Freitag, 3. August 2018

Und noch eine Umdrehung mehr in Washington…


Eins fällt mir immer noch schwer zu verstehen.
Natürlich glauben die 60 Millionen Trump-Wähler ihrem Idol, wenn es lügt, auch und gerade wenn Medien/Demokraten/Factchecker widersprechen. Der Widerspruch der extrem verhassten Feinde zeigt für sie wie richtig #45 liegt.
Aber wieso stört es sie so gar nicht, daß Trump sich auch ständig selbst widerspricht?


Erst hämmert er seinem rasenden Mob ein Jahr lang ein, Mexico werde für die Grenzmauer zahlen und nun attackiert er mit gleicher Verve den amerikanischen Kongress dafür, daß er nicht die Gelder für die Mauer bewilligen will.


Vermutlich überschätzen wir immer noch Trumps Anhänger, wenn wir ihnen immerhin Rudimente rationaler Denkfähigkeit unterstellen.
Aber offensichtlich können sie gar keine Informationen verarbeiten und in Beziehung zueinander setzen.


Sie leben nur von ihrem rasenden Hass und bejubeln den größten Hasser.
Da gibt es keine Vergangenheit und Zukunft, sondern nur das was Trump jetzt gerade zetert.


[…..] Trump Voter Says She Believes Him Because ‘Everything He Says Is True’ [….] Those who voted for and ardently support President Donald Trump don’t seem to be operating with any semblance of logic or reason. Many of his voters are even willing to consider his lies to be true and believe every word that comes out of his mouth. [….]


Wer schon immer dachte, die Trumpisten wären völlig verblödet, muss das noch mal überdenken.
Zig Millionen Amerikaner sind nicht nur verblödet, sondern dümmer als Bohnenstroh und Toastbrot zusammen.


Unter den Aufpeitschungen ihres Präsidenten verhalten sie sich wie ein Lynchmob. Es fehlen nur noch Forken und Mistgabeln.
Die weißen, spitzen Mützen tauchen nicht ohne Grund immer wieder in Trump-Karikaturen auf.


Jahrzehnte wurden große Teile des amerikanischen Volkes von milliardenschweren rechtsradikalen Medien weichgeklopft. In Kombination mit miserablen unterfinanzierten Bildungsangeboten und Homeschooling bildete sich ein für westliche Staaten einzigartiger Sumpf, in dem es ungehindert gärt.


Unablässig ist Trump bei seinen Rallys und lügt das Blaue vom Himmel runter. Er verbreitet dabei eine Hetze, die Goebbels erblassen lassen würde.
Dieser phantastische Horror wird nur noch von seinem hochgradig psychotischen Eigenlob übertroffen. Der tobende Mob liebt es.



[….]  Auf einmal ragten in den Hallen selbstgemalte Plakate empor, wie man sie bei Trump so noch nie gesehen hatte. "Wir sind Q", war darauf zu lesen, und der mysteriöse Spruch: "Wohin einer geht, werden wir alle gehen." Viele trugen den Buchstaben Q aus Pappe und dazu passende T-Shirts.



[….] Q ist ein Deckname, unter dem in Onlineforen fiebrige Verschwörungstheorien kursieren. Dieses "schwarze Loch" ("Washington Post") aus Hirngespinsten, Rassismus, Antisemitismus, Gewaltfantasien und Obszönitäten (Sammelbegriff: QAnon) wucherte lange nur auf Plattformen wie 4chan, 8chan oder Reddit - doch vereint sich nun mit Trump, selbst ja ein fleißiger Propagandist von Verschwörungstheorien.
[….] Je absurder die Theorien, desto populärer sind sie bei den QAnon-Anhängern - von denen manche vermuten, Q sei Trump selbst. Schließlich wirkt all das wie ein Kondensat der schrillsten Trump-Hits.

 
Verbreitet werden etwa folgende krude Behauptungen:
    Trump sei vom Militär installiert worden, um das kriminelle Establishment, den "Deep State" (den korrupten "Staat im Staate") und die globale Bankenelite (ein Codewort für Juden) zu besiegen und die USA zum "großen Erwachen" zu führen.
    Barack Obama, Hillary Clinton und der linke Finanzier George Soros planten einen Umsturz und betrieben in ihrer Freizeit Kinderhandel.
    Russland-Sonderermittler Robert Mueller sei ein heimlicher Agent Trumps mit dem Auftrag, Clinton und Obama hinter Gitter zu bringen, am besten nach Guantanamo Bay.
    Das Schulmassaker von Parkland in Florida sei von Obama und Clinton inszeniert worden, um den Amerikanern die Waffen abzunehmen.
    Der legendäre Banker J.P Morgan habe den Untergang der "Titanic" herbeigeführt, um seine Rivalen umzubringen und die US-Zentralbank gründen zu können. [….]



Donnerstag, 2. August 2018

Politikertypen


Hilfe. Hilfe! Gestern wagte ich unglücklicherweise mal wieder einen Blick in so eine linke Basis-Gruppe der Sozialdemokraten.
Anlass war ein SZ-Artikel über den derzeit amtierenden Kanzler Olaf Scholz, der als Merkels Urlaubsvertretung die Kabinettssitzung leitet und sich heimlich, still und leise zum beliebtesten Politiker Deutschlands emporgemausert hat.

[…..] Seit vier Monaten ist der Sozialdemokrat Olaf Scholz Bundesfinanzminister und Vize-Kanzler.  Dass er seinen Job ganz gut macht, findet nicht nur der Koalitionspartner CDU/CSU, sondern laut ZDF-Politbarometer auch die Bevölkerung. In der SPD stößt auf Kritik, dass Scholz die Politik seines Vorgängers Wolfgang Schäuble fortsetzt. […..]

Es stimmt zwar nicht, daß Scholz einfach die Schäuble-Linie fortsetzt, weil er wesentlich mehr investiert, ........

[…..] Fließen die Steuereinnahmen weiter so, wie Scholz sich das vorstellt, könnte dieser Haushalt der sechste in Folge sein, für den die Bundesregierung keine neuen Schulden aufnimmt. In dieser Hinsicht steht Scholz in der Tradition seines Vorgängers. […..] Gänzlich anders sieht es bei den Ausgaben für Soziales aus.
Während Schäuble sich hier knausrig gab, sagte Scholz explizit: „Die Ausgaben für Soziales und für die Rentenversicherung werden bis 2022 deutlich steigen.“ Damit meint er nicht nur den Zuschuss an die Rente, der automatisch größer wird, wenn die SPD ihr Versprechen umsetzt, das Rentenniveau nicht weiter sinken und zugleich die Beiträge nicht weiter steigen zu lassen.
Auch will Scholz im Haushalt eine milliardenschwere Reserve anlegen für die zusätzlichen Rentenkosten in den nächsten Jahren. In fünf Jahren schon solle pro Jahr „ein zweistelliger Milliardenbetrag“ in diese Reserve fließen. Ein stabiles Rentenniveau sei „die wichtigste Sicherheitsbotschaft, die wir an junge Leute aussenden können“, sagte Scholz. […..]

....aber wen interessieren schon Fakten, wenn man auch so ein praktisches Label benutzen kann?
Scholz = der ewige Scholzomat, der uncharismatische Technokrat, fleißig, aber dröge, schlau, aber ohne Visionen.
An der SPD-Parteibasis haben es solche Typen schwer und so war das Entsetzen groß, als man über eine Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz im Jahr 2021 orakelte.
Unfreundlicherweise wurde Scholz auch noch mit Schulz in eine Schublade gesteckt – die beiden drögen kleinen alten Seeheimer unterschieden sich doch nur in einem Buchstaben.
Das ist frech, denn Scholz ist ein Regierungspraktiker, der hochgebildet und effektiv verwalten kann, gezeigt hat wie stringent und erfolgreich er eine zerstrittene Landespartei führen kann und zudem auch noch zweimal nacheinander die besten SPD-Ergebnisse ganz Deutschlands bei einer Landtagswahl holte.

Schulz hat noch nie regiert, noch keine Wahl gewonnen, hat noch nicht mal Abitur und zeigte im 2017ner Wahlkampf über wie wenig Rückgrat er verfügt, indem er sich bis zur Unkenntlichkeit verbiegen ließ.
Bei Scholz wäre das undenkbar. Nicht ohne Grund gehörte er 2017 zu den heftigsten Schulz-Kritikern und sorgte gemeinsam mit Andrea Nahles richtigerweise dafür, Martin Schulz aus der ersten Parteireihe zu schubsen.

Aber obwohl niemand bestreitet, daß Olaf Scholz seinen Job kann, wird er selbst in seiner Partei nur zähneknirschend anerkannt und niemals geliebt.

Als Sozialdemokrat, der nur zähneknirschend für die Groko stimmte, weil sie als das kleinere Übel erschien – im Vergleich mit einer CDU-CSU-Minderheitsregierung, die dann nur noch aus Seehofers, Scheuers und Spahn bestünde, sich von der AfD, auf deren Stimmen sie angewiesen wäre, weit nach Rechtsaußen treiben ließe – wünscht man sich als Wut-Ventil natürlich SPD-Minister, die einen radikal neuen Weg einschlagen.
Einen Finanzminister, der linke Pflöcke einschlägt und die EU-Nemesis Schäuble konterkariert.

Aber indem man nur die eingefleischte Basis entzückt, schafft man keine demoskopische Trendwende.
Politik muss in Zeiten der Internetfilterblasen mehr denn je auf ihre Akzeptanz achten.
Vielleicht in der Scholze Weg – mit solider Arbeit und handwerklich fehlerloser Politik zu überzeugen – doch besser als das ständige substanzlose Poltern des Bundesinnenministers.

Für seine Partei ist es jedenfalls besser sich an die Spitze des Beliebtheitsrankings zu begeben, als nach der Methode Crazy-Horst den halben politischen Apparat Berlins lahmzulegen.

[…..] Nur noch 27 Prozent der Befragten sind mit der Arbeit von Innenminister Horst Seehofer (CSU) zufrieden.
[…..]  Niemand gibt an, mit der Regierung „sehr zufrieden“ zu sein. Einen solchen Befund gab es seit Jahren nicht.
Öffentlicher Streit zahlt sich in der Politik meist nur für diejenigen aus, die nicht daran beteiligt sind. [….]

Der neue Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher, Amtsnachfolger von Olaf Scholz kämpft mit ähnlichen Problemen.
Auch er ist so gar kein Volkstribun, wie der mit 90%-Beliebtheit bejubelte von und zu Guttenberg, der statt zu arbeiten lieber durch die Bierzelte zog und zu ACDC-Klängen auf die Tische stieg bis jeder unter 90 Jahren ein feuchtes Höschen hatte.
Tschentscher ist still, akkurat, hört zu, ist nicht mit Selbstdarstellung beschäftigt, arbeitet effektiv und lösungsorientiert. Er ist extrem intelligent, geradezu ein Genie und dazu hochgebildet.
Spektakulär ist das nicht. So dominiert man nicht die Medien als Trump/Seehofer/Guttenberg.

Aber bin ich wirklich extrem altmodisch, wenn ich einen Volksvertreter, der gute Arbeit leistet und weiß was er tut, einem Hallodri vorziehe, der mit derben Witzen, Peinlichkeiten und Affären Aufmerksamkeit erregt?

Abgesehen von meinen persönlichen Typ-Vorlieben, ist Politik nicht nur eine Kunstform, in der Geschmack entscheidet, sondern es geht tatsächlich um nichts weniger als die Organisation unseres Lebens und unserer Zukunft.
Egal ist das nicht.
Ich habe da ganz gern Politiker als Amtsträger, die den Job auch ernst nehmen und statt auf Markplätzen von „ANPACKEN“ zu grölen, sich tatsächlich ihren Aufgaben widmen.
Das ist vielleicht ein bißchen in Vergessenheit geraten.
Trump macht sogar gar keine Politik mehr, sondern scheißt nur noch allen anderen Politikern auf’s Pult und fängt anschließend an wie ein ganzer Hühnerhof zu gackern und zu krähen.

Mit reiner Arbeitsverweigerungshaltung wie Seehofer ist dem gemeinen Volk auch nicht geholfen.

Seine Epigonen Dobrindt und Scheuer sind nicht besser.

[….] Ein Jahr nach dem Dieselgipfel der Bundesregierung müsste jedem klar sein: Dieser Gipfel war ein reines Showevent für den damaligen Wahlkampf. Die neue-alte Bundesregierung und vor allem das CSU-geführte Verkehrsministerium lassen Verbraucher und Gemeinden mit den finanziellen, rechtlichen und gesundheitlichen Folgen der Dieselkrise alleine. Verkehrsminister Scheuer ist artig in Fußstapfen seines Vorgängers Dobrindt gestiegen. Scheuer hat ein weiteres Jahr lang vor allem die finanziellen Interessen der Autokonzerne gesichert, statt für die getäuschten Autobesitzer oder saubere Autos zu kämpfen. Ein ganzes weiteres Jahr wurden die Betrügereien der Autokonzerne weiter gedeckt, Verantwortliche nicht zur Rechenschaft gezogen.
Das war ein Jahr dreister Untätigkeit in der Dieselkrise, die so nicht weitergehen darf.
Es ist unfassbar, dass die Bundesregierung tatenlos zusieht, wie Volkswagen den nächsten Rekordgewinn in Milliardenhöhe einstreicht und sich weiter dagegen sperrt, die Autos der getäuschten Dieselkäufer auf Konzernkosten nachzurüsten. Die Autofirmen, die betrogen haben, müssen dafür auch die finanzielle Verantwortung übernehmen. Um Gesundheitsgefahren, weitere Fahrverbote und einen massiven Wertverlust für Autobesitzer und Autohändler zu verhindern, muss die Bundesregierung endlich Hardware-Nachrüstungen bei dreckigen Diesel durchsetzen. Sie darf sich auch einer grundlegenden Wende in der Verkehrspolitik nicht weiter versperren. Angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise ist es zudem unbegreiflich, dass die Bundesregierung weiterhin die schützende Hand über den schmutzigen Verbrennungsmotor hält. [….]

Mittwoch, 1. August 2018

Impudenz des Monats Juli 2018


Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Nachdem sich im letzten Monat klar die CSU als Impudenz des Monats behauptete, trifft es heute ihren Parteichef Horst Seehofer, der nach einem unglaublichen Eiertanz, der um ein Haar die deutsche Bundesregierung sprengte, von seinem Rücktritt zurücktrat und nun weiter als Super-Innenminister amtiert.

Ein toller Plan, um den gefürchteten Rücksturz in die Bedeutungslosigkeit zu vermeiden. Eins hat Crazy Horst dabei aber nicht bedacht; als Innenminister muß man arbeiten und all die großspurigen Ankündigungen über bilaterale Abkommen auch umsetzen.
Hier hapert es natürlich gewaltig, denn Seehofer war noch nie bekannt für seinen Arbeitseifer.

  (...) Immerhin ist der Bundesinnenminister offenbar noch nicht mal in der Lage sich rechtszeitig dort einzufinden, wo die Musik spielt. Erneut schwänzte er die CDUCSU-Fraktionssitzung, als wäre das heute eine minderwichtige Angelegenheit, die ihn nicht betreffe.

[…..] CSU-Chef Horst Seehofer bleibt mitten im dramatischen Unionsstreit über die Migrationspolitik zum zweiten Mal in Folge einer Sitzung der Bundestagsabgeordneten von CDU und CSU fern. Er sei im Auto auf dem Weg zum Krisentreffen mit der CDU-Spitze nach Berlin, hieß es am Nachmittag in Parteikreisen. Es sei auch nicht notwendig, dass er noch in die Sitzung der Unionsfraktion nachkomme. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt saß auf dem Platz rechts neben Kanzlerin Angela Merkel an der Fraktionsvorstandsbank. Bereits in der vergangenen Woche war der Bundesinnenminister nicht zur Fraktionssitzung gekommen. [….]

Wir lernen also, daß Seehofer nicht fliegt und nicht Zug fährt. Und obwohl er als Innenminister schließlich seinen Dienstsitz in BERLIN hat, will er da nicht wohnen.
Also läßt er sich ständig mit dem AUTO zwischen Bayern und Berlin hin und herfahren. Daher steckt er scheinbar immer mal wieder im Stau und kommt nicht zu der Fraktionssitzung, wie alle anderen Abgeordneten, die natürlich einfliegen, wenn es dringend ist.
(....)



(.....) Seehofer ist nicht mit rationale Maßstäben zu bewerten, sondern eher neroesk-Trumpisch.
Ihm gelingt nichts. Er sät nur Zwietracht.
All seine CSU-Herzensprojekte wie die Herdprämie oder die Antiausländermaut sind verfassungswidrig und/oder gescheitert, seine CSU-Minister können einfachste Rechtsstaatsprinzipien nicht einhalten, mit Grausen werfen prominente Parteimitglieder ihre Parteibücher weg, er konnte nicht verhindern, daß der von ihm zutiefst gehasste Söder sein Nachfolger wird, er konnte KTG nicht zurückbringen und insbesondere ist er nicht in der Lage sein Amt in Berlin auszufüllen. Er ist so überfordert, daß er seit Wochen alle wichtigen Termine schwänzt. Seehofer erschien nicht zum Integrationsgipfel und stellte fürderhin seine Arbeit ein.

[….] In den vergangenen Tagen hat sich Seehofer nicht gerade konstruktiv verhalten. In der CDU ist man genervt von seinen ständigen Absenzen. Dass er die Unionsfraktionssitzung am Dienstag geschwänzt hat, habe nicht zur Befriedung beigetragen, sagt einer aus der Fraktionsspitze. Zur Aktuellen Stunde über das Flüchtlingsschiff Lifeline am Mittwoch habe er herbeizitiert werden müssen. Und bei der Regierungserklärung der Kanzlerin am Donnerstag habe er wieder gefehlt. Auch in der CDU-Zentrale haben sie keine Erklärung. Was treibt den CSU-Chef wirklich? [….]

Seehofer hat scheinbar noch nicht mal begriffen, daß er nun Bundesminister unter Merkels Anleitung ist und in Berlin arbeitet.

[…..] Horst Seehofer ist Bundesminister mit Dienstsitz in Berlin. Laut "Bild"-Zeitung ist er dennoch über das Gespräch mit Kanzlerin in der Hauptstadt unglücklich: „Ich fahre extra nach Berlin, und die Kanzlerin bewegt sich null Komma null“, zitiert ihn die Zeitung. [….]

Der arme Irre hält sich offenbar immer noch für den König von Bayern und glaubt Merkel müsse devot zu ihm kommen.
Er begreift nicht, daß die CDU größer und stärker als die CSU ist, daß eine Kanzlerin mehr als ein Minister zu sagen hat.
(.....)
Seehofer kommt natürlich zu Gute, daß einige Menschen, mit denen er amtsbedingt zu tun haben müsste, schreiend Reißaus nehmen, bevor er arbeiten muss.

[….]  Vereine lehnen Nachbarschaftspreis ab
[….] Es läuft nicht gut für Innenminister Horst Seehofer (CSU). Jetzt muss sich auch noch sein Ministerium dazu äußern, dass zwei ehrenamtliche Initiativen eine Auszeichnung ablehnen, weil der Innenminister Schirmherr des Preises ist. [….] Die Flüchtlingshilfe-Initiative „Moabit hilft“ aus Berlin sowie der Verein „Wielebenwir“ aus Köln hatten am Sonntag bekannt gegeben, ihre Nominierung für den Deutschen Nachbarschaftspreis abzulehnen, weil die Schirmherrschaft durch Innenminister Seehofer nicht mit ihrem Engagement zu vereinbaren sei.
„Unsere Arbeit beruht auf Humanität, auf solidarischem Miteinander, das sind völlig andere Werte als die, die Herr Seehofer vertritt“, sagte Diana Henniges, Sprecherin von „Moabit hilft“, am Montag der taz.
In den letzten Monaten hätten sich die Ehrenamtlichen ihres Vereins durch die Äußerungen Seehofers und anderer CSU-Politiker in ihrer Arbeit diskreditiert gefühlt. „Mit der Ablehnung wollen wir auch darauf aufmerksam machen, was die Hindernisse für Integration in diesem Land sind, nämlich der Populismus von CSU und AfD.“ [….]

Innenminister der Länderebene und andere Fachpolitiker, die sich Seehofer nicht entziehen können, sind noch entnervter von seiner ostentativen Faulheit.

 [….] In den gut vier Monaten, in denen Seehofer nun im neuen Amt ist, hat er mit seinem polternden Politikstil viele gegen sich aufgebracht. Selbst in seinem eigenen Ministerium regt sich Unmut gegen Seehofer. Und seine Amtskollegen aus den Bundesländern beschweren sich über das Agieren des Bundesinnenministers.
"Seehofer konzentriert sich auf öffentlichkeitswirksame Symbole", sagt zum Beispiel Holger Stahlknecht (CDU), Innenminister aus Sachsen-Anhalt. "Das halte ich im Bereich der inneren Sicherheit für gefährlich." Sein Amtskollege Boris Pistorius (SPD) aus Niedersachsen bilanziert: "Viele ideologische Debatten, wenig Inhalt, das ist Seehofers Politik."
Burkhard Lischka, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, fragt sich: "Was hat Seehofer in seinem Amt bislang erfolgreich zu Ende gebracht? Mir fällt nichts ein. Er ist ein reiner Ankündigungsminister." Statt seriös und in Ruhe die Probleme anzugehen, "haben wir das komplette Gegenteil erlebt: eine unkontrollierte, hysterische Debatte". Selbst Unionsleute, die in der Flüchtlingspolitik eigentlich auf seiner Seite stehen, beklagen, Seehofer habe zuletzt mehr kaputt gemacht als vorangebracht.
[….] Seehofer interessiert sich nicht für Gesetzesbücher, er liebt das Schlagwort. Ihn reizen Machtfragen mehr als Sachfragen. [….]  Von ständigem "Chaos" spricht ein hochrangiger Beamter. Das einst vorbildhafte Ministerium werde nun "als dilettantisch" wahrgenommen.
Ein Haus, das mächtig sein will, muss auch machtvoll geführt werden. Erst recht, nachdem es zu einem Superministerium aufgeblasen wurde, das sich neben dem Kampf gegen Terror und Kriminalität, neben der Kontrolle und Integration der Flüchtlinge, neben Sportförderung, Polizei und Katastrophenschutz nun auch ums Bauen und um das Thema Heimat kümmern soll und für 20 Bundesbehörden mit 75 000 Mitarbeitern zuständig ist. Mit dieser Mammutaufgabe ist der CSU-Chef offenbar überfordert. [….]
(SPIEGEL-Ausgabe 31/2018.)

Bleibt noch zu fragen was eigentlich mit den ganzen bilateralen Flüchtlingsabkommen geschehen ist, die Seehofer gemäß seines grandiosen Masterplans aushandeln wollte.
Immerhin war ihm das derartig wichtig, daß er dafür den Verlust all seiner Ämter und den Kollaps der deutschen Bundesregierung in Kauf nahm.
Auch die Angelegenheit verläuft entsprechend seiner bekannten Arbeitsscheu.

[….] In diesen Tagen wollte Horst Seehofer Abkommen mit EU-Ländern präsentieren, um Flüchtlinge zurückzuschicken. Bis jetzt gibt es kein einziges. [….] Der August hat begonnen. Und damit ist es an der Zeit, bei CSU-Chef Seehofer nachzufragen, was er bei seinen Bemühungen um bilaterale Abkommen zur Rückführung von Flüchtlingen erreicht hat.
Die Antwort ist, kurz gesagt: nichts. [….] Der CSU-Politiker hat sich selbst unter Zugzwang gesetzt, als er nach der Verständigung innerhalb der Bundesregierung vor vier Wochen davon sprach, bis Ende Juli/Anfang August Ergebnisse vorlegen zu wollen. Mancher wunderte sich seinerzeit über diese selbstbewusste Ansage. Aber Seehofer wollte offenbar zeigen, dass er jetzt rasch liefern kann. [….] Aber vielleicht will der CSU-Chef auch einfach nur so bald wie möglich das leidige Thema vom Tisch haben - und an die Kanzlerin übergeben. Wenn es international wirklich knifflig wird, müssen am Ende nämlich sowieso immer die Staats- und Regierungschefs selbst ran. [….]

Seehofer ist ein wahrer Westentaschen-Trump. Maul aufreißen, Chaos stiften, xenophob hetzen und wenn es um konkrete Politik geht: nichts liefern, nicht arbeiten, faulenzen.