Montag, 8. Januar 2018

We are losers, baby



Der Scientologe „Beck“, 47, wird gern als größtes amerikanisches Songschreiber-Genie seit Bob Dylan bezeichnet und in der Tat hat der Enkel des Fluxus-Gottes Al Hansen einige echte Ohrwürmer produziert.
1993 sah ich ihn in der Hamburger „Großen Freiheit 36“ in einem unvergesslichen Konzert, habe „Loser“ seitdem stets im Kopf.

[…..] Soy un perdedor
I'm a loser baby, so why don't you kill me?

Forces of evil in a bozo nightmare
Ban all the music with a phoney gas chamber
'Cause one's got a weasel and the other's got a flag
One's on the pole, shove the other in a bag
With the rerun shows and the cocaine nose-job
The daytime crap of the folksinger slob
He hung himself with a guitar string
A slab of turkey-neck and it's hangin' from a pigeon wing
You can't write if you can't relate
Trade the cash for the beef for the body for the hate
And my time is a piece of wax fallin' on a termite
That's chokin' on the splinters [….]

Was Beck vor 25 Jahren besang ist heute das Motto der Groko Merkel-III.
Nachdem sich Lindi selbst ins Aus schoss, nun als AfD 2.0 völlig einflusslos im Bundestag sitzt und die Grünen ohne Not mal eben ihre Führung in die Wüste schicken, hängt alles an den großen drei Losern Martin, Angela und Horst.

Großartig; Heulsuse Schulz, der seine Partei durch grottendämliches Lavieren nun beim zweiten Umfrageinstitut unter die 20% stürzte, Missmanagement-Merkel, bei der sich Liz Mohns und Friede Springers Daumen senken, sowie der just in Bayern abservierte crazy Horst, der seine CSU auf einen nie dagewesenen Tiefstwert steuerte und sein MP-Amt aufgeben musste.
Die drei Großloser sind so tief am Boden, daß sie wirklich eine Groko hinbekommen müssen. Scheitern sie erneut, müssen sie ihre Schreibtische räumen.

Es ist aber auch gut möglich, daß die Welt sich vorher über den Abgrund stürzt, weil das stable genius nicht seine grab em-finger von seinem großen Button lassen kann. Oder weil Polen und Ungarn die EU sprengen.

Es ist dringend wie nie, daß Europa seine einzige unverhoffte Chance, nämlich Macron nutzt, um eine zukunftsfähige Agenda in Gang zu setzen.
Aber wie soll das gehen, wenn Berlin sich in kompletter Arbeitsverweigerung ergeht?

[….] Frankreich und Deutschland werden als Motor der EU bezeichnet. Doch seit Kanzlerin Merkel in Berlin nur noch geschäftsführend regiert, ist das Verhältnis aus dem Gleichgewicht. Präsident Macron will die Idee von Europa neu beleben. Doch Deutschlands Regierung ist abgetaucht.
[….] Auch wenn es nach der Strahlkraft von Bildern geht, könnte der Unterschied zwischen den Regierungen von Deutschland und Frankreich größer kaum sein. Auf der einen Seite ringen im wintergrauen Berlin Spitzenpolitiker von Union und SPD darum, ob sie es vielleicht doch noch [….] Auf der anderen Seite schreitet Frankreichs Präsident mit ernstem Blick die Reihen prächtig uniformierter Soldaten ab. Golden glänzen die Helme. Jeder Schritt Macrons - vor dem Louvre oder in Versailles - ist sorgfältig in Szene gesetzt. Prächtige Schlösser hatten auch seine Vorgänger zur Verfügung, doch Macron nutzt sie wirkungsvoll zur Inszenierung seiner Macht.
[….] Macron hat ambitionierte Ideen für Europa - ein gemeinsames Budget für die Eurozone und ein gemeinsamer europäischer Finanzminister etwa. Macron will ein souveräneres, geeinteres, demokratischeres Europa. Sein Vorstoß kommt zu einer Zeit, in der die EU vor Problemen steht. Wie werden zum Beispiel Flüchtlinge zwischen den Mitgliedsstaaten gerecht verteilt? [….]  Und Deutschland kann sich nicht festlegen, weil die Regierungsbildung nicht abgeschlossen und die derzeitige Bundesregierung nur geschäftsführend im Amt ist.
[….] Mit Macron sind wieder Prunk und Glorie in die französische Politik eingezogen. Er mobilisiert und fasziniert die Massen. Er liebt die ganz große Geste und den ganz großen Entwurf. Der Mann hat Visionen. [….] Doch Deutschland hat sich vorerst aus der Europa-Politik abgemeldet.[….]  Bis heute enthalte sich Berlin, wenn es um Entscheidungen auf EU-Ebene gehe, so Özdemir, "aber es kann doch kein Dauerzustand sein, dass die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt innerhalb der Europäischen Union vor allem durch Enthaltungen auffällt. Es ist Zeit, dass Berlin handlungsfähig wird." […..]

Das Verrückte ist, daß Schulz, Seehofer und Merkel, die alle am Ende ihrer Karrieren und über 60 sind, gar nicht mehr hasenfüßig sein müßten.
Mit ihrem Mimimimi-Kurs haben sie sich ohnehin schon in den Demoskopiekeller manövriert.
Ihre einzige Chance besteht darin ihre zutiefst demoralisierten Anhänger mit unglaublich mutigen Schritten zu überraschen und Reformen anzustoßen, die ihnen niemand mehr zutraut.
Was haben  sie schon zu verlieren?

[….] Das Land braucht furiose neue Politik
CDU, CSU und SPD gehen verschlafen und kleinmütig in die Sondierungsgespräche. [….] Alle drei Parteien haben bei der Bundestagswahl verloren; alle drei Parteien beteuern daher, dass "man" nicht "weiter so" machen könne. Das ist der gemeinsame Nenner von CDU, CSU und SPD. Aber diese Gemeinsamkeit erschöpft sich in der rhetorischen Formel; und das "man" meint dabei die jeweils anderen. Bisher jedenfalls machen CDU, CSU und SPD so weiter wie bisher.
[….]  Die Merkel-CDU hält sich ruhig; sie verhält sich so, als sei es insgeheim selbstverständlich, dass es wieder zur großen Koalition kommt. Aber das vermeintlich Selbstverständliche ist nicht so selbstverständlich. Man muss dafür etwas tun; wenn Merkel etwas tut, dann im tiefen Hintergrund. [….]
 die SPD: Sie würgt an ihrer voreiligen Ankündigung, nicht in eine große Koalition zu gehen. Und der Parteivorsitzende Schulz würgt zusätzlich an seinem Wahlkampfversprechen, dass er niemals als Minister unter Merkel in ein Kabinett eintreten werde. Schulz hat also die Wahl, auch sein persönliches Versprechen zu brechen, um dann Vizekanzler zu werden - oder aber einen Vizekanzler namens Gabriel neben sich zu haben.
[….] Die Geschichte von CDU, CSU und SPD seit der Wahl erinnert an die Legende vom chinesischen Henker, bei der der Delinquent nach dem scharfen Schwertstreich den Ernst der Lage nicht erkennt. Der Henker sagt dann nur: "Nicken Sie mal." Das "Nicken Sie mal" ins Politische gewendet heißt "Wacht auf!" [….]

SPD, CDU und CSU zeigen sich aber in einem nie dagewesenen Maß beratungsresistent.
Sie agieren im Tranquilizer-Modus, scheinen sich mit Valium für die Verhandlungen zu wappnen.

Der große Durchbruch von heute spricht Bände.
Die Loser wagen es nicht nur nicht neue Ziele zu postulieren, sondern geben auch noch die Ziele von gestern auf.
Während Nationen wie England und insbesondere China mutig beim Klimaschutz vorangehen, hissen unsere Omen und Open der mutmaßlich nächsten Groko schon einmal die Weiße Flagge.
Den Klimaschutz geben sie schon auf, bevor sie überhaupt in Koalitionsverhandlungen eintreten.

[….] Union und SPD wollen Klimaschutzziel aufgeben
Es war einer der Jamaika-Knackpunkte - nun haben Union und SPD das deutsche Klimaschutzziel gleich zu Beginn der Koalitionsgespräche gekippt. [….][….] "Das kurzfristige Ziel für 2020 wird aus heutiger Sicht nicht mehr erreicht werden", heißt es laut RND in dem Papier. Es sei eine aus Bundesmitteln finanzierte Kommission geplant, die einen Aktionsplan zum schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung erarbeiten solle. Auf diese Kommission hatte sich die Große Koalition bereits nach langem Hin und Her im November 2016 geeinigt, als Teil des Klimaschutzplans 2050.
[….] Offiziell hält Deutschland bis heute an dem Vorhaben fest, seinen Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 zu reduzieren. Allerdings ist schon seit Längerem absehbar, dass diese Zielmarke kaum erreichbar ist. [….]
Grüne und Linke haben die mögliche Abkehr vom deutschen Klimaschutzziel für 2020 heftig kritisiert. Die Zielmarke werde "zum ersten Opfer" einer erneuten großen Koalition, das sei "unfassbar verantwortungslos", twitterte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. [….] CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte erst im September im Wahlkampf in einer TV-Debatte zugesichert, dass Deutschland das Klimaschutzziel 2020 schaffen werde. "Wir werden Wege finden, wie wir bis 2020 unser 40-Prozent-Ziel einhalten. Das verspreche ich Ihnen", sagte sie damals. […..]

Kann man sich nicht ausdenken….

Soy un perdedor
I'm a loser baby, so why don't you kill me?
Soy un perdedor
I'm a loser baby, so why don't you kill me?

Sonntag, 7. Januar 2018

Ein Zuschauer.


Regierungen müssen Presseabteilungen und Pressesprecher haben, weil das Fulltime-Jobs sind. Myriaden Journalisten aus aller Welt müssen über das Regierungshandeln unterrichtet werden. Eine sehr zeitraubende Angelegenheit, da man einerseits mit allen Medien und allen Berichterstattungen vertraut sein muss, andererseits aber auch immer beim Regierungschef sein und jedes Detail der Regierungsarbeit kennen muss.
Vom ZDF-Beau Seibert ist überliefert, daß er seinen Traumjob bei seiner heißgeliebten Angela Merkel stark unterschätzte und alsbald aschfahl mit tiefen Augenringen  wirkte, weil seine Chefin so wenig schläft und so lange Arbeitstage absolviert.
Dennoch gilt ihr Verhältnis heute als sehr gesund, Seibert weiß genau wie er in Merkels Sinne wolkig lange redet ohne viel zu sagen.
Er macht seine Sache also insofern gut, daß Merkel sich auf ihn verlässt und ihm freie Hand gibt. Er entlastet sie, indem sie sich nicht darum sorgen muss, was er sagt.
Barack Obamas Pressesprecher Josh Earnest ist einer der vielen WH-staffer, die noch heute in höchsten Tönen von ihrem Chef sprechen, weil Obama stets extrem gut informiert war und seinen Mitarbeitern viel zutraute.
Dementsprechend viel Vertrauen genoss Earnest auch beim press chorps, da alle wußten Obama stünde voll hinter ihm und man könne sich auf seine Aussagen verlassen.
Während Obama arbeitete, tat Earnest seinen Job eigenverantwortlich.
Umso rührender und überraschender die Szene an seinem letzten Arbeitstag, als Obama persönlich im WH-Pressesaal erschien, um ein paar lobende Worte für ihn zu finden. Schließlich war es Earnests Job für Obama zu sprechen und somit immer dann zu reden, wenn Obama nicht dabei ist und zuhört.

In Washington läuft es jetzt alles etwas anders. Earnests Nachfolger Spicer, Scaramucci und Sanders sind eher Witzfiguren, denen von großen Teilen der White House Correspondents' Association so ziemlich gar nichts geglaubt wird, nachdem sie eine Fülle von Fehlinformationen und Beleidigungen ausbreiteten.
Ihnen muss allerdings auch nicht geglaubt werden, denn Glaubwürdigkeit bei den Medienvertretern würde bedeuten immer die Wahrheit zu sagen und das wiederum schließt aus Vertrauen des einzig relevanten Zuschauers zu erlangen; Donald Trump!


In seiner psychotischen Manie stets im Mittelpunkt des Interesses zu stehen und gelobt zu werden, sieht sich Trump jede PK persönlich in voller Länge an – das ist leicht möglich, da er ohnehin kaum arbeitet und gut sechs Stunden pro Tag TV glotzt – und bewertet die Arbeit seines Sprechers ausschließlich danach wie gut es dem gelingt ihn selbst zu loben.

Spicer bekam nach jedem Auftritt Feedback von Trump. Gern öffentlich über Twitter.
Sein Job hing davon ab, daß Trump mit den Lobpreisungen zufrieden war und nicht etwa davon, daß die gesamte Weltpresse schon nach seinem ersten Auftritt wußte wie sehr Spicer log - "this was the largest audience to ever witness an inauguration, period!"

Es geht so weiter. Viele der engsten Trump-Mitarbeiter sind inzwischen gefeuert oder warfen selbst entnervt das Handtuch, aber die, die noch da sind reden ihm besessen nach dem Mund – auch wenn es noch so absurd ist und noch so offensichtlich den Fakten widerspricht.

Während Trump und seine Speichellecker versuchen Michael Wolffs Buch zu diskreditieren, erreichen sie das Gegenteil, beweisen wie richtig dessen Analysen sind.


Ein Lehrbuchbeispiel von unverschämter Pöbelei und Lügerei, die nur dem Zwecke dient dem einen Zuschauer, nämlich Trump, zu gefallen, lieferte heute sein verbliebener rechtsradikaler Hauptberater Miller.

(….) Da ist Senior Advisor to the President of the United States Stephen Miller (*1985), der für mich mustergültig illustriert, wieso ich keine Kinder haben möchte.
Er stammt aus einer liberalen gebildeten jüdischen Familie, ging im prosperierenden Multikulti-Sonnenstaat Kalifornien zur Highschool und aufs College, sollte also eigentlich auch ein linksliberaler Kopf werden.
Stattdessen radikalisierte er sich auf dem College stramm nach rechts, agitierte wie besessen gegen Schwule und Einwanderer, diente der völlig durchgeknallten homophoben Faschistin und Verschwörungstheoretikerin Michelle Bachmann als Sprecher und arbeitete für den KKK-Freund Jeff Sessions. (….)

Heute erschien er beim CNN-Star Jake Tapper in seiner Sonntagssendung „State Of The Union“.
Ihn erwarteten eine Menge Fragen zu seinem Chef, da in Wolffs Buch eine Fülle von Zitaten enger Trump-Mitarbeiter auftauchen, die unisono der Meinung sind, Trump habe nicht alle Tassen im Schrank und sei geistig retardiert.
Eine eigentlich nicht zu lösende Aufgabe, da die Indizien für Trumps Verblödung überwältigend sind.

[…..] Im Oval Office sitzt ein „Schwachkopf, ein Idiot“ – da sind sich nach Informationen des „Fire and Fury“-Autors Michael Wolff alle Trump-Mitarbeiter im Weißen Haus einig. [….]

Miller tat das aus seiner Sicht einzig Richtige: Er versuchte gar nicht erst inhaltlich auf die Fragen einzugehen, wich allen konkreten Themen aus und feuerte statt dessen einen Schwall Beleidigungen und Unterstellungen ab.


Die Zuschauer Tappers, die Antworten erwarteten, wurden also bitter enttäuscht.
Aber da hätte Miller ohnehin nicht gewinnen können.
Wie immer sah sich aber Trump den Auftritt live im TV an und bestätigte direkt nach der Sendung das, was Tapper mehrfach Miller konstatierte – er spreche nur für seinen einen Zuschauer – Trump.
Indem er untertänig und schleimspurziehend Trump immer wieder als „Genie“ bezeichnete, bringe er diesen dazu ihn zu loben.
Und genau das geschah auch prompt.

[….] CNN bricht Interview mit Trumps Chef-Berater ab
[….] Wieder und wieder setzt Miller an, zu erklären, warum sein Boss tatsächlich ein Genie sei. Als solches hatte sich Donald Trump am Samstag in einem Tweet selbst bezeichnet. [….] Miller, der dem äußerst rechten Rand der Trump-Administration zugerechnet wird, ist nun in die CNN-Sendung "State of the Union" gekommen, um seinen obersten Dienstherren zu verteidigen. [….]  Selfmade-Milliardär, Revoluzzer des Reality-TV und nun auch noch Präsident, "ein Phänomen, das niemand, auch nicht CNN, hat kommen sehen" und so weiter. Mit der Einschätzung als Genie liege Trump also "genau richtig".
An dieser Stelle kann sich Tapper dann offenbar nicht mehr zügeln und giftet: "Ich bin mir sicher, dass er zuschaut und glücklich ist, dass Sie das gesagt haben." Er unterstellt Miller also, mit seiner Lobhudelei vor allem beim Präsidenten selbst punkten zu wollen. [….] Mit seiner Einschätzung, dass es Miller wohl vor allem auf die Gunst des Präsidenten abgesehen hatte, scheint Tapper nicht falsch gelegen zu haben. Kurz nach der Ausstrahlung des Katastrophen-Interviews meldete sich Trump per Twitter zu Wort: "Jake Tapper von Fake News CNN ist gerade zerstört worden von Stephen Miller aus der Trump-Regierung. Schaut euch den Hass und die Unfairness dieses CNN-Lakaien an." [….]


Samstag, 6. Januar 2018

Kann man sich nicht ausdenken - Teil III



Ehrlich; Spaß macht mir das wirklich nicht.
Wie gern würde ich mich mal nicht mit der größten menschlichen Katastrophe beschäftigen, aber mein Präsident lässt mir keine Wahl.

Da schalte ich heute Nachmittag unschuldig mal kurz den Fernseher ein und sehe gleich eine LIVE-Übertragung einer Trump-PK in Camp David.
Fassungslos höre ich zu wie er mal wieder ausschließlich von weißen alten Männern umringt Dinge sagt wie „Everything I’ve done is 100% propper“ und Muellers Untersuchungen wären "very, very bad for our country. It's making our country look foolish and this is a country that I don't want looking foolish, and it's not going to look foolish as long as I'm here."

Luft. Luft. Man reiche mir den Sauerstoff.

Aber im anschließenden großen CNN-Panel erklärten alle anwesenden Politexperten bei dieser Photo-Op habe Trump eine gute Figur gemacht, wäre nicht aus der Rolle gefallen. Ihm sei es gelungen konzentriert und seriös aufzutreten.
OK, Brain Stelter wies kurz daraufhin, der Präsident habe mal wieder heftig gelogen, als er beispielsweise behauptete seine Ratings wären durch die Decke gegangen, oder daß es keinerlei Hinweise auf „russian collusion“ in seinem Team gäbe, daß vielmehr „Hillary“ diejenige wäre, die mit Russland unter einer Decke stecke, aber geschenkt. Das ist eben Trump. Wenn er einfach nur rumlügt wie gedruckt, ohne dabei direkt eine internationale Krise auszulösen, ist es schon ein seriöses, präsidentielles Auftreten.
Das CNN-panel hat damit sogar Recht; zumindest wenn man den Auftritt mit seinen hochpsychiotischen Tweets einige Stunden zuvor vergleicht.


"In meinem Leben haben mich stets meine beiden stärksten Eigenschaften ausgezeichnet: meine mentale Stabilität und die Tatsache, dass ich richtig schlau bin."
"Ich habe mich vom SEHR erfolgreichen Geschäftsmann, zum Top-TV-Star zum Präsidenten der USA (im ersten Anlauf) entwickelt. Ich denke, das zeigt nicht nur, dass ich clever bin, sondern ein Genie. Und ein mental gefestigtes Genie obendrein."

Michael Wolff, der Autor von “Fire and Fury” kann sein Glück gar nicht fassen.
Der Präsident selbst tut in seiner hoffnungslosen Verblödung alles dafür, um das Buch zu einem Verkaufsschlager zu machen.

[….]  Michael Wolff says his explosive book about President Trump is accurate, despite the White House's attacks. And he appreciates all the free promotion from the president.
"Where do I send the box of chocolates?" Wolff asked playfully in his first interview about the book, "Fire and Fury," which became the country's hottest book in the last two days.
"Today" show host Savannah Guthrie asked: "You think he's helping you sell books?"
"Absolutely," Wolff said, and "he's helping me prove the point of the book." [….]

In seinem blinden Wahn die Menschen daran zu hindern es zu lesen, erreicht er natürlich genau das Gegenteil, macht es zum heißesten Scheiß.
Trumps ureigene primitive Kindergartensprache tut ihr übriges; too bad.


Nach Minuten war die erste Auflage komplett ausverkauft. Das selbsternannte Business-Genie Trump beweist wieder einmal von Business nicht den geringsten Schimmer zu haben.
Aber wen wundert das? Immerhin schaffte es Trump auch mit Kasino-Lizenzen, die allgemein als Erlaubnis zum Gelddrucken gelten, mehrfach Pleite zu gehen.

Auch die allergrößten Trump-Fans, die mit ihm arbeiten wollen, merken nach kurzer Zeit, daß der ungebildete Debile mit Leseschwäche ein sagenhafter Idiot ist.



Trump begreift noch nicht einmal die elementarsten Dinge des Marketings – und das soll angeblich sein Fachgebiet sein.

Statt „Fire und Fury“ zu ignorieren und ihm damit nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, stößt der entlarvte „Fucking Idiot“ den Rest der Welt mit der Nase drauf.

Wolff mag nicht der seriöseste Journalist sein, aber insbesondere nach Trumps heutigen Reaktionen ist man gewillt zu glauben, daß 100% seiner engsten Mitarbeiter ihn für zutiefst unfähig halten und wie ein spoiled child behandeln.


[….] "Fire und Fury", das spektakuläre Enthüllungsbuch über Donald Trump, ist einen Tag nach seiner Veröffentlichung der heißeste US-Bestseller des noch jungen Jahres. Bei Kramerbooks in Washington war es binnen 20 Minuten ausverkauft. [….]
Bannon war eine der gesprächigsten Quellen, aus denen Reporter Michael Wolff die 336-Seiten-Seifenoper strickte, angesiedelt irgendwo zwischen Bauernschwank und Endzeitthriller. [….] das erschreckende Porträt einer US-Regierung ein, deren Inkompetenz kaum zu überbieten ist - voller Narren und Intriganten von derart überforderter Dämlichkeit, dass sich die Frage stellt, wieso sie alle nicht schon hinter Gittern sitzen. Allen voran Donald Trump, der einem fast leidtut, wäre er nicht der mächtigste Mann der Welt. [….]
Wolff, der sich in der New Yorker Society gut auskennt, nennt Trump deren "Witzfigur". Er werde als "dumm" verlacht von den anderen Milliardären, die ihn nie als einen der ihren akzeptiert hätten. "Er wusste nichts", so Wolff. "Was er wusste, schien er eine Stunde zuvor gelernt zu haben." Als Geschäftsmann habe er nicht mal eine Bilanz entziffern können. Er wiederhole sich dauernd, sei mit Schmeicheleien "einfach an- und auszuknipsen" und am meisten beeinflussbar vom letzten Gesprächspartner. Er lese nichts außer "Schlagzeilen und Artikel über sich selbst oder zumindest Schlagzeilen von Artikeln über sich selbst" und sei "eine Figur von stotternder, gefährlicher Unsicherheit".
[….] Schon bei den ersten Briefings im Oval Office habe sich gezeigt, dass Trump völlig unfähig - und unwillig - sei, "Informationen von Dritten aufzunehmen". Er lehne schriftliche Papiere ab, weshalb ihn manche für einen Legastheniker hielten. Gesetze langweilten ihn. Auch könne er sich an die meisten Dinge, die er mal gesagt habe, schnell nicht mehr erinnern - etwa an Wahlkampfversprechen. "Es war ein Understatement, zu behaupten, dass er nichts - absolut nichts - über die intellektuellen Grundlagen des Jobs wusste", schreibt Wolff unter Berufung auf Trumps Stab.
[….] Trumps Tochter Ivanka, sei eine "selbstzufriedene, abgelenkte, ganz normale Gesellschaftstante". Sie habe mittlerweile Ambitionen, die erste US-Präsidentin zu werden. Der "Redenschreiber" und rechtskonservative Ideologe Stephen Miller sei "unfähig, Sätze zu konstruieren". Überfordert von der Aufgabe, den manischen Präsidenten zu managen, halte der Stab schlechte Nachrichten von Trump fern und versuche, "Situationen zu schaffen, in denen er sich wohl fühlte, wie eine Art Blase, um ihn von einer böswilligen Welt abzuschotten". [….]

Freitag, 5. Januar 2018

Das Volk entmachten



Natürlich sind auch viele Profi-Politiker sagenhaft verblödet.
Manfred Weber (45), seit 14 Jahren Mitglied des Europäischen Parlament und gegenwärtig sogar Fraktionsvorsitzender der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europäischen Parlament, ließ sich bei den heutigen Orban-Festspielen zu einer ungeheuerlichen Entgleisung verleiten.
Es ist schon Tradition der CSU zu ihrer Frühjahrstagung in Banz/Seeon den rechtsradikalen Antisemiten aus Ungarn zu laden.
Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Weber scheint sich dabei nationalsozialistisch eingegroovt zu haben.

 […..] "Im Jahr 2018 ist das zentrale europäische Thema die finale Lösung der Flüchtlingsfrage." Diesen Satz hat CSU-Spitzenpolitiker Manfred Weber bei der CSU-Klausurtagung in Seeon gesagt. Das Zitat wurde vom Bayerischen Rundfunk veröffentlicht, den O-Ton hören Sie hier. Webers Formulierung erinnert deutlich an die NS-Zeit und die sogenannte "Endlösung der Judenfrage". [….]

Menschen sind eben dumm; es erfordert viel Bildung und Erfahrung nicht jeden gedanklichen Furz wie ein Trump ungefiltert auszuscheiden.
Wenn man sich lange und intensiv mit Politik beschäftigt, begreift man allmählich die Komplexität der Dinge und die Notwendigkeit die Konsequenzen des eigenen Handelns abzuwägen.
Trotz jahrelangen Trainings passieren immer noch kapitale Fehler – siehe Weber.
Man mag sich gar nichts ausdenken was solche Typen von sich gaben, bevor sie Profipolitiker waren und in der Öffentlichkeit standen.

Ich erinnere an den Berliner CDU-Bundestagsabgeordneten Frank Steffel, der seine CDU als Landtagswahlspitzenkandidat im Jahr 2001 sicher in die Opposition führte, nachdem seine früheren O-Töne publik wurden.

(….) Frank Steffel, Jahrgang 1966, ist ein wandelndes Klischee.
Keiner verkörpert den Westberliner kleinbürgerlichen Spießer-Klüngel besser als der CDU-Vielfach-Funktionär, der schon mit 16 in die Partei Diepgens und Landowskys eintrat.

Von Papi erbte er eine Teppichverleger-Firma und fühlte sich allein dadurch seinen Mitbürgern überlegen.
Linke, Migranten, Künstler - kurzum die ganze Berliner alternative Szene hasste er schon immer wie die Pest und drückte dies auch in seiner eigenen Sprache aus:

Die Süddeutschen Zeitung vom 23. August 2001 berichtete als Erste darüber, er habe in seiner Zeit bei der Jungen Union Schwarze „Bimbos“ und Türken „Kanaken“ genannt.
Behinderte waren für ihn „Mongos“ und eine Lehrerin, die diese Ausdrücke bemängelte, bezeichnete Jung-Steffel als „Kommunistenschlampe“.

Die Kritik an seinen Manieren konnte er nicht verstehen und erklärte Michel Friedman:

„Einem Jugendlichen rutscht sowas schon mal raus!“

Im Intrigantengestrüpp der Berliner CDU hangelte er sich 2001 zum Bürgermeisterkandidat empor und forderte Klaus Wowereit heraus.

Am 24.09.2017 wurde Steffel mit dem berlinweit besten CDU-Ergebnis von 36,8 Prozent erneut direkt in den Bundestag gewählt.

Immerhin, nach acht Jahren im Bundestag spricht selbst Steffel nicht mehr von „Mongos“ und „Kanaken“, wenn von Behinderten oder Flüchtlingen die Rede ist.
Das ist funktionierende repräsentative Demokratie. Diejenigen im Volk, die es nicht stört so zu reden, die privat vermutlich noch Schlimmeres von sich geben, haben in Steffel ihren Volksvertreter, den sie als ihr Sprachrohr in das deutsche Parlament schicken können.
Im Bundestag, wo sie wichtigen Entscheidungen getroffen werden, geht es dann aber seriöser und gemäßigter zu, weil auch ein Frank Steffel (inzwischen) gelernt hat, daß nicht der erste Pöbelgedanke im Kopf zum Erfolg führt, daß man kommunizieren muss und daß politische Entscheidungen Umsicht erfordern.

Leider wählt das Volk seiner immanenten Debilität entsprechend auch debile Volksverhetzer von der AfD.
Dadurch sitzen die AfD-Politiker Jens Maier (bezeichnet Noah Becker via Twitter als "Halbneger") und Trixi Storch (bezeichnet Flüchtlinge als „barbarische, muslimische, gruppenvergewaltigenden Männerhorden“) nun auch im Bundestag, aber das passiert eben bei unserem allgemeinen, gleichen Wahlrecht.
Menschen sind dumm und viele Menschen generieren Schwarmdummheit.
Der Brexit, Erdogans Ermächtigungsreferendum oder die Wahl Trumps sind die Ergebnisse direkter Volksabstimmungen.

Es wäre besser das Wahlsystem so zu modifizieren, daß Idioten und Hassfanatiker weniger gewichtet werden.
Dafür habe ich bereits einige Modelle vorgeschlagen, die immerhin zu etwas mehr Steffels statt Störchen führen würden.

Die massive Volksverdummung würde etwas abgemildert, wenn die wichtigsten Entscheidungen von professionellen Vertretern getroffen würden.
Also bitte keine Direktwahl des Bundespräsidenten in Deutschland.
Und bitte lasst den Bundestag über grundlegende Dinge wie den Ausstieg aus der EU entscheiden.
Nieder mit der Diktatur der Inkompetenz.

Glücklicherweise sind inzwischen die deutschen Piraten ob ihrer eigenen Idiotie aus allen Parlamenten geflogen und spielen keine politische Rolle mehr.
Ihre grundsätzliche Wahnidee möglichst oft die Unqualifiziertesten von allen, nämlich das Wahlvolk pur entscheiden zu lassen, programmiert das Staatsscheitern vor.

So sehr ich Andrea Nahles und Martin Schulz für unqualifiziert halte; es wäre besser wenn die Profipolitiker in der SPD-Parteigremien über Grundsatzfragen wie GroKo III entschieden und nicht die tumbe Basis befragt werden müsste.
Letzteres kostet unnötig Zeit, verlangt die Sondierungsgespräche eher zum destruktiven Schaulaufen zur Basis-Umpuschelung, statt lösungsorientiert zu machen.

Nach 29 seit 2007 in Hamburg gestarteten Volksinitiativen dämmert es auch Roten und Grünen, daß diese Form der willkürlich-direkten Demokratie reduziert werden muss.
Volk entscheidet nämlich gern irgendeinen extrem teuren Unsinn, ohne die Folgen und die Kosten abzuschätzen.
Das Stuttgarter Volk entschied direkt den unterirdischen Bahnhof bauen zu lassen. Nun können die Landespolitiker zusehen, woher sie die sechs, acht oder zehn Milliarden nehmen, um das Gaga-Projekt zu finanzieren.
Die Hamburger wollten die Netze zurückkaufen und im Gegensatz zur fast gesamten Bürgerschaft auch das elitäre Dreiklassen-Schulsystem beibehalten, welches Arme in Restschulen verurteilt, so daß sie nie eine Chance auf dem Berufsmarkt bekommen.
Gegenwärtig droht eine Volksinitiative mit einem KITA-Volksentscheid, der die Stadt jährlich 350 Millionen Euro kosten würde.
Natürlich trauen sich aktive Politiker nicht wie ein Blogger ohne Verantwortung zu sagen „Das Volk ist doof – bitte keine Volksabstimmungen mehr!“, aber verklausuliert denken CDU, SPD und Grüne genau in die Richtung, indem sie anregen, daß Volksinitiativen seriöse Finanzierungsvorschläge liefern müssen.

Die Fraktionschefs Andreas Dressel (SPD) und Anjes Tjarks (Grüne) haben inzwischen dreimal so intensiv mit den Betreibern einer Volksinitiative verhandelt, daß sie den eigentlichen Volksentscheid verhindern konnten.
Glücklicherweise verhindern konnten.

Weil polarisierende Themen zu tiefen gesellschaftlichen Gräben führen können. Vielleicht hätten Menschen in der Diskussion um den Volksentscheid die Inklusion wieder komplett in Frage gestellt. Noch offensichtlicher ist es bei der Initiative, die große Flüchtlings-Unterkünfte verhindern wollte. Da war es wichtig, die Menschen, die sich bei diesem Thema Sorgen machen, nicht zu verlieren, sondern sie wieder in den demokratischen Diskurs zu integrieren. Der Kompromiss war gut für den sozialen Frieden. Ein Beleg: Hamburg war bei der Bundestagswahl das Land mit der geringsten Quote an AfD-Wählern.

Aber die Kita-Initiative hat Forderungen aufgestellt, die sich am Ende auf 350 Millionen Euro jährlich summieren. Da ist wirklich eine Grenze überschritten und der Haushaltsvorbehalt greift. Es geht um die Frage, wie viel eine Volksinitiative eigentlich kosten darf. Wir haben 2019 die Schuldenbremse – wir dürfen dann keine neuen Schulden mehr machen. Da kann es nicht sein, dass der Volksgesetzgeber immer weitere Ausgaben fordert und nicht sagt, wo das Geld herkommen soll.
(Anjes Tjarks, 04.01.2018)

Jetzt steht in der Volksgesetzgebung nur, dass ein Finanzierungsvorschlag gemacht werden soll. Es wäre redlicher zu sagen, dass die Initiative einen echten Finanzierungsvorschlag machen muss. Über eine solche Pflicht für Initiativen sollte man diskutieren. Das heißt Butter bei die Fische: Die Initiative muss konkret sagen, wo das Geld weggenommen werden soll. So müssen wir Politiker den Haushalt ja auch planen. Über diesen Gedanken wollen wir mit den Fraktionen und „Mehr Demokratie“ diskutieren.

Nur weil das Volk bei direkter Befragung gelegentlich auch einem blinden Huhn gleich mal eine Entscheidung trifft, die mir gefällt – zB das NEIN zu Olympischen Spielen in Hamburg – heißt das nicht, daß weise entschieden wurde, sondern daß ein Ressentiment-Konglomerat zufällig zu einem richtigen Ergebnis führte.