Jens Spahn, CDU-Rechtsaußen mit ausgeprägten Hang, die
Hand aufzuhalten und private Vermögenswerte zu schaffen, bewundert einen
Politiker über alle Maßen: Sich selbst! Daher hielt er sich für den natürlich
nächsten Regierungschef nach Angela Merkel. Oder zumindest für die ganz große
Nummer nach Übergangskanzler Laschet. Dafür knüpfte er bereits enge private
Kontakte mit dem US-amerikanischen Faschisten und Radikal-Trumpianer Richard Grenell,
sowieso dem zutiefst korrupten Österreichischem Kanzler Kurz.
Aus dem Bundeskanzler Spahn-Plan wurde unter anderem
deshalb nichts, weil er als Minister so katastrophal beim Corona-Management
versagte und für dubiose Maskendeals und Immobilienkredite berühmt wurde. Spahns
Plan B war es, wenigstens zum Parteiführer aufzusteigen. Daraus wurde unter
anderem deshalb nichts, weil er als Menschen innerhalb der CDU ungefähr so
bleibt wie Fußpilz ist und auf Parteitagen abgestraft wird.
In Ermangelung von Regierungsposten und Parteiämtern,
sitzt Spahn nun vorzugsweise in Talkshows und hetzt in klassischer AfD-Man
darf-ja-nichts-mehr-sagen-Attitüde gegen Ausländer.
Damit schließt sich der Kreis; man wird wieder an seine
ersten Ministertage erinnert, als er den katastrophalen Pflegekräftemangel
durch gezielte Anwerbungen aus dem Ausland ausgleichen wollte und – wie bei
allen seinen politischen Vorhaben – selbstverständlich auch ganzer Linie
scheiterte.
(….) Vor vier Jahren versprach
Jens Spahn 13.000 neue Pflegekräfte einzustellen. Er scheiterte auf ganzer Linie, weil er
nicht verstand, daß der Pflegeberuf nicht attraktiv ist, wenn man alle Trümpfe
den schwerreichen Krankenhausbetreibern zuschiebt, die Chefärzte und
Pharma-Vertreter Porsche Targa fahren lässt und den Krankenschwestern
Mehrarbeit und Lohnverzicht beschert.
(….) Und eins muss man sagen,
Spahn schafft was weg (Merkel): Ein gutes Jahr nach seiner Ankündigung
bundesweit 13.000 zusätzliche Pfleger einzustellen (gebraucht werden mindestens
50.000 Zusätzliche), hat er bundesweit schon fast 300 Neueinstellungen geschafft!
Yippie, wenn das in dem Tempo weitergeht, sind die 13.000 Stellen in etwa 43
Jahren, also 2062 besetzt. Die 50.000 benötigten Kräfte wären dann im Jahr 2186
einsatzbereit. (….)
(Geld oder berufliches Ansehen, 31.08.2019)
Es ist wenig überraschend; die
Pandemie und die damit verbundene extreme Zusatzbelastung macht den Job noch
unattraktiver. An die Zehntausend Pflegekräfte kündigten inzwischen.
[….] Seit Beginn der Coronapandemie hat Deutschland offenbar tausende
Pflegekräfte verloren. Der Rückgang betreffe Krankenhäuser ebenso wie die
Altenpflege, berichteten die Zeitungen der Funke Mediengruppe heute unter
Berufung auf bislang unveröffentlichte Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA),
die die Linken-Bundestagsfraktion anfragte. Demnach ging die Zahl der
Beschäftigten in der Pflege zwischen Anfang April und Ende Juli 2020 um mehr
als 9.000 zurück – dies entspreche einem Rückgang um 0,5 Prozent. Insgesamt
waren demnach in Deutschland zuletzt rund 1,8 Millionen Menschen in der Pflege
tätig. Vor der Pandemie seien die Beschäftigtenzahlen in der Pflegebranche
dagegen leicht gestiegen. Besonders von dem jüngsten Rückgang betroffen war dem
Bericht zufolge die Krankenpflege in den Kliniken. Das Minus bei den
Beschäftigtenzahlen lag demnach in der ersten Hochphase der Coronakrise bei
5.124. In der Altenpflege sei die Zahl der Beschäftigten im Zeitraum von Anfang
April bis Ende Juli um 3.885 zurückgegangen – in der Summe 9.009 Pflegekräfte weniger.
[….]
(Ärzteblatt, 09.03.2021) (….)
(Krankenpflege kapitalistisch, 10.09.2021)
Spahns Nachfolger im Amt, Karl Lauterbach, wendet ein
ganz neues Konzept an, das CDU-Gesundheitspolitikern unbekannt ist: Kompetenz.
Aber auch in Zusammenarbeit mit dem Kollegen Hubertus
Heil, kann er kaum noch ändern, was Spahn in den Talkshows, gemeinsam mit den
Parteichefs Merz und Söder anrichtet: Deutschland gilt insgesamt als so
xenophob, ungastlich und garstig, daß kaum noch einer freiwillig hierherkommen
will, um in der Pflege zu arbeiten.
[…..] Deutsche Manager und
Minister reisen derzeit weit, um nach Fachkräften zu fahnden. Der Chef der
Münchner Verkehrsgesellschaft hofft auf Busfahrer aus Afrika. Kliniken fahnden
in Vietnam oder im Kosovo. Und Arbeitsminister Hubertus Heil, SPD, warb in
Brasilien, Ghana und Indien um Fachkräfte für Germany.
Ihr Erfolg ist
überschaubar. Nur ein Beispiel: Trotz aller Anstrengung konnte die
Bundesagentur für Arbeit im vergangenen Jahr gerade einmal 656 Pflegekräfte aus
dem Ausland vermitteln. Nötig wären Zehntausende. Und die Pflege ist nur eine
Branche von vielen, die vergebens auf Experten aus der ganzen Welt hoffen. […..]
(SPIEGEL Nr.37. 09.09.2023)
Daß fast niemand mehr herkommen will, liegt zum einen
daran, daß man als Pfleger beispielsweise in den USA das Dreifache verdient,
nur ein Drittel der Patienten versorgen muss und auch noch für seinen Arbeit
geachtet wird.
Schlimmer ist aber, was ausländische Arbeitskräfte
berichten, die schon einmal in Deutschland gearbeitet haben und das Fazit
ziehen: BLOSS WEG HIER.
Misstrauen, Unfreundlichkeit, Hass und Missgunst sind
insbesondere ein Problem in den ehemaligen DDR-Bundesländern.
Aber es ist schlimmer, denn auch in aufgeklärteren
West-Bundesländern, wo man durchaus Arbeitsmigranten haben möchte, sind die
Strukturen und Behörden so mies aufgestellt, daß sie die Arbeitswilligen gleich
wieder vertreiben.
(….) Christiane Krämer, die
Leiterin des Seniorenzentrums
Martha-Maria in Stuttgart kriegt alle Krisen. Sie schämt sich öffentlich für
ihr Land und ihre Stadt, weil alle zwei Wochen eine Fachkraft aufhöre zu
arbeiten, nur weil die Ausländerbehörde nicht hinterherkommt, die
richtigen Fiktionsbescheinigungen zu erteilen und somit den
Aufenthaltsgenehmigung erlischt.
[…..] Im Seniorenzentrum Martha-Maria arbeiten
170 Pflegerinnen und Pfleger, rund 60 Prozent kommen aus Drittstaaten, aus
Madagaskar, aus Syrien, aus Thailand. "Wir brauchen diese Leute
dingend", sagt Krämer. Und am Ende sei es doch so: Wenn weniger
Pflegekräfte arbeiten dürfen, müssen die verbliebenen mehr leisten. Das
bedeutet: mehr Stress, mehr Krankheitsfälle, mehr Burn-outs. Die ganze
Situation sei, vorsichtig formuliert, nicht gerade Werbung für den Standort
Deutschland. Das werde sich herumsprechen. "Wir müssen um jede gute
Fachkraft kämpfen, wir holen sie ins Land - und dann behandeln wir sie
so." […..]
(Max Ferstl, 27.07.2023)
Die Stuttgarter
Ausländerbehörde ist telefonisch und per Email nicht zu erreichen. In ihrer Not
stellen sich ausgebildete Pfleger, die fest in einem Stuttgarter Pflegeheim
angestellt sind, immer wieder im Morgengrauen mit einem Klappstuhl vor die
Ausländerbehörde, warten viele Stunden, nur mit der vagen Hoffnung, überhaupt
eine der begehrten Wartenummern zu ergattern.
[…..] [Der aus Madagaskar
stammende, ausgebildete und fest angestellte Pfleger] Edmond weiß inzwischen
ziemlich genau, wie es in der Schlange so läuft. Erst wartet man stundenlang,
Profis erkennt man an den Klappstühlen. Wenn er es bis zum Türsteher schafft,
weist ihn dieser mit dem freundlichen Hinweis ab, dass er für die Änderung des
Arbeitgebers und seines Status einen Termin braucht. Nur: Wenn er in der
Ausländerbehörde anruft, um einen Termin zu vereinbaren wie auf der
Internetseite gefordert, hebt keiner ab. Wenn er eine E-Mail schreibt, bekommt
er keine Antwort. "Was soll ich tun?", fragt er, und wie er so in der
Schlange steht und von seinen Versuchen erzählt, mit den deutschen Behörden in
Kontakt zu treten, die Tür zum Ausländeramt im Blick, muss man kurz an Kafkas
Schloss denken. Das Ziel so nah, und doch unerreichbar.
Der Sprecher der Stadt
schreibt: "Die Darstellungen treffen zu. Leider."
Edmond sagt, dass er gerne
wüsste, wie sich die Stadt das vorstellt. Wie soll er ohne Gehalt seine Miete
bezahlen, 1200 Euro für sich und seine Frau? Wovon sollen sie leben? […..]
(Max Ferstl, 27.07.2023)
Ich kann und will keine
Erklärungen mehr dafür finden, weswegen in einem so reichen Land wie
Deutschland und ausdrücklich in so einer besonders reichen Gegend, wie
Stuttgart, diese extreme politische Unfähigkeit grassiert. (…)
(Stuttgart, 27.07.2023)
Wenn man der AfD, der FDP, den FW, der CDU, SPRINGER, der
BILD, der CSU zuhört, könnte man meinen, Deutschlands Hauptproblem wäre, viel
zu viele Menschen, die nach Deutschland kommen wollen. Das stimmt nicht nur
NICHT, sondern das diametrale Gegenteil ist der Fall: Die Mutter aller Probleme
ist die Abwanderung aus Deutschland. Jedes Jahr gehen eine Million gut Qualifizierte:
Migranten und Deutsche gleichermaßen, die nicht hier bleiben wollen, weil es zu
scheiße ist.
Danke Merz, Söder und Spahn; Eurer rechtsradikales Gerede schadet
der deutschen Wirtschaft massiv. 15% der in Deutschland
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten; die Lindners Kassen füllen und den
Sozialstaat finanzieren, sind Ausländer. Ausländer, die dringend gebraucht
werden und die immer intensiver darüber nachdenken, wieder weg zu gehen.
[…..] Weil das Warten auf
ein Visum sie verschreckt.
Weil die Miete in deutschen
Metropolen hoch und der Empfang durch die neuen Nachbarn kühl sein könnte.
Das ist es jedenfalls, was
Rückkehrer erzählen, wenn sie in Spanien, Indien oder auf den Philippinen von
ihrer Zeit in Deutschland berichten – was Deutschlands Ruf im Ausland formt.
Und das Problem quasi verdoppelt. Schlimm genug, dass es vergleichsweise wenig
Experten ins Land zieht. Schlimmer ist, dass jährlich mehr als eine Million
Menschen es wieder verlassen.
Die Zahl belegt, dass
Deutschland – und womöglich die Deutschen – nicht überall als offen und
lebenswert empfunden werden. Vor allem aber sagt sie viel aus über die
wirtschaftliche Zukunft.
Weil Deutschland altert,
gehen dem Arbeitsmarkt bis zum Jahr 2035 an die sieben Millionen potenzielle
Erwerbstätige verloren. Damit könnte der Wohlstand schrumpfen. Um das Land am
Laufen zu halten und es zu verändern, um Windräder zu bauen und Wärmepumpen
anzuschließen, um neue Medikamente zu entwickeln und Chipfabriken zu betreiben,
um Kinder zu fördern und Senioren zu pflegen, braucht es: Menschen. […..] Ein Viertel der Befragten
verließ Deutschland aus beruflichen Gründen wieder, weil etwa Berufsabschlüsse
nicht anerkannt wurden. Ein weiteres Viertel aus aufenthaltsrechtlichen
Gründen. Fast der Hälfte fiel es nach der Ankunft schwer, sich ohne Hilfe
zurechtzufinden. Tatsächlich sind die bürokratischen Hemmnisse so hoch, dass
selbst deutsche Heimkehrer sich schwertun, für ihre Kinder einen passenden
Schulplatz zu organisieren. Besonders bedenklich: 51 Prozent der Befragten
gaben an, wegen ihrer ethnischen Herkunft oder aus anderen Gründen
diskriminiert worden zu sein – auch in Behörden oder im Arbeitsleben. Einzelne
Zuwanderer berichteten, dass ihnen wegen ihrer Nationalität der Zutritt zu Bars
verweigert wurde. »Solche Diskriminierungserfahrungen wurden insbesondere von
Interviewten benannt, die in Ostdeutschland gelebt oder sich dort aufgehalten
hatten«, heißt es in der Studie. Das arbeitgeberfinanzierte Institut der
deutschen Wirtschaft (IW) erkennt inzwischen gar »Standortnachteile« für den
Osten. […..]
(SPIEGEL Nr.37. 09.09.2023)
Kaum zu glauben, Deutschland leidet unter einem massiven
EMIGRATIONSPROBLEM, eine Million Menschen jährlich empfinden die Arbeits- und
Lebensbedingungen als so feindlich, daß sie ihre Koffer packen und eine ganz
große rechts-liberale-rechtsextreme-populistische Koalition überbietet sich mit
Ideen, wie man noch schneller, noch mehr Menschen aus Deutschland vertreiben
kann.
Dabei ist der Fachkräftemangel bereits jetzt die ganz
große ökonomische Wachstumsbremse, die Deutschland international zurückwirft.
Eine Fachkraft, die in Deutschland gearbeitet hat, aber
aus Gram als Arbeitsmigrant in eine andere Nation wechselt, staunt im Rückblick,
nicht schlecht.
Zum Beispiel die Mexikanische Finanzexpertin Patricia Salinas, die nach unfreundlichen
vier Jahren in Hamburg nach Dubai weiterzog.
[…..] Eine Freundin ist ein
Jahr vor mir nach Dubai gezogen. ›Nach einer Woche dort brauchst du meine Hilfe
nicht mehr‹, hatte sie gesagt. Und das stimmt.
Ich kann selbst kaum
glauben, wie einfach mir die Ankunft gemacht wurde. Visum, Einwohnerausweis,
Bankkonto – in weniger als zwei Wochen sind alle Formalitäten erledigt. Für die
Kontoeröffnung kam ein Bankmitarbeiter zu mir ins Büro, der Immobilienmakler
hat mich für die Wohnungsbesichtigungen abgeholt und wieder zurückgefahren. Von
der Post wurde ich freundlich gefragt, wann mir die Zustellung passen würde.
Jeder hier spricht
Englisch. Wenn ich in Deutschland Probleme mit meinem Internetzugang hatte oder
die Waschmaschine repariert werden musste, brauchte ich einen Dolmetscher. Mein
Deutsch ist immer noch auf Anfängerniveau.
Drei Monate lang hatte ich
versucht, einen Behördentermin zu bekommen, um eine Ausnahmeregelung für meine
Blue Card zu beantragen. Mit ihr kann ich in der EU arbeiten. Ich hätte sie
gern behalten. Der Plan war ursprünglich, dass ich in drei Jahren aus Dubai
nach Hamburg zurückkehre.
Denn als ich persönlich im
Amt erschien, um die Verlängerung zu beantragen und ich die Dame bat, langsam
zu sprechen, schnauzte sie mich an: ›Wenn Sie in Deutschland leben, müssen Sie
Deutsch sprechen.‹ Da fühlte ich mich sehr diskriminiert. Als Finanzchefin für
Lateinamerika musste ich in Hamburg den ganzen Tag Spanisch, Portugiesisch und
Englisch sprechen. Ich hatte keine Möglichkeit, mein Deutsch anzuwenden.
Die deutsche Blue Card
wurde mir inzwischen ohne stichhaltige Argumente entzogen, aber ich will aus
Dubai auch gar nicht mehr weg. […..]
(SPIEGEL Nr.37. 09.09.2023)