Freitag, 13. Juli 2018

Aus den Augen, aus dem Sinn, auf der Tagesordnung.


Oh, das mögen konservative Knochen wie Jens Spahn oder Wolfgang Bosbach gar nicht: Ausländer und Geld abgeben.
Finanzzusagen an Griechenland? Da verkümmert selbst das kleinste Rudimentärherz eines Konservativen endgültig zur Rosine.
Vermutlich wissen auch griechophobe C-Politiker, daß deutsche Überweisungen „nach Athen“ dort in Wahrheit nur kurz durchgeleitet werden und anschließend verzinst und vermehrt im deutschen Staatssäckel und in den Bilanzen deutscher Banken landen.
Das aber den Wählern zu erklären wagen sie nicht, weil es die mühsam aufgebauten xenophoben Vorurteile zum Einsturz bringen könnte.

Was im deutschen Polit-Sprech als großzügig und solidarische „Griechenlandhilfe“ vermarktet wird, ist in Wahrheit das Gegenteil, nämlich Ausbeutung.
Umverteilung vom armen Griechenland ins reiche Deutschland.

[….]  Deutschland gilt als Zahlmeister Europas. An der Rettung Griechenlands hat die Bundesrepublik allerdings ganz gut verdient. Die
Die Griechenland-Krise hat Deutschland einen ordentlichen Gewinn beschert. Seit dem Jahr 2010 hat die Bundesrepublik insgesamt rund 2,9 Milliarden Euro an Zinsen erhalten. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor.
Der Regierungsantwort zufolge gab es seit 2010 vor allem Gewinne aus Ankäufen griechischer Staatsanleihen im Zuge des "Securities Market Programme" (SMP) der Europäischen Zentralbank (EZB), die bei der Bundesbank anfielen und dem Bundeshaushalt überwiesen wurden. Auch die Bundesbank kaufte in großer Zahl die Staatspapiere. [….]

Aber wen interessieren schon Fakten, wenn Teile der Regierung auf radikalem rechtspopulistischem Kurs sind?
Begriffe wie „Solidarität“, „Hilfe“ oder „Rettungsschirm“ will man in den C-Parteien kaum noch in den Mund nehmen, während ihnen die AfD auf den Fersen ist und man mit Rücksichtslosigkeit und Bösartigkeit gegenüber Menschen in Not punktet. Springers rechte „WELT“ tutet ungeniert ebenfalls in das Horn und wiederholt wie eine Schallplatte mit Sprung ihren ewigen Dreiklang aus „Tsipras = linksextrem = unseriös“

[….]  Tsipras hat – anders als in den Verhandlungen zwischen EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) versprochen – noch nicht die Mehrwertsteuer auf fünf Inseln der Ägäis erhöht. Es ist nur eine von 88 sogenannten Prior Actions. Es handelt sich lediglich um 28 Millionen Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen.
Ein Petitesse – scheinbar – gemessen an den Milliardenbeträge, die nach Griechenland geflossen sind. Oder eher ein Symbol dafür, dass Athen doch nicht bereit ist, nach den vereinbarten Regeln zu spielen, jetzt, da Schuldenerleichterungen und die Zahlung der letzten Hilfstranche beschlossen scheint?
Der Unionsfraktion im Bundestag passt dieses Verhalten nicht. Sie machte Druck auf die Bundesregierung. [….] Warum so viel Aufwand wegen so einer relativ kleinen Summe? Aus Sicht der Unionsfraktion ändern die Griechen mit ihrer Programmverzögerung das Hilfsprogramm insgesamt. Zwar hat die griechische Regierung jetzt Kompensation über Einsparungen beim Militär zugesagt. Allein fünf Millionen Euro wollen sie bei der Mittelausstattung einsparen, weitere vier Millionen bei der Wartung ihrer Flugzeuge und zehn Millionen bei anderen Rüstungsprojekten.
Die CDU aber ist der Meinung, angesichts all des Misstrauens in Deutschland über die Hilfen für Griechenland soll keinesfalls der Eindruck entstehen, die Regierungsfraktionen würden jetzt mit Athen in irgendeiner Form mauscheln. [….]

Acht Jahre Schäuble waren nicht nur verheerend für das Vertrauensverhältnis innerhalb der EU und die soziale Gerechtigkeit, sondern haben auch den Diskurs in der deutschen Öffentlichkeit zum Thema „Euro“ völlig vergiftet.
Populistisch und anti-europäisch? Wenn diese Melodien gespielt werden, ist die Lindner-FDP vorn dabei, um sich nicht von der AfD die nationalistische Butter vom Etat-Brot nehmen zu lassen.

[….] "Es muss im Interesse Europas ganz schnell ausgeräumt werden, dass es hier irgendwelche Zusagen an die griechische Regierung im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik gegeben hat", sagt FDP-Haushälter Otto Fricke.
Merkel bestritt gegenüber Haushaltspolitikern der Union, dass man Absprachen getroffen habe. Griechenland gehört aber zu den Ländern, mit denen Merkel Rückführungsabkommen für Flüchtlinge schließen will.
Auf europäischer Ebene ist der Vorgang für Deutschland schon jetzt peinlich. Wegen der nötigen erneuten Befassung des Haushaltsausschusses konnte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Beschlussgremium des Eurorettungsschirms ESM der Auszahlung der letzten Tranche Ende der Woche nur unter Vorbehalt zustimmen. [….]
(SPON, 13.07.18)

28 Millionen Euro weniger Mehrwertsteuererhöhung, während Deutschland gerade wieder die gesamte Flüchtlingsproblematik Griechenland aufpresst und 2900 Millionen Gewinn mit griechischen Staatsanleihen macht.

[….]  Der Ärger ist zurück. Das Misstrauen auch. Die Abgeordneten des Haushaltsausschusses im Bundestag müssen am 1. August ihren Urlaub unterbrechen, um zu einer Sondersitzung nach Berlin zu kommen. Einziges Thema auf der Agenda: Griechenland. Doch wieder!
Die Regierung in Athen hatte entschieden, eine geplante Steuererhöhung nicht umzusetzen. Dabei war diese vereinbart und unterschrieben, damit die letzte Kredittranche des dritten Programms ausgezahlt werden kann. Die Kreditgeber haben interveniert; in aller Eile hat man eine "kompensatorische Maßnahme" vereinbart: Athen muss die Militärausgaben um jene 28 Millionen Euro senken, die wegen der gestrichenen Verpflichtung fehlen. Weil das aber eine Änderung der Programmvereinbarungen ist, müssen die Haushaltspolitiker der Bundestagsfraktionen eine Stellungnahme dazu abgeben - und dafür aus dem Urlaub kommen.
Insbesondere in der Union rumort der ohnehin mühsam zurückgehaltene Ärger wieder: "Wir können nicht akzeptieren, dass Griechenland kurz vor Abschluss des Hilfsprogramms einseitig eine der verabredeten Reformmaßnahmen aufkündigt. Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit und des Vertrauens", kritisiert Eckhardt Rehberg, Haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, die griechische Programmänderung. "Auf besonderen Druck der Unionsfraktion" habe die griechische Regierung nun eine neue Maßnahme zur Kompensation zugesagt. […..]

Die deutsche EU-Politik wird immer noch von Banken und Vorurteilen bestimmt.
Die größte Regierungsfraktion aus CDU/CSU zwingt also Bundesfinanzminister Olaf Scholz gegen seine Überzeugung das Falsche zu tun.
Tja, das kommt dabei raus, wenn der Souverän rechts wählt und die SPD nicht die stärkste Fraktion stellt.

[….]  Wie eine am Boden liegende Volkswirtschaft auf Kommando kontinuierlich wachsen soll, ist ein Rätsel. Immerhin: Es gibt etwas mehr Arbeit, es gibt Wachstum - im Vergleich zu den Vorjahren gesehen. Ob es den griechischen Bürgern besser geht, ist eine ganz andere Frage. Die Neue Zürcher Zeitung konstatierte Ende Juni: "Eine Serie happiger Rentenkürzungen für die Pensionierten, schmerzhafte Lohneinbußen für die Arbeitenden und ein Reigen von Steuererhöhungen haben den Lebensstandard der Einkommensschwachen und der Mittelklasse dramatisch gesenkt."
Nicholas Logothetis hat für Elstat gearbeitet, die 2010 gegründete Nachfolgeorganisation der vormaligen griechischen Statistikbehörde, die ihren Namen nicht wert war. 2014 [….] sagte er, was auch andere sagen: Die griechische Krise sei keine Staatsschuldenkrise gewesen. Sie sei von den Finanzmärkten fabriziert und ausgenutzt worden. [….] Die Nichtregierungsorganisation Attac hat ein Dossier veröffentlicht, demzufolge die Griechen keine faulen Leute sind. Sie arbeiten sogar mehr Stunden pro Jahr als die Deutschen. [….] Logothetis hat eine üble Vermutung geäußert. Griechenland sei von der Troika zum Labor-Meerschweinchen gemacht worden: Mal gucken, wie man mit einem Staat umgeht, dessen Haushaltsdefizit zu hoch ist. Mal gucken, wie sehr man eine Bevölkerung zwiebeln kann. Weil Griechenland nicht mal elf Millionen Einwohner hat, bot das Land sich an, um den Finanzmärkten zu zeigen, wie stark die EU ist. Die deutsche Berenberg-Bank hat schon 2012 ein Papier veröffentlicht, in dem es hieß: "Die Überdosis an Austerität hat den griechischen Patienten inzwischen fast umgebracht." [….]

Donnerstag, 12. Juli 2018

Was tun mit dem garstigen Balg?



Es gibt einige Gewissheiten im Umgang mit Donald Trump, die inzwischen offensichtlich alle anderen Staatschefs gelernt haben:

1.) Der Mann ist ein absoluter Prolet, der nicht einmal die rudimentärsten Regeln des Benehmens kennt. Das geht bis hin zu physischen Übergriffen. Er begrabscht Frauen und schubst andere Regierungschefs wie ein ungezogener Schul-Rüpel einfach weg.
2.) Er ist sagenhaft ungebildet und ahnungslos. Dazu kommen so radikale Borniertheit und unterentwickelte Auffassungsgabe, daß es de facto unmöglich ist ihn durch Informationen und Fakten über bestehende Zusammenhänge aufzuklären.
3.) Die einzig verlässliche Seite an Trump ist seine Unverlässlichkeit. Was auch immer er zusagt oder behauptet – es besteht eine hohe Chance von ihm binnen Stunden das diametrale Gegenteil zu hören.
4.) Der US-Präsident lügt wie gedruckt.
5.) Trump findet sich selbst vorbehaltslos fabelhaft und großartig, ist aber eigenartigerweise abhängig davon stets auch von allen anderen gelobt und umschmeichelt zu werden.
6.) Wie die meisten wirklich dummen Menschen verfügt auch #45 kaum über Interessen oder Neugier. Er liest nicht, läßt sich nicht briefen, hasst es zu reisen, frisst immer die gleiche Sorte Fastfood und ist für nichts anderes begeistern als Golf und Titten.
7.) Dieser Potus ist skrupellos, verfügt über keinerlei Verantwortungsbewusstsein oder Mitgefühl. Die Konsequenzen seines Handelns sind ihm völlig egal.
8.) Es gibt eine pathologische Komponente. Es erregt ihn offenbar andere durch sein Wirken leiden zu sehen. Seine Missgunst ist legendär. Er freut sich diebisch über den Schaden anderer; betätigt sich als politischer Sadist.
9.) Wann immer der Oberamerikaner kontrolliert wirkt oder offensichtlich geplant Beleidigungen und Pöbelattacken absondert, spricht er in Wahrheit nicht das aktuelle Gegenüber an, sondern will damit seine moralisch völlig verkommene Wählerbasis triggern.
10.)             Trump ist Rassist, misogyn und xenophob. Er vertraut kaum jemand, aber wenn, dann nur weißen, reichen Männern seines Alters.



In der diplomatischen Welt der höchsten Ebene geht es ohnehin ungeheuer kompliziert zu, weil man sich über hunderte verschiedener Interessen gleichzeitig bewußt sein muß.
Wenn darunter einer lügt und sich nicht an Verabredungen hält, wird es noch wesentlich schwieriger und es erfordert Geduld und Selbstbeherrschung aller anderen mit so einem zu verhandeln.
Die Welt kennt so einen Problemfall seit vielen Jahren durch den Israelischen Ministerpräsidenten, der bei seinen Regierungschef-Kollegen ungefähr so beliebt wie Fußpilz ist.

(…..)(…..) Er hält sich selbst für so extrem überqualifiziert, daß er immer wieder laut bedauert nicht eine Supermacht wie die USA führen zu dürfen. Entsprechend großspurig tritt er auch unter den Regierungschefs auf und wird ganz offensichtlich von vielen Kollegen leidenschaftlich abgelehnt.
Immer wieder werden Unmutsäußerungen über ihn geleakt.

[…] In einem vertraulichen Gespräch mit US-Präsident Barack Obama hat Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy über den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hergezogen. "Ich kann ihn nicht mehr sehen, er ist ein Lügner", soll Sarkozy nach übereinstimmenden Angaben von Mithörern des Gesprächs über Netanjahu gesagt haben. Obama habe ihm geantwortet: "Du bist ihn leid, aber ich habe jeden Tag mit ihm zu tun!" […]

Der nicht eben als Choleriker bekannte US-Präsident kann sich kaum noch zügeln.

Obama schäumt vor Wut über Netanjahu
[…] Die Vereinigten Staaten von Amerika und Israel sind strategische Verbündete zur Wahrung ihrer Interessen im Nahen und Mittleren Osten. Angesichts der Tatsache, dass diese vor allem energiepolitisch bedeutende Weltregion von Krieg, Despotien, gefährlichen sozialen Unwuchten, militantem Islamismus und aggressivem Terrorismus gekennzeichnet ist, kommt dieser Allianz eine hohe Bedeutung zu. Umso fataler ist, dass die Regierungen in Washington und Jerusalem alles andere als befreundet sind und gegenwärtig einen Kurs des Frontalzusammenstoßes steuern, wie die israelische Zeitung "Maariv" schrieb. Dieser Streit ist überflüssig und zudem politisch brandgefährlich.
Es ist kein Geheimnis, dass US-Präsident Barack Obama und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu nicht nur politische Differenzen haben, sondern sich auch ganz persönlich nicht ausstehen können. Netanjahus Festhalten an einem fortgesetzten Siedlungsbau in Schlüsselregionen der besetzten Gebiete ist geeignet, dem halb toten Nahost-Friedensprozess den Rest zu geben, den Obama gern belebt und als Erfolg seiner Amtszeit vorgewiesen hätte. Mit der Besiedlung zerschneidet Netanjahu das Gebiet eines möglichen Palästinenserstaates bis zur Unregierbarkeit – was wohl beabsichtigt ist.
Ein zweiter Streitpunkt zwischen Washington und Jerusalem hat sich nun zu einem "endgültigen Bruch" zwischen den beiden Staatsmännern zugespitzt, wie US-Kommentatoren meinen. Es geht im Kern um die Bemühungen der fünf Veto-Mächte der Uno – USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien – sowie Deutschlands, den Atomkonflikt mit dem Iran friedlich per Abkommen beizulegen. Israel und der Westen verdächtigen das Mullah-Regime in Teheran, unter dem Deckmantel eines zivilen Programms eine atomare Bewaffnung anzustreben. […]

Willkommen im Kindergarten.

US-Präsident Trump ist ein ungleich größerer Problemfall, da er im Gegensatz zu seinem (und meinem) Landsmann Netanjahu (hat einen US-Pass!) zusätzlich dumm und ungebildet ist. Außerdem vertritt er das stärkste Land der Erde, so daß man ihn nie ignorieren kann.

Was also tun mit dem garstigen Donald, wenn wieder einmal ein Gipfel auf höchster Ebene, wie jetzt bei der NATO in Brüssel, stattfindet und man von den vorherigen Treffen (G20 in Hamburg, G7 in La Malbaie) schon weiß, wie destruktiv die Zeitbombe aus Mar A Lago sein wird?


Trudeau, Merkel und Macron lassen den orangen Quälgeist offenbar wie eine Wurzelbehandlung über sich ergehen.
Man kann es nicht ändern und es nützt nichts sich zu wehren.
Ein Dialog ist müßig und so geben Merkel und Co nur solche Widerworte, die an ihr eigenes Volk gerichtet sind.
Merkel will die CDU-Wähler zu Hause wissen lassen, daß sie über Rückgrat verfügt, wenn sie die These von der völligen Russland-Abhängigkeit Deutschlands zurückweist. Sie glaubt aber nicht eine Sekunde, daß ihre Einlassungen irgendeinen Einfluss auf den amerikanischen Horrorclown mit der langen Krawatte haben. Der ist eher ein Fall für die Satiriker.

Trump droht, so lange die Luft anzuhalten, bis Deutschland die Militärausgaben erhöht. [….]

Natürlich haben die Amerikaner selbst nicht die Option Trump einfach auszusitzen, denn wenn sie nicht rund um die Uhr intensiv gegen ihn arbeiten, wird der Alptraum 2020 glatt noch mal gewählt.
Die Unfähigkeit der Demokraten ist so umfassend, daß sie nicht nur durch GOP-Negativpower zurück an die Macht kommen.

[….]  Der amerikanische Präsident war wieder einmal auf einer anderen Veranstaltung als Donald Trump. Während Trump per Twitter und dann auch im Saal beim Nato-Gipfel Verbündete beschimpfte, mit einem Ausstieg drohte und Deutschland wegen einer Gasleitung praktisch als russische Kolonie beschrieb, sagte der US-Präsident auf seiner Pressekonferenz hinterher, er habe "zwei großartige Tage" bei der Nato erlebt, sei vom Gemeinschaftsgeist beeindruckt und außerdem hege er Hochachtung für Deutschland. Leider sind der US-Präsident und Donald Trump wesenseins, was keinen anderen Schluss zulässt, als dass Präsident Trump eine gespaltene Persönlichkeit ist.
Trump ist ein narzisstischer Rüpel, und er bedient sich der Lüge als Mittel der politischen Auseinandersetzung. Daran hat man sich fast gewöhnt, auch wenn man bei etlichen seiner Tweets immer noch aufschreckt. […..]

Es mag Zeiten gegeben haben, in denen auch die Presseabteilung des Weißen Hauses durchaus die Stellungnahmen der großen Europäischen Zeitungen wahrnahm und Interesse dafür entwickelte wie ihr Chef im Rest der Welt rezipiert wird.
Die Chefredakteure von SPIEGEL, SZ, FAZ wissen sicherlich, daß sie noch weniger Einfluss auf den US-Präsidenten haben, als die anderen Staatschefs.


[….] Während bei Trumps Lieblingssender Fox News seine treuen Fans wie Moderator Sean Hannity wie üblich kritikfreie Loblieder auf die vermeintliche Staatskunst des Präsidenten anstimmen, herrscht unter Experten und auf der anderen Seite des politischen Spektrums das blanke Entsetzen.
"Trump wird als eine der desaströsesten Gestalten des 21. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen", twitterte der frühere CIA-Chef John O. Brennan. Bei CNN erklärte der Ex-Oberst und Militärexperte Ralph Peters, Trump sei eine Schande für die USA und werde zurecht von den anderen Staatschefs nur noch wie "ein Kind beim Psychiater" behandelt. Angela Merkel nahm Peters ausdrücklich in Schutz: "Ich wünschte, wir hätten eine solche Anführerin. Stattdessen werden wir von einem Narren regiert." [….]

Natürlich, egal ob in den USA oder in Europa, jeder Mensch mit IQ über Zimmertemperatur weiß, woran wir mit Trump sind.
Trump ist aber keine singuläre Erscheinung, sondern Symptom der fortschreitenden Verblödung und Radikalisierung breiter Bevölkerungsschichten.
Diese Pest breitet sich überall aus; in Deutschland hat die AfD in Umfragen die SPD überholt.

Mittwoch, 11. Juli 2018

Seehofers Tote



Na, das war ja vielleicht lustig!
Da musste unser Heimatminister noch mehr lachen als ohnehin schon.

[…..] 69 Abschiebungen zum 69. Geburtstag
Innenminister Seehofer freut sich in der Pressekonferenz zu seinem "Masterplan", dass an seinem 69. Geburtstag 69 Flüchtlinge abgeschoben wurden. [….]



So ein Spaß, so eine Freude zum Geburtstag. 69 Menschen aus ihren Leben und ihren Familien gerissen.



Zum Glück ist der Bundesverfassungsminister kein Jurist und merkt daher nicht, wie er das Europäische Recht mit Füßen tritt. Er hat noch nicht mal Abitur, sondern sieht sich selbst als „Erfahrungsjuristen“.

Er kennt sich besser aus als die armen Deppen, die umständlich Jura studiert haben.

[….] Der bisherige bayerische Ministerpräsident ist kein Jurist. In der Vergangenheit hat er sich sogar immer mal gerne von den gelernten Juristen abgegrenzt und sich selbst als Erfahrungsjuristen bezeichnet. [….]

Dr. jur. Heribert Prantl sieht es zwar anders, aber der ist eben auch nur ehemaliger Staatsanwalt und Richter.
Die kennen sich nicht so gut aus wie Erfahrungsjuristen.

[….] Treibt Seeehofer Grenzpolizisten in eine Straftat, wenn er sie Flüchtlinge an der Binnengrenze festsetzen lässt?
Wenn man die 24 Blatt des Seehofer-Plans aneinanderlegt und überall dort einen Blitz einzeichnet, wo er gegen europäisches Recht verstößt, dann sieht dieser Plan so aus wie die Wetterkarte von einer Gewitterfront - jedenfalls in seiner zweiten Hälfte. Im ersten Teil des Plans geht es um Vorschläge zur Fluchtursachenbekämpfung, die diskutierenswert sind. Aber die Blitzerei und Kracherei, die diesem Teil folgt, haut schier alles kaputt. Wenn man dann im "Handlungsfeld Inland/national" noch überall dort graue Wolken malt, wo der Plan mit Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts kollidiert, wird einem bei der Wettervorhersage mulmig.   Der Plan spricht vom Vertrauen in den Rechtsstaat, das es zu erhalten gelte. Es wäre schön, wenn der Plan das beherzigte; er tut es aber nicht; er missachtet EU- Recht - so als sei das minderes Recht; das Gegenteil ist richtig; EU-Recht steht über nationalem Recht. Die "Transitzonen" an Binnengrenzen, die Seehofer einrichten will, sind mit EU-Schengenrecht (von dem Seehofer behauptet, er wolle es durchsetzen) unvereinbar und nach EU-Asylrecht rechtswidrig. [….]

Seehofers ganzes Trachten dient dem Zweck Menschen in existenzieller Not und Todesangst Knüppel zwischen die Beine zu werfen, ihnen zu schaden, sie abzuschrecken, wegzudrängen und vor Allem irgendwo anders sterben zu lassen.

[….] Verschärfen statt integrieren
Schleierfahndung, Abschiebehaft, gekürzte Leistungen und Entwicklungshilfe: Wie Seehofers "Masterplan" aussieht [….] Das Vorhaben des Bundesinnenministers ruft etliche Kritiker auf den Plan. So verurteilte die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl den "Masterplan" als "Kompendium der Abschottung und der Restriktion". Der Paritätische kritisierte, dass die in der Asylgesetzgebung verbrieften Rechte von Schutzsuchenden völlig außer Acht gelassen würden. Das Deutsche Institut für Menschenrechte monierte, der Plan blende die Schutzbedürftigkeit von Flüchtlingen beharrlich aus. Unter Integrationsmaßnahmen verstehe das Papier nur die Verschärfung von Sanktionsmöglichkeiten. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR machte einen "bedenklichen Grundtenor" in Seehofers Plan aus. Er konzentriere sich nur auf Verschärfungen und vernachlässige den Menschen. Das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt sprach von einem "Debakel für die Humanität". Die Diakonie Deutschland beklagte, statt ehrenamtlich engagierte Bürger zu stärken, laufe der "Masterplan" denjenigen hinterher, die humanitäre Grundsätze aufkündigen wollten. Auch die Grünen und die Linkspartei kritisierten die Vorhaben des Bundesinnenministers als inhuman. [….]

Seehofers Plan funktioniert sehr gut.
Einer der 69 zu seinem Geburtstag Abgeschobenen ist der 23-Jährige Jamal Nasser M., der aus der nordafghanischen Terror-Provinz Balkh stammt und seit seinem 15. Lebensjahr in Hamburg lebte.
Offensichtlich stürzte ihn Seehofers Handeln in derartige Verzweiflung, daß er sich in Kabul angekommen erhängte.
Der katholische Christ und Vorsitzende einer C-Partei Seehofer ließ sein Bedauern per Twitter ausrichten, schob aber später die Verantwortung an „die Hamburger Behörden“ ab.



“Bedauerlich” sprachs und setzte seine zutiefst menschenverachtende Flüchtlingspolitik heute mit den Hardlinern Salvini und Kickl in Innsbruck fort.

[….]  Der 23-Jährige, der nach seiner Abschiebung aus Deutschland in Kabul Suizid begangen hat, ist nach Angaben des für Ausländerangelegenheiten zuständigen Einwohner-Zentralamtes in Hamburg mehrfach vorbestraft.
[….] M. sei ledig gewesen und habe keine Kinder gehabt. Ebensowenig sei er einem Beruf nachgegangen, er war offenbar ein Einzelgänger. Ein anderer am 3. Juli nach Kabul zurückgebrachter Mann, der dort in derselben Übergangsunterkunft lebt, sagte einem Reporter der Nachrichtenagentur DPA: "Er hat mit niemandem gesprochen und war am liebsten mit sich alleine." Nach der Ankunft in Afghanistan habe er einmal um eine Zigarette gebeten, aber auch da habe er nicht reden wollen und sei nur unruhig herumgelaufen. "Ich habe Traurigkeit gesehen in den Augen von den Menschen hier nach seinem Tod", sagte der Bekannte des Toten. "Wir alle hier haben sowieso kein Glück. Aber er war ein Mensch, und er muss Träume gehabt haben, und dann hat nichts geklappt." [….]


Ganz offensichtlich ist Seehofer nicht zu den geringsten Formen menschlichen Anstands fähig.
Er ist zufrieden mit sich und die Kanzlerin, die ihre Politik nach eigenen Angaben so sehr an christlichen Werten ausrichtet läßt ihn gewähren, entläßt ihn nicht.

Auch die anderen Experten des Christentums und der Lehre von der Nächstenliebe, der deutsche Chefkatholik Marx und Herr Bergoglio in Rom, der schon mehrfach den roten Teppich für Seehofer ausrollte, haben  offensichtlich keine Meinung zu dem katholischen Bundesinnenheimatabaschiebeminister von der Christsozialen Union.




[….] Horst Seehofer ist dabei, seinen Ruf zu ruinieren. Politischer Anstand, Empathie, Ausgleich - nichts scheint mehr übrig zu bleiben von dem, wofür der CSU-Chef einmal stand. [….] Aus dem Maß-und-Mitte-Christsozialen wird plötzlich eine Art CSU-Trump. [….]
"Es ist für eine christliche Partei eine Schande, so über Menschen zu reden - als handele es sich bei Flüchtlingen um Kartoffelsäcke. Das sind aber keine Kartoffelsäcke, sondern Menschen mit Schicksalen." Das hat Norbert Blüm mit Blick auf den CSU-Politiker und manche seiner Parteifreunde kürzlich der "Berliner Zeitung" gesagt. [….] "Mit Sicherheit nicht". Das antwortete Seehofer am Dienstag auf die Frage, ob er im Rückblick auf die vergangenen Wochen irgendetwas anders machen würde. [….]

Die Christen-SU ist die Haupttriebkraft in der Bundesregierung für Waffenexporte, die Haupttriebkraft in der Bundesregierung für das Massensterben unschuldiger Menschen im Mittelmeer und der Parteichef macht sich auch noch lustig darüber.

[….]   Ein Mensch ist tot. Er hat sich, nach allem, was man weiß, selbst das Leben genommen. Der Grund ist nicht bekannt, aber man darf ihn vermuten, denn der Mann gehörte zu jenen 69 Flüchtlingen, die vergangene Woche nach Kabul abgeschoben wurden.
Ein Minister hat Geburtstag. Er wird 69 Jahre alt, wenig später freut er sich, dass just an diesem Tag 69 Flüchtlinge nach Afghanistan abgeschoben wurden. Der Minister grinst in die Kameras, als er von dieser Geburtstagsüberraschung erzählt. [….] Horst Seehofer hat den Anstand verloren. Daran gibt es keinen Zweifel mehr, und man kann allenfalls überlegen, wann genau er ihn verloren hat. [….] Es ist zweifelhaft, ob die Abschiebung der 69 Menschen gerechtfertigt war, weil neben Straftätern, zu denen der Tote gehörte, auch psychisch Kranke unter ihnen gewesen sein sollen und sehr gut Integrierte, und weil Afghanistan ein Kriegsland ist. Aber selbst wenn alles nach den Maßstäben Seehofers und der CSU in Ordnung war: Eine solche Zwangsheimkehr in die Unsicherheit ist für die Betroffenen ein großes Unglück. Man weiß von Afghanen, wie verzweifelt sie sind, wenn sie nach Jahren der Sicherheit wieder in Kabul stehen. Ob dieses Unglücks freudig zu grinsen, widerspricht christlichen Werten. Das sei angemerkt, weil Seehofer auch der Vorsitzende einer Partei ist, die sich christlich nennt. [….]

Nicht nur die Moralexperten der römisch-katholischen Kirche schweigen zur Causa Seehofer.
Auch die christliche Kanzlerin und die selbsternannte tiefgläubige Christin Andrea Nahles, die verkündete wegen Jesus in die SPD eingetreten zu sein, lässt – wieder einmal – ihre Partei und den Anstand in Stich.

Dabei ist es durchaus möglich deutliche Worte zu finden.

 „Die diebische Freude, die Bundesinnenminister Seehofer noch vor wenigen Tagen darüber zeigte, ausgerechnet an seinem 69. Geburtstag 69 Afghanen abgeschoben zu haben, entlarvt sich angesichts des tragischen Todes des 23jährigen Mannes als geradezu mörderische Schadenfreude", erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zum Selbstmord eines jungen Mannes, der vorige Woche nach Afghanistan abgeschoben worden war. Jelpke weiter:
„Ein Innenminister, der sich öffentlich darüber freut, dass Menschen in ein Kriegsland zurückgeschickt werden, hat offensichtlich nicht nur ein eklatantes Defizit an Mitmenschlichkeit, sondern auch an Qualifikation für sein Amt. Aus meiner Sicht gehört Seehofer entlassen.
Mitverantwortlich für den Tod in Kabul ist aber auch die Bundeskanzlerin. Sie hat es nicht nur unterlassen, dem Abschiebewahn ihres Innenmisters in die Parade zu fahren, sondern ihn sogar noch angefeuert. Es ist absolut unverantwortlich, die Abschiebungen nach Afghanistan auszuweiten, während die Lage dort immer schlimmer wird. Afghanistan ist das genaue Gegenteil eines sicheren Herkunftslandes. Wer nach Afghanistan abschiebt, nimmt den Tod der Betroffenen in Kauf."

Es wäre aber zu einfach nun Nahles und die RKK zu beschimpfen, weil sie sich nicht gegen Seehofer und die CSU stellen mögen.

Sie verdammen Seehofer nicht, weil sie sich klammheimlich auch über den Tod des Hamburger Jungs Jamal Nasser M. freuen, sondern weil sie Politiker sind.
In den sozialen Netzen werden Kühnert und andere klare Seehofer-Kritiker mit Häme und Hass überzogen. Tausende und Abertausende erklären moralisch völlig verroht, der junge Mann wäre schließlich straffällig gewesen. Sei als Ladendieb verurteilt, habe womöglich gedealt. Und schließlich sei sein Asylantrag auch abgelehnt worden, Er habe gar kein Recht gehabt in Deutschland zu sein.

Das ist eben das Klima, das AfD, CSU und deutsche Talkshows geschaffen haben.
Sie sehen in Menschen und Not nur eine Gefahr, die man abwehren muss.
Bloß noch Zahlen und potentielle Gefährder, die man besser loswerde.
Gefährder ist auch so ein schöner nichtjuristischer Begriff, mit dem nun jongliert wird. Das sind unschuldige Menschen, denen unterstellt wird, sie könnten straffällig werden. Weg mit denen.

Ein 23-Jähriger, der mit dem Gesetz in Konflikt komme, gehöre eben abgeschoben in das für ihn fremde und hochgefährliche Land.

Eine deutsche Mitverantwortung, eine Mitverantwortung der Politik im Allgemeinen und der Innenpolitiker im Besonderen, die sich offenbar völlig unzureichend um einen traumatisierten im Alter von 15 Jahren ohne Familie in Deutschland gestrandeten Jugendlichen kümmerten, die ihm eben nicht genügend Hilfe boten, wird gar nicht erst in Betracht gezogen.
Man wäscht sich die Hände in Unschuld.

Nach acht Jahren in Deutschland ohne Perspektive und Sicherheit, nach acht Jahren Angst vor den Abschiebedrohungen der Behörden, greift der Mann zu Drogen?
Seine Schuld. Afghanistans Schuld. Weg mit dem.