht all jener, die auf echten Klimaschutz setzen. [….]

(Felix Banaszak , 02.07.2025)

Merz führt die Bundesrepublik in eine toxische Sackgasse – zur großen Freude weiter Teile der Journaille. Der Weg in den klimapolitischen Abgrund gefällt Urnenpöbel und Presse. Ökonomischer und ökologischer Verstand scheinen allgemein völlig ausgeschaltet zu sein. Selbst Journalisten mit SPD-Parteibuch bekennen nun, Merz gewählt zu haben. Und wenn es nur mit ihrer Sympathie für Netanjahu zu erklären ist

Lästige Fakten können da nur stören.


[…] In die Begrenzung des Klimawandels zu investieren, ist teuer. Doch es nicht zu tun, wäre noch viel teurer. Denn die Folgen des Anstiegs der globalen Temperatur schaden auch der Wirtschaft enorm. Wie sehr, hat eine Untersuchung errechnet. Ein Ergebnis: Handeln würde sich wirtschaftlich lohnen.  Untätigkeit beim Kampf gegen den Klimawandel würde nach einer aktuellen Studie massive wirtschaftliche Schäden verursachen. Sollte die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 auf 3 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit steigen, könnte die globale Wirtschaftsleistung demnach um 15 bis 34 Prozent sinken. […] Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) und der Universität Cambridge mit dem Titel "Too Hot to Think Straight, Too Cold to Panic: Landing the Economic Case for Climate Action with Decision Makers" (etwa: Zu heiß, um klar zu denken, zu kalt, um in Panik zu geraten: Die wirtschaftlichen Argumente für Klimamaßnahmen bei Entscheidungsträgern anbringen).

Um die Erderwärmung auf 2 Grad zu begrenzen, wären den Forschern zufolge Investitionen in Höhe von 1 bis 2 Prozent der Wirtschaftsleistung in die Begrenzung des Klimawandels und in Anpassung an ihn nötig. Damit ließen sich die wirtschaftlichen Folgen den Berechnungen zufolge auf 2 bis 4 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung begrenzen.

Dies stünde im Einklang mit dem Beschluss der Pariser Klimakonferenz von 2015. Dort hatten die Teilnehmerstaaten beschlossen, dass der Anstieg der durchschnittlichen Temperatur auf der Erde möglichst auf 1,5 Grad, zumindest aber auf deutlich unter 2 Grad begrenzt werden soll, im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter.

Die Welt wird immer wärmer. Nach Daten des Klimawandeldiensts des EU-Programms Copernicus war das Jahr 2024 1,6 Grad wärmer als die geschätzte Mitteltemperatur von 1850 bis 1900. Zugleich waren die letzten zehn Jahre (2015-2024) die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen.

Der Studie zufolge wirkt sich nicht nur der Verlust an Kapital negativ aus, vor allem der Verlust an Produktivität verursacht wirtschaftliche Schäden. Handeln würde sich demnach aber lohnen: Geld, das die Weltgemeinschaft in die Abmilderung der Erderwärmung steckt, könne das 5- bis 14-Fache an Ertrag bringen.  Um den Temperaturanstieg auf 2 Grad zu begrenzen, müssten die Ausgaben zu seiner Bekämpfung um das 9-Fache ansteigen, die Ausgaben zur Anpassung an die neuen Bedingungen müssten demnach um das 13-Fache wachsen. Dazu müssten allerdings 60 Prozent des Geldes vor 2050 ausgegeben werden - 95 Prozent der Schäden würden aber erst nach diesem Zeitpunkt entstehen. […..]

(NTV, 12.03.2025)

Es ist also schon aus rein finanziellen Gründen unabdingbar, massiv in den Klimaschutz zu investieren.

Merz begreift es allerdings nicht und legt zum Beweis für seine völlige Verblödung sogar ein noch dümmeres Argument nach: Das Merz-Zitat „Wir können nur das Geld ausgeben, das wir haben“ prangt heute auf der SZ-Titelseite.

[….]  Die Bundesregierung hat am Donnerstag versucht, der Kritik am weitgehend ergebnislosen Koalitionsausschuss etwas entgegenzusetzen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verteidigte dabei vor allem die Entscheidung, die Verbraucher beim Strompreis nicht so stark zu entlasten wie ursprünglich versprochen. „Mir ist bewusst, dass im Koalitionsvertrag eine noch höhere Reduzierung in Aussicht gestellt wird“, sagte Merz am Rande einer Banken-Tagung in Berlin. Aber alle Pläne aus dem Koalitionsvertrag stünden unter einem Finanzierungsvorbehalt. „Wir können nur das Geld ausgeben, das wir haben.“ […]

(SZ, 04.07.2025)

Natürlich, wir wissen längst, wie völlig ahnungslos Merz in finanziellen und ökonomischen Angelegenheiten ist. Aber nun hat er sich wieder einmal selbst übertroffen. Wir können nur das Geld ausgeben, das wir haben, sagt der Herr, der mit einem gewaltigen Wortbruch in seine Kanzlerschaft startete und die Schuldenbremse wider alle vorherigen Schwüre aushebelte, um sich 1.000 Milliarden Euro zu leihen. Eine Million Millionen Euro, der Merz NICHT HAT, wird er ausgeben.

[….] Unter dem Eindruck der Nachrichten aus den USA hat Merz seine Meinung geändert. Eine Reform der Schuldenbremse bei Verteidigungsausgaben soll es geben, ebenso ein 500-Milliarden-Schuldenpaket für Infrastruktur.

Die zusammengetrommelten Abgeordneten seiner Fraktion werden kalt erwischt. Verständnis gibt es dem Vernehmen nach für die zusätzlichen Schulden für Verteidigung. Aber 500 Milliarden Euro für Straßen, Brücken und Schulen? Das hatte die Union im Wahlkampf noch vehement abgelehnt.

Auch Merz selbst immer wieder, zum Beispiel im TV-Duell kurz vor der Wahl mit Olaf Scholz: "Ich habe immer gesagt, man kann über alles diskutieren. Aber das kommt sicher nicht am Anfang. Am Anfang kommt das Einsparpotenzial und die Umschichtungen im Haushalt, die dringend notwendig sind."  [….]

(Tagesschau, 0703.2025)

Noch nie in der Geschichte hat ein Bundeskanzler so viel Geld ausgegeben, das wir nicht haben: EINE BILLION! Sehr vieles dafür wird für kontraproduktive Geschenke an die Gaslobby oder Sonderwünsche der CSU in Bayern verplempert. Aber Merz stellt sich hin und sagt, für Klimaschutz sein kein Geld da.

Der Mann ist nicht zu fassen.

Donnerstag, 3. Juli 2025

Die Fehlbesetzung.

Friedrich Merz war immer ein Kackarschloch, das gegen Minderheiten hetzte.

Im Jahr 2000 wetterte er auf bösartige Weise unter dem Applaus seiner Fraktion gegen Queere!

 

Nun könnte man einwenden, das sei ein Vierteljahrhundert her. Das eigentlich Bemerkenswerte an Merz ist aber seine Borniertheit. Der Mann ist unfähig, dazu zu lernen und tönt als Bundeskanzler, mit 70, noch genauso hasserfüllt gegen Minderheiten


Er ist ein Prolet, der sich nicht beherrschen kann und absolut nicht in der Lage ist, die Tragweiten seiner Worte abzuschätzen. Der Mann weiß einfach nicht, was sich gehört.

[…] Friedrich Merz offenbart erneut sein wahres Gesicht: „Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt“, erklärt er bei „Maischberger“, um zu rechtfertigen, warum am Christopher Street Day keine Regenbogenflagge auf dem Reichstagsgebäude wehen darf. Damit degradiert er die queere Community zur Freakshow, zum Kabinett der Kuriositäten, das man dem rechten Mob auf den Straßen vorwerfen kann. Wenn wir die Freakshow sind, Herr Merz, dann sind Sie der unlustige Clown, der mit abwertenden Worten die Show auf unsere Kosten macht. Merz’ „Zirkuszelt“-Vergleich ist kein Versehen, sondern ein Statement voller Verachtung. Er benutzt erneut verächtliche Sprache, um queere Sichtbarkeit im Bundestag zu verhindern. Die Regenbogenflagge zum CSD sei „beliebig“ und passe nicht zum „Ernst“ des Parlaments. Tatsächlich zeigt, wer queere Menschen als Freakshow abtut, wie wenig er von Demokratie, Respekt und Vielfalt versteht.

Er macht queere Sichtbarkeit zum Spektakel, das im Bundestag nichts verloren habe. Die Regenbogenflagge steht jedoch für Menschenrechte, Respekt und den Kampf gegen Diskriminierung – demokratische Werte, die laut Julia ­Klöckner auch aus der deutschen Flagge abzuleiten sind. Wo ist dann das Problem, eine Flagge zu hissen, die den Werten unserer Demokratie entspricht? Sichtbarkeit kostet in diesem Fall nichts – außer Haltung und Nächstenliebe. […] Wer glaubt, Merz tappt hier nur ins Fettnäpfchen, irrt. Er hat sich mehrfach queerfeindlich geäußert. 2020 verknüpfte er Homosexualität in einem Interview mit Pädophilie, als er auf die Frage nach einem homosexuellen Bundeskanzler antwortete: „Solange sich das im Rahmen der Gesetze bewegt und solange es nicht Kinder betrifft – an der Stelle ist für mich allerdings eine absolute Grenze erreicht.“ […]  Diese Aussage bedient ein gefährliches Narrativ, das queere Menschen als gleichwertige Bürger*innen disqualifizieren soll. 

Auf das Coming-out von Klaus Wowereit reagierte er 2001 so: „Solange der Wowereit sich mir nicht nähert, ist mir das egal.“ Ein Paradebeispiel für die Selbstüberschätzung vieler cis-hetero Männer, die glauben, jeder schwule Mann würde auf sie anspringen […]

Mit seinem „Zirkuszelt“-Ausfall klebt Merz der queeren Community erneut eine Zielscheibe auf den Rücken. Er macht uns angreifbar für rechte Hetze und Gewalt. Was glauben Konservative eigentlich, was rechtsextreme Gewalttäter in ihrer Haltung bestärkt? […]

(Dennis Chiponda, 02.07.2025)

Immerhin, liebe Schwule; Ihr seid nicht allein: Dieser Kanzler ist unanständig genug, um sich an allem zu versündigen. „Linke und grüne Spinner“, Migranten („Kleine Paschas“), der Rechtsstaatlichkeit und auch der Zukunft insgesamt.

Er will den Planeten zum Kochen bringen und fördert systematisch mit zig Steuermilliarden die Produktion von klimaaufheizenden Gasen.

Der Kanzler macht erbärmliche Klientelpolitik gegen die Mehrheit und gegen die Zukunft.

[….] Das wichtigste Ergebnis des ersten Koalitionsausschusses von Union und SPD lautet: Die Stromsteuer wird für Verbraucher nicht gesenkt, obwohl die Bundesregierung das im Koalitionsvertrag ausdrücklich versprochen hatte. Die Ausweitung der sogenannten Mütterrente hingegen soll sogar ein Jahr früher kommen als ursprünglich geplant. Das ist absurd – und das Gegenteil von kluger Prioritätensetzung.  [….]

Wenn die CSU Freibier will, sollen andere zahlen: Besonders absurd wird die Entscheidung von Mittwoch dadurch, dass man mit den Mitteln der Mütterrente ziemlich genau die Stromsteuerentlastung für alle hätte finanzieren können. Dieser Vorschlag kam selbst in den Reihen der Union auf – von Dennis Radtke, dem Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft. [….] Merz ist trotz seines Rufs als Wirtschaftsexperte gar nicht klar, wie teuer die eigene Politik ist. Zu der gehört neben der Ausweitung der Mütterrente auch die von der SPD durchgesetzte Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent. Die Mehrkosten belaufen sich laut dem Gesetzentwurf des Arbeitsministeriums auf 47 Milliarden Euro. Als Merz von Sandra Maischberger darauf angesprochen wurde, sagte er jedoch: »Das sind Zahlen, die ich nicht kenne.«  Der Kanzler sollte diese Bildungslücke schließen – spätestens bis zum nächsten Koalitionsgipfel. [….]

(David Böcking, 03.07.2025)

Mit Dobrindt, Söder, Reiche und Merz haben wir die Zukunft schon verloren.

Merz kann es nicht, will es nicht, begreift es nicht, versucht es nicht.

[….]  Klimapolitik der Regierung: Sie versuchen es noch nicht einmal. […] Dass Friedrich Merz sich nicht in erster Linie als Klimakanzler verstehen würde, ist keine Überraschung. Überraschend ist aber doch, wie offensiv egal der schwarz-roten Koalition ökologische Fragen zu sein scheinen.

Da ist nichts, kein wahrnehmbares Krisenbewusstsein, kein Maßnahmenplan, noch nicht einmal ein Lippenbekenntnis.

Keine Bundesregierung war bisher schnell genug darin, den Weg in die Klimaneutralität und damit in eine halbwegs stabilisierte Zukunft zu gehen. Und weil in der Klimakrise nichts so rar ist wie Zeit, führen zu langsame Schritte nicht ans Ziel. Aber Angela Merkel und Olaf Scholz haben zumindest versucht, in die richtige Richtung zu gehen.

Im Kabinett Merz sieht das anders aus. Da sind derzeit mehr Schritte in die falsche Richtung zu erkennen als in die richtige. […] Es ist das eine, Gaskunden von der Gasumlage zu entlasten. Etwas anderes ist es, gleichzeitig die Strompreise für private Haushalte nicht zu senken, obwohl man es versprochen hatte.

Das klimaschädliche Gas wird also bei knapper Kasse bevorzugt. Wer das auch noch aus dem Klima- und Transformationsfonds bezahlen will und schließlich argumentiert, Verbraucher würden doch entlastet, als gäbe es keinen Unterschied zwischen Strom und Gas, der lässt keinerlei Bewusstsein für die Klimakrise erkennen. […]

(Jonas Schaible, 02.07.2025)

We’re doomed.

Mittwoch, 2. Juli 2025

Richterschelte

Da verlor selbst der stets beherrschte und sachliche SZ-Justizexperte Ronen Steinke fast die Contenance; der Bundesverwaltungsgerichtspräsident Korbmacher muss Kanzler und Verfassungsminister ausdrücklich zur Rechtstreue auffordern. 


[….] Das ist ein wirklich außergewöhnlicher einmaliger Vorgang, dass der Innenminister und der Kanzler persönlich von einem Gerichtspräsidenten gesagt bekommen, ‚ihr hört wohl nicht richtig zu‘ also dieses Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin hat das gesagt, was alle juristischen Fachleute vorher auch schon gesagt haben. Nämlich, es geht nicht, dass man an den deutschen Grenzen, was europäische Binnengrenzen sind, Flüchtlinge, Menschen, die Asyl haben wollen, ohne Diskussion einfach pauschal abweist. Das geht nicht. Das widerspricht europäischem Recht und das hat der Innenminister dann so abgewischt, na ja, das sei nur eine Einzelfallentscheidung, das habe keine große Verbindlichkeit. Da sagt Andreas Korbmacher, der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, nein das ist eine Grundsatzentscheidung! Das haben die Richter auch so deklariert. Die haben sogar gesagt, weil das so wichtig ist, wird es nicht ein Richter entscheiden, was auch genügt hätte, sondern wir holen sogar noch zwei Kollegen dazu. Wir machen Sechsaugenprinzip um das Ganze auf eine höhere Ebene zu heben. Dass da ein Innenminister sagt, interessiert mich nicht weiter, und auch eine Regierung sagt, über das Recht setze ich mich im Zweifel hinweg; das ist eine ungewöhnliche Situation und man merkt das Entsetzen dem Gerichtspräsidenten förmlich an, mit der Vehemenz, mit der er hier interveniert. [….]

(Ronen Steinke, 01.07.2025, Transkript Phoenix)

Merz und Dobrindt wandeln, unterstützt von der braunen Medienblase, auf Trumps Pfaden. An Rechtsstaatlichkeit und Urteile der höchsten Richter fühlen sie sich nur gebunden, wenn ihnen das Urteil politisch in den Kram passt.

Dazu schreibt der rechte BILD/SPIEGEL-Kolumnist Nikolaus Blome, die Exekutive müsse sich auch nicht an Urteile halten, wenn die Mehrheit des Volkes es so wünsche, zumal das  Verwaltungsgericht in dem verlotterten Berlin sitze.


Aus CDU-Kreisen wird geiferig zusammen mit Nius und Springer ventiliert, einer der Richter habe gar ein grünes Parteibuch. Deren Urteile könne man quasi ignorieren.

Sagenhaft, diese Rechten. Man stelle sich vor, es wäre umgekehrt. Ein Grüner Minister fände, er müsse sich nicht an ein höchstrichterliches Urteil halten, weil er nun mal eine andere Meinung habe und außerdem sei der Richter womöglich auf CDU-Ticket unterwegs. Die Konservativen würden ausrasten und sich wochenlang durch die Feuilletons der Republik echauffieren.

Es ist das klassische rechte Entitlement – sie nehmen sich selbst Ungeheuerlichkeiten heraus, die sie anderen nicht im Ansatz zugestehen.

Ich muss nicht Jursa studiert haben; denn das weiß man aus dem Gemeinschaftskundeunterricht in der 10. Klasse: In Deutschland herrscht Gewaltenteilung. Judikative, Exekutive und Legislative sind unabhängig voneinander. Es steht Exekutiven, wie Dobrindt und Merz, nicht zu, Richter zu kritisieren und Urteile in Frage zu stellen. Deswegen ist auch der Richterwahlprozess in Bundestag und Bundesrat so heikel. Es braucht 2/3-Mehrheiten, aber die CDUCSU weigert sich, mit den Linken zu reden.

Ich, als Privatperson, bin freier und empöre mich außerordentlich über das Landgericht Köln, welches die Klage einer Missbrauchsbetroffenen, die von einem Priester über Jahre schwerstens sexuell missbraucht wurde, gegen das Erzbistum Köln abwies.

Auch Journalisten sind frei, das Urteil nach Belieben zu kritisieren.

[…]  „Über zwölf Jahre lebte ein katholischer Priester mit Sondererlaubnis des Kardinals als Hausmann und alleinerziehender Vater.“ […] Heute sitzt der Mann im Gefängnis: verurteilt zu zwölf Jahren Haft wegen des schweren sexuellen Missbrauchs an neun Mädchen, darunter seinen drei Nichten. Auch seine damalige Pflegetochter wurde von ihm regelmäßig missbraucht und vergewaltigt. Zweimal wurde sie von ihm schwanger, zweimal organisierte er eine Abtreibung.

Im Strafprozess hatte die Frau gegen ihren früheren Pflegevater als Zeugin ausgesagt. Auf zivilrechtlichem Wege wollte sie nun Schmerzensgeld erstreiten, 850 000 Euro forderte sie vom Erzbistum Köln. Doch das Landgericht Köln hat ihre Klage am Dienstag abgewiesen: Die Diözese muss nicht zahlen. […] Kann Missbrauch durch einen Priester überhaupt je Privatsache sein? Dem steht zumindest die katholische Lehre diametral entgegen: Im katholischen Verständnis ist „Priester“ kein Job mit Stechuhr, Dienstplan und Feierabend. Das Priesteramt ist eine ganzheitliche Berufung. Ein Mann, der zum Priester geweiht wird, erhält im katholischen Verständnis durch die Weihe ein „unauslöschliches Prägemal“, wird „dem Priester Christus gleichförmig“. Man spricht hier auch von „Ganzhingabe“. Deshalb kann die katholische Kirche ihren Priestern den Verzicht auf Ehe, Familie und Sexualität diktieren.

Für die weltliche Justiz hat das katholische Amtsverständnis nun also offensichtlich keine Rolle gespielt; das ist ein Fehler. Dass aber sogar das Erzbistum Köln vor Gericht mit dem „Privatleben“ des Priesters argumentierte, ist verlogen. Entweder, die katholische Kirche nimmt die von ihr selbst vertretene Lehre ernst und stellt sich ihrer Verantwortung, oder sie muss den Priesterdienst grundsätzlich überdenken. Die Verantwortlichen im Erzbistum Köln haben nie im Pfarrhaus nachgesehen, wie es den Kindern geht. Und auch jetzt lassen sie die Betroffenen alleine.  [….]

(Annette Zoch, 01.07.2025)

Ein bayerischer Kriminalpolizist fiel mit den schlimmsten Nazi-Parolen, die ich je gehört habe, in internen Chats auf. So einer ist Polizist. Aber es kommt noch schlimmer – er war jahrelang ausgerechnet als Personenschützer Charlotte Knoblochs abgestellt. Die bayerische Polizei wird den Mann aber nicht los.

[….] Der Kriminalpolizist, der jahrelang in privaten Chats mit antisemitischen Sprüchen gegen jüdische Personen hetzte, für deren Sicherheit er als Personenschützer verantwortlich war, ist zurück im Dienst. Allerdings gegen den erklärten Willen seines Arbeitgebers, des Münchner Polizeipräsidiums. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat verhindert, dass der 45-Jährige aus dem Dienst entfernt wird.  […]

(Martin Bernstein, 01.07.2025)

Anders als CSU-Mann Dobrindt, verstehen das bayerische Innenministerium und die bayerische Polizei, daß man an die Urteile des Verwaltungsgerichtshofes gebunden ist und sie nicht nur dann umzusetzen hat, wenn sie einem politisch genehm sind.

Als Privatperson darf ich entsetzt sein. So wie, schon wieder, aber zu Recht, auch Ronen Steinke.

[…] Dieses Urteil erschüttert das Vertrauen in die Justiz […] Dieses Gerichtsurteil ist so kalt, so kleinlich und in seiner vertrauenserschütternden Wirkung leider auch über den Einzelfall hinaus so fatal, dass man, liest man die 29 Seiten starke Begründung durch, vor lauter Kopfschütteln Nackenschmerzen bekommt.

Der Anlass ist schon übel genug: Charlotte Knobloch, seit Jahren Präsidentin der jüdischen Gemeinde in München, hat erfahren müssen, dass ihr persönlicher, ihr von der Polizei zugewiesener Leibwächter jahrelang heimlich antisemitische Chatnachrichten schrieb. Dass dieser Beamte über Auschwitz und Dachau witzelte. Dass er heimlich Nachrichten mit „HH“ für „Heil Hitler“ beendete. Dass er von „Kanacken“ schrieb. Noch schlimmer als die Erkenntnis, dass so jemand mit so einer sensiblen Polizei-Aufgabe betraut war, aber ist die Reaktion, die der Rechtsstaat daraufhin gezeigt hat. Das Verwaltungsgericht München lehnte es schon vor zwei Jahren ab, den Beamten aus dem Dienst zu entfernen, obwohl die Polizeiführung ihn, als sie von den Chats erfuhr, gerne achtkantig hinausgeworfen hätte.

Und nun hat auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, also die nächste Gerichtsinstanz, diesen Mann im Dienst belassen. Man darf staunen: Das ohnehin schon milde Urteil der ersten Instanz, eine bloße Kürzung der Beamtenbesoldung um zwei Stufen, haben die Richter sogar noch einmal abgemildert. […]

(SZ, 02.07.2025)

Aber es ist ja kein Berliner Gericht. Keine grüne Richterin. Daher sind Blome, Nius und Springer zufrieden.

Dienstag, 1. Juli 2025

Impudenz des Monats Juni 2025

Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Er ist ein junger frommer Katholik, 30, studierte katholische Religion auf Lehramt, spielt leidenschaftlich Fußball und wurde 2021 und 2025 für die SPD in den Bundestag gewählt: Daniel Baldy aus Mainz.

Er sieht sich selbst insbesondere als Mann der Sicherheit.

 [….] Kinderschutz geht uns alle an. Deshalb setze ich mich für mehr Sicherheit beim Aufwachsen unserer Kinder ein: Insbesondere beim Schutz vor sexueller Gewalt.

Die Bekämpfung von Missbrauch müssen wir vom Neugeborenen bis zur Jugendlichen denken. Wir alle sind gefragt in der digitalen und analogen Welt – jederzeit und überall. [….] Miteinander sicher leben – das wollen wir alle.
Hierzu müssen wir unsere Demokratie stärken, die politische Bildung und die Prävention vor Extremismus und Menschenfeindlichkeit in den Vordergrund stellen. Verfassungs­feinde dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben! 
[…]

(Danielbaldy.de)

Daher setzte er sich am Freitag für mehr Unsicherheit ein, stimmte im Bundestag für das Ende des Familiennachzugs.

Dieses Votum ist moralisch, sozial und ökonomisch falsch, es behindert die Integration und führt zu mehr Unsicherheit.

[….] Prof. Dr. Magdalena Nowicka, Leiterin der Abteilung Integration beim Deutschen Zentrum für Integration- und Migrationsforschung (DeZIM): „Geflüchtete, die von ihren Partner*innen und minderjährigen Kindern getrennt sind, arbeiten und verdienen kurzfristig mehr, um die Familien aus der Ferne zu unterstützen. Langfristig jedoch hindert die Trennung ihre gute Integration auf dem Arbeitsmarkt und trägt zum erhöhten Armutsrisiko bei.
Dr. David Schiefer, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Integration deim DeZIM: „Die Aussetzung des Familiennachzugs ist kontraproduktiv. Die Trennung von Partner*innen und minderjährigen Kindern belastet die hier lebenden Geflüchteten mental und erschwert damit auch ihren Integrationsprozess. Wer also Integration fördern und psychischen Stress unter Geflüchteten vermeiden will, muss Familiennachzug fördern statt verhindern.“

Was bedeutet die Trennung von der Familie für irreguläre Migration?

„Wenn Familienmitglieder nicht regulär nachziehen dürfen, dann sehen sich viele gezwungen, irreguläre Wege zu nutzen“, erklärt Dr. Benjamin Etzold vom Bonner International Center for Conflict Studies. Er forscht seit Jahren zu Familien, die durch Flucht getrennt wurden, und hat zahlreiche Interviews mit Geflüchteten zum Thema Familiennachzug geführt. „Die Logik lässt sich leicht verstehen, wenn man auf die menschliche Dimension dieses Themas blickt: Familien wollen beisammen sein, eine Trennung von Kind, Eltern oder dem Partner ist schwer zu ertragen, für junge Menschen sogar traumatisch. Wenn es keine legalen Möglichkeiten gibt, ihnen nachzureisen, dann sucht man andere Wege“, so Etzold.

Was bedeutet die Trennung von der Familie für Integration und Kriminalität?

Zahlreiche Studien betonen die psychische Belastung, die die Trennung von der Familie für Menschen darstellt. Wenn Flüchtlinge ihre Familienangehörigen nicht nachholen können, erschwere das ihre Integration im neuen Land. "Der Familiennachzug ist integrationspolitisch sinnvoll, da die Sorge um Angehörige es erschwert, innerlich anzukommen und sich etwa um Spracherwerb und Arbeit zu bemühen“, sagt Prof. Winfried Kluth, Vorsitzender des Sachverständigen für Integration und Migration.

2018 erfuhr eine Studie viel Aufmerksamkeit, nach der Familiennachzug die Kriminalität von Flüchtlingen senken könnte: Mit Blick auf die Straftaten von jungen männlichen Flüchtlingen verwies Studienleiter Christian Pfeiffer auf das Fehlen von Partnerinnen oder Müttern. Die Kriminologin Prof. Gina Wollinger arbeitet zu Ausländerkriminalität sowie Zusammenhängen zwischen Migration und Kriminalität. Sie sagt, dass sich aus der Studie nicht unmittelbar ergebe, dass Familiennachzug die Kriminalität senke, sondern dies eher eine Hypothese basierend auf den Studienergebnissen sei. Allerdings zeige die kriminologische Forschung generell, dass familiäre Einbindung ein kriminalitätshemmender Faktor sei: „Hier ist sich die Forschung einig: Personen, die einsam, sozial schlecht eingebunden oder frustriert sind, begehen wahrscheinlicher eine Straftat als Personen, die familiär und sozial  gut eingebunden sind. Elterliche Erziehung zu erfahren oder selbst erzieherische Verantwortung zu übernehmen, senkt die Wahrscheinlichkeit für Kriminalität. Familien zu trennen, steigert daher tendenziell das Risiko für Straffälligkeit“, so Wollinger.  [….]

(Mediendienst Integration)

Nur zwei SPD-Abgeordnete, Hakan Demir und Maja Wallstein, stimmten gegen die Aussetzung. Weswegen greife ich also Baldy heraus?

Weil er ausdrücklich auf christlichem Ticket läuft und sich nach der Abstimmung einen besonders peinlichen Social-Media-FauxPas leistete. Er, der sich auch als Experte für den „digitalen Raum“ ansieht.

Er stöhnte nämlich, wie anstrengend die Sitzung gewesen sei und freue sich daher jetzt besonders auf seine Familie. 

Was für eine Fettnapftreffer – Familiennachzug abschaffen, Familien trennen, Leid über Eltern und Kinder bringen und sich dann zur Belohnung Zeit bei seiner Familie gönnen. Kann man sich nicht ausdenken.

Natürlich wurde das von den Linken als besonders schändlich und empathielos aufgegriffen und ausgeschlachtet. Kein Wunder bei der Vorlage.

Die von mir hochgeschätzten Marc Raschke, Gila Sahebi oder beispielsweise Sebastian 23 waren rechtschaffend empört.

Dennoch möchte ich diese linken Influencer zur Impudenz des Monats küren.

Das mag überraschend sein, da ich mich selbst bekanntlich links der SPD-Parteilinie verorte. Sahebi und Raschke zitiere ich regelmäßig voller Zustimmung.

Aber in diesem Fall argumentieren sie unterkomplex; aus dem luftleeren Raum der Verantwortungslosigkeit.

Baldys blamables Posting läßt sich zwar nicht schönreden; die grundsätzliche Zustimmung zur Aussetzung des Familiennachzugs kann man politisch rechtfertigen und nachvollziehen, auch wenn sie sachlich eindeutig falsch ist.

Es ist nicht angebracht, sich voller Häme über die Tränen der SPD-Abgeordneten mit migrantischen Wurzeln zu erheben, die hart mit sich rangen und schließlich gegen ihre persönlichen Überzeugungen zustimmten; teilweise persönlich Erklärungen abgaben.

Sanae Abdi, Adis Ahmetovic, Reem Alabali Radovan und insbesondere die junge Sächsin Rasha Nasr, wurden von Links hart attackiert. Gilda Sahebi nennt zwar keine Namen, empört sich aber enorm über die SPDler. Nasr wurde daraufhin physisch bedroht.

Rasha Nasr Instagram

[….]  Die Zustimmung zum vorliegenden Gesetzesentwurf fällt mir nicht leicht, um genauer zu sein: Sie fällt mir unendlich schwer. Und ich schäme mich für dieses Gesetz. Die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte ist ein Kernanliegen der Unionsparteien, mit denen sie zentrale Fragen der Migrations- und Integrationspolitik in Deutschland lösen möchten. Ich halte das grundsätzliche Anliegen, sich aktiv als Gesetzgeber mit den aktuellen Herausforderungen auseinanderzusetzen und zeitnah Lösungsvorschläge zu erarbeiten für richtig, den politischen Schritt mit diesem Gesetz aber für nicht zielführend. Dies hat für mich auch die öffentliche Anhörung zum Gesetz am 23.06.2025 gezeigt. Weitere Verhandlungsrunden mit der Union und mehr Zeit für konkrete Verbesserungen und Konkretisierungen hätten für die betroffenen Ämter, Behörden und Ministerien mehr Klarheit bringen können und wäre auch für die betroffenen Familien im Verfahren besser gewesen.

Für mich bleibt eine Familie, die zusammen in Sicherheit leben kann, ein wesentlicher Grundbaustein für eine gelungene und gelingende Integration von Menschen in unserem Land. Daher ist es aus meiner Sicht sinnvoll, die Aussetzung des Nachzugs auf zwei Jahre zu begrenzen und dann zu prüfen, ob eine weitere Aussetzung im Rahmen der Migrationslage überhaupt notwendig und juristisch möglich ist. Dazu gehört eine rechtzeitige, wissenschaftliche und faktenbasierte Einschätzung über die Auswirkung des Gesetzes.

Das Gesetz ist ein Ausdruck dessen, was unter den gegebenen politischen Umständen möglich war. Daher habe ich diesem Gesetz zugestimmt. [….]

(Rasha Nasr, 27.06.2025)

Insbesondere ihre, inzwischen gelöschte, Instastory, in der sie bekennt, sich anschließend weinend mit anderen SPDlern in den Armen gelegen zu haben, ließ die Gemüter hochkochen.

Rasha Nasr, 27.06.2025

Die linke Social-Media-Blase bebt nun vor Empörung, unterstellt der SPD, sie liefe der AfD nach, sei von Feigheit gezeichnet und habe kein Rückgrat. Es wäre viel mehr an der Zeit Haltung zu zeigen.

Ich behaupte, das Gegenteil ist wahr: Es wäre feige und verantwortungslos gewesen, einfach Nein zu sagen und die Koalition zu riskieren.

Niemand muss mir Nachhilfe bei der Verachtung für Merz, Reiche und Dobrindt geben. Ich werde auch weiterhin jeden Tag dafür kämpfen, daß die C-Parteien weniger Stimmen bekommen. Aber eine CDU-geführte Koalition mit sieben Sozi-Ministern ist besser als alle Alternativen. Die Kleiko ist und bleibt angesichts der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse und den bei Neuwahlen zu erwartenden Ergebnissen eindeutig das kleinste Übel.

Als SPD-Mitglied schäme ich mich auch und habe schwere Bauchschmerzen, weil Dobrindt und Merz ermächtigt werden, menschenfeindlich zu agieren. Aber wenn die SPD nicht mit der rechtsautoritären Union koaliert, käme es entweder zu einer schwarzbraunen Koalition, bzw Kooperation. Oder zu Neuwahlen mit einer garantiert noch stärkeren AfD. Dh, für Migranten würde es in jedem Fall noch schlimmer. Es ist ein elendes Dilemma! Was Raschke propagiert, ist eine „Wasch mir den Pelz und mach mich nicht nass“-Haltung. Reines Gewissen behalten und dann machtlos zusehen, wie es Minderheiten – insbesondere Queeren und Migranten - noch wesentlich mehr an den Kragen ginge.

Man muss schon die Konsequenzen bedenken. Was wäre passiert, wenn sich Rasha Nasr anders entschieden hätte, wenn alle SPDler wie Hakan Demir und Maja Wallstein gehandelt hätten? Damit hätten die Migranten gar nichts gewonnen; im Gegenteil. Ich erwarte von Volksvertretern mit Gewissen, daß sie genau das tun: Weiter als bis zur Nasenspitze denken, langfristige Folgen abwägen, nicht den leichtesten Weg suchen, mit dem sie persönlich gut leben können.

Auch die beiden Abweichler bestätigen dies:


[….] Die SPD tat sich sichtlich schwerer mit der Zustimmung. Natalie Pawlik (SPD), die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration sprach von einem Kompromiss, den ihre Fraktion mittragen werde. Sie verwies darauf, dass diese Maßnahme zeitlich begrenzt sei und es Ausnahmen für Härtefälle gäbe. Am Ende stimmten alle anwesenden Abgeordneten der SPD dafür, mit Ausnahme von Hakan Demir und Maja Wallstein. Wallstein bezeichnete das Gesetz als „grausame Symbolpolitik“. „Hakan Demir und ich wollten damit klar machen, wo wir und der Rest der Fraktion stehen“, sagte sie der taz. Sie sei den anderen dankbar, dass diese über ihren Schatten gesprungen seien, „um die Koalition zu retten.“ Nur so könne die SPD Verantwortung übernehmen und andere Dinge vorantreiben. „Das Ganze zeigt, wie anstrengend Demokratie ist und wie weh es manchmal tut.“  […]

(taz, 27.06.2025)

Grüne und Linke haben es in der Opposition leicht. Sie können rechnerisch ohnehin keine Alternative zur habituellen schwarzbraunen Mehrheit bilden. Daher sind sie frei, ohne Konsequenzen zu fordern, was sie wollen.

Die SPD hingegen trägt den Schwarzen Peter.

Ein weiterer billiger Vorwurf von Links an die SPD lautet, sie verzwerge sich selbst und schrumpfe daher die Chancen auf Rotrotgrün bei der Bundestagswahl 2029.

Das schmerzt mich, weil die Gefahr einer weiteren SPD-Schrumpfung tatsächlich offensichtlich ist. Eine Koalition mit Merz einzugehen, muss eigentlich schiefgehen. Wie viel bequemer wäre es gewesen, sich zu verweigern und in der Opposition aufzudrehen! Die Frage ist nur, ob es dann noch Wahlen 2029 gegeben hätte, nachdem vier Jahre Merz und Höcke regiert hätten. Der Schaden für die Menschen in Deutschland wäre in inakzeptabel hoher Preis gewesen. Wir wissen doch alle, wie Merz über Schwule, das Selbstbestimmungsgesetz, Transsexuelle, Migranten, Umweltschutz, Geringverdiener, Multikulti, Windkraft, Verbrennungsmotoren, Wärmepumpen, AKWs etc denkt. Was er täte, wenn er Mehrheiten mit der AfD hätte, die ihn noch mehr in die Richtung triebe. Diese Auswüchse verhindert die SPD in der Regierung und schützt damit Millionen betroffene Menschen.

Zudem glauben Linke seit den Tagen von Schröders Agenda 2010, es gäbe eine breite gesellschaftliche Mehrheit für linke Positionen. Die SPD gewänne, wenn sie sich wieder linker positioniere. Schön wäre es! Das ist aber leider Wunschdenken. Erhebliche Teile der ehemaligen SPD-Wähler von 1998, sogar eine Mehrheit der Arbeiter, wählt inzwischen AfD. Also ausdrücklich wider ihre eigenen Interessen, denn keine Partei ist so antisozial und einseitig zu Gunsten der Superreichen aufgestellt, wie die AfD.

Die verlorenen SPD-Wähler wandern also gerade nicht zu Parteien mit linker Programmatik. Die Linke erlebt zwar gegenwärtig einen Reichinnek-Aufschwung, den ich sehr begrüße, ist aber in allen Bundesländern vollkommen außer Reichweite von eigenen Mehrheiten. Wir müssen akzeptieren: Der Urnenpöbel tickt in Deutschland rechts. RRG versuchen für ihre Positionen zu werben; allerdings völlig erfolglos.

Seit über 20 Jahren gibt es offensiv vertretene politische Angebote für Reichensteuer, höhere Erbschaftssteuer, oder auch ein Ende der Zweiklassenmedizin zu Gunsten der Bürgerversicherung. Ur-sozialdemokratische Grundsatzfragen, die sofort umgesetzt würden bei entsprechenden parlamentarischen Mehrheiten.

Allein, der Urnenpöbel will das nicht und wählt stets dagegen.

Auch beim Thema Migration versuchte die Schröder/Fischer-Regierung ab 1998 sofort ihre Bundestagsmehrheit für ein liberales Staatsbürgerschaftsrecht zu nutzen.

Darauf zog Merkel in Hessen mit einer „Wo kann man hier gegen Ausländer unterschreiben“-Kampagne über die Märkte und kippte bereits im Januar 1999 wieder die rotgrüne Bundesratsmehrheit ins Schwarze. Deutsche sind rechts und wollen keine linke Politik.