Dienstag, 7. April 2015

Gabriel gegen die Wand – Teil II



Bebel noch mal, was ist denn bloß mit Gabriel los?
Preist Totalüberwachung als Allheilmittel.







Gerade gestern hatte ich ihn aus verschiedenen Gründen hart kritisieren müssen und nun stellt er sich erneut von seiner häßlichen Seite dar.

Ja, Griechenland fordert viel Geld von Deutschland.
Ja, das Thema Reparationen ist unangenehm für Deutschland.
Ja, damit versucht Tsipras auch von der eigenen Misere abzulenken.


Die Bundesregierung hat griechische Ansprüche auf Wiedergutmachung für NS-Verbrechen erneut zurückgewiesen. Vizekanzler Sigmar Gabriel sagte, die Reparationsfrage sei juristisch erledigt, eine Verknüpfung der Schuldfrage mit Kredithilfen sei "dumm".
[…] Gabriel räumte ein, dass Deutschlands moralische Verantwortung bestehen bleibe. Es dürfe keinen "Schlussstrich" geben, sagte er, ohne aber konkret zu werden. Der SPD-Chef sagte, vor den Opfern der griechischen Bevölkerung in der Schuldenkrise müssten die Deutschen "verdammt viel Respekt" haben. Griechische Normalbürger büßten dafür, dass ihre Eliten das Land "ausgeplündert" hätten.
Griechenland habe eher ein Interesse daran, aktuell von den Partnern Spielräume bei der Bewältigung der Schuldenkrise zu bekommen, sagte der SPD-Chef. Das habe aber mit Reparationszahlungen aus dem Zweiten Weltkrieg "gar nichts zu tun".
[…] Der europapolitische Sprecher der Grünen, Manuel Sarrazin, und die Vorsitzende der deutsch-griechischen Parlamentariergruppe im Bundestag, Annette Groth von der Linkspartei, forderten dagegen die Rückzahlung eines vom NS-Besatzungsregime 1942 eingezogenen Zwangskredits. Alle anderen Ansprüche sollten Deutschland und Griechenland "gemeinsam und einvernehmlich" vor dem Internationalen Gerichtshof prüfen lassen, sagte Sarrazin. Groth ging noch einen Schritt weiter. "Die Zahl von 278,7 Milliarden Euro relativiert sich, wenn man sich die griechischen Schulden und die Anleihen-Aufkäufe der EZB jeden Monat anschaut", sagte sie. Die Bundesregierung sollte zumindest mit der griechischen Seite darüber reden, wie sich die Zahl zusammensetze. "Das kategorische 'Nein' der Bundesregierung kann jedenfalls nicht stehenbleiben", sagte sie.

Wie kommt Vizekanzler Gabriel dazu wie ein CDU-Bulldozer Nazikriegsverbrechen auf die leichte Schulter zu nehmen?
Ausgerechnet Gabriel, der sich in seiner Freizeit seit Jahrzehnten für die Erinnerung an die Naziverbrechen stark macht, für den Erhalt von KZ-Gedenkstätten sorgt und persönlich Besuchergruppen durch ehemalige KZs führt.

Offensichtlich stimmt das tatsächlich, was man in vielen Hintergrundartikeln über Gabriels Persönlichkeit lesen kann:
Er ist klug, kann geradezu brillant reden wenn es sein muß und ist auch zu ganz sensiblen leisen Tönen fähig. Aber er ist notorisch sprunghaft und unzuverlässig. Wenn man gerade etwas Nettes über ihn schreiben und denken will, geht es wieder mit ihm durch und er haut in Neroesker Rage um sich.
Seine dunkle Seite führt bestenfalls dazu, daß er aus purer Missgunst seine eigenen Partner demontiert – Maas und Fahimi erfuhren das zuletzt mehrfach.
Schlimmstenfalls läuft er aber auch bundes- oder europapolitisch Amok und richtet Schaden für das ganze Land an.

[…] Deutschland trickst seit Jahrzehnten, um Ansprüche der Griechen abzuwehren. Es ist überfällig, dass Deutschland die moralische Schuld anerkennt.
Es ist verständlich: Die Griechen wollen für die Verwüstungen entschädigt werden, die die Nationalsozialisten von 1941 bis 1944 angerichtet haben. Hunderttausende sind damals verhungert und umgekommen. Da reicht es nicht, dass Deutschland nur laue Worte der Entschuldigung murmelt und auf die 155 Millionen Mark verweist, die 1960 überwiesen wurden.
[…]. Im Falle Griechenlands liegt die Lösung nah, weil es dort zu einer juristischen Besonderheit kam: Dem Land wurde ein Zwangskredit von 476 Millionen Reichsmark abgepresst – den die Nationalsozialisten ausdrücklich zurückzahlen wollten. Die Bundesrepublik ist die Nachfolgerin des Dritten Reiches; sie sollte diese Verpflichtung bedienen, die selbst die Nazis anerkannt haben.
Der Zwangskredit von damals würde heute etwa 7 bis 11 Milliarden Euro entsprechen. Zu wenig, um den Griechen in ihrer aktuellen Not zu helfen. Aber genug, um zum Beispiel eine Stiftung zu gründen, die Projekte der deutsch-griechischen Verständigung fördert – und die moralische Schuld der Deutschen deutlich symbolisiert. […]

Es tut mir ja Leid für die deutschen Minister des Jahres 2015, daß sie mit diesen Milliardenforderungen konfrontiert sind.
Aber durch beleidigtes Poltern lässt sich das Problem nicht aus der Welt schaffen.
Die Menschheitsverbrechen der Deutschen sind real.

Summe der Schande
[….]  Nirgendwo außerhalb Osteuropas war die deutsche Besatzung so brutal. Das Land, das im 19. Jahrhundert den Befreiungskampf der Griechen in philhellenischem Überschwang gefeiert hatte, brachte 1941 bis 1944 den Horror über Griechenland. 80 000 Menschen starben durch "Partisanenbekämpfung", eine Viertelmillion Griechen erlagen Hunger und Erschöpfung, Zehntausende griechische Juden kamen in den Vernichtungslagern um.
Verglichen damit sind 115 Millionen D-Mark Opferentschädigung kein großer Betrag. Die Griechen hatten gleich nach dem Krieg umgerechnet 14 Milliarden Euro gefordert, zum Ausgleich der ungeheuren Schäden durch die Besatzungsherrschaft.
Nach deutscher Rechnung hat die Bundesrepublik bislang insgesamt etwa 71 Milliarden Euro im Zusammenhang mit Entschädigungsleistungen für Naziunrecht gezahlt, knapp 47 Milliarden davon, fast zwei Drittel, nach dem BEG, dem Bundesentschädigungsgesetz von 1956. Dies galt im Wesentlichen aber nur für deutsche NS-Opfer, nicht für ausländische. [….]

Montag, 6. April 2015

Gabriel gegen die Wand.


Gelegentlich haben sich im Volke bestimmte Meinungen festgesetzt und werden von riesigen Mehrheiten vertreten.
Dazu gehört beispielsweise die Auffassung Merkel wäre eine besonders vertrauenswürdige Bundeskanzlerin, daß man „den Russen“ nicht trauen dürfe, daß „die Griechen“ mehr sparen sollten oder daß Schlepperbanden allesamt bösartige Kriminelle wären.

Ich nehme solche demoskopisch erhobenen Daten gern als Beweis für die Untauglichkeit von plebiszitären Elementen.
Das Volk direkt zu befragen statt den kundigeren Fachleuten, den Volksvertretern die Entscheidungen zu überlassen mündet in der Diktatur der Inkompetenz.
Es ist schon schlimm genug nur dieses eine Volk zu haben, welches schon Gauck, Merkel, Wulff und Guttenberg zu seinem beliebtesten Politiker kürte, das schließlich auch die Parlamentarier aussucht.

Es steht also einem Politiker gut an sich auch mal gegen die überwältigende Volksmeinung zu stemmen und Entscheidungen wie die für den Euro per Order di Mufti durchzupauken.

Umgekehrt wird allerdings auch kein Schuh draus.
Gelegentlich gibt es auch große Mehrheiten im Volk für richtige Dinge, die aber hartnäckig von der politischen Klasse ignoriert werden.
Eine Majorität der Deutschen wünscht Legalisierung von aktiver Sterbehilfe, „Homo-Ehe“ und Marihuana. Die allermeisten Deutschen waren gegen den Irakkrieg, den die gesamte CDU vehement unterstützte.
Ginge es nach Volksbefragungen würden außerdem Waffenexporte drastisch eingeschränkt, Millionäre besteuert, Kapitalertragssteuern und Steuern auf Aktiengewinne erhoben, würde TTIP gestoppt und auch Datenkrakigkeit wäre schnell am Ende.

Daß sich in diesen Fällen Politiker so deutlich gegen den Mehrheitswillen ihrer Wähler stemmen, liegt offensichtlich an sehr effektivem Lobbydruck.
Kirchen und Finanzindustrie haben alle Möglichkeiten Politiker unter Druck zu setzen und von ihnen Gehorsam zu erpressen.

Ein gefährliches Spiel. Denn wenn man wie zum Beispiel die Westerwelle-Rösler-FDP zu offensichtlich nur Politik nach den Zuwendungen in die Parteikasse betreibt, steht man womöglich bald ohne Amt und Mandat da.
Nur wenige Politiker wie Guttenberg oder Merkel sind völlig immun gegen Volkszorn.
Sie können noch so offensichtlich lügen und betrügen und werden dennoch hartnäckig von mindestens zwei Dritteln der Wähler adoriert.


Für andere Politiker kann es in der eigenen Partei und im Ansehen bei den Wählern schnell bergab gehen, wenn nicht zu begreifen ist, weswegen sie so strikt wider die Interessen der Mehrheit agieren.

TTIP-, Ceta- und Vorratsdatenspeicherungsfan Sigmar Gabriel hat es besonders schwer, da die Gegner seiner Lieblingsprojekte vornehmlich in der Partei hocken, deren Vorsitzender er ist.

Ich warte voller Spannung auf stichhaltige Begründungen meines Parteichefs.
Mit sachlichen Argumenten wäre ich durchaus zu überzeugen; ich bin schließlich kein Ideologe.

Gabriel liefert aber nicht.
Er verweist beispielsweise auf vage ökonomische Versprechen, die industriefreundliche Institute liefern und die dennoch so grob verfälscht interpretiert werden müssen, um überhaupt einen Sinn aus TTIP zu destillieren.

Politik und Wirtschaft sagen Aufschwung und neue Jobs voraus: Werbung für das Freihandelsabkommen TTIP. Blöd nur, wenn sie sich verrechnet haben. Nun muss auch die EU die Prognosen korrigieren. […]

Bei der Datenspeicherung steht Gabriel sogar noch blamierter da.
Er ist unsolidarisch und düpiert den einzigen richtig guten Minister der SPD: Haiko Maas.
Da hat man ausnahmsweise als Sozi mal Grund wirklich stolz auf einen Minister zu sein und dann kommt der eigene Vorsitzende und haut ihn um.

Parteiintern geht Gabriel damit auf Konfrontationskurs zu Bundesjustizminister Heiko Maas, der die Vorratsdatenspeicherung kategorisch ablehnt und es "fahrlässig" genannt hatte, "den Leuten weiszumachen, dass Anschläge damit zu verhindern seien". Auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann trat in Sachen Vorratsdatenspeicherung zuletzt auf die Bremse, warnte vor "hektischem Aktionismus" und erinnerte daran, dass "die beiden höchsten Gerichte in Deutschland und der EU" diesbezüglich sehr strenge Auflagen erteilt hätten.

Gabriels Argumente sind nicht nur schwach, sondern geradezu bösartig und perfide. Wie ein pawlowscher Hund reiht sich Gabriel in die Reihe der wirklich doofen CSUler ein, die nach jedem Gewaltakt Vorratsdatenspeichelfluss generieren.
Der SPD-Parteichef legt sich freiwillig in die Schublade zu Hans-Peter Uhl (CSU), Wolfgang Bosbach (CDU), Hans-Peter Friedrich (CSU), CSU-Generalsekretär Dr. Andreas Scheuer und Thomas de Maizière (CDU) – PEINLICH!

Gabriel entblödet sich nicht mal zu behaupten die NSU-Morde wären mit Vorratsdatenspeicherung verhindert worden. Das erinnert stark an Lügenminister Thomas de Maizière (CDU), der das gleiche über die Charlie-Hebdot-Morde sagte, obwohl es in Frankreich Vorratsdatenspeicherung GIBT, die bewiesenermaßen eben NICHT so eine Tat verhinderte.

[….] Und Heiko Maas setzt einen SPD- Parteitagsbeschluss zur Vorratsdatenspeicherung um, den wir schon Ende 2011 gefasst haben. Wir sorgen jetzt dafür, dass wir ein verfassungskonformes Gesetz machen. Hätten wir das bereits zum Zeitpunkt der ersten NSU-Morde gehabt, hätten wir weitere vermutlich verhindern können. Deshalb werden Kommunikationsdaten auch nur für schwerste Straftaten und immer nur unter dem Vorbehalt eines Gerichtsbeschlusses für die Strafverfolgung zugänglich sein.[….]

Als Parteigenosse darf ich Sigmar ja duzen und sage ihm:
Was redest Du nur für einen unfassbaren Schwachsinn, wenn der Tag lang ist?
Du kannst doch auch manchmal richtig brillieren, mit Nachdenklichkeit imponieren und grandiose Reden halten; warum also jetzt wieder so eine sagenhafte Eselei???
Hast Du überhaupt kein Schamgefühl die zehn Mordopfer des dreckigen Nazi-Terrortrios so zu instrumentalisieren?
Schäm Dich, Sigi!

An dieser Stelle weiß mensch nicht so recht, wo man ansetzen soll: In Bezug zu den lange vorherrschenden Ermittlungsansätzen, die einen rechten Hintergrund konsequent ausschlossen, würde es nicht verwundern, wenn sich Angehörige der Opfer nun nicht nur (erneut) verhöhnt, sondern auch ohne jede Grundlage instrumentalisiert fühlen.

„Pietätlosigkeit“ mag ein passender Begriff sein. Doch in Bezug auf den Umstand, dass der NSU vom Verfassungsschutz nicht nur mehrfach von V-Menschen beobachtet und infiltriert, sondern auch gefördert wurde und allem Anschein nach auch heute noch gedeckt wird, verbleibt einem nur noch die Sprachlosigkeit.

Anstatt aus der Rolle und der Tätigkeit der involvierten Behörden Konsequenzen zu ziehen oder diese zumindest zu hinterfragen, fordert Gabriel nun die Wiedereinführung eines Gesetzes, welches genau diesen Diensten ein sehr mächtiges Überwachungsinstrument an die Hand gab. In ihrer bisherigen, als verfassungswidrig erklärten Umsetzung war die Vorratsdatenspeicherung für Geheimdienste wie den Verfassungsschutz sogar ohne jeglichen richterlichen Vorbehalt nutzbar.

Bereits vor rund zwei Wochen sprach sich Gabriel schon einmal für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung aus: Er begründete die Forderung mit den Anschlägen von Oslo – hier habe das Instrument dabei geholfen, Anders Breivik zu stellen.

Dumm nur, dass Breivik weder durch eine Vorratsdatenspeicherung gefasst wurde noch dass es dieses Instrument in Norwegen offiziell überhaupt gab. Inoffiziell gab es pikanterweise jedoch wohl eine tolerierte Vorratsdatenspeicherung durch amerikanische (!) Geheimdienste, welche allenfalls abgefragt wurde, um festzustellen, dass Breivik keine Komplizen hatte.

Die Massenüberwachung der NSA und des britischen GCHQ sowie die damit derzeit untersuchten Verstrickungen des BND scheinen also ein politisches Umdenken des Vizekanzlers nicht einmal im Ansatz anstoßen zu können. […]

Sonntag, 5. April 2015

Vorteil Katholisch



Als leidgeprüfter Hamburger Abendblatt-Leser bin ich es natürlich gewöhnt zu christlichen Feiertagen höchst dümmliche Essays der örtlichen Toppkleriker serviert zu bekommen.
Viele Jahre lang war das immer der notorisch kamerageile Weihbischof Jaschke, der seine Belanglosigkeiten beständig zum Besten gab.
Sein langjähriger Chef, Erzbischof Thissen und die im protestantischen Norden wesentlich bedeutsamere evangelische Bischöfin Fehrs sind  zurückhaltender mit den Medien.
Dieses Jahr räumt das Abendblatt dem neuen Erzbischof Heße Platz zur Selbstbeweihräucherung ein. Das alles um dem säkularen Leser Religion aufzudrängen.
Völlig verblüffend für mich, aber Heßes Salbadern zu Ostern ist vergleichsweise erträglich. Mal abgesehen von dem üblichen „Jesus bringt das Licht“-Unsinn und der grundsätzlichen Dissens über die Rolle der Religion, macht Heße das gar nicht so schlecht.
Offensichtlich hat er immerhin begriffen, daß Hamburg katholische Diaspora ist, daß man hier das Religionssprech nicht versteht und leitet mit einem neutralen Thema („Lichtverschmutzung“) ein. Heße fällt nicht mit der Tür ins Haus und schreckt einen nicht gleich ab.

Möglicherweise ist es tatsächlich so, daß der intellektuelle Niedergang der evangelischen Theologie, der in Huber und Käßmann ihre Apotheose fand, die eigentlich noch absurderen Katholiken (Zölibat, Primat des Papstes, Frauen-Ausschluss,..) in Relation gut dastehen läßt.

Im aktuellen SPIEGEL (15/2015 vom 04.04.2015) gibt es ein vierseitiges Doppelinterview mit dem EKD-Chef Bischof Heinrich Bedford-Strohm und dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster unter anderem zum Thema „militanter Islam“.
Gratulation auch an die morialogische Glanzleistung des SPIEGELS zum Thema Gewalt im Islam von Juden und Christen nur ÜBER den Islam zu sprechen und nicht MIT ihm; ein muslimischer Vertreter darf gar nicht erst mitreden.
An einen Humanisten oder Atheisten wird ohnehin gar nicht gedacht.
Die Redakteure Frank Hornig und Katja Timm stellen die üblichen harmlosen Fragen nach Integration und Glaubensferne.
Ein Freifahrtschein für die beiden Top-Religioten zu überzeugen und für sich zu werben.
Schuster, als Vertreter einer in Deutschland sehr kleinen Minderheit schlägt sich nicht schlecht, fällt zumindest nicht durch besondere Doofheiten auf.
Aber der Nachfolger von Huber, Käßmann und Schneider gibt Plattitüden von sich, daß man immerhin wunderbar Heinz-Werner Kubitzas Essay wider die Theologie als „Wissenschaft“ bestätigt bekommt.
Bedford-Strohm ist Professor und demonstriert eine Anti-Intellektualität, daß er jeden Denkenden aus der Kirche treiben muß.

Beispiele:

Menschen haben auch im Namen Jesu Kriege geführt. Wir Christen haben dieses schlimme Erbe aufgearbeitet. Zum Glück ist es in die Einsicht gemündet, dass wir heute für die Menschenrechte einstehen und versuchen, eine Kraft der Versöhnung zu sein.

FALSCH!
Es wurde nicht nur „im Namen Jesu“ Krieg geführt, sondern das wird von ihrem Gott sogar explizit in der Bibel gefordert.
Es ist auch nicht nur Vergangenheit, sondern geschieht bis heute. Auch die evangelische Kirche ist tief verstrickt, indem sie beispielswiese Militärbischöfe stellt und Soldaten in aller Welt unterstützt.

Jesus ist am Kreuz gestorben als Folteropfer und hat gerufen „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“. Deshalb habe ich in einer Kirche im Nordirak vor Flüchtlingen aus Mossul gepredigt: Gott ist bei den Menschen, die leiden. Er ist ganz bestimmt niemand, der die Hände von Gewalttätern führt.

FALSCH!
Als ob Bedford-Strohm dabei gewesen wäre und wüßte was Jesus sagte.
Tatsache ist aber, daß bei dem Konzept eines ALLMÄCHTIGEN Jesus = Gott selbstverständlich dafür verantwortlich sein MUSS was Gewalttäter ihren Opfern antun. Ohne die Zustimmung des Allmächtigen kein Auschwitz – oder er ist eben nicht allmächtig.

Jesus war ein geborener Jude. Er hat zum gleichen Gott gebetet wie das jüdische Volk, und darum sind wir Christen für immer in den biblischen Bund Gottes mit dem Volk Israel einbezogen. Das hat man leider jahrhundertelang immer wieder übersehen. […] Es ist eine Hypothek der christlichen Theologie, dass man an dieser Stelle lange die Tatsachen verdreht hat. Die christlichen Kirchen haben sich diesem Versagen in den vergangenen Jahrzehnten allerdings intensiv gestellt.

FALSCH!
Was für ein perfider Euphemismus! Da wurde nicht nur etwas „übersehen“, sondern es wurden über Jahrhunderte aktiv Genozide angezettelt, Pogrome initiiert und Kreuzzüge verlangt.

Luther hat sich in seiner Spätzeit unhaltbar und in kruden Thesen über das Judentum geäußert. Diese Verirrungen können nur Anlass zu Trauer und Scham sein.

FALSCH!
Luther war nicht nur „in seiner Spätzeit“ etwas „krude“, sondern ein unverbesserlicher Rassist und Menschenfeind, der auch andere Gruppen als die Juden, beispielsweise die Bauern mit pathologischem Hass überzogen hat.

Etc pp.

Samstag, 4. April 2015

Ist ja widerlich.


Vor gerade mal drei Tagen hatte ich noch die Tatenlosigkeit der Bundes- und Landesinnenminister zur Impudenz des Monats März erklärt und die erbärmlichen Vorgänge im Sachsen-Anhaltinischen Tröglitz als Beleg dafür verwendet.
Tout Deutschland empörte sich als der ehrenamtliche Bürgermeister Markus Nierth auf Druck der Nazis sein Amt niederlegte, nachdem er sich für Flüchtlinge, Menschen in Not engagiert hatte.
Die rechte Pest ist weiterhin erfolgreich, weil niemand sie aufhält. Verfassungsschutz; Polizei und Innenministerien sind auf dem rechten Auge blind.
Kurz nachdem Nierth weggebissen wurde, ging nun auch das Haus, in dem die Flüchtlinge wohnen sollten in Rauch auf.

[….] In Tröglitz brannte das Flüchtlingsheim, die Polizei ermittelt wegen Brandstiftung. Bürger versammeln sich zu einem Friedensgebet, doch auch die Rechtsextremen sind da.
[….] Vier in der Region bekannte Rechte, drei Männer und eine Frau, stehen am Rande des Friedensplatzes und halten ein Plakat in die Höhe: "Das System ist das Problem". Und als Susanna Nierth, die Frau des zurückgetretenen Bürgermeisters Markus Nierth, vor 250 Teilnehmern die Ereignisse der Nacht als schlimm bezeichnet, ruft einer der vier: "Falsch, es wird noch viel schlimmer."
[….] "Es ist ein ganz widerliches Verbrechen, das ist eine Katastrophe", sagt Sachsens-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sichtlich betroffen. Und auch Susanna Nierth ist erschüttert. "Das ist so schlimm", sagt die Frau des ehemaligen Bürgermeisters, "davon wird sich Tröglitz wohl nie mehr erholen."
[….] Tröglitz ist in den Schlagzeilen, seit vor einem Monat Markus Nierth sein Amt zurückgab - von der NPD angeführte Proteste gegen Flüchtlinge hatten direkt vor seinem Wohnhaus stattfinden sollen, die Behörden hatten zu spät darauf reagiert. Und jetzt das: Der Dachstuhl des für Flüchtlinge vorgesehenen Hauses in dem 2700-Einwohner-Ort brennt völlig aus - er gehörte zum Wohnbereich[….] Nierth ist erschüttert: "Ich gehe von Brandstiftung aus, die sogar den Tod des dort noch lebenden - deutschen - Ehepaares in Kauf genommen hat", sagt er dem Tagessspiegel. Der ehemalige Kommunalpolitiker - er gehört keiner Partei an - erklärt weiter: "Ich bin fassungslos, traurig und wütend zugleich. Da ist die braune Saat so weit aufgegangen, dass man nun lieber Häuser niederbrennt, in denen Familien eine neue Bleibe finden sollten." Selbst Familien aus Kriegsgebieten werde "von kranken, bösen Gehirnen" kein freistehender Wohnraum gegönnt. "Eine bleibende Schande für Tröglitz, die uns nun mit Mölln und Hoyerswerda in eine Reihe bringt und noch viele unabsehbare Folgen haben wird."
[….]  Im Ort fürchte man sich eher vor Ausländern - sehr zu Freude der NPD, berichtete anschließend die "FAZ". Der Korrespondent des Deutschlandfunks twitterte von der Versammlung: "Asylbewerber sind nicht willkommen. Neid, Missgunst, Skepsis. Kein warmes Wort des Willkommens." Bei "Spiegel online" hieß es: "Die Rechten pöbeln, die Masse schweigt."
Sebastian Striegel, Grünen-Innenpolitiker im Landtag von Sachsen-Anhalt: [….]  "Die Straße darf nicht denen überlassen werden, die gegen Flüchtlinge hetzen." Zu schaffen machen Striegel nicht in erster Linie die vielleicht 100 oder 150 Tröglitzer, die mit Geflüchteten nichts zu tun haben wollen. "Das größte Problem sind die 2500, die nichts sagen."
In Wismar und Rostock kam es zu fremdenfeindlichen Angriffen
Auch in anderen Städten kam es zu neuen fremdenfeindlichen Angriffen. In Wismar wurden in der Nacht zum Samstag zwei ägyptische Asylbewerber von acht bislang unbekannten Männern attackiert. Die beiden Ägypter im Alter von 21 und 26 Jahren wurden geschlagen und mit ausländerfeindlichen Parolen beleidigt. Bereits am frühen Freitagmorgen war in Rostock ein 26-jähriger Kameruner von drei Männern auf offener Straße geschlagen worden, wie der NDR meldete. [….]

Nun steht Tröglitz bundesweit als Schandfleck da.
Von den 2700 Einwohner raffen sich dennoch nur 10% auf, um bei der Demonstration „für ein weltoffenes Tröglitz“ ihr Gesicht gegen die Nazis zu zeigen. Davon sind vermutlich aber auch noch eine große Anzahl Aktivisten von außerhalb.
90% der Tröglitzer schweigen oder stimmen den Nazis zu.

Merkel und Gauck? Sind wie üblich abgetaucht, wenn es unangenehm wird.
Bundeskanzler Schröder hatte sich einst noch dem braunen Mob entgegengestellt und einen „Aufstand der Anständigen“ initiiert.

Die armen Menschen, die in so einem braunen Kaff leben müssen.
Richtigerweise gibt CDU-Landrat Ulrich dem Nazi-Mob nicht nach. Alles andere hätte das verheerende Signal an die Rechtsradikalen zu Folge, daß sich ihre Straftaten lohnten.
Nun MÜSSEN die Flüchtlinge also kommen.
Eine entsetzliche Vorstellung, daß sie nach allem, das sie durchmachen mußten, nun auch noch in Tröglitz enden müssen.

In Tröglitz werden Flüchtlinge leben: Landrat Götz Ulrich (CDU) will an der Unterbringung von Asylbewerbern in dem 2700-Einwohner-Ort festhalten - auch nach dem Feuer in der geplanten Flüchtlingsunterkunft. "Es bleibt dabei, Tröglitz bekommt 40 Asylbewerber", sagte er SPIEGEL ONLINE.
Ab Mitte Mai sollten die ersten Flüchtlinge in die Kleinstadt im Burgenlandkreis kommen, in das hell gestrichene Haus in der Ernst-Thälmann-Straße ziehen. In dem sanierten Gebäude sollten zwölf Wohnungen für sie hergerichtet werden, ein Wachdienst und ein Sozialarbeiter sich um die 40 Menschen kümmern, überwiegend Familien.