Samstag, 20. August 2022

Grüne Schluckspechte

Es ist ein Drama, mit was für einer schändlichen und schäbigen FDP, sich Bundeskanzler Olaf Scholz herumschlagen muss.

Weit über die linke Seite des politischen Spektrums hinaus, wünscht man sich verständlicherweise, der Regierungschef möge die Hepatitisgelben endlich mal kräftig übers Knie legen, anbrüllen, rausschmeißen.

Natürlich hege auch ich solche heimlichen Sehnsüchte, aber Olaf Scholz ist klug genug, um zu wissen, wie fragil seine Koalition ist. Daß die Blockade-FDP durchaus willens und fähig wäre, die Regierung total lahm zu legen, wenn sie sich noch düpierter fühlte. Es gibt im Bundestag nur noch schlechtere rechnerische Mehrheiten: Jamaika und ganz knapp Groko. Besser als diese Ampel kann es nicht werden.

Wer sieht, wie verheerend schon die Gelben im Kabinett wirken, kann nicht ernsthaft wünschen, dazu auch noch die Union mit Merz und Spahn und Scheuer auf die Regierungsbank zu holen. Bekanntlich befinden wir uns außenpolitisch nicht gerade in ruhigem Fahrwasser. Einen Kollaps der deutschen Regierung jetzt zu riskieren, wäre extrem fahrlässig vom Bundeskanzler und genau deswegen tut er es auch nicht.

Auf Landesebene stellt sich die Lage aber anders dar, weil eine Regierungskrise keine internationalen Folgen hätte.

Außerdem gibt es in Hessen (knapp), in NRW, in BW und Schleswig-Holstein (sehr knapp) Mehrheiten jenseits der CDU. Dennoch entschieden sich die Grünen in allen vier Fällen für eine Koalition mit der Schwarzen und zeigen keinerlei Anzeichen, jemals die Muskeln spielen zu lassen.

Im Gegenteil, sie schließen die Reihen auch mit der braunsten CDU und winken rechtsradikales Zeug durch. Die Grünen rammten in Hessen gar den NSU-Opfern noch einmal das Messer in den Rücken, um die Nazi-Täter zu schützen.

(…) Leicht angewidert bin ich nach wie vor von der Grünen Vorliebe für die Koalitionsoption mit der CDU, auch wenn es Mehrheiten links davon gibt.  Wir kennen das aus vielen Bundesländern, erleben das gerade wieder in NRW. Unverzeihlich ist es, wenn ausgerechnet Grüne angesichts von Klima- und Energie-Krise; zwei Themen, die eigentlich nur ein Großes sind; so von der CDU verschluckt werden, daß sie selbst gegen die Umwelt agitieren. Hessische Grüne lassen Wälder für Startbahnen roden. Kaum irgendwo gibt es so wenige Windkraftanlagen, wie in dem seit elf Jahren von einem Grünen Ministerpräsidenten regierten Baden Württemberg.  Von alle Flächenbundesländern hat nur das winzige Saarland absolut noch etwas weniger Windkraftanlagen als BW.

[….] Der Süden Deutschlands ist im vergangenen Jahr beim Ausbau der Windkraft weiter zurückgefallen. Der Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE), Hermann Albers, nannte die Ausbau-Situation in Bayern, aber auch Baden-Württemberg „dramatisch schlecht.“ […]

(Die Welt, 20.01.2022)

Das ist ein unentschuldbares Versagen Grüner Politik.

[….] Der Bund will, dass zwei Prozent der Landesfläche für den Bau von Windrädern ausgewiesen werden. An dieses Ziel kommen gerade einmal drei Länder heran. Spitzenreiter ist demnach mit rund zwei Prozent Schleswig-Holstein, gefolgt von Hessen (1,9) und dem Saarland (1,82). Schlusslichter bei den Flächenländern sind Sachsen (0,3 Prozent) und Baden-Württemberg (0,2). Die Mehrheit der Länder dümpelt zwischen den Extremwerten: Darunter sind Brandenburg (1,4 Prozent), das dicht besiedelte Nordrhein-Westfalen (1,2 Prozent), Sachsen-Anhalt (1,08 Prozent), Rheinland-Pfalz (1,01) und Thüringen (0,4). Interessant: Das flächenmäßig größte Bundesland Bayern kommt immerhin noch auf 0,69 Prozent. Der Freistaat war heftig kritisiert worden wegen seiner sogenannten 10H-Regel, die den Mindestabstand einer Windkraftanlage zur nächsten Wohnbebauung definiert. Dieser muss der zehnfachen Höhe des Rades entsprechen. Niedersachsen verwies darauf, dass bis 2030 2,1 Prozent erreicht würden. […]

(Süddeutsche Zeitung, 02.05.2022)

Nahezu unglaublich, aber wahr:
Die Grünen in Sachsen stimmen sogar dafür, den Windkraftausbau zu erschweren!

[….] Sachsen beschließt Abstandsregel für Windkraftanlagen – Grüne stimmen zu. Nicht vor meiner Haustür: In Deutschland scheitert der Ausbau von Windkraft immer wieder an Mindestabstandsregeln. Sachsen hat nun eine beschlossen – mit den Stimmen der Grünen.  [….]

(SPON, 01.06.2022)  (…)

(Olivgrün und Klimafeindlich, 02.06.2022)

Die Kieler Grünen schweigen dementsprechend auch zu Staatssekretär Otto Carstens, dem frei drehende Rechts-Außen in der Günther-Regierung.

Der 41-Jährige promovierte Jurist aus Schleswig, ….nein, so kann man das nicht sagen. Wie so oft bei Unions-Politikern, dürfte er seinen Dr.-Titel bald los sein, weil er weite Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben haben soll.

[….]  Die österreichische Universität Innsbruck prüft Plagiatsvorwürfe gegen den schleswig-holsteinischen Justiz-Staatssekretär Otto Carstens im Zusammenhang mit dessen Dissertation. Der CDU-Politiker bestätigte in einer Erklärung einen entsprechenden Bericht der "Bild"-Zeitung (Samstag). Das Verfahren läuft noch. Carstens ist Doktor der Rechtswissenschaften.  [….]

(STERN, 05.08.2022)

Aber bei den Schwarzen und Gelben ist Betrügen schon lange nicht mehr das Karriere-Ende. Nachdem Dr. Andreas Scheuer seinen Titel abgeben musste, wurde er zur Belohnung Bundesverkehrsminister. Nachdem Dr. Bijan Djir-Sarai seinen Titel abgeben musste, wurde er zur Belohnung FDP-Generalsekretär.

Carstens macht aber gar nicht mit dem mutmaßlichen Entzug seines akademischen Grades Schlagzeilen, sondern mit rechtspopulistischen Anwürfen an die Justiz.

[….]  Die FDP im Kieler Landtag bezweifelt stark die Eignung von Justizstaatssekretär Otto Carstens (CDU) für dieses Amt. Dies erklärte Fraktionschef Christopher Vogt am Freitag. Carstens habe mit absurden Parolen zum Strafvollzug und zu den Gerichten ganz bewusst am rechten Rand gefischt. «Im Innen- und Rechtsausschuss hat er eindrucksvoll bestätigt, dass er von unserem Strafvollzug auch tatsächlich keine Ahnung hat», ergänzte Vogt. Harsch kritisierte er die Personalpolitik von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU).   Einträge von Carstens auf seiner Homepage hatten Vogt bewogen, eine Kleine Anfrage an die schwarz-grüne Landesregierung zu stellen. «Opferschutz vor Täterschutz. Mehr Polizei vor Ort. Eine Justiz, die den Strafrahmen des Gesetzes ausreizt. Ein Strafvollzug, der keinen "Urlaub" darstellt. Hierfür sind die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen!», hatte der heutige Staatssekretär unter anderem geschrieben. Mittlerweile sind die Einträge gelöscht. Auf fünf Fragen Vogts zur Beurteilung von Aussagen Carstens antwortete die Regierung mit einem Satz: «Die vom Fragesteller angesprochenen Äußerungen wurden nicht als Staatssekretär, sondern als Landtagskandidat im Rahmen des Wahlkampfes gemacht und werden von der Landesregierung nicht bewertet».  Diese Reaktion stieß bei der FDP nicht gerade auf Begeisterung. «Es ist wirklich bemerkenswert, dass sich die Landesregierung auf den Standpunkt zurückziehen will, dass man Äußerungen ihrer Vertreter aus dem Wahlkampf nicht weiter beachten müsse.»  [….]

(dpa, 19.08.2022)

Natürlich, die FDP ist deswegen so mutig, weil sie in der Opposition hockt.

Aber ausgerechnet von den Grünen sollte man mehr Sensibilität gegenüber Rechtspopulismus aus dem Justizministerium erwarten.

Ach, den Satz nehme ich nach den Palmer und den Hessen-Grünen zurück.

Freitag, 19. August 2022

Was für ein Wichser.

Sagenhaft, dieser Woelki. Ganz offensichtlich konnte er immer noch nicht das geringste Verständnis dafür entwickeln, weswegen seine Gläubigen so wütend auf ihn sind. Im Gegensatz zu mir. Ich liebe ihn und bete täglich für seinen Verbleib im Amt. Das fromme Fußvolk hingegen erwartet vom Kölner Kardinal, er möge beim Thema „sexueller Missbrauch durch Priester“ endlich auch einmal an die Opfer denken, statt ausschließlich daran, wie er sich selbst im besten Licht darstellt.

Aber das ist ganz offensichtlich hoffnungslos. Woelki gibt Millionen Euro aus, um die Missbrauchsopfer zu manipulieren und erneut zu demütigen, um seinen eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Der reichste und mächtigste Kardinal Deutschland ist vollkommen unfähig zur Empathie.

[…] Hätte der Kardinal Woelki über Missbrauchsvorwürfe gegen den Ex-Präsidenten der Sternsinger informieren müssen? Der Kölner Kirchenchef bestreitet das – und unternimmt nun rechtliche Schritte gegen entsprechende Aussagen. […] Der Kirchenrechtler Thomas Schüller gilt als einer der schärfsten Kritiker des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki – nun geht Woelki juristisch gegen den Theologen vor. Wie eine Sprecherin des Landgerichts Köln mitteilte, habe der Erzbischof gegen Schüller eine einstweilige Verfügung beantragt. Auch gegen die »Bild«-Zeitung habe Woelki eine einstweilige Verfügung im Eilverfahren erbeten, hieß es. […]

(SPON, 19.08.2022)

Aber was rede ich da; mit „Wichser“ meinte ich gar nicht Woelki.

Erinnern wir uns drei Wochen zurück, als Bergoglio durch Kanada jettete, um sich bei den indigenen Kanadiern dafür zu entschuldigen, daß seine Kirche 150.000 ihrer Kinder missbraucht und sadistisch gequält hatte, Tausende zu Tode folterte, aber dann doch wie ein garstiges sechsjähriges Gör schmollte und lieber auf andere zeigte, die „auch Schuld“ trügen. Reisebegleitung war sein Kumpel Marc. Seines Zeichen kanadischer Chef-Katholik.

Marc Kardinal Ouellet PSS, 78, Kurienkardinal und Kardinalpräfekt der Bischofskongregation, der als Geistlicher in Kanada offenbar auch gern mal Opfer begrabschte.

[….] Sammelklage gegen Dutzende Geistliche

Ouellet ist nicht der einzige katholische Würdenträger in Kanada, der sich nun Vorwürfen stellen muss. Der Fall der früheren Praktikantin ist Teil einer Sammelklage von mehr als 100 Personen, die über 80 Geistlichen sexuellen Missbrauch und Übergriffe vorwerfen. Viele der Kläger seien zum Zeitpunkt der Taten minderjährig gewesen. […]

(Tagesschau, 17.08.2022)

Aber was rede ich da; mit „Wichser“ meinte ich gar nicht Ouellet.

Der Papst, seit 1958 Jesuit, seit 1969 Priester, seit 1998 Erzbischof von Buenos Aires, seit 2001 Kardinal und immerhin nun auch schon mehr als neun Jahre im Amt als Stellvertreter Gottes auf Erden, könnte womöglich auch mitbekommen haben, daß Myriaden seiner Geistlichen Kinder vergewaltigen und daß dieses Thema ein kleines bißchen heikel ist, weil seine Kirche immer nur vertuschte, aber die Gläubigen das nicht für die richtige Methode halten.

Besonders heikel ist das Thema in Kanada, ultra-besonders heikel, wenn es auch noch einen der ranghöchsten Kardinäle trifft, der ultra-extra-besonders heikel Kanadier ist und maximal-ultra-extra-heikel zudem als einer der engsten Freunde Bergoglios gilt. Aber Franzl weiß was zu tun ist. Nämlich: Nichts!

[….] Papst: Kein Grund für Verfahren gegen Kardinal Ouellet  […] "Papst Franziskus erklärt, dass es nicht genügend Anhaltspunkte gibt, um eine kanonische Untersuchung wegen eines sexuellen Übergriffs durch Kardinal Ouellet an der Person F. zu eröffnen", teilte der Sprecher des Heiligen Stuhls, Matteo Bruni, mit. […] Ende Juli begleitete Ouellet Franziskus auf dessen Reise nach Kanada, während der das Oberhaupt der katholischen Kirche mehrfach bei den Ureinwohnern des Landes für jahrzehntelangen Missbrauch in von der Kirche geführten Internaten um Vergebung bat.  [….]

(SZ, 18.08.2022)

Aber was rede ich da; mit „Wichser“ meinte ich gar nicht Bergoglio.

Noch ein Versuch. Da gibt es diesen schwulenhassenden Priester in Malta. David Muscat, 51, der einige Jahre in der kleinen maltesischen Stadt Mġarr im Nordwesten der Insel amtierte, aber 2014 wegen dubioser Prozessionen vom Erzbischof gefeuert wurde. Seither bestreitet Muscat sein Weihe-Amt als hauptamtlicher Homohasser.

[…] A court has warned a Catholic priest to be "more prudent" as he faces charges of incitement to hatred or violence over his comments about homosexuality.   Fr David Muscat appeared in court on Friday to deny the charges, based on two Facebook posts.  In one, the 51-year-old spoke about the possibility that  Abner Aquilina, who is accused of the murder of Polish student Paulina Dembska, was gay, bisexual or possessed by the devil and said that “gayness” was worse than being possessed.  In another comment, posted underneath a photo showing Aquilina wearing a colourful shirt, Muscat said that he looked like he was just coming back from "gay pride". […]

(Times Malta, 28.01.2022)

Aber was rede ich da; mit „Wichser“ meinte ich gar nicht Muscat. Obwohl, ein bißchen schon. Denn bevor er über Schwule wettert, zieht er sich gern mal Pornos rein und wedelt sich einen von der Palme.

[….] Mosta Priest Admits To Watching Porn And Masturbating Before Saying Gay Marriage Within Church Will ‘Be End Of World’ [….] “I’m going to ask you a personal question, and I’m asking it because you told me you are comfortable talking about it – have you ever masturbated as a priest?” Ragnar Ciantar asked Fr David Muscat on Ciantar’s YouTube show Il-Podkast.  “Yes, yes of course,” Muscat replied in his signature way. “But then you go and confess. I have a spiritual leader, and I tell him: ‘I’ve sinned against the Sixth Commandment, against nature’.  And he tells me to say the Rosary.” Muscat went on to explain how he “sometimes” watches pornography, and even swears every now and then, blaming it on the way he was brought up. “It makes me sad though. [….]

(Johnathan Cilia, May 10, 2021)

Noch ein letzter Versuch. Da gibt es diesen jungen Priester in Malta. Luke Seguna, 39, Hochwürden in dem Dorf Marsaxlokk.

[….] Marsaxlokk ist ein Fischerdorf und eine Gemeinde auf Malta mit 3660 Einwohnern. Der Name setzt sich aus dem arabischen Wort Marsa für Hafen und dem maltesischen Wort Xlokk, dem Südwind, zusammen. Es befindet sich zwischen der Landzunge Delimara Point und Benghisa Point. […]

Wikipedia

Seguna ist ein begnadeter Spendensammler und zieht seinen Schäfchen richtig das Geld aus der Tasche.

[….] Ein 39-jähriger Priester aus Malta hatte ein für die katholische Kirche mitunter wichtiges Talent: Er schaffte es, große Summen an Spendengeld einzusammeln. Allerdings soll er etwa 500.000 Euro, die rund 150 Gemeindemitglieder ihm über einen Zeitraum von zehn Jahren für Zwecke der Kirche gegeben haben, veruntreut haben, wie Medien des Landes im Mittelmeer berichten. [….]

(SPON, 19.08.2022)

Da klingt es schon an. Von der halben Million Euro zwackte Pater Seguna 150.000 Euro für Porno-Websites ab.

[…] Maltese priest spent 1.5 tons of donations on porn’ […] Prosecutors found that he paid hefty sums over a period of years to websites that offer live sex shows, Times of Malta reported. The Catholic cleric is said to have told investigators that he spent the money after going through a “sexual crisis,” the newspaper said.  The man heads the parish of Marsaxlokk in southern Malta and has been charged with embezzlement and money laundering for ten years. According to justice, he had hundreds of thousands of euros in personal bank accounts, while as a priest he earns 20,000 euros annually. He also had five motorcycles and two cars.  […]

(Take to news, 19.08.2022)

Verurteilen kann man ihn aber dafür nicht, denn der Mann befand sich in einem akuten sexuellen Notstand. Da kann man schon mal 150.000 Euro verwichsen.

[….] . Der Beschuldigte soll laut »Times of Malta« den Ermittlern gesagt haben, dass er das Geld nach einer »sexuellen Krise« ausgegeben habe. […] Allerdings bekannte sich der Priester in allen Punkten in Bezug auf Geldwäsche und Veruntreuung für nicht schuldig. Anwälte des Mannes teilten laut »Times of Malta« mit, ihr Mandant bestreite jegliches Fehlverhalten – und verwiesen auf die Unschuldsvermutung. [….]

(SPON, 19.08.2022)

Hochwürden Luke Seguna – was für ein Wichser!

Donnerstag, 18. August 2022

Erst hatten sie kein Glück und dann kam Pech dazu

Vor einem Vierteljahrhundert tobte der Krieg in Bosnien-Herzegowina. In dem multiethnischen Teilstaat des ehemaligen Jugoslawien ging es genozidal zu. Man wollte sich nicht nur gegenseitig besiegen, sondern den anderen auslöschen. Auf einer Fläche in etwa so groß wie Niedersachsen leben heute noch 3,3 Millionen Bosnier. Die Hälfte von ihnen sind muslimische Bosniaken, ein knappes Drittel orthodoxe Serben und 15% katholische Kroaten. Dazu kommen weitere 17 anerkannte Minderheiten und natürlich leben all diese Gruppen eben nicht fein säuberlich voneinander getrennt, sondern wild durcheinander. Sie sind normale Menschen, die sich verlieben und multiethnische Familien bilden.

Wer da mit faschistischer Ideologie „aufräumen“ und „ethnisch reinigen“ will, ist nicht nur ein amoralischer Völkermörder, sondern auch noch zum Scheitern verurteilt.

Die gut acht Millionen Russen in der Ukraine (fast jeder fünfte Einwohner) leben eben nicht separiert im Osten, sondern mit den Ukrainern vermischt, bilden russisch-ukrainische Familien. Multiethnische Staaten können nicht prosperieren, wenn die Bevölkerung in einer Form der Apartheid gegeneinander lebt. Es geht nur miteinander. Anders als CSU, CDU und AfD glauben, ist auch Deutschland nicht nur ein Einwanderungsland, sondern ein multikulturelles Land. War immer ein multikulturelles Land. Wer wie Merz und Merkel die „deutsche Leitkultur“ preist, versündigt sich. Ein Modus Vivendi durch gewaltige Trennmauern wie in Palästina funktioniert ebenso wenig, wie die Vorherrschaft einer Ethnie in Ruanda oder Myanmar.

So wie rassistische Politik und „Ausländer raus“-Ideologie der QTrumpliKKKans das 330-Millionenvolk der USA zerstören, wird auch das 3,3-Millionenvolk der Bosnier durch antiethnisches Gedankengut ruiniert.

Bosnien-Herzegowina kommt nicht zur Ruhe.

[….] Die Bundeswehr schickt erstmals nach zehn Jahren wieder Soldaten nach Bosnien und Herzegowina. [….] Der Auftrag für die Bundeswehr lautet bei ihrer Rückkehr in das Balkanland ganz ähnlich wie damals: Die Deutschen sollen zum einen aus der Hauptstadt Sarajewo die Ausbildung der Streitkräfte unterstützen. Zum anderen aber den Kontakt zur Bevölkerung pflegen, als eine Art Frühwarnsystem wirken, sollten sich die Spannungen verschärfen. Das geschieht, indem die Soldaten Teil der EU-Verbindungs- und Beobachtungsteams werden, auch "Liaison and Observation Teams" genannt. [….] Auch in die Teilrepublik Srpska soll ein deutsches Team entsandt werden. In jene Unruheregion also, die als eine Art Achillesferse des brüchigen Friedens auf dem Balkan gilt: Hier nämlich betreibt der Anführer der bosnischen Serben, Milorad Dodik, die Abspaltung dieser Region und den Anschluss an das von ihm als "Mutterland" gesehene Serbien.  […]

(Tagesschau, 16.08.2022)

Ohne Hilfe von außen geht es nicht und so schickt die Internationale Gemeinschaft seit vielen Jahren einen „Hohen Kommissar“ in den Balkan-Staat. Üblicherweise ist das ein ehemaliger Minister eines EU-Landes.

[….] Wer Christian Schmidt besuchen will, muss zuerst die Schutzwälle seiner Festung im Zentrum Sarajevos überwinden. Das unscheinbare Bürogebäude ist von hohen weissen Mauern umgeben. Einlass erhält nur, wer dem Wachmann glaubhaft seine Identität bestätigt, seine Tasche durchleuchten lässt und die Prüfung des Metalldetektors besteht. Erst dann wird die Audienz beim Hohen Repräsentanten für Bosnien-Herzegowina gewährt. Die Sicherheitsvorkehrungen kommen nicht von ungefähr. Christian Schmidt ist – theoretisch – ein mächtiger Mann. Als Hoher Repräsentant für Bosnien-Herzegowina ist er im Besitz der sogenannten Bonner Befugnisse: Er kann in Bosnien-Herzegowina Gesetze erlassen, Amtsträger absetzen oder neue Behörden schaffen. Für manche ist der «High Rep» ein Garant für Frieden und Stabilität. Das war auch die Idee des Amtes, als es 1995, am Ende des Bosnienkriegs, mit dem Abkommen von Dayton geschaffen wurde. Andere sehen darin eine vom Westen entsandte, koloniale Aufsicht, die wegen ihrer faktischen Bedeutungslosigkeit überflüssig geworden ist. [….]

(NZZ, 07.12.2021)

Wir ahnen schon; es ist wie immer bei Angela Merkels großen Personalentscheidungen. Sie sind fürchterlich, weil sie die größten Deppen Deutschlands, die auf ihrer Ebene total versagten, nach oben entsorgt. Christian Wulff, Günther Oettinger, Ursula von der Leyen sind solche Beispiele.

Ausgerechnet einen rechtsdrehenden Ex-CSU-Bundesminister der Kategorie Scheuer/Dobrindt/Seehofer nach Bosnien-Herzegowina zu entsorgen, war einer dieser klassischen Merkel-Fehlgriffe.

Der 64-Jährige Mittelfranke war von 2014 bis 2018 Lobby-höriger Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, wurde aber in seinem Zusatzjob als kommissarischer Verkehrsminister (2017) als Glyphosat-Schmidt berühmt, als er entgegen der Linie der Bundesregierung auf Geheiß der Chemie-Lobby, für die Verlängerung der EU-Zulassung der Killer-Chemikalie sorgte.

Als typisches CSU-Gewächs liegt ihm Diplomatie fern. Wir erinnern uns an die Brüll-Attacken und Ausraster, die CSU-General Stephan Mayer im Mai dieses Jahres zu Fall brachten.

Auch der HIGH REP Schmidt gibt öffentlich das Rumpelstilzchen, wenn er intellektuell überfordert ist.

[….] Als er von einer Reporterin gefragt wurde, ob er bereit sei, im Vorfeld der Parlamentswahlen Anfang Oktober Änderungen des Wahlgesetzes qua seiner Vollmachten durchsetzen zu wollen, und was er zu der Kritik sage, an seinen Äußerungen über die fehlende Repräsentanz der bosnischen Kroaten - beides Vorwürfe, mit der Schmidt seit vielen Wochen immer wieder konfrontiert wird - brach es aus ihm heraus:

    „Müll! Völliger Müll! Ich stehe hier nicht, ich sorge mich um dieses Land. Dies ist eine Stadt, in der Menschen ihr Leben verloren haben, und wir sind nicht hier, nur um politische Spielchen zu machen. Mir steht es mit diesen Beleidigungen bis hierher"

Und Schmidt weiter: "Tut mir leid, so deutlich zu werden. Mir steht es mit diesen Beleidigungen bis hierher, die völlig falsch sind!" Mit einer Handbewegung über dem Kopf machte er deutlich, bis wohin ihm es stehe.  […]

(Tagesschau, 18.08.2022)

Die Bosnier sind wirklich geschlagen. 25 Jahre Krieg und nun auch noch ein aussortierter CSU-Brüllaffe als Chef.

[….] Der Brüllauftritt des CSU-Politikers Christian Schmidt in Bosnien und Herzegowina zeigt: Das Amt des Hohen Repräsentanten gehört abgeschafft. Die EU sollte den Balkanstaaten dringend Angebote machen. Sonst profitiert Moskau. [….] CSU-Mann Schmidt ist offenbar gewillt, seine Vollmachten auszuschöpfen. Im Juli kündigte er an, das bosnische Wahlgesetz ändern zu wollen. So soll unter anderem eine Dreiprozenthürde eingeführt werden, was wohl vor allem nationalistisch-kroatische Kräfte stärken würde. Bei vielen Bürgerinnen und Bürgern in Bosnien und Herzegowina sorgte der Vorstoß für Empörung. Sie empfinden ihn als eine gefährliche Einmischung in die Angelegenheiten des Landes.  Eine Einladung von Abgeordneten, seine Vorschläge im Parlament zu diskutieren, lehnte Schmidt ab. Als er diese Woche bei einer Pressekonferenz mit der Kritik an dem Gesetzentwurf konfrontiert wurde, rastete er aus. Auf einem Video der Veranstaltung ist zu sehen, wie er »rubbish, full rubbish!« brüllt, »Müll, großer Müll!«. [….] Der cholerische Auftritt wirft einmal mehr die Frage auf, ob Schmidt für den Job als Topdiplomat der geeignete Mann ist. Das Problem reicht jedoch weiter. In Wahrheit gehört das Amt des Hohen Repräsentanten abgeschafft. Es ist undemokratisch, neokolonial. Es ist eine Zumutung für die Menschen in Bosnien und Herzegowina. [….] ++Bosnien und Herzegowina und die anderen Länder auf dem Balkan brauchen eine Perspektive. Was sie nicht brauchen, sind aggressive Belehrungen von ehemaligen Bundestagsabgeordneten. [….]

(Maximilian Popp, 18.08.2022)

Und Christian Schmidt selbst? Zeigt er vielleicht ein wenig Reue?

Weit gefehlt; er ist schließlich in der CSU. Er findet sich fabelhaft.

[…] Spitzendiplomat Schmidt findet seinen Wutausbruch genau richtig.  Auf einer Pressekonferenz in Bosnien-Herzegowina irritierte Christian Schmidt mit einer Brüllattacke. Für seinen Wutausbruch habe er »überwältigenden Zuspruch von Bürgerinnen und Bürgern« bekommen, behauptet er nun. […]

(SPON, 18.08.2022)

Kann man sich nicht ausdenken.

Träumer-Demokraten

Seit sieben Jahren sieht man immer wieder Social-Media Memes, in denen „Liberals“ Vergleiche zwischen Trump und Obama aufstellen und dabei den orangen Psychopathen bezichtigen, gar kein echter Christ zu sein, während Obama dafür gelobt wird, nur eine Frau, keine Scheidung und „no adultery“ auf der Haben-Seite zu präsentieren.

Yes, I get it, das soll auf die besonders christlichen Republikanischen Wähler abzielen, die ihre „moral values“ wie eine Monstranz vor sich hertragen. Evangelikale Kirchenführer, christliche Super-PACs und die katholische Kirche sollen mit Trump brechen und demokratisch wählen.

Den Mist will ich nicht mehr sehen. Erstens ist eheliche Treue beim besten Willen kein Indikator für die Qualität eines Präsidenten. Pence oder GWB sind in jeder Hinsicht dümmer und schlechter als Bill Clinton oder JFK.

Zweitens nützt es ganz offensichtlich nichts, Christen der Heuchelei zu überführen, denn ihre Ideologie ist selbst eine Form der Heuchelei.

Die RKK und alle katholischen Kardinäle standen fest an der Seite des 30.000-fach lügenden Hurenbocks und Rassisten Trump, während sie dem treuen Katholiken Biden die Kommunion verweigern.

Die Trumpisten wie Boebert, MTG und weitere 75 Millionen Fans, stehen nicht und standen nie an der Seite ihres hochkriminellen Messias, weil er ihre christlichen Werte teilt, sondern weil er dieselben Dinge hasst, wie sie: Schwule, Schwarze, Umweltschutz, Migranten, Ausländer, Bildung.

Demokraten sind echte Idioten, wenn sie nach sieben Jahren Trump auf der amerikanischen politischen Hauptbühne, immer noch glauben, Punkte machen zu können, indem sie sich als treuer, frommer, ehrlicher, christlicher präsentieren.

Trumpismus ist ein Todeskult, von dem niemand ablässt, weil Joe Biden weniger Ex-Frauen hat oder öfter in die Kirche geht.

Der neue demokratische Unsinn ist die überbordende Liebe für Liz Cheney, die im 6.Januar-Kommittee intensiv daran arbeitet, Trumps kriminelle Machenschaften beim versuchten blutigen Coup 2021 aufzuklären.

Sie zog sich, wie alle Republikaner, die es je wagten Trump zu widersprechen, nicht nur seinen Hass zu, sondern wurde aus Rache von ihm niedergewalzt, verlor ihren eigentlich so sicheren Abgeordnetensitz im erzkonservativen Wyoming.

Das passiert, wenn man in einem so extremen Kult Blasphemie begeht.

Denn konservativer als Wyoming geht es kaum. 2020 wählte Wyoming mit 70% Trump (26% Biden), die ultrarechte Republikanerin Cynthia Lummis schlug ihren demokratischen Gegenkandidaten im Rennen zum US-Senat mit 73% und Cheney gewann den einzigen House-Sitz mit 69% für die Republikaner.

[…] Cheney attempted to assemble a coalition of Democrats, independents and moderate and anti-Trump Republicans -- many of them ideological opponents of the neoconservative congresswoman before the last 19 months -- to save her seat. Her campaign sent information to registered Democrats in Wyoming about how to change their party registration, and in interviews across the state in the lead-up to the election, a number of Democrats did say they were voting for Cheney.  But the Cowboy State's electorate is almost entirely Republican. Wyoming has more than 215,000 registered Republicans compared to just 36,000 registered Democrats, according to data from the secretary of state's office. That's a drop of about 15,000 registered Democrats from early 2021, but the pool of party-switchers, along with a fall-off of more than 3,000 independent voters who likely became Republicans, was nowhere near large enough to save Cheney from defeat in a Republican Party that had turned against her […]

(CNN, 17.08.2022)

Als “liberal” und “democrat” habe ich keine Veranlassung, Cheney hinterher zu weinen, nur weil sie einmal, nämlich am 13.06.2021, das Richtige tat und für das zweite Trump-Impeachment stimmte.

Sie ist eine ultra-reaktionäre Person, die wegen ihre Homophobie sogar ihrer lesbischen Schwester brach, gay marriage verdammt, Klimaschutz bekämpft, Sozialleistungen ablehnt, Geld zu dem reichsten 1% raufschaufelt, begeisterte Anhängerin des NRA-Waffenkultes ist, gegen Migranten wütet, während der gesamten Trump-Präsidentschaft für ihn stimmte und zuletzt das ultra-misogyne SCOTUS-Urteil gegen das Abtreibungsrecht feierte.

So eine Frau ist kein Gewinn für die demokratische Sache.

Ganz Wyoming ist unrettbar rechts, auch wenn mit Jeffree Star immerhin eine queere liberale Person (aus Steuerspargründen) in Casper, WY, lebt und dort Yaks züchtet.

Als Milliardär mag ein US-Bundesstaat, der keine Steuern erhebt, attraktiv sein.

Politisch gibt es dort nichts zu gewinnen.

Cheneys Karriere scheint erst mal aus zu sein. Mit Glück, könnte sie aber dem Trumpismus, als weibliche Wiedergängerin Ross Perots schaden, der 1992 bei der US-Präsidentschaftswahl als Unabhängiger fast 19% holte und damit die Wiederwahl George H. Bushs unmöglich machte.

[…] Doch Trump könnte sich zu früh über die Niederlage seiner Rivalin gefreut haben. Denn Liz Cheney zieht nun eine Kandidatur bei der US-Präsidentenwahl 2024 in Erwägung. »Das ist etwas, worüber ich nachdenke. Und ich werde in den kommenden Monaten eine Entscheidung treffen«, sagte sie dem US-Sender NBC News in der Sendung »Today«. Zuletzt war Cheney oft gefragt worden, ob sie sich vorstellen könne, 2024 ins Rennen zu gehen. Die Konservative hatte das bisher offengelassen. [….]

(SPON, 17.08.2022)

Sollte Trump 2024 nicht im Knast schmoren und GOP-Präsidentschaftskandidat sein, könnte Cheney ihm ein paar Millionen Stimmen abnehmen.

Allerdings darf man auch nicht vergessen, zu welchen strategischen Dämlichkeiten die Demokraten fähig sind. Vielleicht lassen sie dann den uralten Wackelkopp Biden wieder antreten, so daß viele demokratische Wähler, die jünger als Methusalem sind, Cheney wählen und so erst Trump zu seinem Sieg verhelfen. Jill Stein und Ralph Nader haben es vorgemacht, wie man den Republikanern effektiv hilft.

Es wäre mir lieber, die Demokraten könnten ihre Liebesbekundungen an die ultrakonservative GOP-Adelige etwas zügeln.

Dienstag, 16. August 2022

Kein politischer Anstand bei den Gelbschwarzen

Britta Ernst ist zweifellos eine der intelligentesten SPD-Politikerinnen Hamburgs in den letzten 30 Jahren. Die 61-Jährige Bildungsexpertin, Diplom-Volkswirtin und Diplom-Sozialökonomin, wurde schon mit 17 Jahren in der SPD aktiv, lernte das politische Geschäft von der Pike an. Sie war Bezirksabgeordnete, persönliche Referentin (unter anderem bei dem legendären SPD-Finanzgenie Senator Thomas Mirow) und zog 1997, während der Runde-Zeit in das Hamburger Landesparlament ein. Dort profilierte sie sich insbesondere ab 2001 in der Beustschen CDU-Schreckensherrschaft so sehr, daß jeder in ihr eine künftige Senatorin sah – sofern die SPD eines Tages wieder die Regierung stellen würde. Dann aber hatte sie Glück und Pech.

Endlich, 2011, nach 14 Jahren als Landesabgeordnete kam der sensationelle SPD-Wahlsieg. Es reichte zur absoluten Mehrheit. Alle Senatorenposten konnten von der SPD besetzt werden. Als Qualifizierteste und Talentierteste, die zudem über die besten Beziehungen zum Parteichef und künftigen Bürgermeister verfügte, hätte sie sich in vielen anderen Ländern den Traumjob aussuchen können. Stattdessen war ihre Hamburger Karriere aber schlagartig zu Ende, denn die neue starke Figur war nicht nur Parteivorsitzender und Regierungschef, sondern auch ihr Ehemann.  Für das Ehepaar Ernst-Scholz gab es kein Zögern: Man kann nicht seine eigene Ehefrau mit Posten versorgen. Als Top-Politikerin blieb ihr nur übrig, Hamburg zu verlassen.  Sie war am 20.02.2011 ebenfalls wieder in die Hamburger Bürgerschaft gewählt worden, gab ihr Mandat aber Ende August 2011 freiwillig ab, zog nach Berlin, um für die Bundestagsfraktion zu arbeiten und wurde schließlich 2014 Ministerin in Kiel.

Scholz und Ernst sind ein im besten Sinne modernes Paar. Beide sind Vollblutpolitiker, hochintelligent, extrem belesen und zeigen keinerlei Interesse an Glamour oder Protz.

Der öffentlich so kontrollierte Olaf Scholz kann richtig wütend werden, wenn er gefragt wird, ob seine Frau wegen seines neuen Amtes ihren Job aufzugeben gedenke, um als First Lady an seiner Seite zu stehen. Selbstverständlich nicht! Sie sind gleichberechtigte Partner und keinesfalls ordnet sich einer für die Karriere des anderen unter. Viel mehr erfährt man allerdings auch nicht über das Eheleben des Kanzlers. Sie machen keine Homestories mit der BUNTEN, verbreiten keine Puddingrezepte oder Urlaubsbilder, sie halten sich konsequent fern vom Boulevard, tauchten nie in der Yellow Press auf.

Das diametrale Gegenteils dieses Paar-Models exerzieren Lindner und Lehfeld vor. Es käme sicher niemand auf die Idee, ihn als Aktenfresser oder Intellektuellen zu beschreiben. Als Minister fällt er mit hanebüchener Unkenntnis auf.

Für ihn ist der Boulevard alles; darin unterscheidet er sich keinen Deut von seinem Vorvorgänger Westerwelle oder seinem Kumpel Spahn, die jeden Donnerstag hechelnd die Registerseiten von GALA und BUNTE studier(t)en, um sich selbst bei „Events“ zu bewundern. Es gibt kaum einen Roten Teppich, auf dem Lindner sich nicht blicken lässt. Er posiert für die Klatschmedien mit Porsche, mit Rolex, als Jäger, im Rennwagen-Outfit, als Soldat, im T-Shirt, in Schwarzweiß, mit Brusthaar, ohne Brusthaar.
Spahn heiratete konsequenterweise gleich einen BUNTE-Chef und Lindner entsprechend eine RTL-Klatschreporterin, die als Instagrammerin mit 117.000 Followern ihr eigene Hochzeit mit dem feschen Lindi, gleich selbst vermarktet und unter sympathischen Hashtags zu Geld macht.

Wenig verwunderlich, daß eine Klatschbase mit so exzellenten Verbindungen in die Bundesregierung, beruflich schnell weiter aufstieg und Chefreporterin der ultrakonservativen WELT-Gruppe wurde, die ungeniert gemeinsam mit den Brüdern von der BILD, Hochberichterstattung von der Lindner-Lehfeld-Glamour-Hochzeit auf Sylt fabrizierte. Eine Hand wäscht die andere.


Bei Springer kennt man das schon; auch Lindners erste Frau, Dagmar Rosenfeld, arbeitet als WamS-Chefredakteurin bei dem Hetz-Verlag.

Anders als Ernst und Scholz, kennen L&L selbstverständlich keinerlei Schamgefühl und setzen das Crosspromoting ungeniert fort.

Sie kann ihren Insta-Kanal lukrativ mit Regierungs-Insider-Infos bespielen; er bekommt Hofberichterstattung von Poschardt und Co.

[…] Wie schön, könnte man meinen, Christian Lindner und seine Inzwischen-Ehefrau Franca Lehfeldt vereint auf einem Vorschaubild auf Youtube. Nur handelt es sich bei dem Video dahinter vom 22. Juni 2022 nicht um einen Mitschnitt ihrer Promi-Hochzeit auf Sylt, sondern um ein Nachrichtenvideo des Fernsehsenders "Welt". Christian Lindner hebt mahnend den Finger, Franca Lehfeldt hält ein Mikrofon mit "Welt"-Aufschrift in den Händen. […] Seit Mai 2022 ist Franca Lehfeldt "Chefreporterin Politik" des Fernsehsenders "Welt", eine Stelle, die es vorher so nicht gab. […] Auch in ihrem neuen Job kommentiert sie Waffenlieferungen der Bundesregierung an die Ukraine - der Bundesregierung, der ihr Ehemann angehört - und interviewt den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz - der nicht nur Gast auf der Lehfeldt-Lindner-Hochzeit war, sondern als Oppositionsführer ein politischer Konkurrent von Lindner ist. […] In den […]  "Leitlinien der journalistischen Unabhängigkeit", die man auf der Homepage von Springer herunterladen kann, steht unter der Überschrift "Private und geschäftliche Interessen" Folgendes: "Die Journalisten bei Axel Springer berichten grundsätzlich nicht über nahestehende Personen, insbesondere Familienangehörige, es sei denn, es liegt ein mit dem jeweiligen Vorgesetzten abgestimmter sachlicher Grund vor." […] "Auch wenn sich gelegentlich Überschneidungen nicht vermeiden lassen, können wir hier keinen Interessenkonflikt erkennen." Kein Handlungsbedarf also bei der von Chefredakteur Ulf Poschardt geführten Welt. […] Besonders bemerkenswert: Lehfeldts Berichterstattung über einen Eklat im Verteidigungsausschuss. […] Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass man im Springer-Verlag wegen Christian Lindner ein Problem mit Interessenkonflikten hat: 2017 kassierte die Zeitung Welt eine Missbilligung des Presserates, weil Lindners damalige Ehefrau, Dagmar Rosenfeld, über ihren Mann berichtet hatte. […]

(SZ, 16.08.2022)

Montag, 15. August 2022

Der planlose Porsche-Pudel.

Wäre ich ein konservativer Ökonom, der reine neoliberale Angebotspolitik vertritt und für möglichst große Unternehmergewinne stets die Lohnkosten drücken wollte, würde ich mir echte Sorgen machen.

Denn für diesen politischen Ansatz stehen in Deutschland mit Merz und Lindner ausgerechnet zwei einfältige Laien, die dem staunendem Publikum immer wieder ihre Unkenntnis simpelster ökonomischer Zusammenhänge demonstrieren.

 (….) In der Opposition kann Merz die Klappe beliebig weit aufreißen. Er hat noch nie regiert, noch nie eine Wahl gewonnen, noch nie Verantwortung getragen. Ihn kann man an nichts messen, weil man nur seine Worte hat.

In ökonomischen und finanziellen Dingen ist er zwar Laie und redet hanebüchenen Unsinn, aber dafür findet er sich selbst so ungeheuer fabelhaft, daß ihm alle ähnlich Verblödeten gern zujubeln.

Alle Merzschen Wirtschaftsprognosen stellten sich im Nachhinein als völlig falsch heraus. (….)

(Dumme Konservative, dummes Volk, 04.08.2022)

Selbst der ökonomisch neoliberale SPIEGEL sorgt sich inzwischen um das kontinuierliche Fettnapf-Hopping des Friedrich Merz, der nun auch noch beginnt, die AfDsche Covidiotie zu adaptieren.

Bei Porsche-Boy Lindner sind die enormen Wissenslücken noch frappierender, weil er bedauerlicherweise regiert und quasi im Alleingang katastrophale Fehlanreize, wie den milliardenschweren Tankrabatt, verbrechen kann, um in dieser Energiekrise MEHR Benzin zu verbrauchen und die Ölmultis in noch größeren Gewinnen schwimmen zu lassen.

(….)   Aber immerhin scheint der Finanzminister nicht realitätsblind zu sein und erkennt, wie nah er sich am Abgrund befindet. Für eine Partei, die wie die FDP ohne Programm und ohne fähiges Personal in eine Regierung geht, wiederholt sich die Geschichte von 2009-2013. Nach der Regierungsbeteiligung dürfte es direkt wieder in die außerparlamentarische Opposition gehen.

Hohe Zeit, noch Pflöcke für die reichen Parteispender einzuschlagen, so lange er noch an den Fleischtöpfen der Macht sitzt.

Also geht es an eine Steuerreform. Wir kennen schließlich alle das dramatische Auseinanderdriften der sozialen Schere. Die Superreichen werden immer schneller immer superreicher, weil sie durch bloßes Rumsitzen und Nichtstun als (Immobilien-)Besitzer von ganz allein jedes Jahr Milliarden dazu geschaufelt bekommen, während immer mehr Arme in immer größere Bedrängnis geraten, weil sie durch die acht Prozent Inflation kaum noch die Wohnnebenkosten und Lebensmittel bezahlen können. Sie werden auf kalt duschen und frieren eingeschworen. Tafeln schließen, weil der Andrang zu groß wird.

Einen Neoliberalen wie Lindner, der sich privat auf Luxus-Sausen amüsiert, freut es.

Also plant er Steuersenkungen für die Topverdiner, damit sie reicher werden, während die untere Hälfte der Verdienstpyramide leer ausgeht, weil sie ohnehin keine Einkommenssteuer zahlt. (….)

(Lindner lindnert, 28.07.2022)

Es ist noch eine Menge Legislaturperiode übrig; viel Zeit für Lindner, um die Nation tiefer in den Dreck zu reiten.

Service-Tweet: Rechnerisch ergeben sich aus der #Gasumlage von 2,419 Cent/KWh ein zusätzlicher Inflationsschub von etwa 1,0 Prozentpunkt. Wenn es gelingt, die MWSt. darauf nicht zu erheben, bleibt es bei 0,8 Prozentpunkten.  Unten unsere Berechnungen auch für alternative Höhen.

(Finanzökonom Sebastian Dullien, 15.08.2022)

Besser total falsch regieren, als nicht regieren?

Bei Lindner habe ich inzwischen den Eindruck, er macht diese idiotische Politik nicht aus ideologischer Verblendung oder weil er von Porsche-Chef Blume bezahlt wurde, sondern er ist möglicherweise wirklich zu blöd, es nicht besser zu wissen.

Man muss wahrlich nicht Volkswirtschaftslehre studiert habe, sondern nur ein wenig in der Schule beim Gemeinschaftskundeunterricht anwesend gewesen sein, um zu bemerken, was für einen Unsinn Lindner; voller Überzeugung und Verve von sich gibt.

Rolex-Porsche-artige Protz-Sprüche der FDP, wie von der „spätrömischen Dekadenz“ (Westerwelle), der „Partei der Besserverdienenden“ (FDP-General Hoyer) oder der „Gratismentalität“ (Lindner), sind Dummheiten, weil es politische Eigentore sind.

Sie werden auf den entsprechenden Instagramm-Accounts der reichen Erben – „Bonzenbube“, „Rich kids of Germany“, „“deutscher Jungadel“, „Papas Kreditkarte“ - gefeiert, dürften aber eher dazu beitragen, die FDP auf unter 5% zu schrumpfen.

Bedenklicher ist die hinter diesen Sprüchen deutlich werdende allgemeine Unkenntnis wichtiger Bundesminister.

[….] Wie geht es weiter mit dem 9-Euro-Ticket? Am besten gar nicht – findet Finanzminister Christian Lindner. »Es stehen in der Finanzplanung für eine Fortsetzung des 9-Euro-Tickets keinerlei Mittel zur Verfügung«, sagte der FDP-Chef der »Augsburger Allgemeinen« . Er sei von einer »Gratismentalität à la bedingungsloses Grundeinkommen« auch im öffentlichen Nahverkehr nicht überzeugt. [….] Lindner wittert beim günstigen Nahverkehr »Umverteilung«. Den Grünen warf er »linke Polemik« vor, weil diese vorschlugen, ein günstiges ÖPNV-Ticket mit Einschränkungen bei den Dienstwagensubventionen zu finanzieren. [….] Steuervorteile für Dienstwagenbesitzer [….]  bezwecken [….]  etwas anderes: Sie kurbeln den Neuwagenabsatz in Deutschland an und helfen somit der heimischen Autoindustrie. Zudem entlasten sie Betriebe. Diese sparen faktisch oft Geld, wenn sie ihren Beschäftigten einen Wagen auch zur privaten Nutzung überlassen, anstatt ihnen mehr Lohn zu zahlen. Etwa zwei Millionen Dienstwagen gibt es in Deutschland, die privat genutzt werden dürfen. Das 9-Euro-Ticket nutzten zuletzt etwa 30 Millionen Menschen im Monat.

Die Dienstwagenbesteuerung verursachte zuletzt Einnahmeausfälle von durchschnittlich 4,4 Milliarden Euro im Jahr, schätzt das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft – mögliche Umwelt- und Klimaschäden nicht eingerechnet. Das 9-Euro-Ticket kostet den Staat für drei Monate 2,5 Milliarden Euro, ein 69-Euro-Ticket würde laut VDV mit etwa zwei Milliarden Euro im Jahr zu Buche schlagen.

Eine »Gratismentalität« könnte man indes den überwiegend gut verdienenden Dienstwagenfahrerinnen mindestens genauso unterstellen wie Nutzern des Nahverkehrs mit bezuschusstem Abonnement. [….] Doch ein besonderer Reiz liegt für viele darin, dass sie mit dem Wagen faktisch kostenlos und unbegrenzt herumfahren können. Den Treibstoff zahlt oft der Arbeitgeber komplett. Anreize zum Spritsparen? Fehlanzeige. [….]

»Das wirkt wie eine ›Flat Rate‹ zur Nutzung des Pkw und führt dazu, dass es sich nicht lohnt, für private Wege den ÖPNV oder die Bahn zu nehmen«, urteilt das Umweltbundesamt. Mehr Emissionen sind die Folge. »Durchschnittlich fahren Dienstwagen 30.000 km im Jahr, Privatwagen nur 12.400 km.« [….]

(SPIEGEL Nr. 33, 13.08.2022, s.100)