Mittwoch, 12. Oktober 2022

Weniger Menschen bitte

Acht Milliarden Menschen sind viel zu viel für diesen Planeten. Diese Massen produzieren so viel Schmutz und Wärme, daß im Rekordtempo Fauna und Flora ausgerottet werden. Im Anthropozän sterben aber nicht nur die anderen Spezies, sondern der dominante Parasit Homo Demens selbst, wird im Kampf um die knappen Ressourcen zum Opfer. Im Gegensatz zu anderen Tieren, die so viel fressen und so viel töten, wie sie müssen, agiert Homo Demens vollkommen ungehemmt. Er killt zum Vergnügen, rafft viel mehr an sich, als er braucht, verteilt die Ressourcen grotesk ungerecht und vernichtet auf dem Altar des Kapitalismus gewaltige Lebensmittelmengen. Diese Spezies insgesamt ist für mich die unsympathischte Tierart überhaupt.

Dieses Pauschalurteil gilt aber nicht für das Individuum, welches (zumindest aus humaner Perspektive) sehr interessant und erstaunlich sein kann.

Daher gehe ich gar nicht so weit, alle Menschen ausrotten zu wollen. Nein, ich bin für die Menschen und würde mir ihr langfristiges Überleben auf der Erde wünschen.

Damit die unangenehmen Erscheinung der Menschenmasse nicht auftreten, sollte ihre Gesamtzahl aber auf ein Prozent der heutigen Zahl begrenzt sein. Statt acht Milliarden Einzelexemplaren, also 80 Millionen. Oder sagen wir, aufgerundet: 100 Millionen Menschen auf diesem Planeten.

Es gab Zeiten der Erdgeschichte, als Homo Sapiens auf wenige Tausend Exemplare geschrumpft war. Das nenne ich dünn besiedelt. Aber bei 100 Millionen, die noch dazu durch das Internet alle miteinander vernetzt wären, sollte es genügend Auswahl geben, um Gleichgesinnte zu treffen und überall zu siedeln. Wir würden aber nicht mehr die Meere leerfischen und die Atmosphäre mit Stickoxiden und CO2 verpesten. Wir könnten sogar Autos mit Verbrennungsmotor fahren, Flugzeuge mit Kerosin betreiben, im Wohnzimmer einen hübschen gekachelten Steinkohleofen verwenden. Bei 99% weniger Individuen wäre der ökologische Fußabdruck keine Größe mehr, mit der die Umwelt nicht fertig würde. Keine überfüllten Strände, verstopften Straßen, saubere Flüsse, überall gedeihende Fauna und gesunde Luft.

Paradiesisch. Aber wie reduziert man von acht Milliarden, also 8.000 Millionen Menschen auf 100 Millionen Menschen, ohne Seuchen, Kriege oder Naturkatastrophen?

Anders als Lebensschützer und Christen, bin ich Antinatalist. Ich plädiere für Verhütungsmittel und Sterbehilfe, wende mich aber strikt gegen Gewalt, Mord und Folter. Ich bin auch Pazifist. Christen hingegen (Putin, GW Bush, Merz, Berlusconi, Sarah Palin, MTG, Lauren Boebert, Orbán, Morawiecki, Meloni, Franco, Mussolini, Hitler) lieben Waffen, das Militär, Folter, Todesstrafe.

Ich würde jede Anstrengung empfehlen, um lebende Menschen, die leben wollen, zu unterstützen. Es ist aber falsch, einen Sterbenden, der auf der Intensivstation an einem Dutzend Schläuchen hängt, gegen seinen Willen am Leben zu erhalten.

Wer keine Lust mehr hat, soll jederzeit das Recht haben, schmerzfrei seine eigene Existenz zu beenden. Außerdem sollte es ein Tabu sein, angesichts der horrenden Überbevölkerung noch mehr Menschen zu produzieren. Nichts ist eine solche ökologische Nachhaltigkeitskatastrophe, wie ein zusätzlicher Mensch. Insbesondere, wenn er derartig viel Energie und Wasser verschwendet, wie ein fleischfressender Europäer oder Nordamerikaner.

Ich sympathisiere natürlich mit FFF und der extinction rebellion, war aber geschockt und enttäuscht über den RABIAT-Bericht von Radio Bremen, in dem FFF-Aktivisten eines Protestcamps nach antinatalistischen Menschen gefragt wurden und regelrecht in „Hass auf Zeugungsunwillige“ verfielen. Sie kämpften doch für die Kinder und wollten Kinder haben, sonst müssten sie sich ja nicht engagieren.

Elende Egoisten. Erdrettung nur, wenn man selbst davon profitiert und weitere Erdzerstörer produzieren kann. Shame on you, FFF!

Ich bin für eine strikte 0,01-Kindpolitik. Vielleicht müsste der Faktor anfangs etwas höher sein, damit nicht innerhalb einer Generation eine rapide Überalterung stattfindet. Es wäre ein Aufgabe an die Statistiker die Kinderquote von 1/Frau auf 0,01/Frau abzusenken; je nachdem, was die Altersstruktur der Gesellschaft zulässt.

Obläge mir die Weltherrschaft, würde ich das Absinken der Weltbevölkerung entsprechend moderat durchführen. Keinesfalls dürfte mit Gewalt nachgeholfen werden. Das wäre auch unnötig, da jeden Tag in Deutschen Tausende Menschen auf natürlich Weise sterben.

[….] Der Tod ist ein ständiger Begleiter des Lebens. Jeden Tag sterben zahlreiche Menschen in Deutschland, aber natürlich auch in jedem anderen Land der Welt. Für Deutschland ermittelt das Statistische Bundesamt (Destatis) regelmäßig die Zahlen der Sterbefälle. Demnach sind 2020 genau 985.572 Menschen in Deutschland gestorben. 2021 starben ersten vorläufigen Berechnungen zufolge insgesamt 1.016.899 Personen. Das sind pro Tag rund 2.790 Sterbefälle. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Sterbefälle um rund 3,2 Prozent erhöht. Warum steigt die Anzahl der jährlichen Todesfälle?  Dass sich 2021 die Anzahl der Sterbefälle im Vergleich zu 2020 erhöht hat, ist keine Überraschung. Das Statistische Bundesamt verzeichnet seit etwa 20 Jahren eine jährliche Steigerung der Sterbefälle. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass die Gesellschaft in Deutschland tendenziell immer älter wird. Also wird immer mehr gestorben, um es einmal salopp zu formulieren. Die höhere Lebenserwartung kann diesen Effekt nicht gänzlich ausgleichen. Das heißt, nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist ein jährlicher Anstieg der Sterbezahlen um ein bis zwei Prozent im Rahmen. Ein weiterer Grund für die hohen Zahlen an Sterbefällen in den Jahren 2020 und 2021 sieht Destatis in der Corona-Pandemie.  […]

(Jenny Gebel)

In Deutschland leben 84 Millionen Menschen. Davon sterben jedes Jahr rund eine Million. Man würde also in absehbarer Zeit auf die geforderte 1-2%-Quote von 1.000.000 Individuen runtersinken. In Hamburg statt 1,9 Millionen Einwohner dann nur noch 20.000. Berlin 40.000, München 15.000.

Den Tod lebensfähiger und lebenswilliger, bereits existierender Menschen achselzuckend in Kauf zu nehmen, wie es Boris Palmer, Wolfgang Kubicki, Xavier Naidoo und alle Aluhüte propagieren, ist abartig.

[….] Noch immer sterben in unserem Land mehr als hundert Menschen an Covid-19, jeden Tag. Nun zählte das RKI den 150.000. Toten seit Beginn der Pandemie. Ein Blick zurück. [….]

(SPIEGEL, 01.10.2022)

Eine der grausigsten Todesarten ist das Verhungern. Das ist mit extremen langen Leiden verbunden und entsteht nur durch die Beschissenheit der anderen Menschen.

Dieses Jahr sind schon mehr als sieben Millionen Menschen weltweit verhungert. Das sind etwa 300.000 jeden Monat. 73.000 Individuen diese Woche, 24.000 Menschen allein bis heute, 23 Uhr.

Am Tag verhungern laut UN 25.000 Menschen. Jeden Tag. Während Europa in gewaltigem Maßstab Lebensmittel für die Müllhalde produziert und die in den Hungerländern angebauten Getreideernten mit ultrasubventionierten EU-Geldern wegkauft, um damit unseren aberwitzigen Fleischkonsum zu unterhalten. Dabei fressen wir nicht nur viel zu Fleisch und lassen die Kühe und Schweine die Ozonschicht wegfurzen, sondern behandeln das „Schlachtvieh“ auch noch so erbärmlich, daß dauernd Seuchen entstehen und Millionen Gänse, Hühner oder Schweine „gekeult“ und verbrannt werden.

Ich behaupte, man kann nur nicht Misanthrop und nicht Antinatalist sein, wenn man fest die Augen vor der Realität verschließt.

Verglichen mit dem langsamen Hungertod, ist es vermutlich eher ein Segen, von einem russischen Sturmgewehr erschossen, oder einer Granate zerfetzt zu werden.

[….] Mit mehr als 60.000 hat Russland rund sieben Monate nach Kriegsbeginn die Zahl getöteter ukrainischer Soldaten beziffert. Hinzu kämen fast 50.000 Verletzte, sagte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Mittwoch. […]

(RND, 21.09.2022)

Ich kann nur wiedergeben, was Schoigu behauptet, habe keine Möglichkeit das zu überprüfen. Und Zivilisten?

[….] Rund tausend tote Zivilisten in der Ukraine pro Kriegsmonat: Auf diese Zahl kommt das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (United Nations High Commissioner for Human Rights, UNHCHR in Genf). Vom  24. Februar bis zum 22. August 2022 zählte die Behörde der Chilenin Michelle Bachelet mindestens 5.587 Todesopfer in der ukrainischen Zivilbevölkerung, darunter mindestens 362 Kinder. Zudem wurden während des Ukraine-Krieg bisher mindestens 7.890 verletzte Zivilist:innen erfasst, darunter 610 Kinder.  [….]

(Euronews, 24.08.2022)

Mit Hilfe deutscher Panzerhaubitzen sind bereits 90.000 russische Soldaten gekillt worden. Auch das ist schwerlich zu verifizieren.

[….] Nicht häufig gibt es aus Russland offizielle Angaben zu Verlusten im Ukrainekrieg. Ende September berichtete Moskau über Verluste von 5937 Armeeangehörigen. Bereits diese Zahl galt als wenig glaubhaft, nun berichtet die russische Investigativplattform iStories : Die russischen Verluste sollen sich auf mehr als 90.000 »unwiederbringliche« Soldaten belaufen.  Die Informationen stammen demnach unter anderem aus dem Innern des russischen Geheimdienstes FSB. »Unwiederbringliche Verluste« beschreibe eine Kategorie, die getötete und vermisste Militärangehörige umfasse, wie auch Soldaten, die an ihren Wunden gestorben seien oder derentwegen nicht mehr in den Militärdienst zurückkehren könnten. [….]

(SPIEGEL, 12.10.2022)

Als Atheist, Antinatalist, Misanthrop und Humanist lehne ich all diese sinnlosen Tode ab und freue mich niemals über den Tod anderer. Ich fühle mit den Hunderttausenden Russen, die ihre Angehörigen verloren haben mit.   

Ich verabscheue die Begeisterung für schwere Waffen und die verniedlichende Sprache, die heute beispielsweise der Litauische Präsident verwendet.

[…..]   Angesichts der russischen Aggression in der Ukraine hat sich die Nato auf einen stärkeren Schutz ihrer Ostflanke eingeschworen. Dazu gehört auch ein stärkeres Engagement der Bundeswehr in Litauen. Nun hat Litauens Präsident Gitanas Nausėda mit Äußerungen für Wirbel gesorgt, in denen er die Verpflichtungen seines Landes gegenüber den in dem Baltenstaat stationierten Soldaten mit einer Liebesbeziehung umschrieb. »Die deutsche Armee ist bekanntlich kein Mädchen, das man zu einer guten Nacht am See unter freiem Himmel einladen kann«, sagte Nausėda in einem Interview. »Dies ist eine ernsthafte Armee, der ein Ehevertrag angeboten werden muss, und dieser Ehevertrag muss die Verpflichtungen Litauens sehr klar festlegen.« [….]

(SPON, 12.10.2022)

Absolut widerlich, so über Vernichtungswaffen zu sprechen. Menschen, I Gitt.

Dieses Massensterben ist indiskutabel und grausam. Daher müssen wir viel viel weniger werden.

Dienstag, 11. Oktober 2022

Der Orange Messias

Die „New York Times“-Journalistin Maggie Haberman ist vermutlich die beste Trumpkennerin der Welt. Sie begleitet den „orange Jesus“ schon seit über 20 Jahren, studierte ihn genau, als noch niemand im Entferntesten daran dachte, der TV-Prolet könne Politiker werden. Sie reiht Scoop and Scoop; alle anderen Journalisten staunen im Stundentakt, woher die NYT-Kollegin das nun wieder wissen konnte.

Ihre Kontakte sind legendär. Unter den seriösen Reportern verfügt sie aber über ein Alleinstellungsmerkmal. Sie bekommt ihre Informationen direkt von Trump, der sie immer und immer wieder zu langen Gesprächen empfängt. Er hasst sie natürlich auch wie die Pest, weil sie wenig Schmeichelhaftest über ihn schreibt. IQ45 beschimpft Haberman, diffamiert sie als „drittklassig“, „overrated“ und „failing“. Mit ihr spreche er nie. So muss Trump reden, weil er ein pathologischer Lügner ist und niemals die simple Wahrheit zugeben könnte: Haberman, die aus einer Reporter-Dynastie stammt und die NYT, mit ihrem Ruf als „beste Zeitung der Welt“, repräsentieren die New Yorker Antipoden zur Trumpfamilie. Sie genießen echtes Ansehen, während er zwar vor seiner Präsidentenzeit durchaus reich und berühmt war; darüber hinaus aber in der echten High Society bestenfalls als „amüsant“ galt. Wirklich ernst genommen wurde er nicht. Der alte Geldadel wollte keine Geschäfte mit ihm machen, die Intellektuellen verachteten ihn für seine Grobheit, die mangelnden Umgangsformen und die fehlende Allgemeinbildung. Der Mann, der nie ein Buch gelesen hat und keinen Tweet ohne Rechtschreibpanne herausbringt, verfügt über ein Heer rechter Politiker und eine Armada konservativer Medienanstalten, die ihm zu Füßen liegen, lobpreisen und nach seinem Belieben hofieren.

Aber obwohl er es zum mächtigsten Mann der Erde brachte, blieb ihm stets die Anerkennung der besten New Yorker Kreise (für die Habermann steht) verwehrt.

Aus Hass und Verachtung für diese liberalen und intellektuellen Eliten, verließ er New York, ließ sich in Mar A Lago nieder und veranstaltet einen kontinuierlichen Beschimpfungsschwall gegen jene Kreise.

Darin zeigt sich die frappierende Infantilität seines Charakters. Mit 76 Jahren sehnt er sich immer noch so sehr danach von den alteingesessenen New Yorker Eliten, für die in seinen Augen als Apotheose die NYT steht, akzeptiert zu werden, daß er wie ein garstiges Balg, das sein Essen durch die Küche wirft, um Habermanns Aufmerksamkeit buhlt. Wie wir seit den Jan6th-Hearings wissen, wirft Trump tatsächlich wutentbrannt sein Fastfood an die Wand, bis im Oval Office der Ketchup von den Wänden tropfte. Anschließend starrt er stundenlang auf Newsmax, FOX und AON, um zu genießen, wie ihm die servilen Hetzer Honig ums Maul schmieren. Aber die letzte Befriedigung verschafft es ihm nicht, auch wenn Hannity, Tucker, Ingraham und Graham noch so intensiv seine Arschbacken küssen. Dann ruft er Habeman an. Sie ist für ihn die Schnittstelle in die seriöse Welt, die er mit all seinen Milliarden und seiner präsidentiellen Macht nie erreichen konnte.

Und so fütterte Trump die Starjournalisten auch für ihr neuestes Buch mit langen Hintergrundgesprächen.

[….] Dass die in der amerikanischen Fassung mehr als 600 Seiten starke neue Trump-Biografie (Originaltitel: Confidence Man, in der deutschen Übersetzung: Täuschung) der New York Times-Reporterin Maggie Haberman kontroverse Reaktionen hervorrufen würde, dürfte die Autorin daher kaum verwundern. Schon Wochen vor der Veröffentlichung des Buches am Dienstag waren Details durchgestochen und berichtet worden. "Das ist das Buch, das Trump am meisten fürchtet", schrieb die Nachrichtenseite Axios. Das Magazin The Atlantic druckte vorab das Schlusskapitel. Amerikanische Fernsehsender überschlagen sich gerade mit Interviews.  [….]

(Der Standard, 04.10.2022)

Dirk Hautkapp, der Funke-Medien-Mann in Washington, erklärt voller Bewunderung die Crux:

[…] Die wichtigste Erkenntnis des Buches kommt beiläufig daher. Trumps Motivation, Präsident werden zu wollen, hatte nichts mit Politik, Ideologie oder dem Drang nach Weltverbesserung zu tun. Sondern allein mit Geltungssucht. „Ich kenne viele reiche Männer, die niemand kennt“, diktierte Trump seiner Lieblingschronistin in den Block. Ein seltener Moment der Ehrlichkeit. […]

(HH Abendblatt, 10.10.2022)

Die Charaktereigenschaften Trumps lernte die ganze Welt zur Genüge ab 2015/2016 kennen. Haberman belegt nun ausführlich, wie lange dieses Wesen schon in ihm verankert ist.

[….] Schon der skrupellose Geschäftsmann habe Jahrzehnte vor der Präsidentschaft zwei Seiten gehabt: Dem "guten Trump", der großzügig, unterhaltsam, charismatisch und sogar charmant sein und damit auf Menschen einnehmend wirken konnte, stand früh der "böse Trump" gegenüber, der seiner obsessiven Gier nach Geld, Macht und Dominanz eiskalt alles andere unterordnet, cholerisch gegen Kritiker wütet und Regeln nur als Einschränkung seines Egos sieht. Trumps Allmachtsfantasien, sein extremer Narzissmus und seine Verachtung für das Gesetz wurzeln für Haberman in seiner Zeit als Immobilienmogul mit halb kriminellen Kontakten. [….]

(Der Standard, 04.10.2022)

Zwei weitere ausgezeichnete Trump-Kenner sind Susan Glasser, 53, (»New Yorker«) und Peter Baker, 55, (»New York Times«), die zusammen gerade das 700-Seiten-Werk „The Divider“ vorlegen.

Glasser, Baker und Haberman sind alle von einer dritten Präsidentschaftskandidatur Trumps überzeugt. Die Partei würde sich niemals gegen ihn stellen, auch wenn sein Wahlkampf 2020 gegen einen uralten Demokraten mit einer dreifachen Niederlage endete: Mehrheit im House erneut verpasst, Mehrheit im Senat futsch, Weißes Haus verloren. Aber Trump ist kein Politiker, sondern ein religiöser Führer, dessen 75 Millionen Sektenmitglieder für ihn sterben würden und für keinerlei Fakten zugänglich sind.

[….] Glasser: Trump ist eine historisch einzigartige Figur der amerikanischen Politik. Die republikanische Partei wurde von Trump umgeformt und radikalisiert. Er ist wie eine Droge, von der der Kern der Partei und Millionen Amerikaner nicht lassen kann.

Baker: Wenn man den Republikanern im Kongress eine Wahrheitsdroge verabreichte, dann würden meiner Einschätzung nach zwei Drittel sagen, Trump sollte verschwinden. Sie tun aber nichts dafür, und zwar aus zwei Gründen: Erstens haben sie gesehen, was mit den Leuten passiert, die sich gegen Trump wenden. Von den zehn Abgeordneten, die dafür gestimmt haben, Trump des Amtes zu entheben, wird kaum einer dem nächsten Kongress angehören. Entweder sie haben ihre Vorwahlen verloren, wurden zum Rückzug gedrängt oder haben von sich aus aufgegeben. Ich habe einen republikanischen Senator interviewt, der Trump nicht mag. Er sagte: »In meinem Bundesstaat stehen 88 Prozent der Republikaner hinter Trump. Was soll ich da tun?«

SPIEGEL: Hat Trump die Republikaner zu einer Partei gemacht, die die US-Verfassung nicht mehr respektiert?

Glasser: Es ist schwer, zu einem anderen Schluss zu kommen. Die Partei hat es abgelehnt, sich von Trump zu distanzieren, als dieser die Legitimität der Präsidentschaftswahl 2020 in Zweifel gezogen und versucht hat, Joe Biden den Wahlsieg zu stehlen. Kein anderer Präsident hat dies jemals getan. Das ist ein fundamentaler Bruch unserer Verfassung. [….]

SPIEGEL: Wie würde sich eine zweite Amtszeit Trumps von der ersten unterscheiden?

Baker: In der ersten Amtszeit hat sich Trump mit Leuten umgeben, die beeindruckende Titel und Lebensläufe vorzuweisen hatten oder mit Militärs, die viele Sterne auf der Schulterklappe trugen. Es waren Leute, die sich häufig widersetzten, wenn Trump etwas Verantwortungsloses, Unethisches oder manchmal sogar Rechtswidriges tun wollte. In einer zweiten Amtszeit würde Trump solche Leute nicht mehr zu sich holen. Die Einzigen, die bereit wären, für ihn zu arbeiten, wären überzeugte Anhänger. Insofern wäre eine zweite Amtszeit ganz anders: sozusagen Trump auf Steroiden. [….]

(DER SPIEGEL, 07.10.2022)

Meine Landleute bringen es fertig, den Wahnsinnigen noch einmal zu wählen.

Dann aber endgültig, GUTE NACHT, MENSCHHEIT!

Montag, 10. Oktober 2022

Lindners völliger Realitätsverlust

Es war ganz amüsant, heute die gedruckten Zeitungen zu lesen. Die Analyseartikel zur Niedersachsenwahl gingen gestern kurz nach den 18Uhr-Prognosen in die Schlußredaktion. ARD und ZDF sahen die FDP bei 5,00 Prozent. Also Zitterpartie. Aber mutmaßlich würden es die „Liberalen“ noch schaffen. Zwar flogen sie mit 4,8 am 27.03.2022 aus dem Saarbrücker Landtag, aber am 09.05.22 in Kiel reichte es zu 6,4% und am 15.05.22 in NRW wurden es 5,9%.

Tatsächlich landete Lindner schließlich gestern bei 4,7%. Das war nicht mal haarscharf gescheitert, sondern deutlich unter der Existenzgrenze. Das schmerzte den Porschefan, der in seinem Wahn, der intrakoalitionäre aufrechte Kämpfer gegen zwei stramm linke Parteien zu sein, auf einen Stimmenbonus gehofft hatte.

Wer in gestrigen Phrasen von “linker” Politik schwadroniert, während in Berlin Leute wie Scholz, Habeck, Lindner, Buschmann und Baerbock regieren - der sollte mal gegen seinen Kompass treten, um nicht völlig die Orientierung zu verlieren.

(Konstantin v. Notz, 09.10.22)

Der arme Lindner ist so verwirrt, seine Liste Lindner für eine Art „Edelpartei“ zu halten, die nicht etwa regiere, um etwas für das Land zu tun, sondern der man vielmehr den ganzen Tag dankbar sein müsse, daß sie sich überhaupt in die Niederungen der Bundesregierung hinabgelassen hätte. Besondere Ehre gebühre ihm für den Todesmut, sich mit Linken einzulassen.

[….]  "FDP-Parteichef Christian Lindner sprach entsprechend von einem »traurigen Abend«. Die Liberalen hätten »einen politischen Rückschlag« erlitten, sagte Lindner in der Berliner Parteizentrale. Ziel in Niedersachsen sei gewesen, einen Linksrutsch zu verhindern, dies sei nicht gelungen. Es sei nicht möglich gewesen, von Berlin aus einen politischen Rückenwind zu organisieren."  [….]

(SPON, 09.10.2022)

Von „LINKSRUTSCH“ bei Superrealos wie Weil oder Scholz zu sprechen, zeigt klar, wie weit sich der FDP-Chef von der Realität entkoppelt hat.

Um gegen die „Linksideologen“ zu punkten, setzten Merz und Lindner auf das Knallerthema Atomkraft. Flugs deuteten sie die letzte Landtagswahl 2022 zur Volksabstimmung über Kernenergie um. Das ging gründlich daneben.

[….]  Der Wahlkampf in Niedersachsen war von bundespolitischen Themen dominiert, insbesondere der Energiesicherheit. Die Niederlage der Christdemokraten ist deshalb auch ein persönliches Problem von CDU-Chef Friedrich Merz. Er hatte den Urnengang zur „Volksabstimmung“ über den Weiterbetrieb des Atomkraftwerks Emsland erklärt. Dieses soll nach den Plänen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Ende des Jahres auf jeden Fall vom Netz gehen. Das Kalkül, mit dem Thema Atomkraft zu punkten, ging für die CDU ebenso wenig auf wie für die FDP. […]

(Stuttgarter Nachrichten, 10.10.2022)

 


Lindner empfindet keine Demut vorm Wahlvolk oder der Geschichte, die ihm und seiner Partei vier Ministerposten in der schwersten politischen Krise seit 1949 zutraut, sondern glaubt ernsthaft, alle anderen müssten sich ihm gegenüber demütig verhalten, weil er überhaupt bereit sei, zu regieren. 

Auch der Gedanke, daß die FDP-Minister Fehler machen könnten, scheint ihm vollkommen fremd zu sein. Im Gegenteil, wenn weniger Menschen FDP wählen, gibt es für Kubicki und Lindner nur eine Erklärung: Die Abtrünnigen hätten nicht genug von der großartigen gelben Performance bekommen, also müssten sie zukünftig noch viel mehr die Ampelarbeit talibanisieren.

[….]  Aber wer die FDP-Verantwortlichen nach ihrem schlechten Ergebnis am Sonntag wettern hörte, der muss nun das Schlimmste befürchten. Die Liberalen glauben nämlich – kein Scherz – sie seien nicht für schlechte Politik abgestraft worden. Sondern weil sie nicht ausreichend wahrnehmbar gewesen seien! Und das wolle man nun ändern. [….]

(Maik Koltermann, 10.10.2022)

Ich warte immer darauf, daß sich ein derart tönenden Lindner öffentlich die Maske runterreißt und darunter kommt ein Titanic-Redakteur zum Vorscheinen.“ April April, wir wollten nur mal sehen, wie weit man gehen kann!“

Es scheint aber viele Undercover-Satiriker in der FDP zu geben.

[….]  So twitterte der FDP-Finanzpolitiker und Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler: »Die Ampel-Koalition hängt wie ein Mühlstein um unseren Hals. Wir verlieren zunehmend unseren marktwirtschaftliche Glaubwürdigkeit. Die FDP muss mutiger werden und den Rücken gerade machen.« Der frühere parlamentarische Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, Thomas Sattelberger, schrieb ebenfalls auf Twitter: »Die Ampelkoalition ist politische Vergewaltigung der FDP.« Doch Rot-Grün zu zähmen, sei unumgänglich gewesen, um die Republik vor Schaden zu bewahren. Er würde »jetzt aber die Koalition auf Spitz und Knopf stellen!« [….]

(SPON, 10.10.2022)

Wer in dieser ultra-angespannten höchstgefährlichen außenpolitischen Lage meint, es wäre an der Zeit schmollend parteipolitische Spielchen zu spielen, um die eigene Regierung zu beschädigen, demonstriert damit natürlich klar seine Regierungsunfähigkeit.

Unglücklicherweise ist die FDP rechnerisch unverzichtbar, solange es keine Neuwahlen gibt. Aber niemand kann inmitten dieser Monsterkrise ernsthaft wünschen, die deutsche Regierung mindestens ein halbes Jahr durch einen Bundestagswahlkampf lahmzulegen.

So bleiben uns nur Appelle an die wenigen zurechnungsfähigen FDPler wie Christian Dürr. Statt auf Distanz zur Ampel zu gehen und mehr FDP-Tänzchen um sich selbst zu veranstalten, sollte die Partei das diametrale Gegenteil machen.

[…..]  Das Verhalten der FDP in der Ampelkoalition ist nach Einschätzung des Politologen Andreas Busch eine Hauptursache für die Wahlschlappe der Partei in Niedersachsen. Die FDP spiele in der Ampel »eine Art Innerregierungs-Opposition«, sagte Busch der Deutschen Presse-Agentur. Dieses Verhalten sei offenkundig nicht besonders populär. »Wir können sagen, dass die Unterstützung für die FDP vor allem als Bundespartei stark zurückgegangen ist.«  Der Professor für Vergleichende Politikwissenschaften und Politische Ökonomie an der Universität Göttingen hält es für wichtig, dass Parteien gerade in der gegenwärtigen Krise über ihren Schatten springen. Das habe die FDP allerdings kaum getan. »Bei den Grünen ist das bestimmt nicht einfach gewesen, Kohlekraftwerke aus der Reserve zu holen, jetzt auch der Streit um Weiterführung der Atomkraftwerke«, sagte Busch. Bei der FDP sei es hingegen schwer zu sagen, wo sie der Krise entsprechend bestimmte Positionen geräumt habe.FDP-Chef Christian Lindner hatte das enttäuschende Wahlergebnis seiner Partei in Niedersachsen auf die Koalition mit SPD und Grünen im Bund zurückgeführt. »Viele unserer Unterstützerinnen und Unterstützer fremdeln mit dieser Koalition«, sagte Lindner.  Busch hält diese Analyse für unzulänglich: »Weiter so zu tun, als ob man nur zu Gast ist in dieser Regierung, das, glaube ich, wird niemandem helfen.«  […..]

 (SPON, 10.10.2022)

Um das zu verstehen, müssten Lindner, Kubicki und Co aber erst einmal aus ihrem hepatitisgelben Wolkenkuckucksheim herabsteigen und die Wirklichkeit zur Kenntnis nehmen.

[…..]  Der FDP-Chef schlingert zwischen Staatsräson und Krawall. Doch es gibt nur einen guten Weg – für das Land und die Partei.  […..]  Zwei Lager kristallisieren sich heraus.  Das eine wird angeführt von Wolfgang Kubicki. Der stellvertretende Parteivorsitzende sagte dem SPIEGEL am Wahlabend: »Ich würde intern den Wahlkampfstil versuchen zu ändern: Nett wird nicht gewählt«. Er jedenfalls werde, wenn die Menschen im Winter frieren sollten, »alle Zurückhaltung fahren lassen und sagen, wer daran schuld ist – die Grünen«.  Kubicki steht für eine Rhetorik, die auch vor persönlichen Angriffen nicht haltmacht. Den Ärztepräsidenten verglich er mit Saddam Hussein, den türkischen Staatspräsidenten nannte er eine Kanalratte und über SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach lästerte er: »Isst kein Salz, isst keinen Zucker, trinkt keinen Alkohol, hat keine Freundin.«  […..]  Die einen nehmen einen Bruch der Ampel in Zeiten des Krieges in Kauf, die anderen warnen davor, Parteitaktik vor Staatsräson zu stellen und damit Wladimir Putin und der AfD ein Geschenk zu machen.  Das Problem der FDP ist, dass Parteichef Christian Lindner seit Monaten den Eindruck vermittelt, er könne sich zwischen Koalition und Opposition nicht entscheiden. Im Niedersachsen-Wahlkampf ging er auf maximale Distanz zu SPD und Grünen. Er stellte die Regierungsbeteiligung im Bund so dar, als habe man durch eine unfähige CDU/CSU keine Wahl gehabt als das Bündnis mit den linken Grünen und der linken SPD.  Der ehemalige Staatssekretär Thomas Sattelberger formulierte es drastischer: Die Ampel sei eine »politische Vergewaltigung der FDP.« Aber im Kern ist es dieselbe Botschaft.  Wenn ein Parteichef so redet – wie soll dann ein einfaches Parteimitglied am Wahlkampfstand die Regierungsbeteiligung der FDP verteidigen? [….]

(Christoph Schult, 10.10.2022)

Sonntag, 9. Oktober 2022

Erwartetes in Niedersachsen.

Wenn ich groß bin, werde ich Wahrsager. Bei der heutigen Landtagswahl kam alles exakt so, wie ich es antizipierte. Aktueller Auszählungsstand um 21.00 Uhr: SPD gut 33%, Grüne gut 14%, CDU 28%, AfD 11%, FDP 4,9%, Linke 2%.

Das FDP-Ergebnis gefällt mir gut, CDU und AfD hätte ich mir selbstverständlich schwächer gewünscht.

In einer Lage, die eine derartige soziale Unsicherheit generiert und alle Menschen, die keine Topverdiener sind, in Sorgen treibt, sollten bei der LINKEN die Korken knallen, weil das eine optimale Ausgangslage für sie ist. Dennoch, wie bei den drei Landtagswahlen zuvor, in die Bedeutungslosigkeit zu krachen, erfordert schon eine außergewöhnliche Dümmlichkeit. Und eben auch Borniertheit, um trotz der für jeden offensichtlichen Desaster-Ursache Sahra Sarrazin, tumb weiter an der Rechtspopulistin festzuhalten. Wagenknecht arbeitet kontinuierlich an ihrer völkischen Querfront, bekommt nur noch von der AfD und faschistischen Bloggern Applaus. Damit ist „die Linke“ selbstverständlich für alle anständigen Menschen des linken Gesellschaftsspektrums unwählbar. Mohamed Ali, Bartsch, Wissler und Schirdewan wissen es und lassen die Wagenknechte gewähren. Die Linke ist unrettbar verloren. Wer nicht hören will, muss fühlen.

Die AfD Niedersachsen ist ein selbst für Faschisten-Verhältnisse extrem unseriöser Haufen. Die bisherige Landtagsfraktion löste sich im Streit selbst auf. Die AfD-Politiker bekämpfen sich gegenseitig mit härtesten Bandagen, werden vom Verfassungsschutz beobachtet.

[…] Zudem störte die niedersächsischen Wählenden nicht, dass der Landesverband der AfD schwerste Krisen hinter sich hat und über lange Zeit ein desaströses Bild abgab: Die Fraktion zerfiel, weil mehrere Mitglieder wegen politischer Differenzen austraten. Dadurch ging der Partei der Fraktionsstatus verloren. Untreuevorwürfe, Graben- und Lagerkämpfe prägten die AfD, in einer Kampfabstimmung riss 2020 der dem radikalen Flügel angerechnete Bundestagsabgeordnete Jens Kestner den Landesvorsitz an sich. Kurz darauf wurde die Landes-AfD von der Bundesebene her zwangsverwaltet, um einen Parteitag einberufen, der endlich Kandidaten für die Landtagswahl aufstellt. Denn eine von Kestner offenkundig aus machtpolitischen Gründen aufgesetzte Briefwahl war für unzulässig erklärt worden.  […]

(ZEIT, 09.10.2022)

Die AfD ist allerdings die einzige Partei, dessen Wähler sich nicht daran stören, für so offensichtlich inkompetente Kriminelle zu votieren. Sie wollen nur ihren Hass und Hetzbotschaften kanalisieren.

Wenig umstritten dürfte die Deutung des roten und grünen Ergebnisses sein:

Ja, Scholz hat es gerade sehr schwer, die Bundes-SPD ist wieder einmal in turbulenten Fahrwasser, aber die Niedersachsen kennen und schätzen ihren Landesvater Weil. Daher konnte er, wie schon 2017 unmittelbar nach der Schulz-Katastrophe im Bund, auf Landesebene viel besser abschneiden.

Die Grünen haben sich auf 14,5% verdoppelt, weil a) die Grünen Themen Nachhaltigkeit und regenerative Energien höchstaktuell sind und weil b) die Bundesminister Baerbock und Habeck die beliebtesten Minister (und Norddeutsche) sind. Gleichwohl lagen die Umfragen im Sommer stabil bei 22%; acht Prozentpunkte weniger wirken aus der Perspektive wie ein herber Verlust.

Die Erklärung dafür ist neben dem Gasumlage-Desaster, sicherlich der Groll der Basis über das allzu begierige Krötenschlucken der Grünen Bundesminister, die AKW-Laufzeiten verlängern und nun auch noch Waffen an das Scharia-Regime in Saudia-Arabien liefern.

Interessanter ist die Betrachtung der Schwarzgelben.

Friedrich Merz schwor schon vor Monaten endgültig der konstruktiven Mitarbeit ab und betreibt nahezu ausschließlich Rechtspopulismus.    

Er wettert gegen Ukrainische Flüchtlinge in Todesangst, indem er perfide Lügen über sie verbreitet. Anschließend holte er zum xenophoben Rundumschlag gegen alle Flüchtlinge aus.

Es war seine Partei, die CDU, die aus der Kernkraftgewinnung ausstieg, die Abhängigkeit von Putins Gas verstärkte und die einstige Weltmarktführung Deutschlands in der Photovoltaik und Windenergiegewinnung vernichtete.

Trotz der nicht möglichen Rückkehr in die Kernenergiewirtschaft, fordert Merz stoisch längere Laufzeiten, der inzwischen maroden deutschen AKWs. Er will damit von dem Versagen seiner Partei ablenken, die Grünen piesacken und populistisch punkten – offenbart aber gleichzeitig mal wieder groteske Wissenslücken.

Merz, der noch nie eine Wahl gewann und noch nie regierte, glänzt auch heute wieder mit mangelnder Solidarität. Bei CDU-Wahlverlusten lässt sich der Egoist nicht öffentlich blicken, weil es ihm nur um die eigene Popularität geht.

Beeindruckend ist die Lernunfähigkeit der Unions-Oberen, die immer und immer wieder versuchen, populistisch zu punkten, indem sie AfD-Hetze nachplappern und dann immer und immer wieder, bei Wahlen das gleiche erreichen: Absturz der CDU und Rekordzuwächse bei der AfD. Die Leute wählen das Original. Siehe 2017*

Punkten können hingegen CDU-Politiker wie Daniel Günther, die eben nicht AfD-Sprüche kloppen.

*(…) Es ist ein tiefsitzender Reflex des rechten Randes der CDU/CSU beim Auftauchen Rechtsextremer selbst auch rechtsextremer werden zu wollen.

Wie Pawlowsche Hunde schworen heute Herrmann, Dobrindt, Seehofer und Scheuer nun aber die „offene rechte Flanke“ zu schließen und noch mehr Härte gegen Einwanderer zu praktizieren.  Was dieses Heranwanzen an die AfD wahlpolitisch bringt, konnten wir gestern sehen

Von allen ostdeutschen Bundesländern hat Sachsen das höchste AfD-Ergebnis.  In Sachsen konnte die AfD auch am stärksten zulegen, nämlich um ungeheuerliche 20,2 Prozentpunkte, von 6,8% auf 27%. Mit 27% ist Gaulands faschistoide Gang sogar stärkste Kraft in Sachsen. Die CDU verlor sagenhafte 15,7 Prozentpunkte, stürzte von 42,6% auf 26,9%.

[….]Die AfD ist die strahlende Siegerin der Bundestagswahl in Sachsen. Für die seit der Wende dominierende CDU setzte es dagegen eine schallende Ohrfeige der Wähler. Denn sowohl bei den Erststimmen als auch bei den Zweitstimmen feierte die AfD Erfolge. [….] Sowohl im Wahlkreis Sächsischen Schweiz-Osterzgebirge (SSOE), als auch in Görlitz und Bautzen holten sich AfD-Kandidaten Direktmandate.  Am deutlichsten setzte sich AfD-Chefin Frauke Petry durch. Sie erzielte im Wahlkreis (SSOE) 37,4 Prozent der Stimmen und deklassierte damit ihren Konkurrenten, den bisherigen CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus Brähmig. [….] Auch aus den Wahlkreisen Bautzen I und Görlitz schicken die Wähler AfD-Kandidaten direkt in den Bundestag.[….]

(MDR, 25.09.2017)

In Westdeutschland erzielte die AfD ihren größten Zugewinn in Bayern.  Die CSU verlor 10,5 Prozentpunkte, stürzte von 49,3% auf 38,8%.  Die AfD gewann in Bayern seit 2014 ungeheuerliche 632.594 Wählerstimmen hinzu und holte mit 12,4% ihr bestes Ergebnis aller westdeutschen Bundesländer. Den größten Absturz gab es im Wahlkreis Ingolstadt, der Heimat Seehofers, mit Einbußen von 13,9 Prozentpunkten.

Wenn das in dem Bundesland passiert, dessen Regierungschef sich so brutal und unversöhnlich wie niemand anders gegen Merkels Flüchtlingspolitik stellte, bestätigt das die simple Regel „man wählt lieber das Original“.  Die AfD nachzuäffen hat Tillich und Seehofer die höchsten Verluste an die AfD beschert.

[….] Dann muss sich Joachim Herrmann aber auch die Frage nach seiner eigenen Rolle und der Ausrichtung der CSU in den vergangenen Monaten gefallen lassen. Nur wenige Tage vor der Bundestagswahl hat sich der bayerische Innenminister mit falsch interpretierten Zahlen zu Sexualdelikten und Flüchtlingen heftige Kritik eingehandelt, weil es ein misslungener Annäherungsversuch an AfD-Sympathisanten war. [….]

(Ingrid Fuchs, SZ, 25.09.2017)

Es bleibt das Geheimnis der CSU wieso sie nach diesem wuchtigen Aufprall von Kopf auf Wand diese gescheiterte Strategie weiter ausbauen zu wollen.  Auf die Frage, wie er sich eigentlich eine Koalition mit der CSU vorstelle, die unisono ankündigte weiter nach rechts zu rücken, sagte Jürgen Trittin gestern in der ARD, diese Strategie sei eben „genau falsch“.

Recht hat er, der Trittin. Ganz offensichtlich. (…)

(Dummerhafte Dümmlinge in Süd- und Ostdeutschland, 25.09.2017)

Als Sozialdemokrat könnte ich mich über die sagenhafte taktische Unfähigkeit des Merz freuen, weil er damit der CDU schadet. Aber der Preis – in diesem Fall 18 Faschisten im Niedersächsischen Landtag – ist viel zu hoch. Shame on you, Merz.

Bernd Althusmann fing heute buchstäblich an zu heulen, kann sich aber bei seinem eigenen Bundesvorsitzenden für die krachende CDU-Niederlage bedanken.

[….] Dann sagt Althusmann den entscheidenden Satz, auf den viele im Saal bereits gewartet haben: »Ich werde dem Landesvorstand morgen vorschlagen, dass ich für das nächste Amt des Landesvorsitzenden nicht mehr zur Verfügung stehe. Das ist meine persönliche Konsequenz aus diesem Wahlergebnis.« Der unterlegene Spitzenkandidat bedankt sich bei seinen Freunden und bei seiner Familie für die Unterstützung. Seine Stimme bricht, Tränen schießen ihm in die Augen.  [….]

(SPON, 09.10.2022)

Genauso plump und vergeblich wie die CDU, setzte auch die FDP auf den vermeidlichen Wahlkampfschlager „Atomkraftwerke.“ Damit schob Lindner gleich mal 40.000 FDP-Wähler von 2017 direkt zur AfD.  

Sie landete  bei 4,7 Prozent. Die vierte krachende FDP-Niederlage in vier Landtagswahlen seit sie in die Ampel eintrat.

Das freut mich, damit wird die Rotgrüne Sitzmehrheit komfortabler.

Das freut mich aber auch nicht, denn nun werden Lindner und Kubicki noch eiserner in der Ampel blockieren, was getan werden muss, noch verbissener das dringend notwendige Tempolimit verhindern, noch hartnäckiger die Superreichen vor Steuererhöhungen schützen.

Im Oktober gab es diese Zitrus-Liebesbilder zwischen FDP und Grünen. Noch bevor die Ampelkoalitionsverhandlungen begannen. Die FDP setzte sich besser als die anderen Partner durch, schien geradezu übermächtig. Davon berauscht, verteilte der Porsche-Minister Milliarden an die ohnehin in Gewinnen schwimmende Ölindustrie (Tankrabatt) und ließ sich mit seiner WELT-Franka wochenlang als Königs-Hochzeitspaar auf der Superreichen-Insel Sylt feiern, während er das 9-Euroticket abschaffte und vor Gratismentalität warnte.

In den Medien wurde das Bild von den rivalisierenden kleinen Ampelpartnern ventiliert. Habeck gegen Lindner. Die FDP konnte dabei nie von ihrem hohen Ross herunter, geht ganz selbstverständlich davon aus, „die Wirtschaftspartei“ zu sein. In dieser Lesart kann ein Grüner als Bundeswirtschaftsminister nur eine Fehlbesetzung sein.

Die Kollision mit der Realität ist für die Hepatitisgelben natürlich hart: Habeck ist Lindner beim Beliebtheitsranking haushoch überlegen – schon das muss nahezu unerträglich sein, für die Inkarnation der Eitelkeit Lindner. Aber dazu kommt der demoskopische Abschwung der FDP, während die Grünen nun die stärkste Ampelpartei sind. Vier Landtagswahlen, vielmal schwere FDP-Verluste, viermal kräftige Grüne Gewinne. Das nervt die Lindneristen!

Es gibt zwei mögliche Erklärungen, die sich gegenseitig ausschließen:

A)   Die Wähler mögen die FDP nicht, weil sie sich in der Ampel viel zu wenig gegen die beiden linken Partner durchsetzt. Sie betreibt zu wenig Lobbypolitik für ihr Klientel.

B)   Die Wähler mögen die FDP nicht, weil sie sich in der Ampel viel zu viel durchsetzt und konstruktive Regierungspolitik verhindert. Sie betreibt zu einseitig Lobbypolitik – Porsche, EFuels, kein Tempolimit, keine Reichensteuer – für ihre Klientel.

Die extremen Pole sind einerseits FDP-Fraktionschef Christian Dürr, der richtigerweise auf die staatspolitische Verantwortung der FDP verweist, die in dieser Superkrise zu gemeinsamen Regierungshandeln verdamme. Er ist Anhänger der Erklärung B.

Populist Wolfgang Kubicki ist Team A und kündigt äußerst verantwortungslos an, zukünftig noch mehr innerhalb der Regierung zu opponieren zu blockieren. Auch Lindner schlägt sich auf Seite A und wettert gegen die beiden LINKEN Parteien in der Regierung, beklagt sich darüber, daß seine geliebte CDU der FDP schade.

Meine Güte, die FDP kündigt als Konsequenz aus der #Niedersachsenwahl jetzt an, dass sie noch mehr "linke Projekte" in der Ampel verhindern will.  Als würden sie einfach nie verstehen wollen, dass genau diese destruktive Verhinderungspolitik dahin geführt hat, wo sie jetzt steht.

(Erik Marquardt, 09.10.2022)

FDP-General Bijan Djir-Sarai ist Gruppe AB, steht äquidistant zwischen Lindner und Dürr.

Das könnte zu wenig sein.

Es steht zu befürchten, daß die FDP in den nächsten Wochen noch mehr AfD und CDU nachläuft und damit dem Ampel-Erfolg schadet.