Donnerstag, 26. Oktober 2023

Full-MAGA-Irrsinn

Nach Wochen des totalen Chaos im US-Kongress, haben sich die Republikaner auf eine neue Nummer Drei im Staate geeinigt. Mike Johnson, der rechtsextreme, frauenfeindliche, homophobe, ultrareligiöse Verfassungsfeind, der die Wahl von 2020 nicht zertifizieren wollte, den mordenden Mob beim Sturm auf das Kapitol unterstützt und ein glühender Trump-Fan ist.

Schlimmer geht es nicht.

Die gewählten Abgeordneten des Volkes arbeiten nun mehrheitlich daran, Verfassung und Demokratie zu zerstören, um eine Trump-Diktatur zu errichten, indem sie sich hinter einem ausgesprochenen Verschwörungstheoretiker versammeln.

Gute Nacht, Amerika. Die USA werden nun in eine sehr dunkle Phase eintreten, die sich womöglich nie mehr aufhellt.

Was das bedeutet, konnten wir heute beim 565. US-Mass Shooting des Jahres 2023 in Maine erleben. In Lewiston erschoss, wie üblich ein weißer Mann, Trump-Fan, mit einer AR15, mindestens 18 Menschen.

[…..] Bei einem Schusswaffenmassaker in einer Bowlingbahn und einer Billardkneipe kamen mindestens 18 Menschen ums Leben, 13 weitere wurden verletzt. Der mutmaßliche Schütze, ein Armeereservist aus der Gegend, tauchte in den umliegenden Wäldern unter und war an diesem Donnerstag weiter auf der Flucht, trotz großflächiger Fahndung. Laut Polizei trägt er ein halb automatisches AR-15-Gewehr mit sich. Der Amoklauf ist nach Angaben der Datenbank Gun Violence Archive  bereits die 565. US-Massenschießerei in diesem Jahr, das sind fast zwei pro Tag, ohne Aussicht auf ein Ende. Die Zahl steigt jährlich, 2018 waren es noch 335. So weitverbreitet ist das Blutvergießen, dass viele US-Medien nur noch darüber berichten, wenn besonders viele Menschen sterben – oder Kinder, wie 2022 im texanischen Uvalde . Hier finden Sie eine grafische Übersicht über die Amokläufe in den USA . […..] Als Tatverdächtigen identifizierte die Polizei am Donnerstag den 40-jährigen Robert C., einen Armeereservisten aus dem Nachbarort Bowdoin. […..] Die Website »Heavy« analysierte  C.s Profil auf der Plattform X, bevor es deaktiviert wurde. Demnach folgte er oder likte vor allem rechtskonservative Accounts, etwa von Donald Trump Jr., dem Sohn von Ex-Präsident Donald Trump, und Tucker Carlson, dem ehemaligen Fox-News-Propagandisten. So habe er einen Post geteilt, in dem sich Trump über »den unglaublichen Anstieg von trans/nonbinären Massenschützen« empörte – ein fiktiver Trend, den Trump nach dem Amoklauf einer als trans identifizierten Täterin im März dieses Jahres in Nashville politisch instrumentalisierte. Auch likete C. demzufolge einen Post des konservativen Kommentators Dinesh D’Souza, der gegen Waffenverbote polemisierte: »Autos töten mehr Menschen als Waffen.« Ähnliche Ausflüchte hört man immer wieder auch von der Waffenlobby NRA und den ihr dienlichen US-Politikern. Auch am Donnerstag war diese traurige Routine zu beobachten. Der frisch gewählte Sprecher des US-Repräsentantenhauses , der ultrakonservative Republikaner Mike Johnson, beklagte eine »dunkle Zeit in Amerika«, doch machte nicht die Verbreitung von Waffen dafür verantwortlich, sondern ein diffuses Übel: »Beten ist angemessen in Zeiten wie diesen, damit das Böse enden kann.« Viele andere beließen es bei schwammigen Appellen. […..]

(Marc Pitzke, 26.10.2023)

Natürlich, wenn die US-Amerikaner wollten, könnten sie etwas dagegen tun. Verschärfungen des Waffenrechts helfen. Als Bill Clinton 1994 so einen Bann durchsetzte, sanken die Mass Shootings um 43%. Die Republikaner beendeten den Bann halbautomatischer Waffen im Jahr 2004 und bekamen sofort die gewünschte Steigerung der tödlichen Amokläufe um 239%.

Die Demokratischen Abgeordneten und Präsident Biden setzen sich vehement für mehr Waffenkontrollgesetze ein. Aber der US-Urnenpöbel will ganz offensichtlich unbedingt noch viele tausende von Maschinengewehren zerfetzte Kinder mehr.

Ihnen reichen 40.000 Tote jährlich durch US-Schusswaffen nicht aus. Sie wollen mehr Mord und Totschlag, mehr massakrierte Jugendliche. Mehr psychisch Labile, die an jeder Ecke mit Schnellfeuerwaffen ausgestattet werden. Deswegen GOP!

Die Mike Johnson/Donald Trump-Republikaner von 2023 stehen kilometerweit rechts der GWB-Republikaner von 2004.

Sie zeigen sofort nach diesen Mass-Shootings Solidarität.

Solidarität mit den Schützen.

Solidarität mit den Waffen.

 

Stolz stecken sie sich AR15-Badges ans Revers oder tragen AR15-Krawattennadeln.

Der neue GOP-Chef Mike Johnson hingegen greift hart durch gegen Waffengewalt. Er benutzt den radikalsten Weg der Einmischung, indem er mit seinen Waffenstarrenden GOPer Kollegen im Kongress auf die Knie sinkt und betet.

Denn laut des drittmächtigsten Mannes der USA sind nur Gebete die angemessene Antwort auf die Waffengewalt.

[….] Newly minted Republican House Speaker Mike Johnson responded to the horrific mass shooting in Lewiston, Maine – at least 18 dead and 13 injured – with the standard GOP pablum: “Prayer is appropriate in a time like this, that the evil can end and this senseless violence can stop.”

In the face of mass killings that occur with almost rhythmic frequency, prayer without action is as worthless as Johnson’s words. Moments later, the new speaker had the audacity to say: “Everyone wants this to end.”  [….]

(USA TODAY, 26.10.2023)

Naja, nicht nur Gebete.

Besser sind Gebete und viel mehr Waffen für alle!

Deswegen traf sich Johnson auch sofort mit Vertreterin der Waffenlobby. Amerika braucht mehr AR-15!

While action on the House Floor is stalled, constituent groups are still meeting on the Hill.  It was great to catch up with the Women for Gun Rights representatives today to discuss the safeguarding of our Second Amendment rights.

(Speaker Mike Johnson @SpeakerJohnson, 18. Okt. 2023)

Mittwoch, 25. Oktober 2023

Mehrheitsmeinung und Expertenmeinung

Mit Daten und Zahlen unterfütterte Aussagen gelten als seriös und eignen sich gut als journalistische Schlagzeilen, da sie viel mehr Druck auf Parteien und Politiker entfalten, als die Meinung eines Redakteurs.

[….] Eine Mehrheit von 52 Prozent der Deutschen steht einer Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine ablehnend gegenüber. Unter den Grünen-Anhängern ist die Zustimmung am größten, zeigt der ARD-DeutschlandTrend.   […..]

(ARD, 18.08.2023)

[….] Lange hatten die Bundesregierung und vor allem die SPD bei der Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern an die Ukraine gezögert. Nun ist sie beschlossen, und eine SPIEGEL-Umfrage zeigt, dass dies bei vielen Deutschen auf Zustimmung stößt. Demnach befürworten 54 Prozent die Entscheidung – 40 Prozent halten sie für »eindeutig richtig«, 14 Prozent für »eher richtig«. 37 Prozent sprechen sich allerdings gegen die Leopard-Lieferung aus. 32 Prozent sind der Ansicht, Panzer zu liefern, sei »eindeutig falsch«, 5 Prozent halten es für »eher falsch«.   [….]

(SPON, 26.01.2023)

[….]  Fast zwei Drittel der Deutschen sind gegen eine Lieferung von Kampfjets an die Ukraine. Das ergab eine Civey-Umfrage, die unserer Redaktion exklusiv vorliegt.  […..]

(Berliner Morgenpost, 19.05.2023)

[….]  In der Debatte um die Lieferung von Marschflugkörpern vom Typ Taurus hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Mehrheit der Bundesbürger auf seiner Seite. Wie Scholz lehnen 57 Prozent der Deutschen eine Lieferung der Raketen ab. Im Vergleich zu Anfang August ist diese Mehrheit kleiner geworden: Damals sprachen sich 66 Prozent gegen eine Lieferung aus. 35 Prozent der Deutschen sind dafür, dass die Bundesrepublik der Ukraine Taurus zur Verfügung stellt. In der Umfrage Anfang August waren es 28 Prozent. [….]

(NTV, 19.09.2023)

[….] Knapp zwei Drittel der Deutschen sind laut einer ARD-Umfrage gegen die Lieferung von Kampfflugzeugen Deutschlands an die Ukraine. 64 Prozent sprechen sich laut dem am Donnerstag in Köln veröffentlichten ARD-„Deutschlandtrend“ dagegen aus, 28 Prozent dafür. Insgesamt bewerteten 43 Prozent die derzeitige Unterstützung der Ukraine mit Waffen als angemessen, hieß es. Mehr als einem Drittel (37 Prozent) gehe sie allerdings zu weit, 14 Prozent nicht weit genug.   [….]

(RND, 01.06.2023)

[….] Eine Mehrheit der Menschen in Deutschland ist der Auffassung, dass die deutschen Waffenlieferungen in die Ukraine eine Kriegsbeteiligung bedeuten. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur stimmen 51 Prozent der Befragten dieser Einschätzung zu, nur 37 Prozent sehen das nicht so.   [….]

(Tagesspiegel, 25.02.2023)

Die Vielzahl der Artikel über Umfragen zu speziellen Waffensystemen zeigt Hilflosigkeit der Redaktionen. Solche Meldungen sind viel schneller zu erstellen, als durch investigative Recherche erstellte Analysen der Situation. Denn es ist sehr aufwändig und gefährlich, zutreffende Informationen über den Kriegsverlauf, Opferzahlen und militärische Strategien zu erhalten. Civey- oder YouGov-Umfragen hingegen werden heute weitgehend online erhoben, sind billig. Schon lange muss dafür nicht mehr, wie zu Noelle-Neumanns Zeiten, ein Heer von Interviewern an Haustüren klingeln. Das erledigt man alles mit ein paar Klicks.

Der Seriosität ist das recht abträglich. Aber selbst wenn man wissenschaftlich exakt bis auf die Nachkommastelle bestimmen könnte, wie viele Deutsche Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern wollen, hätte diese Zahl kaum eine Bedeutung. Die Mehrheit bestimmt zwar die Sitzvergabe in den Parlamenten, verfügt aber nicht zwingend über Sachkompetenz bei Themen für Nahostexperten, Virologen oder Militäranalysten.

90% derjenigen, die bei Civey „Taurus-Marschflugkörper liefern“ JA oder NEIN antworten werden noch nie zuvor davon gehört haben. 99% werden nicht genau erklären können, was ein „Taurus“ ist, 99,9% werden nicht wissen, über wie viele Taurus die Bundeswehr verfügt.

Französische Journalisten bestaunen die öffentlichen Diskussionen über spezielle Waffensysteme in Deutschland. Das sei kein Thema in Frankreich, welches detailliert im Volk besprochen würde, sondern werde von der Regierung zusammen mit den Militärs entschieden.

Richtig so!

Wenn DER SPIEGEL oder RND-Periodika Meinungsumfragen zu Taurus- oder Marder-Lieferungen erstellen lassen, sollten sie nur diejenigen abstimmen lassen, die den Frontverlauf in der Ukraine sehr gut kennen, einen genauen Überblick über die derzeitigen Bundeswehrbestände haben, sich genau mit komplexer Waffentechnik auskennen und zudem aufsagen können, welche Waffensysteme der zweitgrößte militärische Unterstützer der Ukraine – nämlich Deutschland – bisher geliefert hat.

Das ist übrigens kein Geheimwissen – mit ganz wenigen Klicks kann man eine genaue Auflistung der Bundesregierung über die bilaterale Militärhilfe in Höhe von insgesamt 24 Milliarden Euro im Netz ansehen.

Ich bezweifele aber sehr stark, daß viele derjenigen, die sich in Umfragen Pro oder Contra Taurus aussprachen, das getan haben.

[…..] Gelieferte militärische Unterstützungsleistungen:

(Änderungen im Vergleich zur Vorwoche in fett)

Gepanzerte Gefechtsfahrzeuge

46 Mehrzweckfahrzeuge mit Kette Bandvagn 206 (BV206)*

Zubehör Funkgeräte LEOPARD

60 Schützenpanzer MARDER mit Munition (aus Bundeswehr- und Industriebeständen*)

20 Kampfpanzer LEOPARD 1 A5*

138 MG3 für LEOPARD 2, MARDER und DACHS

Munition für Kampfpanzer LEOPARD 1*

18 Kampfpanzer LEOPARD 2 A6 mit Munition (deutscher Anteil am gemeinsamen Projekt mit weiteren LEOPARD 2 Nutzerstaaten)

50 Allschutz-Transport-Fahrzeuge DINGO

54 M113 gepanzerte Truppentransporter mit je 2 MG* (Systeme aus Dänemark, Umrüstung durch Deutschland finanziert)

Ersatzteile für LEOPARD 2 und MARDER

Luftverteidigung

49 Flakpanzer GEPARD (zuvor: 46)

86.122 Schuss Flakpanzermunition GEPARD (aus Bundeswehr- und Industriebeständen*)

3 Luftraumüberwachungsradare TRML-4D*

PATRIOT Flugkörper

2 Startgeräte IRIS-T SLS*

2 PATRIOT Startgeräte

2 Luftverteidigungssysteme IRIS-T SLM*

Flugkörper IRIS-T SLM*

Luftverteidigungssystem PATRIOT mit Ersatzteilen

4.000 Schuss Flakpanzerübungsmunition

500 Fliegerabwehrraketen STINGER

2.700 Fliegerfäuste STRELA 

Artillerie

20.872 Schuss 155mm Nebel-/Leuchtmunition (zuvor: 17.000)

18.510 Schuss 155 mm Artilleriemunition

2 Radhaubitzen Zuzana 2* (Projekt gemeinsam finanziert mit Dänemark und Norwegen)

155mm Präzisionsmunition* (SMArt, VULCANO)

5 Mehrfachraketenwerfer MARS II mit Munition (deutscher Anteil am gemeinsamem Projekt mit den USA und Großbritannien)

Munition für Mehrfachraketenwerfer MARS II

14 Panzerhaubitzen 2000 mit Ersatzteilen (deutscher Anteil am gemeinsamen Projekt mit den Niederlanden)

20 Raketenwerfer 70mm auf Pick-up trucks mit Raketen*

Artillerieortungsradar COBRA*

10 Laserzielbeleuchter und tragbare Feuerleitmodule für VULCANO Artilleriemunition* […..]

(Bundesregierung, Oktober 2023)

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt aus einer viel längeren Liste.

Es gehört sicher nicht zur zwingend erforderlichen Allgemeinbildung, eine genaue Vorstellung von all diesen Waffensystemen zu haben.

Aber dementsprechend irrelevant sind auch die Ansichten von Fritze Meier, der gelangweilt nach dem abendlichen Masturbieren vorm Löschen des Browserverlaufs noch ein paar Klicks bei einer Facebook-Umfrage setzt.

Selbst wenn man sich mit all diesen Waffengattungen genau auskennt und eine genaue Vorstellung von der Bundeswehrausrüstung hat, kann man wie Gaga-General Vad dennoch spektakulär irren.

(…..) Brigadegeneral a. D. Erich Emmerich Hugo Vad (*1957) war von 2006 bis 2013 Gruppenleiter im Bundeskanzleramt, Sekretär des Bundessicherheitsrates und militärpolitischer Berater der Bundeskanzlerin Merkel. Vad, der 2023 zusammen mit den beiden militärischen Genies Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht auftritt, verfügt über die mir fehlende Expertise und war seit Beginn der Kampfhandlungen in der Ukraine Dauergast in TV-Formaten zum Krieg.

Das Bemerkenswerte and dem Kanzler-Fachmann für den Krieg ist seine Fähigkeit, sich immer nur zu irren und bei jeder militärischen Prognose Unrecht zu haben.

[….] Während andere, die später General wurden, ein Bataillon oder eine Brigade führten, wurde Vad Referent in der Arbeitsgruppe Verteidigung und Sicherheit der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Statt seine Truppen durch Nato-Übungen oder im Afghanistan-Einsatz zu führen, beugte er sich über Konzeptionen und Einschätzungen für Christian Schmidt, den damaligen christlichsozialen Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Verteidigung in der Union. Das war zu Beginn der nuller Jahre. Vad war damals Mitglied der CDU. «Herr Oberstleutnant Dr. Vad leistete in den Jahren in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine nicht zu beanstandende Arbeit, die in konstruktiver Zuarbeit bestand», schrieb Christian Schmidt der NZZ vor einigen Tagen aus Sarajevo. Schmidt arbeitet dort seit einem Jahr als Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina. Nach ihrem Wahlsieg 2005 suchte Angela Merkel jemanden, der sich mit Militärpolitik auskannte. Sie holte Vad ins Kanzleramt. [….] In der Sendung von Maybrit Illner sass Vad mit Wirtschaftsminister Robert Habeck und dem ehemaligen Aussenminister Sigmar Gabriel in einer Runde. Illner befragte ihn, als sei Vad Deutschlands fähigster General. [….] Vad sagte: «Ich denke, Putin wird diesen Krieg gewinnen, weil die russischen Streitkräfte modern sind, gut ausgestattet sind. Militärhilfe jetzt noch zu leisten, bringt nichts mehr. Militärisch gesehen, ist die Sache gelaufen. Meine Bewertung ist, dass es nur um ein paar Tage gehen wird und um nicht mehr.»  Mit dieser Einschätzung war er in Deutschland nicht allein. Sie war der Auftakt zu einer Tour durch die Talkshows und Nachrichtensendungen. Schon bei Illner sprach Vad von Dingen, die er als jemand, der neun Jahre ausser Diensten und über die Lage in der Ukraine kaum im Bilde war, nicht profund einschätzen konnte. Die ukrainischen Streitkräfte hätten veraltetes Gerät, sagte er zum Beispiel. Dabei verfügten sie etwa über moderne amerikanische Panzerabwehrraketen.  [….]

(NZZ, 19.03.2023)

Statt mich daran zu erfreuen, daß Militärexperten genauso verblödete Prognosen stellen, wie ich als Laie, frage ich mich allerdings inzwischen, wie irgendjemand im 21. Jahrhundert immer noch denken kann, Invasoren mit enorm überlegenen Armeen könnten „nach Papierform“ Kriege gegen schwächere Länder gewinnen.(….)

(Kriegsplanung im Sandkasten, 21.05.2023)

84 Millionen Bundestrainer schaden nicht. 84 Millionen Epidemiologen, Militärexperten und Nahostkenner aber schon. Sogar Deutschlands intelligentes Mega-Genie Richard David Precht landet bei seinen Prognosen zu Pandemie oder Ukrainekrieg kontinuierlich mediale Bauchklatscher.

[….] Aber welche Rolle spielt eigentlich die öffentliche Meinung für das Handeln der Bundesregierung? Jüngst machte eine Journalistin des Deutschlandfunks die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), darauf aufmerksam, dass laut einer Umfrage 52 Prozent der Deutschen gegen die Lieferung von „Taurus“-Marschflugkörpern seien und nur 36 Prozent dafür. Die Politikerin konterte mit einem Walter-Scheel-Zitat, es sei nicht die Aufgabe eines Politikers, das Populäre zu tun, sondern das Richtige (und es populär zu machen). Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist letztes Jahr mit einer ähnlichen Äußerung hervorgetreten, indem sie der Ukraine Unterstützung zugesichert hat, „ganz egal, was meine deutschen Wähler denken“. Immer wieder meinen Politiker und Politikerinnen der Ampelregierung ganz im Sinne des Walter-Scheel-Zitats, die Kritik an ihrer Politik bedeute, dass sie einfach nur besser erklärt werden müsse. Es kann bei der Komplexität der gesellschaftlichen Prozesse natürlich nicht sein, dass die Politik immer einer Umfragemehrheit folgt. Es gibt nicht ohne Grund Tausende von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mit ihrem Knowhow dafür sorgen sollen, dass die Folgen des Handelns von Regierung und Abgeordneten richtig eingeschätzt und widersprüchliche Ziele miteinander vereinbart werden.  [….]

(FR, 06.10.2023)

Natürlich, es gibt auch Themen, bei denen eine Mehrheit des Bundesbürger gegen die Positionen aller Parteien steht und ich ebenfalls dieser Mehrheit gegen den Bundestag angehöre – besonders schmerzt mich der Fall Sterbehilfe – aber das sind keine hochspeziellen Detailfragen.

Bei den exportierten militärischen Tötungsmethoden vertrete ich eine unpopuläre Meinung: Das wird Olaf Scholz besser beurteilen können, als ich, weil er dafür kontinuierlich mit Experteninformationen gebrieft wird. Und weil er kein Populist à la Merz oder Spahn ist, der das fordert, was gerade populär ist.

[….] Nein heißt Nein [….] Taurus-Marschflugkörper. An der Haltung von Scholz habe sich nichts geändert, heißt es aus dem Kanzleramt. Auch nicht, nachdem nun bekannt wurde, dass die USA der Ukraine rund 20 ATACMS-Raketen geschickt haben, allerdings in einer Version, die an Reichweite und Zerstörungskraft nicht ganz mit Taurus vergleichbar ist.  [….]

(SZ, 24.10.2023)

Dienstag, 24. Oktober 2023

Tiefe Erkenntnisse

Über den Einfallsreichtum der Macher vom SZ-Magazin kann ich nur staunen.

Fast jede Woche stehe ich vor dem Problem, das Heftchen nach dem Lesen nicht wegwerfen zu wollen, weil dort so erkenntnisreichen Reportagen oder Interviews oder Bilderstrecken enthalten waren, daß ich meine, ich müßte es für immer aufheben.

In der aktuellen Ausgabe, Nr. 42, vom 20.10.2023, gab es die schöne Idee zu einem Doppelinterview mit den beiden Lebenssucherinnen Boetius und Poppenhäger.

[…..] Antje Boetius, Jahrgang 1967, ist Tiefseeforscherin und Direktorin am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. 2019 wurde sie für ihre Arbeit mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Auf Expeditionen nimmt sie stets ein paar hohe Schuhe mit – »falls wir Zeit finden für eine Feier«.

Katja Poppenhäger, Jahrgang 1980, leitet die Abteilung »Sternphysik und Exoplaneten« am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam und ist Professorin an der Universität Potsdam. Sie untersucht Planeten außerhalb unseres Sonnensystems und deren Atmosphären. Poppenhäger ist Mutter einer sechsjährigen Tochter und leidenschaftliche Schwertkämpferin. [….]

(SZ-Magazin Nr. 42, 20.10.2023)

Wenn man zwei Spitzenforscherinnen nach ihren Erkenntnissen zur Natur des Lebens, der Entstehung von Leben und der Möglichkeit von Leben an sich befragt, mag die Frage nach Religiosität naheliegend sein. Die Antwort kann aber kaum überraschen, da beide sehr klug und gebildet sind. Das verträgt sich nicht mit Religion.

[…..] Ist eine von Ihnen religiös?

Poppenhäger: Mit Überirdischem kriegt man mich nicht. Ich glaube fest daran, dass alle Dinge wissenschaftlich zu erklären sind.

Boetius: Religion ist institutionalisiert, und keine passt für mich. [….]

(SZ-Magazin Nr. 42, 20.10.2023)

Einige weitere existenzielle Fragen beantworten die Forscherinnen nüchtern und erfreulich eindeutig.

Gibt es Leben auf anderen Planeten?

Mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit Ja! Es gibt einfach zu viele Möglichkeiten; unendlich viele Planeten mit erdähnlichen Bedingungen.

[…..] Poppenhäger: Ich bin mir sicher, dass es Leben gibt im All. Allein in der Milchstraße wissen wir von hundert Milliarden Sternen – und jeder davon hat im Schnitt mindestens einen Planeten. Wir können hochrechnen, wie viele es insgesamt geben muss, die den richtigen Abstand zu ihrem Stern haben und dadurch die richtige Temperatur für flüssiges Wasser. Es ist dann nur noch eine Frage von Statistik.

Boetius: Inzwischen weiß man, dass es alle Bausteine des Lebens auch im All gibt. Sie müssten nur einen Ort gefunden haben, an dem sie ähnlich wie auf der Erde unter geschützten Bedingungen über einen langen Zeitraum miteinander reagieren konnten.

SZ: Was fühlen Sie bei dem Gedanken, dass es irgendwo da draußen höheres Leben geben könnte?

Poppenhäger: Mich macht das froh. Irgendwo in unserer Galaxie gibt es andere Planeten, auf denen sich gerade erstes Leben entwickelt. Ich halte es sogar für ziemlich wahrscheinlich, dass wir einen davon in den nächsten Jahrzehnten finden werden. [….]

(SZ-Magazin Nr. 42, 20.10.2023)

 

Werden wir in Kontakt mit außerirdischen Lebensformen treten, so wie es in zahllosen Science Fiction-Filmen suggeriert wird?

Mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit Nein! Das verhindert schon der Faktor Zeit.

 […..] Poppenhäger: Die Zeiträume im Weltall sind einfach extrem lang. Wir Menschen sind seit hundert Jahren in der Lage, Radiowellen zu nutzen. Unser Sonnensystem ist aber etwa fünfzig Millionen Mal älter. Dass ein anderer Planet in unserer Nähe nicht nur Leben beherbergt, sondern sich dieses Leben gerade in der Phase befindet, in der es Zeichen ins All funken kann, ist unglaublich unwahrscheinlich. [….]

(SZ-Magazin Nr. 42, 20.10.2023)

Wird der Mensch eines Tages wie Captain Kirk durchs All zu anderen Sternensystemen reisen, um andere Welten zu sehen?

Mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit Nein! Das verhindert schon der Faktor Raum.

[…..] Frau Poppenhäger, falls die Erde unbewohnbar wird, siedeln wir einfach auf einen Exoplaneten um, oder?

Poppenhäger: Das können wir leider vergessen, dafür sind die Abstände im Weltall zu groß. Das Licht des nächstgelegenen Sterns zu unserer Sonne braucht allein drei Jahre, bis es bei uns ankommt. [….]

(SZ-Magazin Nr. 42, 20.10.2023)

Montag, 23. Oktober 2023

CDU-Populismus pur

Es ist so ungeniert, es ist so eine peinliche Anbiederung an Rechtsaußen, es ist so destruktiv. Und es ist bedauerlicherweise erfolgreich beim Urnenpöbel.

Nun also auch die vermeidlich liberale Bundes-Vizin Karin Prien, die auf der Titelseite des Abendblattes von heute in großen Lettern erklärt:

[….] WER GEGEN ISRAEL HASS VERBREITET; VERWIRKT SEIN GASTRECHT!

 CDU-Vizechefin Karin Prien fordert ein „klareres Auftreten“ gegen Antisemitismus. Warum sie mehr Vorfälle an Schulen befürchtet.  [….]

(HHAbla, 23.10.2023)

Vermutlich stimmen ihr sogar die meisten Leser zu; anderenfalls würde sie solche Sätze nicht hinausposaunen. Einem Realitätscheck halten solche steilen Sprüche aber nicht stand.

1.   Es gibt gar kein „Gastrecht“, das man verwirken könnte

2.   Die weitüberwiegende Zahl der antisemitischen Übergriffe gehen auf das Konto rechtsradikaler „Biodeutscher“.

3.   Frieden für Palästina zu wünschen, ist nicht antisemitisch.

4.   Israelfeindliche Migranten aus Syrien, dem Irak, Afghanistan oder Palästina, kann man gar nicht abschieben, selbst, wenn es ein Gastrecht gäbe.

5.   Es ist neben der AfD insbesondere die CDU, die Antisemitismus duldet und demonstrativ Israel-feindliche Äußerungen ihrer Parteimitglieder akzeptiert.

Schämen Sie sich, Prien!

(….) Laschet bedient auch die braune völkische Klaviatur, indem er diese Woche beispielsweise behauptete, kriminelle Afghanen hätten „ihr Gastrecht verwirkt“ und könnten abgeschoben werden.

[…..] Die Linie der CDU bleibe allerdings klar, so Laschet: „Wer in Deutschland straffällig wird, hat sein Gastrecht verwirkt.“ Der Grundsatz „Null Toleranz gegenüber Kriminellen“ erlaube keine Ausnahmen. „Straftäter müssen weiter konsequent abgeschoben werden, auch nach Afghanistan“, sagte er. [….] Kritik an den Aussagen von Seehofer äußerte der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans. „Diese Überlegung ist voll auf der menschenfeindlichen Linie von Populisten. Auch ausländische Straftäter sind Menschen. Sie verdienen ihre Strafe, aber niemand hat das Recht, sie in den Tod zu schicken. Sollte das drohen, müssen Abschiebungen gestoppt werden“, sagte er der „Rheinischen Post“. (dpa)  [….]

(Tagesspiegel, 02.08.2021)

Das ist doppelt perfide.

Erstens: Kein deutscher Gesetzesverstoß (die meisten sind ohnehin nur Verstöße gegen das Ausländerrecht, die aus Unkenntnis entstehen) rechtfertigt es, einen Menschen dorthin zu schicken, wo er womöglich umgebracht wird. Insbesondere, wenn der Abzug der deutschen Bundeswehr aus Afghanistan einer der Gründe für die Todesgefahr vor Ort ist.

Zweitens: Es gibt kein Gastrecht. Das ist nur ein rechtspopulistischer Code, den Laschet wohlweislich in der BILD einsetzt.

(…..) Unsympathische Typen von irgendwo her, die jetzt in Deutschland leben, haben kein Gastrecht, weil es so etwas wie „Gastrecht“ juristisch gar nicht gibt.  Deutschland gehört auch keiner Person, die dieses ominöse Gastrecht gewähren oder entziehen könnte.  Menschen leben hier, weil sie hier geboren sind, legal eingereist sind, einen Anspruch auf Asyl oder zumindest einen Anspruch auf ein faires Verfahren haben.  Wer im Zusammenhang mit Flüchtlingen und Asylanten vom „Gastrecht“ fabuliert, ist entweder total verblödet, oder er triggert sich bewußt an die Sprache der Rechtsradikalen heran. (….)

(Das unheimliche Ehepaar, 20.10.2017)

Bis hierher ist noch kein wahltaktischer Schaden für Laschet entstanden, weil die Mehrheit ihm aus Unwissenheit zustimmt.

Unglücklich für den CDU-Kanzlerkandidaten ist allerdings, daß der Antisemitismus des Thüringer CDU-Bundestagskandidaten Maaßen, inzwischen nicht nur von politisch irrelevanten Schreiberlingen wie mir, erkannt wird.

[…..] Stephan Kramer, Präsident des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz, wirft dem ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und CDU-Bundestagskandidaten Hans-Georg Maaßen vor, antisemitische Stereotype zu verbreiten.  "Das sind für mich klassische antisemitische Stereotype, die benutzt werden bei Herrn Maaßen, wenn man die Summe aller Dinge zusammennimmt, auch auf den unterschiedlichen sozialen Plattformen, aber auch in eigenen Reden. Da gibt's eigentlich nichts Entlastendes mehr zu bemerken. Er nutzt antisemitische Stereotype, um auf Stimmenfang zu gehen. Und ich glaube, als solches muss man es auch einfach bezeichnen", so Kramer im Interview mit dem ARD-Politikmagazin Kontraste. [….]

(Tagesschau, 03.06.2021)

[….] Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer wirft dem CDU-Bundestagskandidaten und früheren Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen vor, antisemitische Inhalte zu verbreiten. Stimmt das?

„Ja, wir vom Zentrum für Antisemitismusforschung sehen das so. Antisemitismus äußert sich ja heute selten noch direkt. Selbst überzeugte Antisemiten benutzen heute regelmäßig Codewörter wie Neue Weltordnung, Globalisten, Great Reset und ähnliches. Dahinter stecken komplizierte Vorstellungen. Mit dieser codierten Sprache des Antisemitismus beschäftigen wir uns in einem großen Projekt Coding Antisemitism. Wir können nachweisen, dass solche Texte gerade in den sozialen Medien, obwohl sie ohne direkten Bezug auf Juden auskommen, durchaus antisemitisch verstanden werden. Da sagt niemand direkt was gegen Juden, sondern es wird angedeutet. Und Herr Maaßen spielt eben auch dieses Spiel.“ […..]

(Jan Sternberg, RND, 13.05.2021)

Noch unglücklicher für Armin Laschet ist aber, daß nach der massiven Kritik an Maaßen auch aus der eigenen CDU, nun ausgerechnet ein CDU-Urgestein aus Laschets NRW-Landesverband demonstrativ Maaßen zu Hilfe eilt, um den völkischen Antisemiten zu unterstützen.   (….)

(Miese Optik, 03.08.2021)

Wenn Frau Prien jemanden abschieben möchte, sollte sie beim aktuellen und vorherigen CDU-Parteichef anfangen und auch die JU ausweisen.

[….] Moralisch und menschlich verkommen, charakterlos und geschichtsvergessen kann Merz, jeden Tag wieder und jeden Tag schlimmer...

Er ist in meinen Augen ein schambefreiter, charakterloser, allgemeinbildungsferner, bis in jede Faser seines erbärmlichen Seins unsauberer Mann und gibt ein widerwärtiges Bild ab und zwar nicht nur in Deutschland.

Er ist ein faschistischer und rassistischer Populist und für Jeden MIT Empathie und Menschlichkeit, also für jeden MENSCHEN eine Schande.

Der Mann ist eine dermaßen Schande für die Politik und unser Land.... Seine Aussagen und sein Auftreten sind ist nur noch widerlich!

Sein Mitgefühl heuchelnder Auftritt in der Jüdischen Schule in Berlin Ende letzter Woche dient ihm jetzt als Vorwand, um am nächsten Arbeitstag dann gegen Muslime zu hetzen.

Ich für meinen Teil denke, DAS war auch der ganze Grund, diese Schule zu besuchen, damit er diese Hetze, die er von sich gibt, noch leichter verbreiten kann. Ein paar Stimmen vom rechten Rand mehr einfahren?

Von wegen Partei der Mitte... Stramm rechts und allerunterste Schublade.... Meiner Meinung nach motiviert von den niedrigsten Instinkten, nämlich Geld- und Machtge*lheit.  [….]

(Die bunte Seite, 23.10.2023)

Stattdessen setzt auch Prien alles daran, die Faschisten von der AfD zu stärken.

[…..] Die CDU unter Merz versuchte zuletzt öfter, mit ähnlicher Desinformation und rechtspopulistischer Stimmungsmache wie die AfD ihr Stimmen abzufangen. Ein riskantes Vorgehen, das die Demokratie aufs Spiel setzt! Eine neue Studie eines Politikwissenschaftlers deckt nun auf: Die Annäherung der Unionsparteien an die AfD hat nicht etwa die gewünschte Verdrängungswirkung, sondern sorgt im Gegenteil für den Aufstieg der rechtsextremen Partei.

In den letzten Jahren hat sich die politische Landschaft in Deutschland spürbar verändert. Insbesondere die Annäherung der Unionsparteien an die rechtsextreme AfD hat zu hitzigen Debatten geführt. Friedrich Merz’ Idee einer „Halbierung der AfD“ durch einen Rechtsruck der CDU war eine der kontroversesten politischen Strategien der letzten Zeit – und mündete eher in einer Verdopplung. Die wachsende Stärke der AfD in Umfragen auf Landes- und Bundesebene hat die Debatte über eine mögliche Zusammenarbeit mit der CDU mit den Rechtsextremen ins Zentrum gerückt. Es stellt sich die Frage, ob die inhaltliche Annäherung der CDU an die Positionen der AfD Letztere schwächt. Umfragedaten legen nahe, dass diese Strategie nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt.

Normalisierung des Rechtsextremismus? Die CDU und ihre Beziehung zur AfD

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz steht schon lange in der Kritik, auch innerhalb seiner eigenen Partei. Während viele eine wissenschaftlich fundierte und an der Kooperation mit anderen demokratischen Parteien orientierte Haltung seitens der Union befürworten, setzt sich der Merz-Flügel für einen deutlich rechts-konservativeren Kurs ein. Dies beinhaltet Angriffe auf die Grünen als „Hauptgegner“, Diffamierung von Geflüchteten mit NPD-Slogans und Fake News, die Verbreitung von Desinformation inhaltsgleich wie die AfD und die Verwendung rechten Vokabulars, beispielsweise im Zusammenhang mit den Rechten von trans Personen.   [….]

(Clara Hoheisel, Okt 19, 2023)

Noch schlimmer sind nur die rechtsextremen stetig wiederkehrenden Ausfälle des Friedrich Merz. Sie kommen inzwischen im 12-Stunden-Takt. Gestern die Hetze gegen Muslime.


Merz unterstellt also 2 Millionen Menschen aus Gaza, die aktuell in größter Not sein, per se, sie seien antisemitisch. Damit ist die Union an vorderster Front der widerlichen Hetze gegen Araber:innen angelangt, die in den letzten Wochen immer stärker geworden ist.         

(MdB Nicole Gohlke, 23.10.2023)

Kurz danach folgen Merz-Lobpreisungen für den Antisemiten Thilo Sarrazin.

[….] Friedrich Merz kann es nicht lassen. Der CDU-Chef sorgt im Zuge der Migrationsdebatte erneut mit einer kontroversen Aussage für Aufsehen. Im Interview mit dem ZDF-Politformat „Berlin direkt“ am Sonntagabend beklagte Merz, dass die SPD seinerzeit nicht auf Thilo Sarrazin gehört hätte [….] [….] Der CDU-Chef [….] fuhr dann fort: „Ich gebe ihnen mal ein Beispiel. Der viel zitierte Thilo Sarrazin, der auf dieses Problem sehr deutlich hingewiesen hat – man muss nicht alles teilen, was er schreibt – aber auf das Problem hat er hingewiesen. Doch statt sich mit der Frage zu beschäftigen, hat die SPD ihn aus der Partei ausgeschlossen. [….] Es wäre hilfreich gewesen, auf ihn und andere zu hören und sich mit diesem Problem mehr auseinanderzusetzen“, so Merz. [….] Sarrazin hatte vor knapp 14 Jahren erstmals mit rassistischen Aussagen für Empörung in der breiten Öffentlichkeit gesorgt. [….] Was Merz im ZDF-Interview nicht erwähnt: Sarrazin wurde in der Vergangenheit nicht nur Rassismus gegenüber Muslimen, sondern auch Antisemitismus vorgeworfen. So hatte er in einem Interview gesagt: „Alle Juden teilen ein bestimmtes Gen[….] Wegen Sarrazins Aussagen über Ausländer im Allgemeinen hielt der damalige Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan J. Kramer, bereits 2009 fest: „Ich habe den Eindruck, dass Sarrazin mit seinem Gedankengut Göring, Goebbels und Hitler große Ehre erweist.“ [….]

(Berliner Morgenpost, 23.10.2023)

Es stellt sich wieder einmal die Frage, ob Merz einfach zu dumm ist und nicht weiß, worüber er spricht, oder ob er tatsächlich selbst so rechtsextrem tickt. Er transportiert reinen Rassismus.

Sarrazin wurde nicht als Rassist identifiziert, weil er auf Probleme mit Migration hingewiesen hat, sondern weil er "Rasse" als Ursache dieser Probleme ausmachte. Wenn Merz sich dies zu eigen macht, muss er sich auch den Vorwurf gefallen lassen, auch einer zu sein.

(Juergen Zimmerer @JuergenZimmerer, 22.10.2023)

Vermutlich bricht dieser Unsinn aber einfach aus ihm raus, weil er sich wie sein geistiger Zwilling Trump einfach nicht kontrollieren kann.

Die beiden konservativen Chefredakteure vom Cicero und dem Hamburger Abendblatt staunen.

[….] Schwennicke: Ich staune jedes Mal. Er hat sich nicht im Griff. [….] Es wird nichts besser. Er ist lernresistent.

Haider: Man glaubt immer, dass es nicht schlimmer kommen kann. Was bezweckt er mit Äußerungen wie der, dass Asylbewerber Deutschen die Arzttermine wegnehmen?

Schwennicke: Ich fürchte, er denkt sich gar nichts dabei. Bezweckt nichts. Es bricht einfach so aus ihm raus.

Haider: Was ihn, das muss man dann so klar sagen, ungeeignet macht, um ins Kanzleramt zu kommen. Denn dort sollte besser nicht jemand sitzen, aus dem es so rausbricht. Ich kann nicht glauben, dass dahinter nicht irgendeine Art von Strategie steckt. So etwas wie mit den Arztterminen sagt man doch nicht einfach so, wenn man ein Politprofi ist.

Schwennicke: Ich fürchte, er ist keiner. Er war zu lange raus. Und hat jenseits des kurzen Fraktionsvorsitzes nie eine herausgehobene politische Position gehabt, kein Ministerium, keine Staatskanzlei von innen als Chef gesehen. […]

(Abendblatt.de, 30.09.2023)

Merz und die CDU sind eine Schade für Deutschland und die Rekordzahlen für Union und AfD sind eine Schande für den deutschen Urnenpöbel.

Nachdem man bereits die 1990er Jahre, samt den brennenden Wohnhäusern ausländischer Familien, als großes Vorbild für eine Asyldebatte herangezogen hat, verweist Friedrich Merz auf Thilo Sarrazin und seine offen rassistischen und antisemitischen Ausführungen. Es ist alles kaputt.

(Stephan Anpalagan @stephanpalagan, 23. Okt. 2023)

Habt Ihr auch schon all die empörten Stimmen von CDU-Granden gehört, dass #Merz sich ohne Abgrenzung von biologistisch-eugenischen Thesen, zur TV-Primetime auf Sarrazin, als vorausschauenden Analytiker berief? Läuft wie in den USA: Freie Bahn für rechte Scharfmacher dank Korpsgeist.

(Andreas Püttmann @puettmann_bonn 23.10.2023)

"#Merz verteidigte zudem den aus der SPD ausgeschlossenen umstrittenen Politiker Thilo Sarrazin, der vor der Einwanderung von zu vielen Muslimen gewarnt hatte." Das ist Politik von rechtsaußen getarnt als Anti-Antisemitismus. Falls noch wer fragt, woher der Wind gerade weht.

(Max Czollek @rubenmcloop, 23.10.2023)