Samstag, 13. September 2025

Sorge um den Journalismus.

Es ist nur ein Schusswaffentoter von Myriaden im Jahr, Dutzenden am Tag, aber der Mord an Charlie Kirk dominiert weltweit die Medien.

Die Heuchelei der rechten Waffenfans sprengt wieder einmal jede Vorstellungskraft. Bis ins ferne Deutschland blamieren sich Konservative bis auf die Knochen.

Es gibt aber nichts, das dazu nicht schon gesagt worden wäre und so verweise ich lediglich auf Andrew Duffer.

Natürlich steigt die politische Gewalt in den USA rasant an, wenn die US-Regierung und insbesondere der Präsident, immerfort martialisch Hass säen.

Die USA sind kein sicheres Land. Wer dort aufgrund seiner Prominenz, Hautfarbe, sexuellen Orientierung oder politischen Stellungnahmen ins Visier der bis an die Zähne bewaffneten GOPer gerät, sollte den politischen Aktivismus gegen die Trumpanzees aufgeben und lieber das Land verlassen. So weit ist es.

Promis haben es leichter, weil sie reich sind und auch Häuser in Europa besitzen. Greg Louganis, Ellen DeGeneres, Portia di Rossi, Robin Wright, Rosie O’Donnell, Sophie Turner, Eva Longoria, James Cameron, Courtney Love, Gabriel Macht, Richard Gere, Amber Heard haben die USA nach dem zweiten Wahlsieg Trumps verlassen, oder planen es. 


Andere von Trump attackierte Prominente, wie Jimmy Kimmel oder David Pakman, sichern sich ab, aktualisieren weitere Staatsbürgerschaften, treffen finanzielle Vorsorge.

Die Republikaner werten das als Erfolg, sind froh, die „liberals“ los zu sein.

Aber es sind auch schon 1,5 Millionen Latino-Farmarbeiter gegangen. Zuletzt machte eine ganze Flugzeugladung; 316 Südkoreaner, die ein Hyundai-Werk in Georgia aufbauten, Schlagzeilen. Der Konzern wollte Milliarden Dollar in den USA investieren und 8.500 Arbeitsplätze schaffen. Zum Dank jagte Trumps ICE die Koreaner und verhaftete sie.

Der Landwirtschaftssektor der USA liegt schon am Boden. Arbeitslosigkeit und Inflation steigen. Der massenhafte Braindrain muss so lange weitergehen, bis auch die Trumpanzees den ökonomischen Niedergang so stark erleben, daß sie nicht mehr republikanisch wählen. Im Nebeneffekt retten viele nach Europa ausgeflogene US-Amerikaner, die beispielsweise in Berlin oder Hamburg offen queer sein können, womöglich ihr Leben. (Noch. Auch in Deutschland wird es unter der Merz-CDU zunehmend gefährlich.)

Der Trump-Mob wird immer gewalttätiger und das Rechtssystem bricht bereits zusammen.

Wie es soweit kommen konnte, wurden zehntausendfach analysiert und beschrieben.

Wieso die Gegenwehr so schwach ist, wissen wir auch: Eine am Boden liegende demokratische Partei bietet keinen Hoffnungsträger. Die beinahe allmächtigen Tech-Oligarchen versammeln sich im Oval Office, um Trump den Arsch zu küssen. Viele haben schlicht Angst vor der Trump-Regierung. Zu Recht.

Sie müssen unter anderem deswegen Angst haben, weil die Vierte Gewalt sich zu Trumps Wiederwahl ganz freiwillig die Testikel abschnitt und nun nach nordkoreanischen Vorbild, den antidemokratischen Gewaltherrscher im Oval Office bejubelt.


[…..] Zeitungen, Radio- und Fernsehsender zwischen New York und Los Angeles beschönigen und verharmlosen all das, was der Präsident so tut. Und werben munter weiter dafür, ihm den Friedensnobelpreis zu verleihen. Wahrheit ist offenbar das, was ihm gefällt.

Was regen sich eigentlich alle in Europa so wegen Trump auf? Wer amerikanische Medien konsumiert, weiß, dass hier alles läuft wie geschmiert, auch die Wahrheitsbeugung. Damit meine ich nicht nur die offensive Trump-Propaganda der Hofberichterstatter von Fox „Faux“ News, dem meistgesehenen Nachrichtensender der USA, der Donald Trump längst auf dem Weg zum Friedensnobelpreis wähnt. „Friedensnobelpreis-Nominierungen landen in Trumps Pfad wie Rosenblüten,“ dichtete Fox-Kolumnist Deroy Murdock. „Mann, wenn er ihn jetzt nicht kriegt, dann bedeutet der Preis nichts,“ sekundierte Fox-Moderatorin Rachel Campos-Duffy nach Trumps Treffen mit Ukraine-Präsident Wolodimir Selenskij. Fast glaube ich, Trump hat nebenbei auch noch den Nahostkonflikt gelöst, zwischen Loch 8 und 10 auf einem Golfturnier.

Wenn Sie sich wundern, warum 38 Prozent der Amerikaner Trump immer noch gut finden, dann liegt es nicht nur, aber auch an einheimischen Medien. Wer hier liest, Radio hört und fernsieht, bekommt ein ganz anderes Bild vermittelt als durch europäische Medien, die mit Abstand nüchterner berichten. Auch „normale“ Medien spielen brav Megafon. Beispiel: die provozierende Entsendung bewaffneter Nationalgardisten nach Washington, D. C. Google lieferte an allererster Stelle eine beruhigende Antwort direkt vom Verteidigungs-, jetzt Kriegsministerium. „Die Nationalgarde assistiert den Polizeibehörden dabei, D.C. sicher zu machen.“ Unwahrheit per Algorithmus, Fake News im amtlichen Outfit.

Kein Wort davon, dass die Kriminalitätsrate in der Hauptstadt laut FBI auf einem 30-Jahres-Tief liegt, dass Trump ohne Not bewaffnetes Militär auf friedliche Bewohner hetzt und die Nationalgarde für ganz andere Aufgaben trainiert ist, zum Beispiel für Katastrophenschutz. Statt dessen leeren sie in D.C. die Mülleimer.

Die Washington Post, Eigentum von Amazon-Chef Jeff Bezos, weichspülte zur Sache: „Trump erfüllt sich eine Traumrolle: Bürgermeister einer Großstadt.“ Nur, dass Bürgermeister normalerweise nicht über Panzer verfügen.

Die Los Angeles Times hat Trump für die ersten sechs Monate seiner Präsidentschaft ein A ausgestellt – Bestnote! „Wie ein Vollbluthengst beim Kentucky Derby“ renne der Präsident, schwärmt der Schreiber, er schütze „verletzliche, verwirrte Kinder“ vor Geschlechtsumwandlungen, zerbrösle den „modernen Rassismus“ der Diversität, und die Zölle brächten „substanzielle Einkünfte“. Inflation? Diskriminierung? Internationale Blamage? Ach was, Randnotiz. […..]

(Michaela Haas, 13.09.2015)

Unglücklicherweise schwappt dieser vorauseilende Gehorsam gegenüber Rechtsaußen längst auch nach Europa und erfasst die bisher seriösen Medien.

ARD und ZDF, aber leider auch Zeit und SPIEGEL, ergehen sich in exzessivem Euphemismus. 

Es geht nicht um Beißhemmungen: Journalismus muss, anders als Parteien, nicht beißen, sondern nur korrekt beschreiben.

Indem „Tagesschau“ und „Heute“, sowie die mittlerweile unerträglich gewordenen Talkshows, sichtbar darum bemüht, nicht anzuecken und sich bei Rechtsaußen anzubiedernd, das Unentschuldbare sinnentstellend verharmlosen, graben sie unserer Demokratie das Grab.

Das ist umso unverständlicher, als nicht nur anderen Zeitungen, wie taz oder SZ, durchaus die richtigen Worte finden, sondern sogar innerhalb der ARD gewußt wird, wie man es besser macht. Monitor, Panorama, Extra3 oder Presseclub zeigen schließlich guten kritischen Journalismus.

Umso bedauerlicher, daß bei Strobl-TV so viele Programmverantwortliche die braunen Hosen kräftig vollgeschissen haben und Nazis nicht mehr Nazis nennen.

Freitag, 12. September 2025

Scharfe Netanyahu-Kritik ohne Antisemitismus.

Sogar sein Polit-Zwilling Donald Trump soll die Nase von Bibi Netanyahu voll haben.

Mit dem Angriff auf Katar vergraulte die Israelische Regierung die allerletzten Freunde, die sie noch auf der Welt hat(te). Selbst die ausgesprochenen Friedens-orientierten Intellektuellen des Nahen Ostens, wie Sultan Barakat*, sind völlig desillusioniert.

*Der kuwaitische Politikwissenschaftler Sultan Barakat, 55, ist Professor am College of Public Policy der Hamad Bin Khalifa University in Doha. Sein Spezialgebiet ist die Erforschung kriegszerstörter Gesellschaften und deren Wiederaufbau. Barakat engagiert sich seit vielen Jahren für Friedenslösungen in Konfliktgebieten wie dem Jemen, Syrien und Afghanistan. – SPIEGEL

Überdeutlich zeigt die israelische Regierung, daß sie nicht an Frieden interessiert ist und die Konflikte maximieren will.

[….] SPIEGEL: Wie beurteilen die Menschen in Katar Israels Angriff in ihrer Hauptstadt?

Barakat: Eine solche Attacke auf Gäste des Landes beweist, dass Israel kein Interesse an einer friedlichen Lösung des Konflikts mit den Palästinensern hat. Die Freilassung der Geiseln in Gaza ist Israels Premierminister Benjamin Netanyahu ganz offensichtlich nicht wichtig. Jedes Mal, wenn die Verhandlungen kurz vor dem Erfolg stehen, macht er etwas Verrücktes, um ein Ergebnis zu verhindern. [….] Der Angriff gegen die Hamas-Delegation fand während der laufenden Verhandlung statt, gerade als die Hamas in Erwägung zog, den Vorschlag der USA anzunehmen, der eigentlich die Forderungen Israels enthielt. Ein schamloser Angriff auf alle diplomatischen Grundsätze. Mediatoren garantieren beiden Seiten einen unparteiischen Rahmen, um einen Konflikt zu lösen. Diese Attacke verletzt das Vertrauen der Katarer gegenüber Israel zutiefst, so fragil dies ohnehin war, und es zerstört das wenige Vertrauen, das die Verhandlungsparteien miteinander aufbauen konnten, so gering auch das gewesen sein mag. [….] Nun müssen sich die Katarer und die Golfländer und regionalen Partner der USA fragen, wie glaubwürdig die Vereinigten Staaten sind, wenn es darum geht, sie vor Israel zu schützen. Israel ist ein Schurkenstaat, der internationales Recht mit Füßen tritt. Der Golf sollte schnell von Europa lernen, was es bedeutet, von den USA fallen gelassen zu werden. [….] Netanyahu hat in Gaza alle roten Linien der Menschlichkeit übertreten. Außer dem Massenmord in Gaza – ich nenne es Genozid – hat er allein im vergangenen Jahr Syrien angegriffen, und auch den Libanon, dort tötete er politische Führer. Er hat Iran angegriffen, ebenfalls während Verhandlungen, mit vielen Toten, und auch dort versucht, gewählte politische Führer zu töten. Er ermordete die halbe Regierung im Jemen, er hat Irak angegriffen und jetzt Katar. Israel operiert inzwischen mehr wie eine Militärbasis denn wie ein Staat. Es ist Netanyahus Verdienst, dass Israel in der Region als extremistisches Regime und Pariastaat betrachtet wird. [….]

(Der Spiegel, 12.09.2025)

Die Tabu-Brüche, die aberwitzigen Grausamkeiten, das stolze Ignorieren jedes internationalen Rechtes sprechen eine deutliche Sprache. Hier wird nach Vernichtung getrachtet und nicht nach Einigung oder Koexistenz.

[….] Viel deutlicher kann man es nicht machen, dass man gar nicht an einem Waffenstillstand interessiert ist oder gar an einer Zukunft für Gaza, die auch die Palästinenser beinhaltet. Am Dienstag griff die israelische Armee ein Treffen von Hamas-Funktionären an, die sich in Katars Hauptstadt Doha gerade über einen neuen Plan der USA beugten, wie in Gaza die Waffen schweigen sollten. Nun erhielten sie die Antwort aus Jerusalem: in Form von Bomben. [….] Am Montag aber waren die Weichen schon längst auf Krieg gestellt. Die Hamas hatte in den Wochen zuvor alle Bedingungen der USA und Israels erfüllt, was einen Waffenstillstand angeht. Netanjahu hatte darauf mit dem Plan geantwortet, Gaza-Stadt zu erobern. Er will den endlosen Krieg: Seit Beginn der Woche griff die israelische Armee nicht nur Ziele in Gaza und im Westjordanland an, sondern auch in Syrien, Jemen und Libanon. Und nun eben noch Katar. Israel hat sich offenbar von dem Ziel verabschiedet, seine Beziehungen mit Staaten wie Saudi-Arabien und anderen Ländern am Golf zu normalisieren. [….]

(Bernd Dörries, 09.09.2025)

Netanyahu sucht täglich die nächste Eskalation. Ratio spielt in seinem Denken und Handeln ganz offenkundig gar keine Rolle mehr.

[…..] Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat ein Abkommen unterzeichnet, um einen umstrittenen Siedlungsausbauplan voranzutreiben. Die Siedlung würde das Land durchschneiden, von dem die Palästinenser hoffen, dass es die Grundlage für einen künftigen Staat bildet.

"Es wird keinen palästinensischen Staat geben", sagte Netanjahu am Donnerstag bei einem Besuch in der Siedlung Maale Adumim im Westjordanland.  "Dieser Ort gehört uns... Wir werden unser Erbe, unser Land und unsere Sicherheit schützen. Wir werden die Einwohnerzahl der Stadt verdoppeln." Israels höherer Planungsausschuss hatte im August die endgültige Genehmigung für das Siedlungsprojekt E1 im besetzten Westjordanland erteilt.  […..]

(Euronews, 12.09.2025)

Seit Jahrzehnten besteht in der internationalen Gemeinschaft Einigkeit, daß die radikalen israelischen Siedler auf Palästinensischem Land das größte Friedenshindernis sind.  Das sah selbst der stramm rechte Falke Ariel Sharon ein und ließ daher vor 20 Jahren die israelischen Siedlungen in Gaza räumen.

Die dort klebenden ultraorthodoxen Juden konnten es nicht fassen, von ihrer eigenen erzkonservativen Regierung so behandelt zu werden. Eine Zweistaaten-Lösung rückte dennoch nicht näher, weil die Siedler in Gaza zahlenmäßig ohnehin zu vernachlässigen sind. Die Masse sitzt im Westjordanland. Diese Woche erneut demonstrativ gefördert von Bibi. Bibi will keinen Frieden. Bibi will Krieg.

Deswegen rückt auch Brüssel von Israel ab. Bibi hat nur noch sechs Freunde auf der Welt: Trump, Merz, Wadephul, Dobrindt, Döpfner und Reichelt.

[….] Bundesaußenminister Wadephul hat verhalten auf die Ankündigung von EU-Kommissionpräsidentin von der Leyen reagiert, Hilfszahlungen an Israel auszusetzen. Man habe die Rede von der Leyens zur Kenntnis genommen, sagte Wadephul in Berlin. [….] Bundesinnenminister Dobrindt reagierte mit Unverständnis. Er sehe mit äußerster Skepsis, was offensichtlich in Brüssel entschieden worden sei. Weiter sagte der CSU-Politiker, aus seiner Sicht gebe es keinen hinreichenden Grund, Gelder für Israel einzufrieren oder über die Aussetzung des Assoziierungsabkommens zu beraten.

Von der Leyen hatte im Europaparlament in Straßburg erklärt, die EU werde Zahlungen an Israel wegen des Vorgehens im Gazastreifen aussetzen. Zudem werde die Kommission Sanktionen gegen extremistische israelische Minister sowie eine teilweise Aussetzung des Assoziierungsabkommens in Handelsfragen vorschlagen. [….]

(Deutschlandfunk, 10.09.2025)

Es ist nicht nur erlaubt, sondern unbedingt notwendig, Netanyahu in die Parade zu fahren, ihn mit scharfen Worten zu attackieren, alle rechtlichen und diplomatischen Mittel gegen ihn zu nutzen. Der Mann ist ein Verbrecher, der Myriaden tote Zivilisten auf dem Gewissen hat und Krieg führt. Daher ist es moralisch geboten, sich gegen Bibi zu stellen. Es ist aber auch ein Akt der Fürsorge für das Land Israel; denn die Sicherheit der eigenen Bevölkerung talibanisiert der Regierungschef erst Recht, indem er systematisch internationalen Hass auf seine Nation zieht.

Da ich in einem ausgesprochen Israel-freundlichen Haushalt aufwuchs, gruselt es mich sehr, überall in der westlichen Welt enorme Israel-Verachtung im Studenten-Milieu zu sehen. Das ist bei mir emotional mit einem riesigen „das tut man nicht!“ versehen. Aber angesichts der geschilderten politischen Lage, bin ich natürlich auch nicht verwundert, wenn die Beliebtheit Israels bei Teens und Twens, irgendwo zwischen Fußpilz und Mundfäule liegt. Natürlich ist die Bereitschaft zu Nüchternheit und Differenzierung, angesichts der seit Jahren andauernden Flut apokalyptischer Bilder, nicht mehr ausgeprägt. Es hat sich so viel Wut und Verzweiflung angesammelt, daß ein emotionales Ventil herbeigesehnt wird. Man will das Morden stoppen, dem Krieg Einhalt gebieten und die strafen, die skrupellos weitermachen.

Sanktionen, Ächtungen, Boykotte, nicht mit einem Israelischen Sänger beim ESC rumhopsen; irgendetwas, das Israel weh tut.  Aber Achtung; das meiste davon ist amoralisch und trifft die Falschen.

[….] Harte, durchaus berechtigte Kritik an der israelischen Regierung ist eine Selbstverständlichkeit und kein Judenhass. Allerdings zeigt sich die sehr vitale israelische Demokratie täglich auf den Straßen Tel Avivs. Viele Israelis zeigen dort ihre kritische Haltung gegenüber ihrer Regierung, sie demonstrieren wöchentlich, und selbst die Gerichte in Israel entscheiden gegen die Regierung, und dies im Krieg. [….] In der Kultur, die es genauso wenig gibt wie die Juden, verrennen sich derweil in Deutschland vor aller Augen zahlreiche Menschen immer weiter hinein in den Antisemitismus. Schon der BDS - jene Bewegung, die alle israelische Künstlerinnen und Wissenschaftler boykottieren will, die also Individuen als Geiseln eines angenommenen Kollektivs nimmt - trägt die Fratze des Autoritären. [….]

(Michel Friedman, 27.02.2024)

Ganz offensichtlich genügt aber der diplomatische Druck aus Europa nicht, um Bibi zum Einhalten zu bringen. Es entwickelt sich immer mehr Frust und Wut, die sich immer ungezielter über alles mit Bibi Konnotierte gießen.

(….) Den Auszug aus Michel Friedmans Buch „Judenhass“ hatte ich vor knapp drei Wochen sehr gelobt, als ich versuchte, die verschiedenen Formen des Antisemitismus zu erklären. Eigenartigerweise fällt es so vielen Menschen schwer, Kritik an Israel, an Israels Regierung oder an Israels Außenpolitik von Antisemitismus zu trennen.

Dabei ist es gar nicht so schwer, sich zu positionieren, ohne in gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit abzudriften.

Erschreckenderweise wurde Friedman inzwischen schon wieder genötigt, einen aufklärenden, aber auch sehr bitteren Text zum Thema zu schreiben, weil die Kunstschaffenden bei der Berlinale unfähig waren, sich richtig auszudrücken, das Publikum viel zu tumb war, um richtig zu reagieren und anschließend die ätzende Kritik an der Veranstaltung weit über das Ziel hinausschoss. Wer sich Frieden in Gaza wünscht und dies laut sagt, ist natürlich nicht deswegen ein Antisemit. (….)

(Pauschalisierungen sind unvermeidbar, 29. Februar 2024)

In seinem vorletzten Buch „Judenhass“ (Berlin Verlag 2024) dröselt Michel Friedman die Situation auf und erklärt in leicht verständlichen Worten, was judenfeindliche linke Akademiker und Kunstschaffende bedenken sollten.

[….] Die Documenta in Kassel  hat in aller Deutlichkeit gezeigt, dass BDS* auch ein eliminatorisches Prinzip formuliert. Selbst die bekanntesten Wissenschaftler, Künstlerinnen, Musiker sollen nicht mehr auf­treten dürfen, bekommen also ein lebenslanges Berufsverbot, nur weil sie israelische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sind. Selbst wenn sie sich gegen die Regierung auflehnen, ihre Politik also verurteilen und für eine Zweistaatenlösung kämpfen, ändert das nichts an dem Bann. Sie sind Juden und als solche verdächtigt, angeklagt. Verurteilt. Eine Kollektivstrafe, die der Einzelne nicht aufheben kann. Diese autoritäre, größenwahnsinnige Haltung, die auch von vielen Nichtjuden aus unterschiedlichen Gründen als mutig und konsequent angesehen wird, ist Antisemitismus. Boykott ist immer undifferenziert. Wenn also wie bisher israelische Musiker, Wissenschaftlerinnen und Künstler nicht mehr auftreten dürfen, nur weil sie Israelis sind, und dies als gerecht empfunden wird, ist das für mich ein Ausdruck blinder Selbstgerechtigkeit.  [….]

(M. Friedmann, zitiert aus dem SPIEGEL, 27.01.2024)

* Boycott, Divestment and Sanctions ist eine transnationale politische Kampagne, die den Staat Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren will.

Ich verstehe den Frust des belgischen Flanders Festival Ghent auf Israel. Daß sie sich keinen Israelischen Musiker einladen wollen, weil sie befürchten, das Gaza-Massaker zu normalisieren.

[….] Nach dem gestrichenen Auftritt der Münchner Philharmoniker mit dem israelischen Dirigenten Lahav Shani in Belgien tritt das Orchester nun kurzfristig in Berlin auf. Das Musikfest Berlin lädt die Münchner Philharmoniker und ihren künftigen Chefdirigenten am Montagabend (15. September) zu einem Gastspiel ein.

Die Einladung erfolge als gemeinsame Initiative der Berliner Festspiele und der Stiftung Berliner Philharmoniker in Zusammenarbeit mit dem Konzerthaus Berlin. Damit solle ein Zeichen gesetzt werden „für die verbindende Kraft der Kunst, die Grundwerte unserer demokratischen Gesellschaften in Europa und gegen Antisemitismus, Diskriminierung und den Boykott in Kunst und Wissenschaft“.

Der Stiftungsvorstand der Berliner Philharmoniker hat zur Ausladung zudem eine geharnischte Stellungnahme verfasst.

In ihr heißt es: „Lahav Shani ist unserem Orchester seit seinem Debüt im September 2020 eng verbunden. In dieser Zeit haben wir ihn als reflektierten Künstler und einen Menschen kennengelernt, der sich – gerade im Hinblick auf den Nahost-Konflikt – immer wieder klar für Frieden, Dialog und Versöhnung ausgesprochen hat. Einen Künstler aufgrund seiner Herkunft von einem Festival auszuschließen, ist falsch und widerspricht unserem Verständnis von Musik und Kultur. Wir sind überzeugt, dass gerade in diesen Zeiten die Musik Brücken bauen sollte, anstatt Gräben zu vertiefen.“  [….]

(taz, 12.09.2025)

Der Stiftungsvorstand der Berliner Philharmoniker hat RECHT; genau das geht eben nicht, daß man einen Menschen aufgrund seiner zufälligen Zugehörigkeit zu einer ethnischen, sexuellen oder religiösen Gruppe bestraft.

Auch der Pianist Igor Levit hat die Ausladung scharf kritisiert. Im Interview mit den tagesthemen sagte er, er sei "wütend und erschüttert". Die Ausladung Shanis bezeichnete er als kollektive Bestrafung für das gesamte Orchester.

Ein Auftrittsverbot, weil Shani ein Jude ist, kann man niemals rechtfertigen!

[….] Um den israelischen Dirigenten Lahav Shani reißen sich die Orchester der Welt. Doch bei einem Festival in Belgien darf er nicht auftreten. Warum ausgerechnet er und warum ausgerechnet jetzt?

[….] Jetzt ist der Musiker selbst in diesen Konflikt geraten. Weil seine Haltung gegenüber dem „genocidal regime in Tel Aviv“ nicht klar sei, so die offizielle Begründung, hat jetzt das Flanders Festival Ghent in Belgien Lahav Shanis Auftritt zusammen mit den Münchner Philharmonikern für kommende Woche überraschend abgesagt. [….] Lahav Shani selbst – er hat sich immer wieder und auch in dieser Zeitung gegen Krieg und für Frieden und Versöhnung ausgesprochen – dürfte von dieser Eskalation nicht ganz so überrascht gewesen sein. [….] Warum aber trifft es Shani und warum trifft es ihn jetzt? Die Antwort ist einfach: Der 36-jährige in Tel Aviv geborene Musiker ist Chef des dort ansässigen legendären Israel Philharmonic Orchestra (IPO). Das 1936 von dem Geiger Bronislav Huberman mit vor den Nazis geflohenen Musikern gegründete Ensemble ist das kulturelle Aushängeschild des Landes schlechthin. Es ist allerdings kein Staatsorchester und muss sich selbst und mühselig um seine Finanzierung kümmern. Das IPO ist dennoch das vielleicht weltbeste Sinfonieorchester, dessen warmen Klang, einmal erlebt, jede Hörerin und jeder Hörer auf ewig verfällt. Allein der Chefposten beim IPO macht Shani zu einer idealen Projektionsfläche, auch für Proteste gegen die derzeitige israelische Regierung: „Es gibt Menschen, die gegen die israelische Politik ihre Stimme erheben und glauben, dass ich ein Adressat bin.“ [….]

(Reinhard J. Brembeck, 12.09.2025)

Donnerstag, 11. September 2025

Quot erat expectandum, Trumpmerz!

Die desaströsen Wirtschaftsdaten der desaströsen Regierungschefs Trump und Merz, trudeln täglich ein. Mit sicherem Griff ins Klo, ziehen die beiden durch ihren antiwissenschaftlichen Milliardär-affinen Kurs ihre Nationen in den Abgrund. Sie schaden der eigenen Ökonomie massiv mit ihrem xenophoben Kurs, verstehen aber auch von Ökonomie und internationalen Finanzen rein gar nichts. 

Daher zeigen alle wirtschaftlichen Parameter steil nach unten. Was in diesem Blog seit Jahren ausführlich dargestellt wird, nämlich daß Merz nichts von Wirtschaft versteht, manifestiert sich nun eindrucksvoll in den ökonomischen Daten. Vier Monate ging es kräftig bergab. Der Kanzler kann es einfach nicht und so trudeln fast täglich neue Hiobsbotschaften rein.

Die Arbeitslosigkeit überspringt wieder die Drei-Millionen-Marke. Maßgeblich trägt dazu der xenophobe Kurs der Christen-Politiker bei.

(…..) Man darf C-Politiker unter keinen Umständen ins Bundeskanzleramt lassen. Aber durch die systematische Verblödung, die in unseren völlig maroden und unterfinanzierten Bildungsanstalten herrscht, halten Urnenpöbel und weite Teile der Presse Unionspolitiker hartnäckig und wider jede Realität für „wirtschaftskompetent“. Das bricht bedauerlicherweise nicht nur Deutschland das Genick. (….)

(Zukunft brauchen wir nicht, 07.09.2025)

Fritze Merz huldigt einem sehr rudimentären und längst überholten Wirtschaftsbild von Deutschland: 

Den Unternehmern alle Freiheiten und Steuergeschenke, mehr Ausbeutung der Arbeitnehmer. Die daraus zwangsweise folgende schwache Binnenkonjunktur wird von den sprudelnden Exportüberschüssen kompensiert, weil die ganze Welt unsere aberwitzig überteuerten übermotorisierten Luxus-Verbrenner kauft. Andere Nationen können schließlich keine Autos bauen und daher geht es immer so weiter mit dem alten Deutschlandmodell: Keine Innovationen, keine Investitionen in Bildung, billiges Gas, keine Ausgaben für Sicherheit, ewig zu uns fließender Milliarden-Strom aus den USA und China.

Bezeichnenderweise wurde der Begriff „Technologieoffenheit“ zur Metapher für bräsige Zukunftsfeindlichkeit. Ein Chiffre, welches nichts anderes besagt, als für ewig an den hundert Jahre alten, inzwischen völlig überholten Techniken unserer Großväter festzuhalten: Den Ottomotor von 1936 und die Kernspaltung von 1938.

Also zu jenen 12 Jahren, in denen Fritze Merzens verehrter Großvater Josef Paul Sauvigny in der NSDAP Karriere machte.

Das muss schief gehen.

[….] Das Geschäft mit dem wichtigen US-Markt wird angesichts höherer Zollhürden für Deutschlands Exporteure immer mehr zur Belastung. Zwar gingen auch im Juli die meisten deutschen Ausfuhren in die Vereinigten Staaten. Allerdings gab es den vierten monatlichen Rückgang in Folge, wie das Statistische Bundesamt mitteilt – und den tiefsten Stand seit Dezember 2021.

Mit einem Warenwert von 11,1 Milliarden Euro waren die Exporte in die USA im Juli kalender- und saisonbereinigt 7,9 Prozent niedriger als im Juni 2025 und 14,1 Prozent geringer als ein Jahr zuvor. Auch die Geschäfte mit China und dem Vereinigten Königreich liefen im Juli schlechter.  [….]

(dpa, 08.09.2025)

[….] 43.000 Arbeitsplätze weg – die gefährliche Folge der deutschen Export-Krise[….]  Der Verband BGA fordert entschlossenes Handeln der Politik und geht mit der neuen Bundesregierung hart ins Gericht.

Deutschland hat ein Export-Problem. „Die Lage ist wirklich düster“, sagt Dirk Jandura, der Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). Der Außenhandel stecke in der Krise. Und das sei für Deutschland keine gute Nachricht.  Denn hinter dem verarbeitenden Gewerbe ist der Bereich Import-Export laut Jandura der zweitstärkste Wirtschaftsfaktor in Deutschland. Den Umsatz beziffert er auf rund 1,7 Billionen Euro, die Zahl der Beschäftigten auf rund zwei Millionen. „Der Punkt sind aber die Impulse, die vom Außenhandel ausgehen: Letztlich hängt in Deutschland jeder vierte Arbeitsplatz davon ab. [….] Und aktuell ist die Lage negativ. 2024 gab es schon ein Minus von 1,7 Prozent bei den Ausfuhren. Auf rund 1,55 Billionen Euro sanken die Auslandsverkäufe, meldet das Statistische Bundesamt. Und im ersten Halbjahr 2025 ging es weiter bergab. [….]

(Welt, SPRINGER!, 11.09.2025)

Dem Pendant in Washington ergeht es ebenso.

[….] Die Zahl der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung in den USA ist vergangene Woche auf den höchsten Stand seit fast vier Jahren gestiegen. Das Arbeitsministerium teilte mit, dass in der Woche zum 6. September 263.000 neue Anträge gestellt worden seien. Die Gesamtzahl der Amerikaner, die Arbeitslosenunterstützung beziehen, liegt demnach bei etwa 1,94 Millionen.  Damit liegt der Wert deutlich über den 231.000 neuen Anträgen, die Ökonomen prognostiziert hatten[….] Die Regierung gab in der vergangenen Woche mehrere Kennzahlen bekannt, die zeigen, wie sehr der Arbeitsmarkt in den USA schwächelt: Demnach wurden im August nur 22.000 Arbeitsplätze geschaffen, weit weniger als die von Ökonomen erwarteten 80.000. Auch die ausgeschriebenen Stellen blieben unter dem erwarteten Wert. Zum ersten Mal seit April 2021 gab es mehr arbeitslose Amerikaner als Stellenangebote. [….]

(SPON, 11.09.2025)

Das Schrumpfen der größten und drittgrößten Wirtschaft dieses Planeten, wird konterkariert von Nr.2 und Nr.4; China und Japan.

[….] Die Pekinger Statistikbehörde meldet für das zweite Quartal ein Wachstum von 5,2 Prozent. Die starke Zahl gilt als Beleg für die Robustheit der chinesischen Wirtschaft, trotz des anhaltenden Zollkonflikts mit den USA.  [….]

(Wirtschaftswoche, 15.07.2025)

[….] Japanische Wirtschaft wächst deutlich stärker als erwartet

Die japanische Wirtschaft trotzt den Verwerfungen in der Weltwirtschaft deutlich besser als die deutsche.   […..] Demnach wuchs die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt von April bis Juni mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 2,2 Prozent. In einer erste Schätzung waren Ökonomen von einem Wachstum in Höhe von 1,0 Prozent ausgegangen.  [….]

(08.09.2025)

Die Merzsche Schrumpfung der deutschen Wirtschaft von gegenwärtig -0,3% sticht aber auch im europäischen Vergleich heraus.

Die meisten anderen Ökonomien wachsen:

Bulgarien +2,8%   

Dänemark +3,7% 

Frankreich +1,2% 

Griechenland +2,3%

Irland +1,2%

Italien +0,7%

Kroatien +3,9%

Litauen +2,8%      

Malta  +6,0%

Niederlande  +1,0%

Polen +2,9%

Portugal +1,9%    

Slowakei +2,1%

Spanien +3,2%     

Tschechien +1,1%

Zypern +3,4 %

Aber wenn man Reiche und Merz wählt, trägt man eben auch die Rote Laterne der Welt.

Mittwoch, 10. September 2025

Christofaschismus 2025

Das Christentum und der Faschismus gehen immer wieder symbiotische Beziehungen ein. Beide Ideologien fußen auf drei gleichen Grundpfeilern:

Obrigkeitshörigkeit, Intoleranz und Wir-sind-besser-als-die-Attitüde.

4. Ermahnung zum Gehorsam gegen die gottgesetzte Obrigkeit

1 Jedermann sei den obrigkeitlichen Gewalten (oder: den vorgesetzten Obrigkeiten) untertan; denn es gibt keine Obrigkeit, ohne von Gott (bestellt zu sein), und wo immer eine besteht, ist sie von Gott verordnet. 2Wer sich also der Obrigkeit widersetzt, der lehnt sich damit gegen Gottes Ordnung auf; und die sich auflehnen, werden sich selbst ein Strafurteil (= ihre gerechte Strafe) zuziehen. 3Denn die obrigkeitlichen Personen sind nicht für die guten Taten (= für die, welche recht handeln) ein Schrecken, sondern für die bösen. Willst du also frei von Furcht vor der Obrigkeit sein, so tu das Gute: dann wirst du Anerkennung von ihr erhalten; 4denn sie ist Gottes Dienerin dir zum Guten (= zu deinem Besten). Tust du aber das Böse, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst: sie ist ja Gottes Dienerin, eine Vergelterin zur Vollziehung des (göttlichen) Zornes (oder: Strafgerichts) an dem Übeltäter. 5Darum muß man ihr untertan sein, und zwar nicht nur aus Furcht vor dem (göttlichen) Zorn, sondern auch um des Gewissens willen. 6Deshalb entrichtet ihr ja auch Steuern; denn sie (d. h. die Beamten) sind Gottes Dienstleute, die für eben diesen Zweck unablässig tätig sind.

5. Ermahnungen zu allseitiger Pflichterfüllung, besonders zur Nächstenliebe als der Erfüllung des Gesetzes

7Lasset allen zukommen, was ihr ihnen schuldig seid: die Steuer, wem die Steuer gebührt, den Zoll, wem der Zoll zukommt, die Furcht, wem die Furcht, und die Ehre, wem die Ehre gebührt.

(Römer 13)

Daher zogen die schlimmsten faschistischen Diktatoren stets mit den Anführern der christlichen Kirchen an einem Strang. Jesus selbst hatte es so verfügt.

Da sprach er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! 22 Als sie das hörten, wunderten sie sich, ließen von ihm ab und gingen davon.

 (Mt 22,15–22 LUT)

Das war in der ersten Hälfte das 20 Jahrhunderts so – Hitler, Franco, Tiso, Mussolini. Das war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts so – Franco, südamerikanische Diktaturen.

Das ist auch in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts so – Putin, Orbán, Trump, Assad, Kaczyński – wo immer sich Autokraten anschicken, die Demokratie zu beseitigen und eisern gegen Minderheiten vorzugehen, können sie sich auf den christlichen Klerus verlassen. Die Kardinäle Erdö, Dolan, Burke, Patriarch Ignatius Joseph III., Kyrill I., Kardinal Wyszynski, Bischof Wojciech Polak sind Feuer und Flamme für erzkonservative Antidemokraten und begeistern sich für möglichst inhumane, brutale und völkerrechtswidrige Politik. Schließlich waren Kirchenführer und weltliche konservative Herrscher über Jahrhunderte partners in crime, wenn es gegen die Freiheit und Menschrechte ging. Gemeinsam stritt man für Sklaverei, gegen allgemeines Wahlrecht und überhaupt jede bürgerrechtliche Errungenschaft, wie Frauenwahlrecht, Homorechte, Transrechte, Kinderrechte, etc pp.

(….) Kein Wunder also, daß Kyrill am 24.02.2022 über alle Maßen begeistert auf Putins Ukraine-Feldzug reagierte und seither der größte russische Kriegstreiber ist.

Zu der Fraktion gehört Patriarch Kyrill I., (bürgerlich Wladimir Gundjajew), der Herr über 150 Millionen russisch-orthodoxe Christen. Quasi der Papst der Rus.

Kyrill mag vor allem Reichtum, teure Uhren, Juwelen und seine Privilegien. Deswegen liebt und unterstützt er seinen Namensvetter Wladimir Putin. Die beiden Wladimirs sind ein Herz und eine Seele. Und den Krieg gegen die Ukraine finden beide Wladimirs einfach geil. Während sich der kleinere, jüngere und glattrasierte Wladimir darum bemüht, rational zu erscheinen und Gründe für den Krieg vorgibt, macht es sich der fünf Jahre ältere Wladimir mit dem Rauschebart und dem besonders albernen psychedelischen Hut einfacher: Er hasst einfach alle Ukrainer, nennt es eine „heilige Pflicht“ der Russen, sich freiwillig als Soldaten gegen die Ukraine zu melden, weil Selenskyjs Landsleute bekanntlich alle Schwuchteln wären und die armen frommen (heterosexuellen!) Russen homopervertieren wollten. Eine völlig einleuchtende Darstellung also, die erklärt, weshalb Kyrill I. den Krieg gut und richtig findet.

Daß die obersten Christenführer in einer rechtsextremen Diktatur die kriegslüsternen Massenmörder an der Staatsspitze stets unterstützen, ist üblich.

Die ungarischen, ukrainischen, serbischen und bulgarischen Kirchen-Spitzenfunktionäre sind genauso raffgierig.

Prunksucht, Geldgier und Faschisten-Arschküssen sind natürlich schon ein recht ordentliches Beschäftigungsprogramm für christlich-orthodoxe Popen.

Aber weil damit allein ihr Sadismus und die perversen Gelüste noch nicht ausreichend befriedigt sind, eifern einige auch ihren katholischen Amtsbrüdern nach und vergewaltigen kleine Jungs und Teenager. (….)

(Der ungarische TVE, 27.07.2024)

Der Faschist, Lügner, Vergewaltiger und Verbrecher Donald Trump, der mit enormer Verve Gewaltenteilung, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und demokratische Rechte zerschmettert, ist der ausgesprochene Liebling der US-Christen. Er verdankt sein Amt den christlichen Anführern.

Sie haben sich im Weißen Haus breit gemacht und befehlen den US-Amerikanischen Christen, sich hinter Trump einzureihen.


Die Menschenfeindlichkeit der US-Christen kennt seit Trump kein Halten mehr.

Trumps offizielle spirituelle Führerin Paula White – nomen esto men – steht für White Supremacy. Eine USA exklusiv für Weiße.

Nun endlich können sie ihren tief sitzenden Hass gegen alle Minderheiten voller Elan ausleben. Die Waffenfans schwelgen in Homophobie, Antisemitismus und Xenophobie.

[….] Rassismus, Homophobie, Islamophobie, Antisemitismus – auf all diesen hässlichen Diskriminierungen wird derzeit ein neues Dorf in den USA gebaut. Wer kein weißer Christ ist, wird ausgeschlossen. Möglich ist das auch durch Donald Trump, wie einer der Gründer zugibt.

Präsident Donald Trump hat in den USA allerlei Gruppen Aufwind gegeben, die sich nicht gerade um Minderheiten scheren. Trump selbst hat sich schon feindlich gegenüber allerlei Gruppen gezeigt, gilt zwar nicht als der weiße rassistische US-Amerikaner schlechthin – jedoch pflegt er Verbindungen zu eben solchen.   Außerdem will auch Trump selbst die Rolle der weißen Mehrheitsgesellschaft wieder stärken, indem er etwa kritische Auseinandersetzung mit der grausamen Kolonialgeschichte des Landes aus den Museen verbannen will.

Daher wundert es überhaupt nicht, dass auch die US-Gesellschaft unter Trumps Präsidentschaft potenziell diskriminierender wird – und sich mehr traut.

Derzeit baut etwa eine Gruppe weißer Christ:innen ein Dorf in den Bergen Missouris auf. Wohnen dürfen dort weder Schwarze noch Schwule, Juden oder Muslime. Wie kann das erlaubt sein?

Das Siedlerprojekt mit dem Namen "Return to the Land" wurde bereits 2023 begonnen. Gegründet wurde es, wie soll es auch anders sein, von zwei weißen, blonden Männern: Eric Orwoll und Peter Csere.

Die Idee für ihre gemeinsamen Dörfer – eine Siedlung gibt es bereits in Missouri, eine weitere soll in Arkansas dazu kommen – fußt laut dem "Independent" auf Orania. Dabei handelt es sich um eine 1991 in Südafrika gegründete Stadt nur für Weiße, die seit dem Ende der Apartheid erheblich gewachsen ist und unter anderem einen eigenen Staat nur für Weiße innerhalb Südafrikas anstrebt.

Den Anstoß für eine Kopie dessen sei die rechtsextreme Verschwörungstheorie des "Großen Austauschs". Demnach würden nicht-weiße Bevölkerungsgruppen durch Geburtenraten und Massenmigration die weiße Bevölkerung "ersetzen".  [….]

(Darius Rimkusch, 08.09.2025)

Dienstag, 9. September 2025

Friedenswille

Wenn ein Land, wie Deutschland, am 01.09.1939, einen Krieg beginnt, will es keinen Frieden.

Wenn ein Land sich militärisch extrem überlegen fühlt, wie die USA im Februar 1965 bei der Bombardierung Nordvietnams, der Shock-and-Awe-Operation im März 2003 gegen den Irak, oder Russland im Februar 2022 gegen die Ukraine, will es keinen Frieden.

Wenn ein Land sich auf der Siegerstraße fühlt und die Gegner die allermeisten Verluste erleiden, wie Deutschland 1940, will es keinen Frieden. Da war Oberst Claus Graf Schenk von Stauffenberg auch noch treuer Wehrmachtsoffizier.

Wenn ein Land einen fanatischen Sadisten als Oberbefehlshaber agieren lässt, wie Deutschland 1933-1945, will es keinen Frieden.

Ich glaube ohnehin nicht an eine friedliche Natur des Menschen. Homo Sapiens strebte seit seiner Sesshaftigkeit vor 20.000 Jahren nach Eroberung und verwandte enorme Energie darauf, seine Artgenossen zu massakrieren. Mit der Entstehung der monotheistischen Ideologien, wurde das gegenseitige Abmurxen regelrecht zur Pflicht. Deus lo vult.

Einen kriegswilligen Angreifer bekommt man in einigen Fällen nie zur Friedenswilligkeit. Allgemein wird die vernichtenden Niederlage der Wehrmacht in Stalingrad im Februar 1943 als der Zeitpunkt verstanden, an dem Deutschland den Weltkrieg nicht mehr gewinnen konnte. Offiziere begannen sich abzuwenden, sahen die unausweichliche Vernichtung ihrer Heimat kommen und versuchten daher ein Ende des Krieges zu erreichen. So kam es zum 20.Juli 1944. Indem man der Schlange den Kopf abschlug, wollte man zumindest England, Frankreich und der USA gegenüber die Kämpfe einstellen. Allein, der Kriegswille erwies sich immer noch als stärker. Und so starben in den neun Monaten bis zum 08.05.1945 mehr Deutsche, als in der gesamten Zeit von September 1939 bis Juli 1944. Offenkundig musste erst ein Kontinent dem Erdboden gleich gemacht werden, um endlich Frieden zu erreichen.

Wenn Anführer keine Psychopathen wie Hitler sind und den Krieg nicht persönlich angefangen haben, können sie zum Einlenken gebracht werden. Sie ziehen ihre Truppen zurück, wenn der Krieg extrem teuer and Geld und Menschenleben wird.

Beispiele sind der sowjetische Rückzug aus Afghanistan 1989, der US-Rückzug aus Afghanistan 2021, oder der US-Rückzug aus Vietnam 1973-75.

Erst wenn ein totales Desaster angerichtet ist, lenken Staaten ein.

[…] Etwa 2,7 Millionen Amerikaner waren während des Vietnamkrieges als Soldaten in Vietnam, davon 1,6 Millionen im Kampfeinsatz. Es gab die Wehrpflicht, aber das System war höchst ungerecht: Wer die finanziellen Mittel hatte, konnte sich dem Militärdienst in Vietnam (durch Studium etc.) entziehen. Von jenen, die ihren Wehrdienst ableisteten und in Vietnam kämpften und starben, waren unverhältnismäßig viele arm, schlecht gebildet und schwarz. Es war eine Armee von Teenagern – mehr als 60 % starben im Alter von 18 bis 21 Jahren, das Durchschnittsalter der US-Truppe war 19.

Der Vietnamkrieg bleibt eines der größten Desaster der US-Geschichte und ein Trauma für die Weltmacht. Er war ein "furchtbarer Irrtum", wie Verteidigungsminister Robert McNamara (1961 – 1968) ihn 1995 in seinen "Erinnerungen" bezeichnete. Es war bis zu dem Zeitpunkt Amerikas längster Krieg und der erste, der verloren gegangen war. Mit furchtbaren Folgen: 58.269 amerikanische Soldaten waren gestorben, 304.704 verletzt, mehr als 33.000 blieben gelähmt. In seiner Folge begingen mehr Veteranen Selbstmord, als Soldaten in Vietnam gefallen waren. In der Heimat fanden sich viele im Zivilleben nicht mehr zurecht. 500.000 – 800.000 von ihnen litten und leiden unter einem posttraumatischen Stresssyndrom. Anfang der neunziger Jahre waren von den etwa 750.000 Obdachlosen in den USA ein Viertel bis ein Drittel Vietnamveteranen. Der Vietnamkrieg wurde der Albtraum der Amerikaner, der die Nation so spaltete wie nichts mehr seit dem Bürgerkrieg 100 Jahre zuvor.

Im Unterbewusstsein wirkte und wirkt dieser Krieg fort und bestimmte für die nächsten Jahre die amerikanische Außenpolitik. Die unmittelbare Konsequenz der Niederlage für die USA formulierte der deutsche Botschafter in Washington, Berndt von Staden, 1975 so: "Die ‚missionarische‘ Phase der amerikanischen Außenpolitik, die vom Willen zum eigenen Einsatz getragen war, scheint sich ihrem Ende zuzuneigen."

Der Krieg in Südostasien war allerdings nicht nur eine Katastrophe für die USA: eine Million südvietnamesische Soldaten starben, etwa zwei Millionen tote Zivilisten waren zu beklagen; Zwei Millionen Menschen wurden verstümmelt. Es ist anzunehmen, dass in Nordvietnam mindestens genauso viele Menschen ihr Leben lassen mussten. Die USA warfen viermal so viele Bomben ab wie während des gesamten Zweiten Weltkrieges – mit einer Zerstörungskraft von etwa 600 Hiroshima-Atombomben und 20 Millionen Bombenkratern. 50 Millionen Liter des hochgiftigen Agent Orange wurden zur Entlaubung der Wälder versprüht, um den Feind besser bekämpfen zu können – mit Auswirkungen bis auf den heutigen Tag. [….]

(bpb, 21.10.2020)

Die genauen Verluste an russischen Menschenleben während des gegenwärtigen Ukrainekrieges werden wir vermutlich nie erfahren. Sie sind aber exorbitant. Zahlen von bis zu 1.000 Toten täglich; insgesamt 120.000-200.000, kursieren.

Offenkundig sind das aber zu wenig Tote, um Putin zum Einlenken zu bewegen oder seine Herrschaft zu gefährden. Im Gegenteil; im Moment läuft es prima für ihn; er sitzt fest im Sattel und wird international hofiert. Hier ist jemand erkennbar nicht friedenswillig.

Darin steht ihm Bibi Netanjahu in nichts nach. Auch er demonstriert deutlich, wie wenig ihn die Kosten des Krieges – in seinem Fall finanzielle und diplomatische Kosten – anhaben können. Das israelische Volk steht schon mehrheitlich gegen ihn, Demonstriert täglich für ein Ende des Gaza-Krieges. Die Juden in der Diaspora verzweifeln zunehmend.

[….] »Vielleicht bringt das Bibi (Netanyahu) endlich zum Umdenken«, hoffte meine Tochter Yael-Emily. Sie meinte die jüngste Entscheidung von Bundeskanzler Friedrich Merz, den Export deutscher Waffen, die Israels Armee für Militäraktionen im Gazastreifen einsetzen könnte, vorläufig zu unterbinden. [….] Die Verzweiflung über eine israelische Regierung, deren Handlungen sich immer weiter von den Interessen des Landes zu entfernen scheint, befällt mehr und mehr Juden, nicht nur in Israel, sondern auf der ganzen Welt. Gleichzeitig beobachte ich ein anderes Phänomen: Juden auf der ganzen Welt werden für das Handeln dieser Regierung in Mithaftung genommen.

Auch die deutschen Juden sehen sich zunehmend erdrückt zwischen interner Kritik an der ausweglosen Kriegsführung Israels und wachsender Feindseligkeit gegenüber Israel und den Juden. Wir werden in Geiselhaft für Israel genommen. [….]

(Rafael Seligmann, 09.09.2025)

Aber trotz des massiven internationalen Drucks, des internationalen Haftbefehls und der katastrophalen Stimmung im eigenen Volk, lässt Bibi nicht vom Krieg ab. Im Gegenteil. Er weitet ihn aus, zündelt manisch immer weiter, offenbar nur getrieben von der Angst, bei Neuwahlen sein Amt, mitsamt der Immunität zu verlieren und im Gefängnis zu landen. Daher der unverantwortliche Angriff heute auf Katar, der selbst Donald Trump verärgert.

[….] Feige, heimtückisch, inakzeptabel: Vor allem arabische Staaten verurteilen Israels Angriff auf ranghohe Hamas-Funktionäre in Katar. Außenminister Wadephul sieht Katars territoriale Souveränität verletzt.

Die arabische Welt verurteilt den israelischen Militärschlag gegen Hamas-Funktionäre im Golfstaat Katar. Der Angriff in einem der wichtigsten Vermittlerstaaten in der Krisenregion dürfte die Spannungen weiter verschärfen - und Israel international noch weiter isolieren.

Ägypten bezeichnet den Angriff in Doha als "inakzeptable Entwicklung". Der Angriff habe einem Treffen von "palästinensischen Führern" gegolten, "bei dem über Möglichkeiten zur Erreichung eines Waffenstillstandsabkommens" in Gaza beraten werden sollte. Ägypten forderte die internationale Gemeinschaft auf zu handeln und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen. Der Angriff stelle einen "gefährlichen Präzedenzfall" dar, teilte das Büro des Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi mit. Ägypten und Katar sind neben den USA die zentralen Vermittler zwischen der Hamas und Israel.

Das einflussreiche Saudi-Arabien sprach von einem eklatanten Verstoß gegen die katarische Souveränität. Das Außenministerium warnte vor "schwerwiegenden Folgen" für die Region und bekundete volle Solidarität mit Katar. Saudi-Arabiens Kronprinz und faktischer Herrscher, Mohammed bin Salman, bekräftigte, dass das Königreich alle Mittel einsetzt, um Katar bei der Wahrung seiner Sicherheit und Souveränität zu unterstützen. Das Außenministerium im türkischen Ankara nannte den Angriff "niederträchtig", er sei ein "Beleg für Israels expansionistische Politik und seine Anwendung von Staatsterrorismus". "Der gezielte Angriff auf die Verhandlungsdelegation der Hamas während der andauernden Waffenstillstandsverhandlungen zeigt, dass Israel keinen Frieden anstrebt, sondern eine Fortsetzung des Krieges beabsichtigt", hieß es. [….]

(Tagesschau, 09.09.2025)

Selbstverständlich wünsche ich mir Frieden und eine diplomatische Lösung. Die Waffen sollen schweigen. Aber ob es nun das größte Land der Erde, Russland, oder die Mini-Nation Israel ist: Was nützen Verhandlungen, wenn der Kriegstreiber keinen Frieden will und ganz offensichtlich nicht genug Druck aufgebaut wurde, um Frieden zu erzwingen?

[….] Ministerpräsident Netanjahu provoziert mit dem jüngsten Luftschlag arabische Staaten, die ihre Beziehungen zum jüdischen Staat eigentlich normalisieren wollten.

Viel deutlicher kann man es nicht machen, dass man gar nicht an einem Waffenstillstand interessiert ist oder gar an einer Zukunft für Gaza, die auch die Palästinenser beinhaltet. [….] Katar hat angekündigt, seine Vermittlungsbemühungen in Gaza erst einmal einzustellen. Ägypten, dem anderen Vermittler, hat Netanjahu in den vergangenen Tage immer wieder gedroht. Bald ist womöglich niemand mehr da, der noch vermitteln kann. Und auch niemand bei der Hamas, der den Vorschlägen noch zustimmen könnte. Das scheint das eigentliche Ziel Netanjahus zu sein.   […]

(Bernd Dörries, 09.09.2025)

Montag, 8. September 2025

Tu quoque filia Dröge?

Susann Link besprach gestern in ihrem Presseclub wieder einmal das unangenehme Thema „Wie kann ein Land nur so dermaßen dämlich stümpern und von seiner Idioten-Regierung in die Grütze gefahren werden?“

Na, schön, das waren jetzt meine Worte. Der eigentliche Titel lautete „Job-Krise Made in Germany - welche Arbeitsplätze haben Zukunft.“ Als Gäste waren neben meiner geschätzten SZ-Wirtschaftschefin Lisa Nienhaus, gleich drei konservative Knochen geladen:

Julia Löhr, Wirtschaftskorrespondentin der Frankfurter Allgemeine Zeitung, der ehemalige von der Leyen-Redenschreiber Peter Müller, heute Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen und Julian Olk vom Handelsblatt. Mit Ausnahme von Nienhaus, alles Vertreter der Redaktionen, die für Merz und Reiche trommeln. Also wahrlich kein Quartett nach meinem Geschmack. Ich sah mir die Sendung natürlich trotzdem an, weil Link das üblicherweise hervorragend macht und ich wissen wollte, wie die vermeidlichen CDU-Fans eigentlich diesen aberwitzigen Söderschen-Verbrenner-Wahn rechtfertigen. Wie man den Merz/Reiche-Kurs zurück in die 1980er, mit Uralt-Methoden auf Kosten des Klimas, Politik zu machen, verteidigen kann.

Den 97. Autogipfel einzuberufen, auf dem die Totalversager-Manager nach dem Staat rufen und ihnen Zucker in den Hintern geblasen wird.

Aber zu meiner Überraschung passierte das gar nicht. Im Gegenteil; es herrschte Einigkeit in der Bestandsanalyse:

Deutsche Konzerne haben über Jahrzehnte von mehreren Faktoren profitiert:

·        Um autarke Energieversorgung müssen wir uns nicht kümmern, wir haben immerwährend billiges Gas von Putin.

·        Um autarke Verteidigungsfähigkeit müssen wir uns nicht kümmern, die USA beschützen uns kostenlos.

·        Um Innovationen müssen wir uns nicht kümmern, weil wir ja viel bessere Autos als andere Länder bauen.

·        Um die schwache Binnennachfrage müssen wir uns nicht kümmern, weil wir Export-Fantastilliarden im Mega-Markt China abkassieren.

Es herrschte Einigkeit in der Fehleranalyse:

·        Die Auto-Manager haben am Mark vorbei produziert, sich nicht dafür interessiert, was deutsche Käufer wünschen.

·        Die Auto-Manager haben wichtige Trends, vollelektrische Antriebe, Batterien, Software, total verschlafen.

·        Die Auto-Manager haben allein 30 Milliarden Euro bei ihrem kriminellen Dieselskandal aus dem Fenster geworfen.

·        Die Auto-Manager haben im Rausch der sprudelnden Gewinne extrem über ihre Verhältnisse gelebt, die überteuerten Autos mit sinnlosem Schnickschnack vollgestopft. VW spendierte seinem Chef Winterkorn für 60.000 Euro eine Heizung für seinen privaten Koi-Teich.  

Kein vernunftbegabter Menschen kann das populistische Söder-Geschwafel, der mit seinem antigrünen 10-Punkteplan für den VerbrennerWahlkampf macht, gutheißen. Die konservativen Wirtschaftsfreunde wissen natürlich auch, daß Unternehmer stabile Rahmenbedingungen, Freiheit von Regulierungswut und Planungssicherheit brauchen. Wenn schwarze, gelbe und braune Politiker den Wählern suggerieren, sie müssten sich doch nicht an E-Autos gewöhnen und sich um Wall-Boxen kümmern, sondern könnten entgegen des Restes der Welt und entgegen aller globalen und europäischen Verpflichtungen, doch ewig weiter Benziner fahren, helfen sie damit nicht der deutschen Autoindustrie, sondern versetzen ihr den Todesstoß. Das Verbrennerzeitalter ist, genau wie die Atomkraft vorbei. Deal with it. 


Wer das nicht begreift, sich gegen die Globalisierung stellt und sich gleichzeitig etwas darauf einbildet, eine Exportnation zu sein, muss untergehen.


Autokonzerne verteilen die Milliarden lieber an überreiche Shareholder, statt an ihre eigene Zukunft zu denken. Mindestens 60 Milliarden Euro versenkte Daimler-Benz bei seinem Größenwahnprojekt der Unterjochung von Chrysler und Mitsubishi.

Auch die 30 Milliarden, die bei Dieselmanipulationen draufgingen, fehlen natürlich bei der Entwicklung neuer Ideen. Die Verbraucher möchten ein zuverlässiges E-Auto, das unter 25.000 Euro kostet. Deutsche Konzerne können das nicht. Wollten das auch nicht, weil ihnen die Gewinnmargen dann zu niedrig sind. Blöd nur, daß andere Hersteller in Asien, aber auch Stellantis, längst die Lücke ausfüllen.

Und warum, zum Teufel, müssen neue Autos so abgrundtief häßlich sein? Ich habe mein letztes Auto vor 25 Jahren gekauft. Lebensnotwendig war die Neuanschaffung damals nicht, aber ich finde es (immer noch) designerisch sehr gelungen und mochte es sofort. Ich fahre es unter anderem jetzt immer noch, weil ich alle denkbaren Alternativen so furchtbar häßlich finde, daß sich in mir alles dagegen sträubt, so viel Geld auszugeben. So lange es nicht unbedingt sein muss.

[….] Hilfe, wieso werden die Autos immer hässlicher? [….] Am Mittwoch ist die Porsche AG aus dem Dax geflogen. Der kriselnde Autohersteller gehört also nicht mehr zu den 40 wertvollsten Börsenunternehmen in Deutschland. Übrigens: Wollte nicht ein gewisser Wendelin Wiedeking als Porsche-Chef Mitte der Nullerjahre den VW-Konzern schlucken? Das alles ist verrückt genug – und auch ein Hinweis darauf, wie groß die Krise der einst ruhmreichen, jetzt bisweilen desorientiert bis depressiv wirkenden deutschen Autoindustrie ist. Abgrundtief. [….] Offenbar zieht VW die „Notbremse beim Design seiner Elektroautos“, meint t-online: „Statt futuristischer Linien soll es künftig wieder mehr klassische VW-Optik geben.“ [….] Jetzt noch mal in Ruhe unter uns „Early Adopters“: Der, sagen wir mal, ID.3 ist also zu futuristisch und zu extravagant gestaltet? Bisher dachte man eigentlich, dass dieses Auto aussieht wie die unglückliche Liaison zwischen einer Badewanne auf Rädern und einem durch und durch antiextravaganten Formgemisch der Beliebigkeit, das auch hinter jedem, wirklich jedem anderen Auto stecken könnte. [….] Das war zu futuristisch? War es nicht im Gegenteil zu banal, zu gestrig und zu unentschlossen? [….] Seit geraumer Zeit ist die deutsche Autoindustrie im Land von Bauhaus, Ulmer Schule und Braun-Design – weltweit einst führend in der Ästhetik der Technik – dabei, für immer mehr Geld immer größere, immer dümmere und leider auch immer hässlichere Blechblähbeulen zu fabrizieren. [….] Autos voller Eleganz und Anmut sind Autos von gestern. [….] Wie wäre es damit: Einfach mal ein radikal modernes und radikal schönes, schlichtes und elegantes Auto bauen, nicht zu groß und nicht zu teuer. Aber das ist vermutlich eine futuristische und extravagante Idee. [….]

(Gerhard Matzing, 04.09.2025)

Diesen Idioten-Managern darf man nicht hinterherrennen, sondern muss ihnen klare Vorgaben machen. Auch gegen ihren Willen, müssen sie manchmal zu ihrem Glück gezwungen werden! Was war das für ein Geschrei vom Ende der deutschen Autoindustrie, wenn man auf bleifreies Benzin verzichte und sie zwinge die doofen Katalysatoren einzubauen! Aber die Wirtschaftsbosse lagen allesamt falsch, die Politiker richtig.

Mercedes, VW und BMW brauchen heute Klartext aus Berlin und keine Speichellecker.

Umso peinlicher, daß nicht einmal die Grüne Fraktionsvorsitzende davor gefeit ist, den Managerversagern nach dem Mund zu reden und dabei den Klimaschutz mit Füßen tritt.


[…] Am Dienstag beginnt die Automesse IAA in München – und Deutschland debattiert, ob die Autowirtschaft sich wirklich in die Zukunft bewegen muss. Zwischendurch zeigte sich selbst die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, offen für eine Verschiebung des Verbrenner-Aus.

Bislang ist vorgesehen, dass in der Europäischen Union ab 2035 keine Autos mehr zugelassen werden dürfen, die klimaschädliche Emissionen verursachen. Einige EU-Mitgliedstaaten waren schwer zu überzeugen. Deutschland etwa – damals unter der Ampelregierung – bestand auf einer unsinnigen Ausnahmeklausel für Pkw, die ausschließlich CO2-neutrale E-Fuels tanken können.

Am Ende aber kam die Regelung durch und bedeutete praktisch: Neue Verbrenner gibt es ab 2035 nicht mehr. Ein klimapolitischer Großerfolg, auch wenn ihn sich Klimaschützer*innen zu Recht noch ein paar Jahre früher gewünscht hätten.

Den Fortschritt wieder umzukehren, hat etwa CSU-Chef Markus Söder gerade in der Bild am Sonntag gefordert. Die Europäische Volkspartei (EVP), der CDU und CSU angehören, will das ohnehin schon lange. Am Sonntagabend wies dann Grünen-Fraktionschefin Dröge in der ARD darauf hin, der Grünen-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg, Ex-Bundesagrarminister Cem Özdemir, habe gesagt: „Ob ein Jahr früher oder später, das ist nicht die Frage. Und ich finde: Das ist auch nicht die Frage.“ [….]

(Susanne Schwarz, 08.09.2025)