Freitag, 16. März 2018

Auftragsmorde.


Staaten können töten.
Das ist zunächst einmal schwer zu schlucken, wenn man wie ich für Gewaltfreiheit einsteht und das Leben als unantastbar ansieht.
Niemand hat das Recht jemand anders das Leben zu nehmen, aber jeder hat das Recht über sein eigenen Leben zu bestimmen.

Wer das Leben als absolut schützenswert betrachtet, kann auch nicht zwischen mehr oder weniger schützenswerten Leben abwägen.
Im staatlichen Maßstab zu denken führt in Teufels Küche.
Ja, ich unterstütze natürlich die Befehlsgewalt des Bundeskanzlers Helmut Schmidt, der 1977 die GSG9 losschickte um vier Terroristen an Bord der „Landshut“ zu erschießen. Drei von ihnen wurden tatsächlich am 18.10.2017 im staatlichen Auftrag getötet, Zohair Youssif Akache, Nabil Harbi und Hind Alameh. Nur Souhaila Andrawes wurde nicht tödlich verwundet und lebt heute als freie Frau in Oslo.
Kaum einer hatte noch moralische Bedenken, als klar wurde, daß dadurch alle 90 verbliebenen Geiseln lebend befreit wurden.
Schwerer wog schon die Tatsache, daß Schmidt mit dieser Aktion den Tod des ehemaligen SS-Untersturmführers Hanns Martin Schleyer in Kauf nahm.
Dennoch war es juristisch vertretbar die drei Terroristen zu töten, weil diese zweifellos schwere Schuld auf sich geladen hatten.

Aber wie beurteilt man juristisch die Situation, wenn Flugzeugentführer 100 unschuldige Passagiere auf ein deutsches Atomkraftwerk stürzen lassen wollen?
Könnte Bundeskanzlerin Merkel dann die 100 Fluggäste durch einen Luftwaffentornado abschießen lassen, um möglicherweise 10.000 zu retten, die bei einem Atom-Super-GAU stürben?
Das Zahlenverhältnis wäre also ähnlich wie im Oktober 1977, allerdings würde die Bundesregierung aktiv und gezielt 100 Unschuldige töten lassen.
Unschuldige, die zwar mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ohnehin bald tot wären, aber reicht das juristisch betrachtet, um einen hundertfachen Mord zu rechtfertigen?
Ich habe nie Jura studiert, aber immerhin gehört, daß sich Jura-Studenten mit solchen Dilemmata befassen.
Darf oder soll man gar einen Menschen, der aus dem brennenden WTC springt im Flug nach unten erschießen? Er wäre ja ohnehin bald tot und vielleicht erspart man ihm einige Sekunden Todesqual? Andererseits tötet man aktiv einen gesunden Menschen.
Es ist also unklar, ob Heimat-Horst oder Foto-Uschi einen Schießbefehl geben könnten.
Vermutlich nicht, da das gegen die Menschenwürdegarantie des GG verstieße.
Wenn aber zufällig ein Privatjet vorbei käme und aus eigenem Antrieb den Passagierjet zur Explosion brächte, wäre das zwar hundertfacher Mord, § 211 StGB, der aber möglicherweise durch einen "übergesetzlicher Notstand" rechtfertigen ließe.

Abgesehen von diesen extremen Grenzfällen gibt es jeden Tag Fälle, in denen Staaten, bzw Regierungen Menschen töten oder foltern, obwohl dies keineswegs nötig wäre.

Der legendäre israelische Geheimdienst spürte beispielsweise überall in der Welt Holocaust-Massenmörder auf oder tötete Terroristen.
Adolf Eichmann wurde lebend gefangen genommen. Ihm wurde der legendäre Prozess gemacht bevor er getötet wurde.
Dabei ging keine Lebensgefahr mehr von ihm aus; man hätte ihn auch lebenslang einsperren können.
Barack Obama ließ Osama bin Laden mitsamt Familienangehörigen töten. Da dies in Pakistan stattfand, war das sicherlich völkerrechtswidrig.
Dennoch gratulierte die angeblich so von den christlichen Werten („Du sollst nicht töten!“) überzeugte deutsche Bundeskanzlerin dem US-Präsidenten zu diesem Mord.
Sie versagte damit moralisch, aber die Moral ist angesichts eines Megaverbrechens wie 9/11 schwer aufrecht zu erhalten.
Schwerer wiegt das Schweigen der westlichen Welt zum alltäglichen Dronebombing der Amerikaner, die damit jedes Jahr Hunderte töten, ohne daß jemals in einem Prozess die Schuld festgestellt wurde. Von den vielen Kollateraltoten redet ohnehin niemand.
Aber das sind auch Tote in großen Mengen; die werden grundsätzlich nicht beachtet – wie die täglich 10.000 bis 20.000 verhungerten Kinder beweisen, die letztendlich an unterlassener Hilfeleistung durch uns reiche Nationen sterben.
Darf ein Staat das eigentlich? Darf eine steinreiche Organisation wie die RKK das? Auf ihren prallgefüllten Geldspeichern sitzenbleiben und jeden Tag achselzuckend hinnehmen, wie Myriaden verhungern?
Offensichtlich ist für Staaten so etwas wie „unterlassene Hilfeleistung“ nicht strafbar.
Ihre nationale Souveränität macht es möglich.
Die USA werden auch nicht geächtet oder in Den Haag verklagt, obwohl derzeit 2.843 zum Tode verurteilte Menschen in ihren Knästen sitzen und auch fleißig exekutiert wird.

Gerade heute gab es wieder zwei Hinrichtungen in Trumpland.

[…..] In den USA ist in zwei Fällen die Todesstrafe vollstreckt worden. In Alabama starb Michael Eggers, der um seine "unverzügliche" Exekution gebeten hatte. In Georgia wurde "Strumpfhosen-Würger" Carlton Gary getötet. [….]

Allein der Bundesstaat Texas richtete seit 1976 unfassbare 546 Menschen hin.

Staaten töten und wenn sie nicht gerade Russland heißen, kümmert das niemand.

Rußland hat 1999 die Todesstrafe abgeschafft, während Merkels Christenfreund George W. Bush in seiner Amtszeit als Gouverneur 152 (sic!) Todesurteile unterschrieben hat. 

Der Staat Texas, dem GWB als Gouverneur diente hat in den letzten 30 Jahren sogar 22 Teenager hinrichten lassen

Auch geistig Behinderte werden in Amerika, dem land oft he free, hingerichtet.

2008 unterschrieb Bush noch als amtierender Präsident das Todesurteil gegen den Gefreiten Ronald Gray, einen US-Soldaten.

Tu quoque ist kein absolutes Argument und macht Putins Aktionen gegen Pussy Riot nicht besser. 

Aber wir sollten uns fragen, warum wir immer so hysterisch auf Russland losgehen und alle Augen bei Obama zudrücken.

Möglicherweise ließen staatliche russische Stellen auch den in England lebenden ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter vergiften.

Bewiesen ist nichts. Während die amerikanische Regierung mit ihren vielen Drohnentötungen und Hinrichtungen prahlt, weist Moskau diesen Giftanschlag weit von sich.
Frankreich, Deutschland und das höchst glaubwürdige Weiße Haus stellen ebenfalls Russland an den Pranger.
Die Mehrheit der Russen glaubt ihnen aber nicht. Würde überhaupt der legendäre russische Geheimdienst, wenn er den Mord geplant hätte, so stümperhaft vorgehen und so offensichtliche Spuren hinterlassen?
Sind die britischen Anwürfe nicht höchst unglaubwürdig? Will die in arge Bedrängnis geratene Frau May nicht nur ablenken?

[…..] Stattdessen gab es in den vergangenen Tagen ausführliche Berichte über die Kampagne des Westens gegen Russland. Das staatliche Fernsehen dominiert die Medienlandschaft, es ist das wichtigste Propaganda-Instrument des Kreml. Knapp 70 Prozent der Russen schauen regelmäßig fern.
Nachrichten bei Rossija 1, die Sprecherin fragt: "Warum spielt Großbritannien den Skripal-Fall so hoch? Es gibt doch keine Details, die eine Beteiligung Russlands beweisen."
Es wird nach London geschaltet, Bilder aus dem Parlament gezeigt, es redet Jeremy Corbyn. Eine Stimme aus dem Off sagt, der Labour-Parteichef habe Premierministerin Theresa May aufgefordert, darzulegen, was genau unternommen wurde, um die Schuld Moskaus zu beweisen. "Kampflustige Parlamentarier haben versucht, ihn zum Schweigen zu bringen." Eingeblendet werden Bilder johlender Abgeordneter. Weiter aus dem Off: "Aber er hat sich nicht verbiegen lassen", denn er wisse sehr genau, was sein Labour-Kollege und ehemaliger Premier Tony Blair in demselben Saal vor 15 Jahren erzählt habe. Blair wird gezeigt. Er hatte im Parlament erklärt, Großbritannien müsse gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein in den Krieg ziehen, weil dieser Massenvernichtungswaffen besitze. Bis heute wurden diese nicht gefunden.
 Der Sprecher des russischen Fernsehkanals sagt dazu: "Seine Lügen (von Blair - Anm. d. Redaktion) haben damals nicht nur den Glauben an die Worte britischer Institutionen ruiniert, sondern auch zu einer Tragödie geführt, von der sich die Welt bis heute nicht erholen konnte." [….]

Immerhin, die britischen und amerikanischen Sanktionen erfüllen einen Zweck. Sie machen Wladimir Putin glücklich. Das ist exklusive Wahlkampfhilfe und passt exakt in seine Kampagne, um sich als starker Mann zu präsentieren, der sich gegen den doppelzüngigen Westen wehren müsse.

[….] Die US-Regierung hat nun Strafmaßnahmen gegen 19 Russen und fünf Organisationen in Russland verhängt, "für destabilisierende Aktivitäten" und "böswillige russische Cyberaktivitäten". [….] So logisch die Strafmaßnahmen nun als Konsequenz des Berichtes erscheinen, so schlecht ist der Zeitpunkt, an dem sie verkündet wurden: ausgerechnet vor der russischen Präsidentschaftswahl am Sonntag. Warum haben die USA nicht bis nach dem 18. März gewartet? Denn jetzt kann der Kreml immer behaupten: Seht her, das hat Washington nur verkündet, um Putin vor der Abstimmung zu schaden.
Die russische Führung kann innenpolitisch aus der US-Ankündigung Kapital schlagen. Nicht nur, dass die Briten russische Diplomaten ausweisen und international weitere Strafmaßnahmen im Fall des vergifteten russischen Ex-Spions Sergej Skripal fordern - jetzt stellen sich auch die USA gegen Moskau. Was braucht es mehr an Beweisen, dass sich die Welt gegen Russland verschworen hat? Im Staatsfernsehen hört man dieser Tage viel von "antirussischen Aktionen" und "Provokationen" gegen das Land.
Dagegen kann natürlich nur einer Widerstand leisten: Wladimir Wladimirowitsch Putin -der starke Präsident für ein starkes Russland, wie es auf den Wahlplakaten heißt. [….]

Auch wenn es ein schwerer Fall von „Whataboutism“ ist, sei die ketzerische Frage erlaubt:
Selbst wenn es stimmte, daß Russland oder gar Putin persönlich diesen Giftanschlag befohlen hätte; wieso sollten sie nicht auch das dürfen, was in Amerika jeden Tag geschieht – staatlich angeordnet Menschen ermorden?

Donnerstag, 15. März 2018

Nothing ever stays the same - Change your mind


Die Mehrheitsverhältnisse im US-Kongress drehen sich selten.
Senatorenkandidaten brauchen gewaltige finanzielle Mittel um eine staatenweite Kampagne loszutreten und die Wahlbezirke des „House“ werden laufend so grotesk neu geschnitten, daß sie in der Regel nur aus Hochburgen einer Partei bestehen.

[…..] Gerrymandering […..] ist ein politikwissenschaftlicher Begriff, der die Manipulation von Wahlkreisgrenzen in einem Mehrheitswahlsystem bezeichnet, um die eigenen Erfolgsaussichten zu maximieren. Ein reines Verhältniswahlrecht schließt Gerrymandering aus. Der Begriff ist ein Kofferwort aus Gerry und Salamander: Elbridge Gerry, ein Gouverneur von Massachusetts, hatte seinen Wahlbezirk im frühen 19. Jahrhundert so zugeschnitten, dass er – wie ein zeitgenössischer Zeitungskarikaturist bemerkte – einem Salamander glich. […..]


Da Republikaner grundsätzlich eine deutlich größere Neigung zu Mauscheleien und unfairen Methoden haben, wirkt sich das Gerrymandering zu ihren Gunsten aus.

[….] Was an Tiersilhouetten erinnert, sind in Wirklichkeit Wahlkreise mit bizarren Formen. Ihre Grenzen wurden gezogen, um die Wähler der einen Partei zu verzetteln und jene der anderen Partei so zu bündeln, dass ihre Kandidaten fast sicher siegen. In letzter Zeit sind die Benachteiligten meist Demokraten, die Sieger Republikaner. [….][….] Hintergrund ist, dass die Demokraten im Gerrymandering einen der Hauptgründe dafür sehen, dass die Republikaner derzeit den Kongress dominieren. Experten pflichten ihnen bei: Das Brennan Center for Justice an der New York University veröffentlichte im Mai eine Studie, in der es heisst, die Republikaner besässen dank Gerrymandering im Repräsentantenhaus einen Vorsprung von 16 oder 17 nahezu sicheren Sitzen. Die Autoren der Studie schreiben, die Bedrohung der Demokratie sei «real und alarmierend». Eine andere Studie kommt zum Schluss, dass die Republikaner aufgrund von Gerrymandering gar 22 Sitze im Repräsentantenhaus mehr eroberten, als ihr Wähleranteil es zuliesse. [….]

Mit Demokratie hat das wenig zu tun, sondern ausschließlich mit parteitaktischen Machtinteressen.
Die derart massakrierten Bezirke wählen dadurch immer dieselbe Partei, so daß 99% der zur Wiederwahl antretenden Kandidaten tatsächlich bestätigt werden.

[….] Es gibt viele Wege, Wahlen zu gewinnen. Der legitime und gerechte ist: Man lässt das Wahlvolk abstimmen und bildet ein Parlament gemäß der Stimmanteile. Am anderen Ende des Spektrums liegt der klassische Wahlbetrug. Man fälscht Stimmzettel, lässt Urnen verschwinden, besticht Wähler oder schüchtert sie ein. Ersteres nennt sich Demokratie. Letzteres irgendetwas zwischen Autokratie und Unrechtsstaat. Dazwischen gibt es einen Graubereich, in dem zwar gewählt wird, aber die Wahlkreise zuvor hübsch passend gemacht werden. Anfällig hierfür sind Abstimmungen nach dem sogenannten Mehrheitswahlrecht, in denen einzelne Wahlbezirke je einen Abgeordneten ins Parlament entsenden. Anders als bei Verhältniswahlen kann dies zu beträchtlichem Gezerre führen, wenn, wie bei den Kongresswahlen in den USA üblich, die Wahlbezirke regelmäßig neu zugeschnitten werden. [….] Doch wie können Parteien aus der Grenzziehung der Wahlbezirke Kapital schlagen? Der Trick ist einfach: Man überlässt dem politischen Gegner einige Bezirke, in denen dieser mit überwältigender Mehrheit siegt, mit 70, 80 oder mehr als 90 Prozent der Stimmen. Gleichzeitig sorgt man dafür, dass die eigene Partei in möglichst vielen weiteren Bezirken mit knapper Mehrheit gewinnt. Im Extremfall kann es dann sein, dass der politische Gegner den "popular vote" gewinnt, also die Mehrheit aller abgegebenen Stimmen im gesamten Wahlgebiet, aber weniger Abgeordnete ins Parlament entsenden darf. Big-Data-Methoden helfen zusätzlich, um die Trickserei mit Bezirksgrenzen zu optimieren. [….] Exzessive Wahlkreis-Schnippelei ist ein Grund, warum die USA in einem weltweiten Demokratie-Index, den Spitzenuniversitäten wie Harvard und Cambridge ermitteln, nur auf Platz 55 von 158 Nationen landet. Es ist der niedrigste Rang unter den westlichen Demokratien. [….] 2012 errangen die Demokraten in North Carolina in drei der vier gewonnenen Wahlkreise mehr als 74 Prozent der Stimmen. In den neun verlorenen Wahlkreisen unterlagen die Kandidaten der Demokratischen Partei vergleichsweise knapp, mit Stimmanteilen zwischen 36 und 46 Prozent. Erdrutschartige Siege in einigen wenigen districts, knappe Niederlagen in vielen anderen - das sind die Symptome des Gerrymandering. […..]

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich wieso die GOP so hartnäckig ihre Mehrheit im House verteidigt. Sie kann die meisten Sitze gar nicht verlieren. Eigentlich.
Uneigentlich haben sie aber derzeit einen derart grotesk lügenden Präsidenten, daß er bei Wahlkampfveranstaltungen seiner Partei auch absolut sichere Republikaner-Hochburgen schleift und demokratischen Kandidaten zum Sieg verhilft.
Unfassbar, aber wahr, die Demokraten stellen im konservativsten Bundesstaat überhaupt – Alabama – inzwischen sogar den US-Senator.

(…..) Im „redest of the red states“, dem ultrakonservativen Alabama, der den nahezu rechtsradikalen Jeff Sessions 1996, 2002, 2008 und 2014 mit klarer Mehrheit zum US-Senator wählte – zuletzt ohne Gegenkandidaten mit 97% - war nichts weniger als eine Revolution passiert.

Und dabei hatte sich Donald Trump alles so schön ausgedacht.
Jeff Sessions, 70, zum Justizminister zu machen, hatte aus seiner Sicht viele Vorteile.

Sessions ist rechts, weiß, alt und reich wie er.
Sessions sympathisiert mit dem KuKuxKlan.
Sessions ist so radikal konservativ, daß er deswegen schon als Bundesrichter abgelehnt wurde.
Sessions ist bedingungslos Trump-treu.
Sessions ist in einem Staat gewählt worden, der garantiert wieder einen rechten GOPer in den Senat schickt, wenn durch seinen Wechsel ins Justizministerium eine Nachwahl notwendig wird.

Das letzte mal wurde vor einem Vierteljahrhundert ein Demokrat in Alabama gewählt – und der wechselte nach zwei Jahren über zu den Republikanern.
Angeblich holte das DNC letztes Jahr die fünf besten Wahlkampfstrategen der USA zu einem Brainstorming zusammen, um sie einen Weg ausbrüten zu lassen, wie Demokraten in Alabama gewinnen können.
Die fünf Megastrategen kamen zu dem Schluss, es wäre unmöglich für die Demokraten auf Staatsebene in Alabama zu gewinnen.

Aber wie es scheint haben Steve Bannon und Roy Moore doch einen Weg gefunden.
Großartige Leistung!

[….] Nun hat das Volk tatsächlich gesprochen - und Trump eine bittere Niederlage beschert. Die Republikaner verlieren ausgerechnet in ihrer alten Hochburg Alabama bei der wichtigen Senatsnachwahl gegen die Demokraten. Der stramm konservative Ex-Richter Roy Moore, Trumps Kandidat, scheitert spektakulär, auch wenn er sich zunächst weigerte, die Niederlage anzuerkennen.
Zum ersten Mal seit 25 Jahren wird wohl ein Demokrat für Alabama in den Senat in Washington einziehen, der frühere Staatsanwalt Doug Jones. Letzte Hochrechnungen sehen ihn mit 49,9 zu 48,4 Prozent vor Moore. [….]

Vorgestern passierte im 18. Wahlbezirk von Pennsylvania erneut so ein politisches Wunder.

[….] Wie schlecht die Wahlnacht in Pennsylvania für die Republikaner und ihren Kandidaten Rick Saccone verlaufen ist, lässt sich an den Erklärungen erahnen, die sie am Tag danach verbreiteten. "Er hätte den Schnauzer rasieren sollen", sagte ein Parteistratege in der konservativen Zeitung Washington Examiner: "Es ist ein Porno-Schnauzer." Der Direktor einer republikanischen Wahlkampforganisation sagte: "Das wäre alles nicht passiert mit einem Kandidaten, der gleichzeitig gehen und Kaugummi kauen kann."
Diese Aussagen gehören zum Spin nach einer Wahl, die für die Republikaner zur Demütigung wurde. Der Vorsprung des demokratischen Kandidaten Conor Lamb betrug zwar nicht einmal 700 Stimmen, doch für Lamb genügte das, um sich bereits in der Nacht zum Mittwoch zum Sieger dieser Nachwahl ins Repräsentantenhaus zu erklären. [….]  In einem Wahlkreis wie diesem hätte es für die Republikaner gar nicht so knapp werden dürfen. Donald Trump siegte hier in der Präsidentschaftswahl mit 20 Punkten Vorsprung, und der Abgeordnete, der den Bezirk im Rostgürtel bisher vertrat, hatte in den beiden vergangenen Wahlen nicht einmal einen Herausforderer - so klar republikanisch ist diese Gegend. [….]



[….]There are dozens of seats currently held by Republicans that are less friendly for their side than Pennsylvania's 18th. If all of those seats are made competitive by Trump's unpopularity -- and the energy of the Democratic base -- then we are looking at the possibility at least of a very large Democratic wave building in advance of the November vote. […..]

Trump vergiftet das politische Klima so extrem, daß Dutzende GOPer überlegen lieber gar nicht mehr zur Wiederwahl anzutreten, um sich die Demütigung bei den Midterms im Herbst dieses Jahres zu ersparen. Unfassbare 119 GOP-Sitze sind in Gefahr an die Demokraten zu fallen.
Der Potus ist so toxisch, daß sich seine Parteifreunde lieber zum Sterben zurückziehen, statt den Mut aufzubringen öffentlich gegen ihn aufzutreten.

[….] 23 Republicans Retiring
4 Republicans Resigned/Resigning
12 Republicans Running for another office
 [….] The possibility of another slew of Republican retirements -- in addition to the 38 already heading for the exits -- is now very real. Not every retirement is created equal, but if suburban Republicans -- especially in Pennsylvania and New York -- decide to call it quits in the face of a strong wind blowing in their faces, the chances for Democrats to win the 24 seats they need to retake the majority goes up, up, up. [….]

Man denkt unwillkürlich an Trumps ersten Pressesprecher Dean Spicer, der sich in einem Busch versteckte, um nicht auf Fragen antworten zu müssen.
Bloß weg aus der präsidentiellen Umgebung.

[….] Am 6. November wählen die Amerikaner ein neues Parlament. [….]  Können die Republikaner im November ihre Mehrheit im Kongress verteidigen, dann wäre das ein Triumph für den Präsidenten, dann könnte Donald Trump ungebremst weiterregieren.
Gewinnen hingegen die Demokraten, dann ergeht es Trump wie einem Öltanker, der gegen eine felsige Küste rauscht. Ein harter Ruck, reißender Stahl, Schiffbruch. Dann könnte wieder Nancy Pelosi die Macht im Abgeordnetenhaus übernehmen, Trumps vielleicht gefährlichste Gegnerin. In einem schwarzen Kleid saß sie vor einigen Wochen im Plenarsaal, als der Präsident dort seine Rede zur Lage der Nation hielt, Verachtung und Wut im Gesicht. Gut möglich, dass Pelosi dann ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einleitet. Eine Niederlage im November könnte für Trump ein "Impeachment" bedeuten. [….] Für die Demokraten ist die Rechnung einfach: Im Moment haben sie 194 Sitze im Abgeordnetenhaus. Um die Mehrheit zu erobern, brauchen sie im November einen Nettozugewinn von 24 Sitzen. 24 Sitze von 435. Darum geht es. Daran hängt die Präsidentschaft von Donald Trump.
Die meisten Prognosen sagen voraus, dass die Demokraten die Hürde schaffen werden. […..]

Mittwoch, 14. März 2018

Schamlosigkeiten



Jens Spahn, Ministergehalt, Einkünfte durch Vermietungen und Beteiligungen weiß Bescheid darüber wie sich das Leben mit 416 Euro gestaltet.

[….] Armut in Deutschland – darüber wird derzeit viel diskutiert. Nun meldet sich einer zu Wort, der Ahnung hat: Jens S. aus Berlin muss selbst mit gerade einmal 15.311 Euro pro Monat über die Runden kommen. Daher weiß er genau, dass der Hartz-IV-Regelsatz alles bietet, was ein Mensch zum Leben braucht.
 "Niemand müsste in Deutschland hungern, wenn es die Tafeln nicht gäbe", so S., der seit seinem 22. Lebensjahr ebenfalls Geld vom Staat bekommt, gegenüber der Berliner Morgenpost. Mit Hartz IV habe "jeder das, was er zum Leben braucht".
Jens S. weiß genau, wovon er spricht: Schließlich greift auch ihm der Staat unter die Arme, bis er wieder richtige Arbeit findet. Demnächst erhält er beispielsweise monatlich das 36,8-fache eines alleinstehenden Hartz-IV-Empfängers – so hat er durch einfaches Kopfrechnen immer ein genaues Bild von den finanziellen Möglichkeiten eines Arbeitslosen.
"Die Tafeln tragen dafür Sorge, dass Lebensmittel nicht weggeworfen werden", erklärte der 37-Jährige außerdem, woraus sich schließen lässt, dass Hartz-IV-Empfänger vor allem wegen des köstlichen Essens, der netten Unterhaltungen und wegen des lauschigen Ambientes dort hingehen. [….]

Das rechte Trio aus Spahn, Dobrindt und Lindner, die sich schon seit Jahren einander versprochen haben, um sich zukünftig die Macht in Deutschland zu teilen, funktioniert.


Lindner, der schon als 18-Jähriger mit dem Porsche zur Schule fuhr, Luxusuhren sammelt und 1,2 Millionen Euro, die er mit dem Moomax-Startup verlor, der KfW, also dem Steuerzahler aufbrummte, sprang seinem Vermieter Jens Spahn sofort bei. Ebenso Dobrindt, der Dritte im stramm rechten Bunde.

[….] CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und FDP-Chef Christian Lindner verteidigten Spahn dagegen. "Hartz IV ist eine Solidar-Leistung zur Sicherung der Lebensgrundlagen: Essen, Kleidung, Wohnung, Heizung und soziale Teilhabe", sagte Dobrindt dem Münchner Merkur. Die Tafeln seien ein ergänzendes, freiwilliges Angebot für die Schwächsten. Dieses oft ehrenamtliche Engagement verdiene Unterstützung. "Daraus eine Sozialstaatskritik zu formulieren und abzuleiten, dass die Sozialleistungen in Deutschland zu gering seien, ist unsachlich." Lindner stimmte Spahn zu: Man könne von Hartz IV leben, das errechnete Existenzminimum in Deutschland sei schließlich keine Frage von "Gutdünken". [….]

Spahn selbst ist glücklich wieder einmal Medienthema Nummer Eins zu sein.
Unrechtsbewußtsein kennt er nicht.
Was haben diese Armen eigentlich zu meckern?

[…..] Jetzt hat der künftige Gesundheitsminister in einem Berliner Restaurant den Beweis geliefert, dass eine Person von einem Hartz-IV-Regelsatz für Alleinstehende sehr wohl ohne Probleme satt werden kann. Der CDU-Politiker hofft, seine Kritiker damit endlich zum Schweigen gebracht zu haben.
"Puh, die Crème brûlée am Ende war vielleicht doch zu viel, aber es ging ja auch darum, ob man von Hartz IV wirklich richtig satt werden kann", seufzt Jens Spahn. "Und ich bin jetzt wirklich pappsatt."
Er stößt dezent auf, lockert seinen Gürtel und studiert dann seine Rechnung. "Sehen Sie? 293,11 Euro, dazu 36,89 Euro Trinkgeld: Macht 330 Euro. Da bleiben mir sogar noch 86 Euro übrig von meinem 416-Euro-Regelsatz."
Warum einige Hartz-IV-Empfänger zum Essen statt Nobelrestaurants lieber heruntergekommene Tafeln aufsuchen, kann Spahn nach seinem Experiment nicht nachvollziehen. "Hier kriegst du Trüffelravioli, Rotbarbenfilet, Milchlammrücken – zum Niederknien! Wieso sollte man dann in einer Schlange irgendwo anstehen für ein paar abgelaufene Aldi-Spaghetti? Die sind schon irgendwie knausrig, diese Hartz-IV-Empfänger."
Zur Verdauung gönnt sich Jens Spahn von den verbleibenden 86 Euro noch eine kubanische Zigarre und ein Gläschen 32 Jahre alten Whisky. […..]

Spahn zu kritisieren fällt gerade sehr leicht, weil er natürlich eine erschreckende Gefühlskälte und Arroganz an den Tag legt.
Ein Aspekt, der dabei wenig bedacht wird, ist daß der junge Minister damit die ganze politische Klasse diskreditiert und zu einer Politikerverdrossenheit beiträgt, die dem Staat als Ganzes schadet.
Natürlich verdient ein Minister viel mehr als der Durchschnittslohn, weil das ein extrem wichtiger Job ist, der sich um 82 Millionen Menschen dreht.
Natürlich ist Minister ein schwieriger und arbeitsintensiver Job. Wäre das so leicht verdientes Geld, könnte jeder HartzIV-Empfänger Minister werden und so seine Finanzen aufbessern.
Ich möchte auch gar nicht von schlecht bezahlten Kabinettsmitgliedern regiert werden, die ständig auf der Suche nach etwas Besserem sind.
Minister müssen auch deswegen gut bezahlt werden, weil sonst die Spitzenkräfte diesen Job gar nicht machen würden.
15.000,00 im Monat erscheinen mir wie ein ganz guter Kompromiss.
Es ist etwa das Vierfache des durchschnittlichen Bruttomonatsverdienstes vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer im Dienstleistungsbereich und andererseits erheblich weniger als das Einkommen der Manager-Kollegen aus der Wirtschaft.

[…..] Die Vorstände der DAX-Unternehmen verdienen einer Studie zufolge 50 Mal so viel wie ein durchschnittlicher Beschäftigter. Allerdings ging die Schere im vergangenen Jahr nicht weiter auseinander, wie aus einer Untersuchung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und der Technischen Universität München hervorgeht. Zwei Jahre zuvor hatten die Topmanager der 30 Dax-Konzerne noch das 54-fache kassiert.
Damit wuchsen die Vorstandsgehälter das zweite Jahr in Folge langsamer als die Bruttolöhne, die um 2,5 Prozent zulegten. Die Vergütung der Vorstände insgesamt stieg im Schnitt um ein Prozent auf rund 3,4 Millionen Euro. Die Vorsitzenden des Gremiums kassierten allerdings mit durchschnittlich 5,5 Millionen Euro deutlich mehr als im Vorjahr (5,1 Millionen Euro). […..]

Es kommt auf die Perspektive an. Topmanager mit Firmenjet lachen über das Mikrogehalt der Bundeskanzlerin.
Friseurazubis werden gelb vor Neid, wenn sie die fünfstelligen Monatsgehälter ihrer eigenen Regierung sehen.

Ein Minister, der davon überzeugt ist was er tut, wird sein Job unabhängig von der Bezahlung tun, da es ihm um die hoheitliche Aufgabe geht und den Wunsch das Leben der Bürger insgesamt zu verbessern.
Gute Minister werden den Job antreten, auch wenn sie wie jetzt Olaf Scholz weniger verdienen als vorher.
Sie werden sich nicht ob der dickeren Schecks der DAXler grämen, weil sie ihre eigene Aufgabe als die viel wichtigere und Ehrenvollere ansehen.
Sie werden nicht wie diverse Staatsminister Merkels bei der ersten Gelegenheit in die so üppig finanzierten Jobs der Lobbyvereine wechseln.
Sie werden aber insbesondere auch anders als Spahn menschlichen Anstand walten lassen und nicht abfällig über Menschen reden, die mit einem winzige Bruchteil der eigenen Bezüge auskommen müssen.

Die Fallhöhe ist zu groß. Das kann nicht gut gehen.
Wer neben Immobilienbesitz und Mieteinkünften bereits als Mittdreißiger 15.000,- im Monat erhält, darf nicht abfällig über Menschen mit ein paar Hundert Euro im Monat sprechen.
Spahn weiß nicht was sich gehört.

Da geht es ihm wie Herrn Müller aus dem VW-Vorstand.

 [….] Was ist das erbärmlichste Argument, das einem Spitzenmanager einfallen kann, wenn ihm sein völlig überzogenes Gehalt vorgeworfen wird? "Dafür ist der Aufsichtsrat zuständig."
VW-Chef Matthias Müller, der für 2017 insgesamt 10,2 Millionen Euro Einnahmen erhält, war sich tatsächlich nicht zu schade, genau so zu argumentieren. Formal richtig, moralisch eine Katastrophe. Während VW weiter gebeutelt ist von früherem Missmanagement und Betrug, stopft sich der Vorstand die Taschen voll, als sei nichts geschehen - darauf muss man erst einmal kommen.
Müller hätte auf einen Teil seines Gehalts verzichten können, der Aufsichtsrat hätte ein Zeichen der Mäßigung setzen können. Stattdessen argumentieren die Herren mit Zahlen: Der Konzern hat weltweit so viele Autos verkauft wie nie zuvor, der Umsatz ist auf Rekordhoch, VW hat trotz Milliarden-Strafzahlungen in den Vereinigten Staaten klotzig verdient. Den Spitzenmanagern stünden also vertraglich hohe Summen zu; wo ist das Problem?
Das Problem liegt genau hier: Würde der VW-Konzern, was seine verdammte moralische Pflicht wäre, auch seine deutschen Diesel-Kunden für den Wertverlust ihrer Autos entschädigen oder wenigstens die teure Umrüstung finanzieren, würde der Gewinn deutlich kleiner ausfallen - und damit auch die Bezüge des Vorstands. Kein Wunder, dass Müller solche Ideen weit von sich weist. [….]

Müller ist wie Spahn – ohne Anstand und Moral.
Der vielleicht größte Industriebetrug der Nachkriegsgeschichte, Millionen massiv betrogene Kunden, rabiate Umweltzerstörung und Mitschuld an 6.000 durch Autoabgase durch Atemwegserkrankungen getöteten Menschen.
Aber immer noch nicht das geringste Fünkchen Schuldbewußtsein.

  Die Deutschen machen es solchen Typen allerdings auch leicht. Wie Müllers Zahlen eindrucksvoll zeigen – 13,8 Milliarden Euro Reingewinn – kaufen sie immer noch massenhaft die überteuerten Drecksschleudern von VW.
Und auch Spahn ist nicht von Zauberhand Minister geworden, sondern weil eine (relative) Mehrheit der Bundesbürger CDU gewählt hat.
Hätten sie mal einen Fiat 500 oder einen Citroën C2 gekauft, hätten sie mal lieber SPD oder Linke gewählt, könnten sich Gesundheitsminister und VW-Vorstandsvorsitzender heute nicht so aufblasen.