Freitag, 8. Januar 2016

Der größere Skandal hinter dem Skandal.



Mal wieder ein Update aus Regensburg.
Über Jahrzehnte waren die Regensburger Domspatzen die Wirkungsstätte des weltbekannten „Orgel-Ratz“, also dem heute fast 92-Jährigen Georg Ratzinger, der von 1964 bis 1994 als Domkapellmeister der Chef der Regensburger Domspatzen war.
Während seiner Zeit gabt es rund 2000 „Domspatzen“, von denen rund ein Drittel sexuell missbraucht wurde.

Ob der ältere Papstbruder womöglich selbst sexuell übergriffig wurde, ist nicht bekannt.
Vielfach berichtet wurde aber von seiner ausgesprochen sadistischen Ader.
Er geriet in regelrechte Prügelorgien, warf mit Stühlen nach zehnjährigen Schülern. Ratzinger prügelte so von Sinnen auf seine Schüler ein, daß ihm vor Wut das Gebiss rausflog und durchs Klassenzimmer geschleudert wurde.

Auch Chorchef Georg Ratzinger, der Bruder von Papst Benedikt XVI., wurde von ehemaligen Domspatzen als "extrem cholerisch und jähzornig" erlebt. So habe Ratzinger noch Ende der achtziger Jahre bei Chorproben erzürnt Stühle in die Männerstimmen hineingeworfen. Einmal habe sich der Domkapellherr so erregt, dass ihm sogar das Gebiss herausgefallen sei. Der 86-jährige Ratzinger wollte sich dazu nicht äußern.

Offenbar will man aber in Regensburg mit aller Macht die Verantwortung der Ratzingers vertuschen und zu Lebzeiten des Papstes und seines Bruders nicht mehr in die Verlegenheit kommen einen Pontifex-Maximus-Bruder anklagen zu  müssen.
Sechs lange Jahre seit dem Canisius-Schock gelang das bisher.
Im Jahr 2016 wird es allerdings durch den mit der Klärung des Missbrauchsskandals beauftragten Rechtsanwalt Ulrich Weber noch einmal ungemütlich für den frommen Orgel-Ratz.

[….] Im vergangenen Februar hatte das Bistum insgesamt 72 frühere Domspatzen als Opfer körperlicher Gewalt genannt - und angekündigt, jedem von ihnen eine Entschädigung von 2500 Euro zu zahlen.
Wie viele der 72 anerkannten Gewaltopfer auch sexuell missbraucht wurden, ließ die Kirche offen. Und während Regensburgs Bischof Rudolf Voderholzer bislang nur von zwei Tätern sprach, berichtet Ulrich Weber nun von "eindeutig mehr als zwei Beschuldigten".
[….]  Weber erwartet, dass sich weiterhin Opfer bei ihm melden - und die Zahlen weiter steigen. Wann es einen Abschlussbericht geben wird, ließ Weber offen.
Bereits jetzt sei aber klar, dass bei den Domspatzen über Jahrzehnte hinweg ein "System der Angst" geherrscht habe, sagte Weber der SZ. Er müsse davon ausgehen, dass zwischen dem Ende des Zweiten Weltkrieges und den frühen Neunzigerjahren mindestens jeder dritte der rund 2400 Domspatzen zum Gewaltopfer geworden sei. "Das ist die einhellige Aussage der Opfergespräche", sagte Weber. [….] Während das Bistum den Misshandlungen anfangs nur in der Domspatzen-Vorschule in Pielenhofen und später in Etterzhausen verortete, bestätigt Weber jetzt auch Übergriffe im Gymnasium, Internat und Chor in Regensburg. [….]

Ebenso wichtig wie den Namen Ratzinger rein zu halten, ist es für die hunderte Milliarden Euro schwere katholische Kirche, die Opfer höchstens mit Almosen abzuspeisen.

Die Opfer der Geistlichen um Ratzinger wurden nur mit der Kneifzange angefasst.

Einige Opfer, die über Jahre regelmäßig von Pfarrern vergewaltigt wurden haben schon ausgerechnet wie viel sie durch die Maximalentschädigung von 5.000 Euro „pro Fick“ als Kind verdient hätten.

Wie praktisch es doch ist wenn die Täter unter sich bleiben und allein entscheiden, wie und ob überhaupt man den Päderasten-Augiasstall ausmisten muß.

Die moralisch verkommenen Katholiken der Bundesregierung rücken nun in den Focus, weil sie drei Jahre lang demonstrativ die Opfer im Stich ließen, ihre Bitten ignorierten und sich mit den Tätern solidarisierten.

1. Nach dem Scheitern der Pläne für eine Aufarbeitung durch das KRIMINOLOGISCHE FORSCHUNGSINSTITUT NIEDERSACHSEN stehen wir wieder am Anfang. Auch drei Jahre nach den ersten Veröffentlichungen vom Januar 2010 liegen  noch immer keinerlei detaillierte Zahlen und Informationen über das Ausmaß  der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche in Deutschland vor.
Die Katholische Kirche als Institution ist offensichtlich mit der Aufarbeitung  überfordert. Das ist nicht wirklich überraschend. Denn Selbstaufklärung kann  nicht funktionieren, dazu braucht es eine unabhängige Instanz.  Jetzt ist die Öffentlichkeit gefragt: Der Deutsche Bundestag sollte eine Untersuchungskommission einrichten und die zahlreichen Fälle von sexuellem  Missbrauch sowie das dahinter liegende institutionelle Versagen untersuchen.
Als Vorbild können dabei die Erfahrungen in anderen Ländern dienen.  […] Dass es auch anders geht, zeigt beispielhaft das Vorgehen in den Niederlanden.
[…] 2. Die 2011 von der katholischen Kirche einseitig festgelegte „Anerkennungsprämie“ für die Missbrauchstaten ihrer Priester von „bis zu 5.000 Euro“ ersetzt  keine echte Entschädigung, die auf der Grundlage der unabhängigen Untersuchung festgelegt werden sollte.
Auf Grundlage der unabhängigen Untersuchungsergebnisse muss über eine  angemessene Entschädigung für den zugefügten Schaden gesprochen werden. […]
3. Es gibt immer noch immer keine Clearingstelle für die Abwicklung von Anträgen auf Hilfe. Die Missbrauchsbetroffenen aus katholischen Institutionen in Deutschland befinden sich daher auch weiterhin in einer fachlich und menschlich absolut inakzeptablen Situation: Da es keine unabhängige Anlaufstelle gibt, müssen sie sich an die Institution selbst also die katholische Kirche wenden, um Ihre Anliegen zu formulieren. Es handelt sich hierbei um dieselbe Institution, die bis zum Januar 2010 vorsätzlich jegliche Thematisierung, Aufdeckung, Aufarbeitung oder gar Hilfen für die Betroffenen verhindert hat.  […]

Einige Opfer, die von der Kirche nach wie vor ignoriert werden, sind im Hungerstreik - auch davon war heute bei den selbstzufriedenen Bischöfen keine Rede.

Warum HUNGERSTREIK-DEMO:
    Weil der Deutsche Bundestag das Thema sexualisierte Gewalt und andere Formen von Gewalt seit drei Jahren aussitzt, anstatt konkrete Entscheidungen zu treffen.
    Weil unsere Bundesregierung eine gerechtere Gesetzesreform, sowie die Aufhebung der Verjährungsfristen verhindert.
    Weil der scheinheilige Runde Tisch dieser Bundesregierung nichts gebracht hat.
    Weil de facto nichts passiert ist.

Welche Sitten allgemein bei den Regensburger Drecksspatzen herrschten dürfte im Vatikan nicht gerade unbekannt sein - schließlich führte der Prügel-Pater Georg Ratzinger dort lange das Kommando. Der ehemalige Schüler Alexander Probst, 51, versichert per eidesstattlicher Erklärung wie es ihm damals erging.

Er hat jahrelang geschwiegen. Er wollte nicht darüber reden, wie er von dem Präfekten regelmäßig befummelt und für dessen Lust missbraucht wurde. Und er hat keinem erzählt, dass er vom Domkapellmeister Georg Ratzinger immer wieder "verprügelt" wurde. "Ein cholerischer Sadist", sagt er heute über den Bruder von Papst Benedikt XVI. [….] Was der Bub erlebte, war "der blanke Horror". Prügel, sagt Probst, "gehörten zum Schulalltag".
 Doch damit nicht genug: "Im Zimmer des Präfekten musste man sich bis auf die Unterhose ausziehen. Er hat uns dann übers Knie oder den Stuhl gelegt und mit dem Geigenbogen das blanke Hinterteil verhauen. Es ging um Macht und diese Macht hat aus meiner heutigen Sicht auch eine sexuelle Komponente gehabt."  Als Probst nach der vierten Klasse nach Regensburg kam, ins Internat der weltbekannten Domspatzen, hoffte er auf Besserung. […] Doch es sollte noch viel schlimmer kommen.   Georg Ratzinger war zu dieser Zeit der Chef der Domspatzen. "Wir waren seiner Macht ausgeliefert. Der ist regelrecht explodiert und hat uns vermöbelt", so Probst. Wer in den Gesangsproben in den Probenräumen des altehrwürdigen Doms falsch gesungen oder auch nur kurz mit einem Kameraden geflüstert habe, sei mit Ohrfeigen bestraft worden.   Georg Ratzinger selbst hat nach Agenturberichten bereits eingeräumt, bis zum Ende der 1970er Jahre in den Chorproben hin und wieder Ohrfeigen verteilt zu haben. Doch habe er nie jemanden "grün und blau" geschlagen, erklärte er. Außerdem seien früher Ohrfeigen "einfach die Reaktionsweise auf Verfehlungen oder bewusste Leistungsverweigerung" gewesen, teilte er mit.   Von wegen "hin und wieder Ohrfeigen", sagt Probst. "Das war an der Tagesordnung. Mich hat er einmal an den Haaren gepackt und so lange geohrfeigt, bis das Büschel Haare ausgerissen ist." Alle Schüler, erzählt Probst, hatten Angst vor dem Domkapellmeister. "Wir hatten regelrechte Wachposten. Und wenn Ratzinger nahte, dann hat jeder geschaut, dass er wegkommt."

Der Sadist Ratzinger prügelte zwar brutal auf die Kleinen ein, aber vergewaltigt wurde Alexander Probst abends vom Präfekten persönlich.

Natürlich ist Pater Ratzinger heute hochgeschätzt. 
Kinder zu quälen ist nun wirklich kein Grund, um die behäbige Kirche in Wallung zu bringen.

Heute nun wurde von RA Weber der neue Zwischenbericht aus dem Bistum Regensburg vorgestellt.

[….] Bis zu 700 Missbrauchsopfer bei Regensburger Domspatzen
[….] Mindestens 231 Kinder sollen zwischen 1953 und 1992 bei den Regensburger Domspatzen misshandelt, weitere 50 sexuell missbraucht worden sein. Fast viermal so viele Opfer wie das Bistum bis dato eingeräumt hatte. Hier noch von Einzelfällen zu reden, wäre zynisch. Es handle sich um ein System, sagt Anwalt Ulrich Weber, den das Bistum vor einem Dreivierteljahr beauftragt hat, den Missbrauch bei den Domspatzen lückenlos aufzuklären.
Mehr noch als die Zahlen erschrecken die Ereignisse hinter den Zahlen. Die sexuellen Übergriffe reichten "von Streicheln bis hin zu Vergewaltigungen". Darüber hinaus seien die Kinder teils blutig geschlagen worden - mit dem Stock, mit dem Siegelring, mit dem Schlüsselbund. Und wenn eines der Kinder vor Angst ins Bett gemacht habe, sei es zur Strafe vor seinen Mitschülern bloßgestellt worden.
Wie perfide Priester und Lehrer auch die Kinder selbst in ihr System aus Prügel und Schweigen eingebunden haben, schildert Ulrich Weber an einem Vorfall aus den Sechzigerjahren. Damals sei ein Internatsschüler "erheblich verletzt worden", worauf dessen Mutter Anzeige gegen einen Kirchenverantwortlichen erstattete.
Weil Mitschüler aber "gedrängt wurden, über einen Treppensturz zu berichten", konnten die Prügel nicht bewiesen und nicht bestraft werden. Am Ende verließ nicht der Täter das Internat, sondern das Opfer. [….] Ob die Domspatzen-Verantwortlichen auch von den sexuellen Übergriffen wussten, ergebe sich dagegen nicht eindeutig aus den Akten. Das liege auch daran, sagt Weber, dass über sexuellen Missbrauch "untereinander größtenteils gar nicht kommuniziert wurde". Eine bemerkenswerte Aussage, schließlich ist in Webers Gutachten von insgesamt 42 beschuldigten Priestern und Lehrern die Rede.
[….] Nimmt man alle Formen der Gewalt zusammen - also seelische, körperliche und sexuelle Übergriffe - dann müsse er davon ausgehen, dass in der Zeit zwischen 1953 und 1992 jeder dritte Domspatz zum Opfer geworden ist, sagt Weber. Dieser Eindruck habe sich aus den Gesprächen ergeben, die er mit rund 70 Opfern geführt habe. "Ich sehe keinen Grund, an der Gesamtopferzahl von 600 bis 700 zu zweifeln", sagt Weber. [….]

Der Stiftungsvorstand der Domspatzen, dem damals auch Georg Ratzinger angehörte, wusste von diesem Gewaltregime, das im Wesentlichen unter Schuldirektor Johann Meier herrschte. Das geht unter anderem aus einem Schreiben aus dem Jahr 1975 hervor, in dem der Vorstand Meier mitteilt, dass Prügel und übermäßige Gewalt nicht mehr geduldet würden. Meier ignorierte diese Anweisung nicht nur. Er gab dem Vorstand gar zu verstehen, dass das Domspatzen-Gymnasium in Regensburg sich an Etterzhausen zu orientieren habe und nicht umgekehrt. Konsequenzen hatte dies für Meier ebensowenig wie ein zwölf Jahre später zusammengestelltes Dossier, das erhebliche Vorwürfe gegen den Schuldirektor aufführte. Er blieb bis zu seinem Tod ein hochgeachtetes Mitglied der Domspatzen-Familie.

Erinnert sich noch jemand die gescheiterte Studie des weltweit renommierten Kriminologen Christian Pfeifer?
Er sollte eigentlich die über Dekaden praktizierte Vertuschung der Kinderfickereien der katholischen Bistümer untersuchen und scheiterte daran, daß man ihm nicht genügend Einsicht in die Unterlagen gewährte.
Kein Bistum mauerte so sehr wie Regensburg.
Der seinerzeitige Bischof Gerhard Ludwig Müller, der schon mehrfach Opfer von sexueller Gewalt seiner Priester zum Schweigen gebracht hatte, sie durch Anwälte einschüchtern ließ und persönlich dafür sorgte, daß vorbestrafte Pädophile erneut Kindern zugeführt wurden, damit sie erneut sexuell übergriffig werden konnten, eben dieser Abschaumbischof Müller mauerte wie kein anderer bei der Aufklärung.
Das Bistum Regensburg gab überhaupt keine Daten frei.

Bischof Müllers persönlicher Pädosexskandal datiert im Jahr 3 v. C. (2007, drei Jahre „vor Canisius“). Er vertuschte Kindersex, zwang die Opfer mit einem Anwalt zum Schweigen, den er später als „Aufklärer“ einsetzte und führte dem „stark auf Buben fixierten“ Päderasten Kaplan K. neue Jungs zu, die dieser auch gleich wieder vergewaltigte. Entschuldigen wollte sich Abschaumbischof Müller nicht und wurde zur Belohnung zum drittmächtigsten Mann des Vatikans befördert. Unfassbare Zustände, die es aber Jahrelang nicht zu einer Welle der Empörung und Kirchenaustritte schafften.


Der eigentliche Skandal ist, daß der Hauptvertuscher für sein Schweigen und das Reinwaschen der Ratzingers auch heute noch hochgeehrt als drittmächtigster Mann der Kirche fungiert.
Glaubenspräfekt Müller wurde sogar von Papst Franziskus zum Kardinal erhoben.
Der alte Ratzinger, der junge Ratzinger und Müller – sie alle drei leben höchstgeehrt im Vatikan und werden nicht zur Rechenschaft gezogen.


Wenn man den Berichten Prof Pfeifers folgt, kann man davon ausgehen, daß die Akten im Bistum Regensburg über Jahre gesäubert wurden.
Es wird Gründe gehabt haben, daß Bischof Müller so lange niemand Einblick gewährte.

Die also vermutlich ohnehin schon deutlich geschönte Wahrheit findet sich nun in diesem Zwischenbericht.

Der gegenwärtige Regensburger Bischof Voderholzer steht ganz in der unsäglichen Tradition Müllers und versucht immer noch alles kleinzureden.

Er wolle die Missbrauchsfälle "nicht an die große Glocke hängen", denn es ginge ihm um die Menschen selber. "Aber die Art und Weise, wie die Sache gegenwärtig in der Öffentlichkeit dargestellt wird, nötigt mich, auch öffentlich wenigstens ein paar Sätze dazu zu sagen." Der Bischof wolle weitere Gespräche mit den Opfern führen, allerdings "im Verborgenen". Er bittet weitere Opfer darum, sich bei ihm zu melden und Vertrauen in das Bistum zu haben.

Einer solchen Organisation gehört natürlich mindestens ab sofort jede finanzielle Unterstützung des Staates gestrichen.
Und natürlich sollten die staatlichen Stellen SELBST ermitteln – so wie dies beispielsweise in Holland oder Irland geschehen ist.
Erbärmlich, erbärmlich, erbärmlich, daß sich weder Parlament noch Bundesregierung oder Bundesstaatsanwaltschaft jemals veranlasst sahen zu ermitteln.

Donnerstag, 7. Januar 2016

Krank

Gerade war ich beim Arzt. Beim Orthopäden in so einem neuen hochmodernen Facharztzentrum.
Normalerweise handhabe ich physische Beschwerden so, daß ich sie konsequent ignoriere bis es irgendwann von allein wieder weggeht.
Gestern ließ es sich aber nicht mehr aufschieben.
Und gerade orthopädische Praxen sind verrufen für extrem lange Wartezeiten.
Es kennt auch niemand einen guten Orthopäden.
Zu den Knochen-Ärzten gehe ich schon deswegen so ungern, weil ich Privatpatient bin und da werden einem fast immer IGeL-Leistungen* empfohlen, deren Notwendigkeit man als Laie so schlecht beurteilen kann.

*Wie ich schon gelegentlich erwähnte, bestimmt in der Gesundheitspolitik weniger das Gesundheitsministerium als vielmehr der „Gemeinsame Bundesausschuss“, in dem alle Lobbyisten zunächst einmal bestimmen was ihren finanziellen Interessen dient.
Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) müssen nach den Richtlinien des § 92 SGB V nicht von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden.
Aber welcher Patient, der wirklich krank ist oder Schmerzen hat, würde nicht aus eigener Tasche Behandlungen zahlen, wenn der Halbgott in Weiß einem glaubhaft suggeriert, daß nur diese ihm Linderung verschaffen?

Angesichts der horrenden monatlichen Zahlungen, die ich für meine Zwangs-PKV zahle, übernimmt meine Kasse IGeL-Leistungen.
Was zunächst erst mal gut klingt, bedeutet aber in der Praxis, daß ich erstens ein großes Risiko von überflüssigen aber teuren Behandlungsempfehlungen trage und zweitens, daß dadurch meine monatlichen Beiträge noch mehr steigen.

Nun also nach sehr langer Zeit ein neuer Orthopäde.
Zunächst einmal waren sie von meinen prähistorischen Ledereinlagen begeistert, die ich mitgebracht hatte. Aus dem Jahr 2000. Die sähen aber noch unglaublich gut aus.
(Daß die 15 Jahre nur im Schrank lagen und ich die nie in einen Schuh gepackt hatte, erwähnte ich nicht extra.)

Aber nun gäbe es ja viel bessere Einlagen. Die aus Kunststoff für 129,- und die doppelt so teure dünne Lederversion.  Ich müsse auf jeden Fall Beide Paare nehmen, damit ich sie je nach Schuh einsetzen könne. Knappe 500 Euro weg.
Dazu Stoßwellentherapie (drei Mal ~ rund 300 Euro) und ein MRT (>1000 Euro) zum Ausschluss von möglichen Haarfrakturen sei auch angeraten.

Im orthopädischen Sanitätsgeschäft nebenan stellte die freundliche Dame bei der „Anprobe“ fest, daß mein linker Fuß 1,5 mm kürzer als der Rechte ist!
Donnerschlag! Was für ein Drama.

Offensichtlich wird inzwischen jede kleinste Abweichung vom anatomischen Idealmaß als behandlungsbedürftig angesehen.
Dabei werden viele bereits festgestellt haben, wenn sie sich auf der Straße umsahen, daß nicht alle Menschen exakt gleich aussehen.
Wir sind keine Klone. Es gibt Abweichungen im Knochenbau.

Noch absurder wird es bei Blutbildern, die bei jeder geringfügigen Normabweichung sofort eine Therapie dagegen anmahnen.

Überraschung, Überraschung. Auch Blutzuckerspiegel, Cholesterinwerte und Blutdruck sind nicht bei jedem Menschen gleich. Viele Werte verändern sich auch auf ganz natürliche Weise durch den Alterungsprozess.
Glücklicherweise haben ältere Männer eben nicht mehr den Testosteronwert wie ein 18-Jähriger.

Jede vierte Frau über 50 wird heutzutage als Osteoporose-anfällig diagnostiziert und muß sehr teure Medikamente zur Erhöhung der Knochendichte nehmen.

Millionen Menschen in Deutschland nehmen täglich Blutverdünner ein – Marcumar, Coumadin, ASS, Xarelto und Co. Das klingt zunächst einmal gut, weil man das Risiko von Schlaganfällen natürlich gern senken will.
Aber ohne Blutgerinnung zu leben, weil man täglich eine kleine Dosis Rattengift einnimmt, erhöht andererseits das Risiko einer Hirnblutung und ist ein Alptraum für Chirurgen, die diese Menschen nicht operieren können.

Über sieben Millionen Menschen werden in Deutschland medikamentös wegen Diabetes behandelt.
Muss das wirklich sein? Oder können ältere Menschen vielleicht auch genauso gut mit einem etwas höheren Zuckerwert als er im Medizinlehrbuch steht, leben?

Studien werden immer unsauberer gelesen. Man verwechselt statistische Zusammenhänge mit ursächlichen Zusammenhängen.

Mindestens 84 Prozent der erwachsenen Bürger, so eine Studie aus Norwegen, haben demnach ein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Immer häufiger behandeln Mediziner heute kein wirkliches Leiden mehr, sondern versuchen, die statistische Wahrscheinlichkeit einer späteren Krankheit zu verringern. Dabei sind viele Messwertüberschreitungen kaum relevant. So erschienen zu Triglyceriden, C-reaktivem Protein, Fibrinogen und sieben weiteren Biomarkern aus dem Blut jeweils mehr als 6000 Studien. Wissenschaftler haben die Zahlen gesichtet und fällen ein vernichtendes Urteil: All diese Biomarker hätten nur „eine eingeschränkte oder gar keine Aussagekraft über Herz-Kreislauf-Krankheiten“.
Dennoch werden massenhaft Medikamente verschrieben, um die Blutwerte zu verändern. Die Verordnungen von bestimmten lipidsenkenden Mitteln (Statinen) etwa haben sich in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland mehr als verdoppelt; jeden Tag nehmen fünf Millionen Bürger sie ein.
(Jörg Blech, SPIEGEL, 01/16 s.101)

Noch problematischer ist es im psychotherapeutischen Bereich.
Wer kann da schon so genau sagen, was die Norm ist und was als behandlungsbedürftig einzuschätzen ist?

Darf die Trauer nach dem Tod eines geliebten Menschen zwei Jahre oder nur zwei Wochen dauern? Ab wann ist zu viel essen pathologisch? Und brauchen extrem reizbare Kinder, die sich mitunter zurückziehen, eine psychiatrische Diagnose?
Was noch normal und was schon krank ist, stufen Ärzte nach einem Klassifikationssystem psychiatrischer Leiden ein, das derzeit rundum erneuert wird. Wie der SPIEGEL berichtet, ist jetzt eine Debatte entbrannt um die Inhalte der fünften Auflage des "Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen" (DSM-5), das im Mai veröffentlicht werden soll. Gesundheitsexperten warnen, normale Verhaltensweisen könnten zu seelischen Störungen erklärt werden. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagt: "Das DSM-5 treibt die weltweite Psychiatrisierung von außergewöhnlichen Verhaltensweisen voran. Psychiater und pharmazeutische Firmen produzieren mehr Kranke, um mehr Geld zu verdienen."
(Der SPIEGEL 21.01.2013)

Und was mache ich jetzt mit meinem linken Fuß?
Der ist ja immerhin über einen Millimeter kürzer als der andere.

Ob ich es überlebe, wenn ich das nicht behandeln lasse?


Mittwoch, 6. Januar 2016

Christliches Mitgefühl für Männer.


Monatelang, vielleicht Jahrelang zusammengepfercht mit Fremden auf engsten Raum, getrennt von seiner Familie und zum absoluten Nichtstun verdammt, während man noch nicht mal den Ort verlassen darf, kein Geld verdienen kann und auch die fremde Sprache, die einen umgibt nicht lernen kann, weil man für einen der raren Kurse erst ein Asylverfahren durchlaufen müßte, das man aber noch nicht mal beantragen konnte, ist offensichtlich nicht der ideale Nährboden, um kontinuierlich entspannt und geduldig zu bleiben.
So eine Überraschung.

Man könnte natürlich argumentieren, daß es geboten wäre in so einer Situation die Familienväter wieder mit ihren Frauen und Kindern zusammen zu bringen.
Dann müßten sie sich nicht mehr jede Minute um das Wohl ihrer Familie sorgen und die Wartezeit wäre weniger unerträglich, wenn man sich währenddessen wenigstens gegenseitig umsorgen kann.
Und war da nicht auch irgendwas mit christlichen Werten? Familienwerten?
Irgendwas mit dem Grundgesetz?

Die syrische Stadt Madaja ist seit mehr als 170 Tagen abgeriegelt. [….]
Etwa 40.000 Menschen sollen in dem belagerten Ort Hunger leiden. Ein Arzt sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Bewohner würden inzwischen Gras und Laub essen, um ihren Hunger zu stillen. Zudem hätten sie vor einigen Tagen begonnen, Hunde und Katzen zu schlachten.
"Die Menschen sterben in Zeitlupe", sagte ein Sozialarbeiter aus Madaja dem "Guardian".

Aber die modernen Christdemokraten und Christsozialen denken vielleicht auch daran, daß die armen Männer mal ihre Ruhe haben wollen. So eine Ehefrau stellt immer Ansprüche und wer weiß nicht, daß Kinder einem gewaltig auf die Nerven gehen können?

Die Bundesregierung, die auch von der SPD getragen wird, sorgt durch die Einschränkungen beim Familiennachzug dafür, daß nun immer mehr Kinder und Frauen auch die lebensgefährlichen Todes-Kähne auf dem Mittelmeer gezwungen werden.
Statt Fluchtursachen und das Schlepperwesen zu bekämpfen, schaffen sie nun ein Konjunkturprogramm für skrupellose Schlepperbanden.

Wenn man den Familiennachzug stoppt, bedeutet das:

„Unsere barmherzigen Christen betreiben jetzt das, was sie neulich im Bundestag noch abgelehnt hatten: Geschäftsmäßige Sterbehilfe!“
(Urban Priol 12.11.2015)


Gerade gestern zog die türkische Küstenwache wieder mehrere Kinderleichen aus der eiskalten Ägäis. Kein Grund für die CSU nicht immer schriller nach Obergrenzen zu schreien. So ein paar tote Gören interessieren einen wahren Christen wie Horst Seehofer, der bereits vier Mal persönlich vom Franzl-Papst empfangen wurde, nicht.

Aber wahre Christen wären nicht wahre Christen, wenn sie nicht immer noch voller Mitgefühl für die Männer in den Flüchtlingsheimen wären.
Gut, sie haben das Glück nicht mehr von ihren Quengel-Blagen belästigt zu werden.
Aber auch wenn Frauen ziemlich nutzlos erscheinen, jedenfalls so überflüssig, daß man sie nicht extra dazu holen muß, so erfüllen sie doch eine Funktion als Putzkraft und Sexobjekt.

Erstere Funktion hält man hierzulande offenbar noch für substituierbar. Da muß sich der Mann selbst helfen; er hat ja (meistens) zwei gesunde Hände.
Letztere Funktion hingegen scheint offenbar weniger einfach mit zwei gesunden Händen zu ersetzen sein.

Pfarrer Ulrich Wagner schlägt bei den offenbar Puff-erfahrenen CSU-Mitgliedern vor den Asylbewerbern Huren zuzuführen.
Man weiß ja, „der Afrikaner schnackselt so gern“ und wenn er genügend in seinem Heim poppen kann, läßt er sich vielleicht davon abhalten Björn Höckes deutsche Blondinen ins Visier zu nehmen – so die bestechende Logik.

[….]  Herr Wagner, Sie haben bei einer Asyldebatte in Siegertsbrunn neben vielem anderen angeregt, Asylbewerbern die Dienste von Prostituierten zur Verfügung zu stellen. Ist das Ihr Ernst?

Pfarrer Wagner: Der Gedanke kam, als mir ein Freund erzählt hat, dass in sein Dorf 100 Asylbewerber kommen und jetzt viele Angst hätten, dass so viele Männer die Frauen im Ort belästigen könnten. Ob begründet oder nicht: Diesen Ängsten will ich damit begegnen. Denn es gibt sie.
[….] Der Bedarf ist doch da. In unserer Gesellschaft haben wir doch auch Prostitution, das soll doch ein anerkannter Beruf sein, die Zeitungen und das Internet sind voll mit Anzeigen. Wenn’s aber um Asylbewerber geht, geben wir ihnen zu essen, zu trinken und sagen: Das Problem ist gelöst. Ist es aber nicht.
[….] Vielleicht erklärt sich auch ein Bordellbesitzer bereit, ein gutes Werk zu tun. Am Vormittag ist da ja eh nicht viel los, vermute ich.[….]


Dienstag, 5. Januar 2016

Also, das geht nicht, Harald Stutte


Im aktuellen SPIEGEL wendet sich Markus Feldenkirchen mit seinem Leitkommentar direkt an die „besorgten Bürger“.

[…] Eine weitere Sorge gilt uns, den Medien. Viele „besorgte Bürger“ unterliegen dem Missverständnis, dass guter Journalismus haargenau die eigene Meinung wiedergeben müsse. Das ist menschlich, aus ähnlichen Motiven haben die Nazis ihren „Stürmer“ gehabt. In Demokratien aber war die Idee von Journalismus bisher eine andere. […]
 (Der SPIEGEL 01/2016 s.12)

That said, muß ich mich ein bißchen über den Mopo-Redakteur „Harald Stutte“ echauffieren.
Schon wieder.

 Es ist nicht das erste mal, daß ich mich über Stutte sehr wundern muß.


Er tut das aber offenbar weniger aus Bosheit, sondern einfach aus Unwissenheit.
Im Grunde sollte man sich auch nicht über eine so einfache Boulevardzeitung ärgern. Natürlich haben die keine Mittel, um sich echte Edelfedern zu leisten.
Für den Preis von 90 Cent kann man natürlich keinen Spitzenjournalismus erwarten.
Ganz im Sinne Fledenkirchens erwarte ich auch keineswegs von der Hamburger Morgenpost genau das zu präsentieren, was ich auch denke.
Stutte und seine Kollegen können und sollen gern andere Meinungen vertreten.

Es ist aber nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt, wenn man aus purer Unwissenheit außenpolitische Dinge einfach falsch darstellt.

In der heutigen Ausgabe will uns Stutte nämlich Saudi Arabien erklären.

Für die Welt war die Inthronisierung Salmans im Januar 2015 nur eine Randnotiz. Ein 79-Jähriger Greis folgte einem 91-Jährigen (Abdullah), der zehn Jahre zuvor einem 84-Jährigen (Faht) auf den Thron gefolgt war.
(Mopo, STU, 05.01.16)

Zunächst einmal Vorsicht mit der Behauptung 79-Jährige wären automatisch Greise.  Helmut Schmidt war mit knapp 97 noch deutlich fitter im Kopf als Harald Stutte und bekanntlich war Konrad Adenauer noch mit 87 Jahren Bundeskanzler und viele 90-Jährige demonstrier(t)en gerade im deutschen TV ihre geistigen Qualitäten. Margarethe Mitscherlich, Hildegard Hamm-Brücher, Peter Scholl-Latour, Wolfgang Leonhard, Egon Bahr.  Papst Franziskus ist im Übrigen auch 79 Jahre alt und wird niemals als „Greis, der auf Greise folgte“ abgekanzelt.

Es muß sich auch niemand mit den 7000 saudischen Prinzen auskennen. Aber wenn man schon Artikel darüber schreibt, sollte man sich doch zumindest anlesen, daß Salman der vorletzte der sieben berühmten Sudairi-Prinzen ist.

Salman ibn Abd al-Aziz Al Saud, 79,  saudischer absoluter Herrscher seit dem 23. Januar 2015, ist der vorletzte der sieben Lieblingssöhne seines Vaters König Abd al-Aziz ibn Saud. So kam er jetzt auf den Thron, obwohl er nur der 32. Sohn seines Vaters ist. Es gibt nur noch einen jüngeren Sohn von König Salmans Mutter Huzza Bint Ahmed Bin Mohammed Al-Sudairi.
Salmans Papi, der legendäre Staatsgründer, regierte rund 50 Jahre, davon 21 Jahre als König, war mit 17 Frauen verheiratet und zeugte etwa 60 Kinder.
Dagegen stinkt Salam ab.
Sein Bruder und unmittelbarer Vorgänger König Abdullah hatte wenigstens noch 34 Kinder von neun Ehefrauen.

Die Sudairi-Sieben spielen eine entscheidende Rolle in Saudi Arabien. Auch König Faht war einer der Sudairi-Sieben.
Das ist schon insofern wichtig, weil man annimmt, daß erst nach dem Tod aller sieben Vollgeschwister ein Generationenwechsel in Riad vollzogen wird.

Salmans direkter Vorgänger, König Abdullah, war auch keineswegs einer dieser Greise, von denen Stutte suggeriert, es mache keinen Unterschied, wer auf dem Thron säße. Abdullah war durchaus ein bißchen reformorientiert und leitete sukzessive Neuerungen ein.

Dies dreht Salman nun zurück.

Vollkommen falsch ist hingegen die Darstellung Stuttes, die Welt habe den Thronwechsel gar nicht mitbekommen. Das diametrale Gegenteil ist richtig. Noch nie wurde so ein diplomatischer Großalarm ausgelöst.

Als Abdullah starb, war Merkel krank und Pastor Gauck feierte gerade eine Sause zu seinem 75. Geburtstag. Da es für Gauck nichts Wichtigeres als Gauck gibt, war er also verhindert.
Protokollarisch wäre Steinmeier am drannsten gewesen, um schleimspurziehend auf den Knien durch Riad zu rutschen.
Salman, der neue König gibt sich aber nicht mit so etwas minderem wie Außenministern zufrieden. So kam es, daß Merkel ganz schnell Wulff reaktivierte, um der Saudischen Königsfamilie zu kondolieren.
Präsident ist in ihren Augen mehr als ein Außenminister, auch wenn es nur ein „Ex“ ist, der chronisch so knapp bei Kasse ist, daß man stets befürchten muß, er könnte sich das Tafelsilber einstecken.   […]

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Saudi-Arabien zum Tod von König Abdullah kondoliert und dem gestorbenen Monarchen für "seine ausgewogene und vermittelnde Politik im Nahen Osten (...) Respekt und Anerkennung" gezollt. Wie das Bundespresseamt mitteilte, sprach Merkel in einem Kondolenztelegramm dem neuen König Salman ibn Abdelasis ihr "tief empfundenes Mitgefühl" aus.
Weiter schrieb die Kanzlerin über den verstorbenen König: "Mit Klugheit, Weitsicht und großem persönlichen Einsatz ist er für eine behutsame Modernisierung seines Landes und für den Dialog der islamischen Welt mit dem Westen eingetreten."

Noch ungenierter agiert Obama.
Der Guantanamo-man, der zuhause fleißig die Todesstrafe praktizieren lässt und weltweit durch illegale Drohnen-Mord-Aktionen Unschuldige umbringen läßt, setzt im Spannungsfeld zwischen „westlichen Werten“ wie Meinungsfreiheit und Rücksicht auf islamische Despoten klare Prioritäten.
Moral und Werte – das brauchen die frommen Christen Obama, Wulff und Merkel nur bei Sonntagsreden und um sich bei ihren Wählern einzuschleimen. In der praktischen Politik tangieren sie diese Petitessen nicht.
Die böse Mainstreampresse kritisiert das durchaus. Sie tut das was sie tun muß.
Allein, es schert niemand.

[…] Es wirkt wie eine Pilgerfahrt. Der saudische König ist gestorben, und alle eilen nach Riad. Frankreichs Präsident und der britische Premier waren schon da, der US-Präsident will am Dienstag kommen. Der Westen verneigt sich vor dem toten Herrscher. Das ist prinzipiell nicht verwerflich. Zu kondolieren ist eine zivilisatorische Errungenschaft. Leider belassen es die Staats- und Regierungschefs aber nicht beim Kondolieren, sie machen einen Kotau.
In dem Land, das die Königsfamilie sich untertan gemacht hat, gelten Frauen nichts. Homosexuelle werden verfolgt, Blogger ausgepeitscht, Todesurteile öffentlich mit Säbeln vollstreckt. Es grenzt an eine Selbstaufgabe der Demokraten, wenn in London sogar die Fahnen am Parlament auf Halbmast gesetzt werden, weil König Abdullah gestorben ist.
Es ist absurd, wenn Merkel die "Klugheit" und "ausgewogene Politik" des Monarchen preist. Und es ist bezeichnend, dass Obama den Gedenkmarsch für die Opfer des islamistischen Terrors in Paris geschwänzt hat, jetzt aber zu den Mittelalter-Theokraten in Riad pilgert. […]

[…] Barack Obama bietet für seinen Antrittsbesuch bei Saudi-Arabiens neuem König Salman nahezu alles auf, was in der Sicherheitspolitik der Amerikaner Rang und Namen hat: Außenminister John Kerry, CIA-Chef John O. Brennan, General Lloyd J. Austin, Chef des US Central Command, das für den Nahen Osten und Zentralasien zuständig ist, sowie seine wichtigsten Berater für Sicherheit, Lisa Monaco und Susan Rice, begleiten den US-Präsidenten.
Zur 30-köpfigen Delegation Obamas gehören sogar wichtige Republikaner, die in Saudi-Arabien geschätzt werden: die Ex-Außenminister James Baker (unter George Bush Sr.) und Condoleezza Rice (unter George W. Bush) sowie Senator John McCain, Obamas größter außenpolitischer Kritiker und Rivale bei der Wahl 2008.
Mit seinem persönlichen Erscheinen und der hochkarätigen, parteiübergreifenden Delegation will der US-Präsident nach dem Tod von König Abdullah zeigen, wie wichtig ihm Saudi-Arabien als Partner ist. Obama will einiges wieder gut machen, denn das Verhältnis der beiden Länder hat sich in seiner Amtszeit verschlechtert. Deshalb hofiert er nun den neuen Monarchen Salman. Seinen Besuch in Indien hat der US-Präsident eigens dafür abgekürzt. […] Saudi-Arabien mischt […]  selbst energischer in der Region mit: Es schickte seine Panzer nach Bahrain, unterstützte in Ägypten den Putsch des Militärs und greift auch in Libyen gegen die Radikalislamisten ein.
[…] Die saudische Linie ist klar: Stabilität statt demokratischer Experimente. Zu diesem Kurs scheint auch Obama wieder zurückkehren zu wollen. […]

Wie Obama aufmarschierte, zeigt schon, daß dieser Thronwechsel so wichtig wie kein anderes diplomatisches Ereignis der letzten Jahre war.

Seine „irgendein Greiser, den niemand kennt“-Ansicht über das saudische Königshaus verfolgt Stutte in seinem Artikel weiter.
Die wären eben alle leicht irre da und es käme noch schlimmer, wenn erst einmal Salmans Sohn auf den Thron folge.

Strippenzieher der gegenwärtigen Konfrontation mit dem Iran nach der jüngsten Hinrichtungswelle ist neben Salman vor allem Mohammed bin Salman (30), Lieblingssohn des Königs. Der Verteidigungsminister, als einziger der Führung studierte er nicht im Ausland, ist Favorit in der Thronfolge.
(Mopo, STU, 05.01.16)

Nun ja, also in Saudi Arabien mit den 7000 Prinzen ist es eben nicht so, daß Söhne automatisch in der Thronfolge bedacht werden. Das kam bisher auch gar nicht vor. Zudem hat Salman 12 Söhne.
Der saudische Thronanwärter war bis zum April 2015 Salmans Halbbruder Kronprinz Muqrin, 70, der 43. Sohn des legendären Königs Abd al-Aziz ibn Saud.
Inzwischen wurde er zum stellvertretenden Kronprinz zurückgestuft.
Neuer Hauptthronanwärter ist ein 56-Jähriger Enkel des Staatsgründers: Der Innenminister von Saudi-Arabien Prinz Mohammed ibn Naif ibn Abdul-Aziz Al Saud. Er ist ein Sohn des früheren saudischen Innenministers Naif ibn Abd al-Aziz.

Der von Stutte genannte Verteidigungsminister ist also maximal Nummer drei in der Thronfolge und dürfte aufgrund seiner Jugend noch Jahrzehnte lang nicht für das Amt in Frage kommen.

Redakteur Stutte muß unbedingt etwas gründlicher googlen, bevor er seine Erklärbär-Artikel in die Welt setzt.