Dienstag, 2. Oktober 2018

Deutsches


Einer der Vorteile meines Beinbruchs von Anfang des Jahres: Ich entdeckte den praktischen Supermarkt-Lieferdienst.
Die Jungs schleppen einem all das schwere Zeugs direkt in die Küche und alles bleibt schon gekühlt, weil die im Wagen Kühl- und Tiefkühl-Schränke haben.
Außerdem ist es auch noch günstiger als selbst einzukaufen, weil ich im Supermarkt natürlich zu undiszipliniert bin, um nur das Nötigste zu kaufen, sondern auch immer allerlei Schnickschnack in den Einkaufswagen werfe, den ich nicht benötige.
OK, der junge Mann heute war scheinbar neu und hielt es für eine gute Idee erst ein paar Joghurts in die ökologischen Papiertüten zu tun und dann die schweren spitzen Sachen draufzuwerfen. War eine ziemliche Sauerei. Aber ein bißchen Schwund ist immer. Üppiges Trinkgeld hat er trotzdem bekommen, weil er freundlich war und ich das für eine Selbstverständlichkeit gegenüber allen Menschen in schlecht bezahlten Dienstleistungsjobs halte.
Klar, daß ich noch nie einen deutschen Lieferanten hatte in den letzten acht Monaten.
Service und Schleppen bei schwacher Bezahlung sind sehr undeutsche Begriffe.
Das hat der gemeine Teutone gar nicht nötig.
Die deutsche Mentalität ist in der Hinsicht wirklich überall gleich: Unfreundlichkeit und Servicewüste.
Ich bin eigentlich so eingedeutscht, daß es mir in jeder Hinsicht zutiefst unangenehm ist, mich bedienen zu lassen.
Im Krankenhaus war es eine der größten Qualen die Klingel zu benutzten. Damit assoziiere ich ganz finstere Zeiten, als die Herren nur das Glöckchen läuteten und dann mussten die Leibeigenen springen.
Sobald es mir auch nur viertelwegs möglich war und lange vor der Erlaubnis der Ärzte, kroch ich irgendwie wieder selbst aus dem Bett, wenn ich etwas brauchte.
Aber es gibt eben Situationen, in denen man sich helfen lassen muss und so konnte ich auch ein bißchen lernen das zuzulassen.
Grundsätzlich kommt es natürlich meiner gestörten Persönlichkeit zu Gute bequem zu Hause auf meinen vier Buchstaben zu sitzen, sich alles liefern zu lassen, weil ich dann nicht selbst raus und weniger andere Menschen ertragen muss.
Jeder Tag, an dem man seine Bude nicht verlassen muss, ist ein guter Tag. Und so beschloss ich auch meinen anstehenden Weg zum DHL-Shop auf morgen zu verschieben. Verdammte Packstationen. Ständig sind die überfüllt und man muss doch „zur Post“ und endlos anstehen. Morgen, morgen, nur nicht heute.
Gegen 19.30 fiel mir allerdings siedend heiß ein, daß morgen der 03.10. ist und damit das öffentliche Leben stillsteht. Alle Läden zu, weil Merkel und Co in Berlin Party machen.
Nach der Demütigung von 2016, als der Pegida-Mob in Dresden die Besucher mit „Volksverräter!“ und „Haut ab!“ oder auch „Fotze!“ begrüßte und der zu Recht schon wieder völlig vergessenen öden Feier von 2017 in Mainz, ist morgen also die deutsche Hauptstadt dran.
Das Fest der deutschen Einheit hat für mich eine klare Bedeutung: Scheiße, morgen hat alles zu, also muss ich jetzt, um 19.30 wie eine gesengte Sau in Hemd und Hose schlüpfen, um noch vor Schließung der Post um 20.00 Uhr mein Päckchen zu bekommen. Morgen geht das ja nicht.
Für Arbeitnehmer ist ein Feiertag oft eine willkommene Abwechslung. Pfleger, Krankenschwestern oder Polizisten haben natürlich nichts davon. Sie sind wie auch Nachtwächter, Kellner, Köche oder Busfahrer immer im Dienst.
Für mich als Selbstständigen ist ein Feiertag hingegen eher lästig, weil da alles Mögliche nicht geht. Außerdem fallen „Extra3“ und „ZAPP“ (neben Panorama und Monitor die wichtigste öffentlich-rechtliche TV-Sendung) aus.
Doof. Der 03.10.2018 Oktober ist aber nicht nur schlecht.
Zum Beispiel muss ich einen Tag weniger Zeitungen lesen. Morgen kommt ja nichts Neues. Zeit gespart. Schon durch die Blätter von heute kam ich in Rekordzeit, weil die ersten Seiten voller lakonischer Betrachtungen sind über den Stand der deutschen Einheit im Jahr 28. Welche Unterschiede gibt es noch zwischen Ost und West?



Das interessiert mich glücklicherweise so überhaupt und gar nicht.
Ich bin ein ausgesprochener Gegner der Angleichung/Anpassung/Nivellierung der deutschen Lebensverhältnisse.
Natürlich ist mein Leben in der Innenstadt des säkularen und liberalen Hamburgs keineswegs so wie es in Altötting, auf einer Hallig oder in einem schwäbischen Dorf ist.


 Auch München ist ganz anders. Oder Cuxhaven. Oder Pinneberg. Oder Buxtehude. Let alone Bonn. Wieso sollte das alles genau gleich werden? Wie grauenhaft. Es leben die Unterschiede. Das ist schon deswegen wichtig, damit man da wegziehen kann, wo es einem nicht gefällt und sich eine passendere Umgebung sucht.
OK, für SZ-Edelfeder Prantl mache ich eine Ausnahme und lese mal seinen Leitkommentar.

[…..] Warum die Deutsche Einheit eine schriftliche Lüge ist
Die Wiedervereinigung sei "vollendet", heißt es im Grundgesetz. Ein Satz, der nach grenzenloser Zufriedenheit klingt. [Im Zusammenhang mit Deutschland ein Oxymoron] Dabei ist die Deutsche Einheit noch harte Arbeit.
[…..] Vollendet? Das klingt nach Vollkommenheit und Krönung. Gemeint war wohl der Vertrag über die Herstellung der Einheit, festgehalten auf 356 Seiten des Bundesgesetzblattes. Noch nie zuvor in der Weltgeschichte war ein Staat so geordnet und penibel aufgelöst worden wie dort die DDR. Der Vertrag war eine Glanzleistung der Bürokratie. In der ehemaligen DDR blieb kein Stein auf dem anderen. Für die Deutschen dort veränderte sich alles, "außer der Uhrzeit und der Jahreszeit", wie der Publizist Peter Bender in seinem Buch über "Deutschlands Wiederkehr" schrieb. Für die Westdeutschen änderten sich vorerst nur die Postleitzahlen.
[…..][…..] Die Einheit ist vollendet: Dies ist ein Satz des großen Behagens und grenzenloser Zufriedenheit. Er klingt wie die Champagnerflasche beim Entkorken: Plopp; jetzt wird ausgeschenkt. […..]

OK, ich gebe es zu, das ist nicht so schlecht. So kann man die offizielle deutsche Einheitsfeierei zutreffend beschreiben: „Behagen, Zufriedenheit, Plopp!“
Und die Post hat zu.

Montag, 1. Oktober 2018

Impudenz des Monats September 2018


Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Dem Bayern Anselm Bilgri (*1953), 1980 von Erzbischof Joseph Kardinal Ratzinger zum Priester geweiht, 1986 bis 2004 Cellerar der Abtei St. Bonifaz, 1994 bis 2004 Prior des Klosters Andechs, kann man kaum entgehen, wenn man sich einigermaßen für kirchliche Angelegenheiten interessiert.
Der Mann ist nahezu omnipräsent. Schreibt Bücher, hält Vorträge, sitzt in Talkshows und schreibt Kolumnen in TV-Zeitschriften.

Von seiner RKK hat er sich allerdings nach 50 Jahren Dienst deutlich entfernt. Und so verkündet er beispielsweise in der heutigen Ausgabe der Hamburger Morgenpost das was jeder normale Mensch auch ohne Jahrzehntelange Erfahrung als Ordensmann und Theologiestudium weiß: Der Zölibat ist Mist und Hauptursache dafür, daß sich Pädophile vom Priesterberuf angezogen fühlen.

[…..] Der Zölibat ist nicht die Ursache, aber er begünstigt den Missbrauch. Offensichtlich werden Menschen mit einer verkorksten Sexualität vom Zölibat des katholischen Priestertums besonders angezogen.
[…..] Viele Missbrauchstäter handeln als Gelegenheitstäter, weniger aus einer pädophilen Veranlagung heraus, sondern weil sie nie gelernt haben, auf Augenhöhe auf einen Sexualpartner zuzugehen, wenn sie ihre Libido spüren. Deshalb machen sie sich an die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen heran. Der Zölibat trägt dazu noch weiter bei. […..] Die Kirche vertritt aber nach außen eine sehr strikte Sexualmoral, die sie nach innen nicht lebt. Ein klaffender Widerspruch zwischen Tat und Wort, zwischen Sein und Schein. Das nenne ich Doppelmoral, wenn nicht gar Heuchelei. […..] Konzile sind seit je von Majoritäten manipuliert worden. Beim Zölibat hat sich eine leibfeindliche Strömung durchgesetzt, die sich auf die Antike berief. Das führte zu einer allmählichen Geringschätzung der Ehe zugunsten der Enthaltsamkeit und Jungfräulichkeit. Dazu kam, dass das Papsttum im Mittelalter das mönchische Leben zum Ideal stilisierte. Die Priesterweihe war mit Sex und Ehe seit 1139, dem Zweiten Lateranischen Konzil, unvereinbar.
[…..] Es wäre theologisch relativ einfach, den Zölibat abzuschaffen, weil er ja nicht zum Glaubensgrund der Kirche gehört. […..]

Politik und Kirchenführung sehen solche Stimmen als irregeleitete Sünder an, stützen und verteidigen die RKK mit zig Milliarden Euro im Jahr.
Abgesehen von den ungeheuren Summen ist das keine Kleinigkeit, weil die RKK zu systematischen sexuellen Missbrauch an kleinen Kindern führt.
Es wurden nicht nur in der Vergangenheit Myriaden kleine Kinder in Deutschland von der katholischen Kirche brutal verprügelt, gequält und vergewaltigt, sondern das abstruse System wird weiter verteidigt.
Durch Frauenausschluss aus dem Priesterberuf, perverse Sexualmoral und den Zölibat werden weiterhin gezielt sexuell Übergriffige in die Priesterseminare gelockt.

(….) Die katholische Kirche in Deutschland ließ systematisch Tausende kleine Jungs vergewaltigen und misshandeln, schützt die Täter bis auf den heutigen Tag. (….)

Kinderficken gehört zur DNA der RKK. Ein Organisation, die seit dem 12. Jahrhundert für ihr Kinderfickerfreundliches System streitet, obwohl die evangelische Kirche zeigt, daß ohne Zölibat und mit Frauenpriestertum, pädophile Übergriffe auf Kinder Einzelfälle und nicht mehr die Regel sind, kann und wird sich nicht von allein ändern.
Sie muss es auch gar nicht, weil sie von so vielen mächtigen Menschen unterstützt wird.

Ich komme zur Impudenz des Monats September:

Der Gewinner ist der CDU/CSU-Fraktionschef Brinkhaus.

Wer in der zweiten Hälfte des aufgeklärten 20. Jahrhundert geboren wurde und immer noch geradezu fanatisch die katholische Kirche unterstützt, gehört in ein Kloster und soll sich gefälligst von politischen Machtfunktionen fernhalten.
Wir brauchen keine Kinderfickerförderer als Volksvertreter.
Das gilt natürlich für Andrea Nahles, aber auch für den neuen starken Mann der CDU/CSU-Fraktion, den frommen Ostwestfahlen Ralph Brinkhaus.

[…..] Be­schei­den sei der Ralph, fast ge­nant, er­zäh­len sie im CDU-Kreis­ver­band in Gü­ters­loh. Er fah­re eine alte A-Klas­se, an ei­nen Dienst­wa­gen müs­se er sich erst ge­wöh­nen. Brink­haus sei tie­fre­li­gi­ös, er kämp­fe ge­gen die Ver­fol­gung von Chris­ten in al­ler Welt. In den Sit­zungs­wo­chen steht Brink­haus an Don­ners­ta­gen in al­ler Herr­gotts­frü­he auf, da­mit er die Mes­se be­su­chen kann, die der Lei­ter des Ka­tho­li­schen Bü­ros, Prä­lat Karl Jüs­ten, in sei­ner Ka­pel­le ei­gens für die Uni­ons­ab­ge­ord­ne­ten des Bun­des­tags liest. [….]
(DER SPIEGEL 40, 29.09.2018, s.19)

Was für ein Armutszeugnis für Deutschland, daß sich erneut ein praktizierender Hardcore-Katholik eine Topmachtposition sichern konnte.
Nun werden seine antihumanen Ansichten – radikale Ablehnung der Ehe für alle, Informationsverbot für Abtreibungsärzte, Verbot des selbstbestimmten Sterbens  - noch stärker in die bundesrepublikanische Politik einfließen.

Dieser Mann ist ein Fanatiker, der nach eigenen Angaben einen Großteil seiner Zeit als Lobbyist für die misogynen und homophoben Kinderfickerfreunde verbringt.

[…..] Als Christ habe ich es mir deshalb zum Ziel gesetzt, mich vor allem für die Achtung der Rechte von christlichen Minderheiten weltweit einzusetzen. Ich bin deshalb Mitglied des Stephanus-Kreises der CDU/CSU-Bundestagsfraktion geworden, dessen wichtigstes Anliegen die Religionsfreiheit, insbesondere aber die Situation verfolgter Christen ist. Es werden unter anderem Gespräche mit Betroffenen und mit Experten organisiert, um die Fraktion für diese Thematik zu sensibilisieren. Die Verfolgung religiöser Minderheiten wird aber auch in Gesprächen mit Regierungsvertretern und Kirchenführern vor Ort thematisiert, die im Rahmen von Delegationsreisen stattfinden. Der Stephanuskreis hat sich in den vergangenen Jahren schwerpunktmäßig mit der Situation der religiösen Minderheiten in Syrien, Ägypten, Indien und in der Türkei befasst.
             
AKTUELLES
Mai 2010: Besuch bei den syrisch-orthodoxen Christen im Südosten der Türkei
Im Mai 2010 habe ich mit einer Delegation die Region Tur Abdin im Südosten der Türkei besucht – eine Region, in der früher eine große Zahl syrisch-orthodoxer Christen lebte. Heute leben deutlich mehr syrisch-orthodoxe Christen in Deutschland (ca. 70.000) – ja sogar im Kreis Gütersloh (ca. 7.000) – als in der kleinen Region des Tur Abdin (ca. 2.000). Doch seit einigen Jahren gibt es Bestrebungen, die syrisch-orthodoxen Kirchen und Klöster im Tur Abdin zu restaurieren. Einige Dörfer werden erneut mit Leben gefüllt. Es war mir wichtig, mich vor Ort über die Situation der Christen in der Region zu informieren.

Sonntag, 30. September 2018

Imagekorrektur unmöglich


Für Jens Spahn sind der Kauder-Abgang und das destruktive Rumrumpeln des Innenministers blöd.
Inhaltlich ist das zwar seine Linie – auch er möchte die Merkel-CDU ganz weit nach rechts rücken – aber der Aufstand gegen die Kanzlerin kommt für ihn einfach zu früh.
Für den selbstverliebten Gesundheitsminister aus dem Münsterland ist es keineswegs ausreichend das politisch umzusetzen, was er richtig findet, sondern er will Regierungschef und Parteichef werden, er will Macht und Bewunderung. Er will zusammen mit seinen stramm rechten Kumpanen Lindner und Dobrindt wie ein Rollkommando durch den bundesrepublikanischen Betrieb gehen.
Spahn konkretisiert seine Zukunftspläne bereits als 38-Jähriger sehr stark. Er wanzt sich an Neo-Konservative und Neo-Nationale der ganzen Welt heran.
Demonstrativ umwirbt er Sebastian Kurz und Richard Grenell, bemüht sich stets der Rechteste unter den gerade noch Mainstreamigen zu sein. Kein anderer Bundesminister fand lobende Worte für Trump; Spahn schon.

[…..] Immer die eigene Außenwirkung im Blick
[…..] Spahn ist 38 Jahre alt, mit 15 trat er in die Junge Union ein, seit seinem 22. Lebensjahr ist er im Bundestag. Spahn saß in nahezu jeder Talkshow der Republik, er gab unzählige Interviews. Er provozierte gern mit konservativen Thesen. Spahn erfand den Begriff "burkaphob", wollte Flüchtlingen die Sozialleistungen kürzen, beschwerte sich über englischsprachige Kellner und oft auch über den Kurs der Kanzlerin. Als Angela Merkel ihn im Februar als Gesundheitsminister in ihr Kabinett holte, begriffen das viele Beobachter als Zugeständnis an ihre Kritiker. Doch nach zwei Monaten im Amt wirkt Spahn so, als sei ihm sein altes Image manchmal nicht mehr ganz recht.
[…..] Jens Spahn ist versessen auf seine Außenwirkung. Aufmerksam verfolgt er die Presseberichte über sich selbst. Er merkt sich genau, wie einzelne Journalisten zu ihm und seinen Themen stehen. Seinen früheren Pressesprecher, der ihn als Abgeordneten begleitete, setzte er an die Spitze des neuen Leitungsstabs seines Ministeriums. Einen weiteren Sprecher holte er sich von der Bild-Zeitung. Einen intimen Kenner des kleinen Mannes, sozusagen.
[…..] So viel Mühe sich Jens Spahn auch mit seiner Selbstdarstellung macht, so kompliziert ist es für ihn im Moment, sich nicht selbst ein Bein zu stellen. […..]

Die ersten Teile seiner Karrierestrategie konnte Herr Spahn schon mustergültig abarbeiten.

Sich einen Namen unter Rechtskonservativen machen.
Den unbedingten Willen zur Macht demonstrieren.
Furchtlos erscheinen.
Keinen Tag vergehen lassen, ohne sich mindestens einmal effektiv in die Medien geschoben zu haben. Es gibt keine schlechte Presse.
Omnipräsenz, um so bekannt zu werden, daß die politische Zukunft nicht ohne ihn gedacht werden kann.

[….] "Bekannt bin ich jetzt, beliebt muss ich noch werden"[…..] Dass an diesem Vormittag die halbe Hauptstadtpresse über die aktuellen Karrierepläne des Jens Spahn rätselt, liegt an einer Biografie, die der Chefredakteur der Rheinischen Post, Michael Bröcker, geschrieben hat und mit ihm gemeinsam vorstellt.
Auf dem Einband loben der CSU-Altvordere Edmund Stoiber und Österreichs Kanzler Sebastian Kurz den jungen Konservativen, und Bröcker orakelt, dass Spahn "die Bundesrepublik maßgeblich prägen wird".
[…..] Als Gesundheitsminister sei er nun einmal der einzige Sozialpolitiker der CDU, sagt Spahn. "Bekannt bin ich jetzt, beliebt muss ich noch werden", zitiert ihn Bröcker. Politiker mit Herz, das sei Jens Spahns nächstes Karriereziel. [….]

Jetzt kommt in der Tat der schwierige Teil. Die konservativen Zeitungen rufen Spahn brav zum neuen Kanzler aus. Das hat schon mal geklappt.
Warum sollten sie auch nicht einen Pharmalobbyisten, der konsequent an der Seite der Reichen und Industriellen steht an die Spitze der Regierung wünschen?

Springer und Funke reichen aber nicht als alleinige Kanzlermacher.
Ein paar Wählerstimmen braucht es auch noch und dazu muss der Kanzlerkandidat zumindest etwas beliebter sein,  als das Niveau von Fußpilz und Mundfäule, auf dem Spahn derzeit noch einzuordnen ist.


Möglich, daß man sich in einigen Jahrzehnten nicht mehr an den fiesen Spahn von 2018 erinnern wird.

Das über 80-Jährige attac-Mitglied Heiner Geißler, der sozial tickende CDU-Querdenker war richtig beliebt bei Sozialdemokraten.
Keiner dachte mehr daran was für ein wahrlich bösartiger rechter Hetzer Geißler in den 1980ern war.

Ob Spahn jedoch das Ruder so rechtzeitig herumreißen kann, um als direkter Kanzlernachfolger Merkels in Frage zu kommen, bezweifele ich stark.

Seine xenophoben und islamophoben Attacken, seine nationalistischen Wallungen, seine Nähe zu Rechtsextremen in aller Welt dürften kein großes Problem beim Werben um Wählerstimmen sein.
Spahns verächtliche Betrachtung von Geringverdienern, einfachen Menschen, Angestellten, Arbeitern, seine fortwährenden herablassenden Bemerkungen gegenüber finanziell klammen Menschen wirken da schon störender.

Pflegekrise? Macht doch nichts. Soll man doch ein paar Kräfte aus dem Ausland holen und außerdem können die faulen Säcke in den Pflegeheimen ja auch mal etwas mehr arbeiten.

[….] "Wenn von einer Million Pflegekräften 100.000 nur drei, vier Stunden mehr pro Woche arbeiten würden, wäre schon viel gewonnen", sagte der CDU-Politiker der "Augsburger Allgemeinen". [….]

Damit noch nicht genug der Demütigung.
Inzwischen unterstellte der Gesundheitsminister den Pflegern und Krankenschwestern gar, sie übten überhaupt keinen richtigen Beruf aus.
Das wären eher mindere Hiwi-Tätigkeiten, die auch in der Familie erledigt werden könnten.


Ja, das freut sicher jede examinierte Krankenschwester im Schichtdienst unter Dauerstress.

Spahn wird neben Ehrgeiz fast immer auch Intelligenz attestiert.
Ich wage das zu bezweifeln. Wer fortwährend derartig frei von Empathie große Teile der Bevölkerung vor den Kopf stößt, kann nicht schlau sein, wenn er das immer wieder tut.
Auch wenn er es nicht empfindet, würde ein intelligenter Gesundheitsminister nicht Pfleger und Kranken so laut geringschätzen, sondern wenigstens so tun, als ob er deren Leistung anerkenne.

Es ist auch nicht klug als demonstrativ Kinderloser, der bereits verkündete seine eigenen Eltern sicher nicht zu pflegen, Familien offiziell als eine Art primitiven Mechanismus für niedere Arbeiten anzusehen.

"In einer deutschen Familie hat man fürs Gröbste die Oma, und ich bin die Oma der Bundesrepublik."
(Helmut Kohl, Bundeskanzler, 1989)

Die groben, dreckigen, mies bezahlten Jobs für die Großeltern, sagt also Karriere-Bubi Spahn, der bereits mit 22 Jahren in den Bundestag einzog, als Lobbyist Millionär und Immobilienbesitzer wurde, sowie nun als Minister 14.000,- Euro im Monat verdient. Plus Zulagen.