Dienstag, 23. Juli 2013

Der Megachrist



Ja, natürlich war Ratzinger der Wunschpapst aller Atheisten.
Selbst seine deutschen Landsleute konnten den häßlichen Homophoben nicht leiden. Mit dem sicheren Gespür für den Griff ins Klo heckte der erzkonservative Hassprediger eine Eselei nach der anderen aus, um die Menschen (in Europa) aus seinem Verein zu treiben.
Aus säkularer Sicht ist ein sympathischer Papst ein Alptraum für die Aufklärungsbemühungen.
 Ratzinger mit seiner maßlosen Gier nach Prunk und Protz und Gold war schon in sich so grotesk, daß man gar nicht mehr auf die Widersprüche zu offiziellen Lehre verweisen mußte.
 Franzi hingegen ist schlau genug, um zu erkennen, daß Ratzis Auftritte in Prunkgewändern, die über und über mit Goldfäden und Perlen bestickt waren eher kontraproduktiv wirkten und macht nun demonstrativ auf bescheiden.
Das kommt an. Das Feuilleton liebt ihn bereits so sehr, daß gar nicht erst erwähnt wird, daß der Auftritt des „Freundes der Armen“ in Rio mal eben 58 Millionen Dollar verschlingt, daß dafür extra ein Wald mit uraltem Baumbestand gerodet wurde und Myriaden Polizisten im Einsatz sind.
Bergoglio wird nur Wohlwollen entgegen gebracht. Seine mutmaßliche Zusammenarbeit mit der rechtsextrem-faschistischen Diktatur in Argentinien ist auch schon abgehakt. Macht ja nichts.

Die Aufgabe des katholischen Entfant terribles, welches mit zur Schau gestellter Charakterschlechte das Image der Kirche anknackst übernimmt nun noch einmal verstärkt der deutsche Megachrist Matthias Matussek.

Der zur Gewalt neigende Ex-Spiegel-Kulturchef, der durchaus handgreiflich gegen Redakteure vorging, hat seinen Fuß in den Redaktionskarteien sämtlicher TV-Talkshows und wird zu jedem erdenklichen Thema eingeladen. 
Seine Auftritte verlaufen immer gleich. Aus irgendeinem nichtigen Anlass fühlt sich der äußerst schlecht informierte Hobbytheologe in seiner Katholen-Ehre getroffen und beginnt ausfallend zu werden.
Dann sucht er sich einen Widerpart in der Runde der anderen Gäste und schießt sich so sehr auf jemanden ein, bis der Aggro sich kaum noch beherrschen kann und zuschlagen möchte.
Meiner Ansicht nach liegt das Problem weniger in der außerordentlich miesen Persönlichkeit des SPIEGEL-Redakteurs. Aber was für ein Armutszeugnis für all die Redaktionen, die den irren MM immer und immer wieder einladen.
Er ist ein pathologischer Fall, der seinem manischen Hass auf alle Linken und diejenigen, die er als „Gutmenschen“ ansieht, freien Lauf läßt.
Zuletzt erwischte es den Schauspieler Hannes Jaehnicke, der sich immer wieder als Tierschützer engagiert.

Matthias Matussek scheint es dem Schauspieler, der mit dem Sachbuch "Die große Volksverarsche" gerade auf Platz 1 der SPIEGEL-Bestsellerliste steht, nicht wirklich zuzutrauen. "Indiana Jones der Mülltrenner" heißt Matusseks Verriss. "Hannes Jaenicke ist ein guter Mensch, und er redet (schreiben kann man seine Stilblütensammlung kaum nennen), wie ihm der Schnabel gewachsen ist." Von "grünem Stammtisch" habe das etwas, an dem der Schauspieler die Welt "in Gut und Böse" teile. Die Bösen seien viele Politiker, gerade jene, die nicht den Grünen oder der SPD angehörten, außerdem Industrielle und Medienvertreter. Und die Guten? Umweltschützer zum Beispiel. Und Jaenicke selbst. "Er achtet die Schöpfung", schreibt Matussek weiter. "Mein Gott, er rettet Orang-Utan-Babys. Er meint es gut. Dennoch: Dieses Potpourri aus Medienberichten, Internethinweisen und kapitalismuskritischen Binsen, dargeboten in einem Schwall an Selbstgerechtigkeit, einer Diarrhö an richtiger Gesinnung, als eigenes Buch zu verkaufen ist, wenn nicht gerade eine Guttenberg-Nummer, so doch - eine ziemlich große Volksverarsche."
...sagte der Mann, der so ziemlich jede Abartigkeit begeht, um seine unsäglich schlechten Bücher über Hurrakatholizismus und Deutschlandbejubelung zu pushen.
Seine Auftritte im TV sind dementsprechend gewürzt, um seine mangelnden Schreiberfähigkeiten überzukompensieren.
So z.B. im Mai 2006 bei Beckmann, als Matthias Matussek fragte: „Was sollen wir machen: Sollen wir die erste Strophe wieder singen?“
Wenn dem Mann, der mit seinem großkotzig-restaurativen Schlichtnationalismus immer mehr der Realität entschwebt, nicht einer seiner Kumpels von FAZ oder WamS aufnehmen sollte (sein letztes Buch erschien dort in Auszügen), würde ich empfehlen eine Wrestling-Karriere ins Auge zu fassen.
Hatte er doch kurz nach seinem Beckmann-Auftritt im Juni 2006 im Presseclub auch handgreiflich argumentiert und versucht Handelsblatt-Vize-Chef Tichy zu würgen, während er zappelnd und zornend zeterte: „Sie sind ein ganz linker Finger! Sie mache ich fertig! Sie merke ich mir!".
Eine Szene, die der zuständige WDR-Redakteur in einem Parade-Euphemismus zusammen fasste:

"Das war eher eine Frage der Kinderstube. Herr Matussek hat ein sehr hohes Erregungspotential." Künftig werde man mit temperamentvollen Gästen vor der Sendung ein Gespräch über das "erforderliche Mindestmaß an bürgerlichen Umgangsformen" führen, so WDR-Mann Hirz.


 Bis 2008 war Matussek aber „nur“ ein aggressiver Rechter, der schlecht schreibt, schlicht denkt und schwach argumentiert. 
Dann aber folgte sein Gang in die Religiotie, seinen Ratzinger-Fanatismus, der in immer wüsteren Hassausbrüchen gegen Andersdenkende mündete.
MM schaffte dabei das Kunststück nicht nur alle klar denkenden und liberalen Geister zu schockieren, sondern gleichzeitig auch noch konservative Katholiken vor den Kopf zu stoßen, weil seine Papst-und-Kirche-Jubelarien von derartig mangelhaften Hintergrundwissen zeugten, daß er noch nicht einmal die einfachsten Grundlagen der katholischen Lehre richtig widergeben konnte; wiewohl er aber im Brustton der Empörung andere belehrte.

Ein Alptraum.
 MM spielt in einer Liga mit den radikalen Eiferern Andreas Englisch, Gabriele Kuby, Martin Mosebach, Martin Lohmann und Alexander Kissler.
Sogar Hakenkreuznet liebt Matussek.
 Sage und schreibe 44 Artikel des Hassblattes preisen ihn ob seiner Bischofs-Kritik von ganz rechts:

„Wie mißtrauisch muß die deutsche Katholische Kirche sein, die Sakramente an Mitgliedsbeiträge zu binden?“
Diese Frage stellte der Journalist Matthias Matussek gestern in dem von einem ehemaligen NS-Journalisten mit Hilfe seiner SS-Freunde gegründeten deutschen Kirchenhaß-Magazins ‘Spiegel’.   […] Der Journalist prophezeit: „So wird die Kirche in sich zusammensinken: Alte sterben, Junge bleiben weg. Die Kirche sollte auf Freiwilligkeit bauen.“  […]
Matussek sieht in Sachen Kirchensteuer eine „haarsträubende, aber bislang offenbar haltbare Allianz, an der alle partizipieren.“    […] Zugleich ist die deutsche Amtskirche nach Matussek „außen prächtig, innen aber leer“.
  […] Für Matussek geben die deutschen Bischöfe mit der Erklärung, die Steuerrebellion sei eine „schwere Verfehlung“ gegen die Kirchliche Gemeinschaft ein „klägliches Bild“.
  […] Matussek vergleicht die Situation mit einer „mittlerweilen skandalösen Form des Ablaßhandels in einer Welt, in der alles nur noch käuflich ist“
 (Hakenkreuznet 28.09.12)

 Man versteht sich.

Was ich NICHT verstehe ist, wieso auch heute noch, vier Jahre nach seinem Abgang als Kulturchef, dieser Wahnsinnige für den SPIEGEL schreibt.
In der Ausgabe von heute ist Matthias Matussek gar alleiniger Autor der Titelstory.

Das Lodern von innen
Barack Obama hat es wiedergefunden, Angela Merkel wird es wohl nie besitzen: Charisma, die Kraft, andere zu bewegen, unsere Welt zu gestalten und nicht nur zu verwalten. Ist der Zauber erlernbar?

 Ich kann auf Details nicht genauer eingehen, weil ich dann einem Herzinfarkt erliege.
Erwähnt sei nur, daß der SPIEGEL wie immer, wenn die Titelgeschichte allzu dünn ist, versucht dieses Manko mit bunten Spielchen zu übertünchen. 
So erscheint die heutige Druckausgabe mit sieben verschiedenen Titelbildern, die jeweils eine angeblich besonders charismatische Person zeigen.
(Ich hatte Glück, mein Exemplar ziert Helmut Schmidt)
Man kann aber auch einen strahlenden Laberer Gauck oder das verblödete Naivchen Lady Diana erwischen.

Die eigentliche Matussek-Story ist mit den "charismatischen" Typen Mutter Teresa, Hitler und Johannes-Paul II. bebildert.
Auszüge:

Sicherlich nicht wie die Rechnerin Angela Merkel, der man vorwirft, sie habe "keine Vision", sie könne "nicht kommunizieren", sie habe "keine große Erzählung" - alles Code-Namen für das, was ihr fehlt: Charisma. Der Einzige, der in diesen Monaten eine Erzählung hat und ein Thema, nämlich die "Freiheit", ist Bundespräsident Joachim Gauck. Er hat Charisma, aber keine Macht. […] Um Charisma zu verstehen, müssen wir an die Wurzel, an jene Urszene, die sich am Pfingsttag vor knapp 2000 Jahren in Jerusalem zugetragen hat, am fünfzigsten Tag nach dem Osterfest, und wir müssen es schon deshalb, weil 76 Prozent der Deutschen nicht mehr wissen, was Pfingsten ist. Geschweige denn Charisma. Wir sind entwöhnt, nicht ohne Grund.
So soll sich das damals angekündigt haben, dem Evangelisten Lukas zufolge: mit einem Brausen in der Luft, dem Sturm, dem Geist.
Die Jünger haben sich versammelt, sie denken an ihren Herrn, der ihnen erschienen war nach Ostern und dann vor ihren Augen in den Himmel auffuhr, was für ein Abschied, was für ein Versprechen auf baldige Wiederkehr!
Und plötzlich kommt dieser Sturm auf, sie fürchten sich, ihr Beten schwillt an, und dann tanzen Feuerzungen im Raum, über den Köpfen der zwölf!
Was für eine großartige Halluzination, um mal kurz von der Sprache der Apostelgeschichte in die der Psychologie zu wechseln, und gleichzeitig schwindet die Angst und macht einer Verwunderung Platz, plötzlich ist da ein antikes Woodstock, ein Fest der Entgrenzungen und des Glücks, ja der Ekstase, einige fallen um wie in Trance, und die anderen sprechen in Zungen, sie lallen in allen bekannten Sprachen, sie wirken auf die Umstehenden wie betrunken, und sie werden keinen Moment zögern, sich steinigen zu lassen für ihre Botschaft.
Und der Heilige Geist, so wird er genannt, ergießt sich über alle Jünger, sie werden ausgestattet mit Gnadengaben, sie können plötzlich prophezeien und heilen und den Geist durch Handauflegen weiterreichen. Sie sagen: "Yes, we can."

Mehr hält man nicht aus.
Sein jüngster Ausraster passierte in einer Kurt-Krömer-Sendung, die ich zum Glück nicht gesehen habe.
 Es reicht, was man darüber liest. MM wie er leibt und lebt.
Nun war Matussek schon wieder in einem Fernsehstudio. Und abermals kam es zu einem Eklat. Allerdings unter komplett anderen Vorzeichen.

Diesmal war der "Spiegel"-Mann bei der "Late Night Show" von Kurt Krömer zu Gast. [….]  Unstreitig scheint aber zu sein, dass diesmal Krömer jegliche Kinderstube vermissen ließ. Er soll seinen Gast als "hinterfotziges Arschloch" bezeichnet und ihn gefragt haben: "Was machen Sie eigentlich nach einer Talkshow? In den Puff gehen?" . […]   Matussek hätte wissen müssen, worauf er sich einlässt, als er die Einladung Krömers annahm. Kurt Krömer ist eine Kunstfigur des Berliner Comedians Alexander Bojcan. Er ist ein Prolet aus dem Neuköllner Kiez, dem keine Beleidigung zu vulgär ist. Den Rapper Sido begrüßte er etwa mit den Worten "Sido, du alte Crack-Nutte". Und auf Tourneen beleidigt er gern und mit Hingabe das Saalpublikum. All das ist bekannt. Ausschnitte von Krömers Wirken lassen sich en masse auf dem Bewegtbild-Portal YouTube finden.  […] Mit etwas Geistesgegenwart und Schlagfertigkeit hätte Matussek die Situation vielleicht retten können. So überhörte Sido seinerzeit die "alte Crack-Nutte" geflissentlich. Die Schlagersängerin Mary Roos, die in derselben Sendung wie der "Spiegel"-Redakteur zu Gast war, entschärfte Krömers Einlassung, sie habe fast alle ihre Kollegen überlebt, nur frage er sich, was sie von 1980 bis jetzt getan habe, mit der Erwiderung, "Ach Schatzi, ich fand dich so nett". Und in einer früheren Sendung ließ Gregor Gysi "Krömer abblitzen", wie damals die "Welt" schrieb. Er drehte den Spieß einfach um und fragte seinen Gastgeber, als der über Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine parlieren wollte, nach dessen eigener Beziehung.

Nur Matussek, immerhin ein Mann des Wortes, war Krömer offenbar nicht gewachsen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sein Versuch gegen die Show auf juristischem Weg vorzugehen, nach hinten losgeht. Krömers Anwalt, der bekannte Medienrechtler Christian Schertz, hat schon mal darauf hingewiesen, dass "der Dialog auf der Bühne zwischen Matussek und Krömer von der Kunst- und Satirefreiheit gedeckt" sei und "als Ganzes betrachtet werden" müsse. Um PR für seine Sendung muss sich der Comedian dank Matussek auch nicht sorgen. […] Derweil redet sich Matussek weiter um Kopf und Kragen. Er habe nur zwei Optionen gehabt, sagte er dem "Tagesspiegel": "Krömer eine reinzuhauen oder rauszugehen". Damit wären wir wieder bei Matusseks Auftritt im "Presseclub" vor sieben Jahren. Damals brachte er Tichy aus weitaus geringerem Grund körperlich in Bedrängnis. "Ich habe mich bedroht gefühlt", sagte der Wirtschaftsjournalist damals. Bei Krömer, immerhin, ist es nun nicht zum Äußersten gekommen.
(HH Abla 23.07.13)
MM ist jetzt beleidigt, fühlt sich als Opfer und will die Ausstrahlung der Sendung verbieten lassen.
"Ich habe mich gefühlt wie ein Reh im Autoscheinwerferlicht", sagte Matussek der Berliner Morgenpost. Krömer setze sich in Kampagnen für Respekt ein, aber in seiner Sendung trampele er über die Leute hinweg. "Das ist keine Anarchie, das ist Dumpfheit." Er habe jetzt einen Brief an die Intendanz der ARD geschrieben. "Mit unseren Zwangsgebühren wird da eine geistlose Kneipenprügelei inszeniert", sagte er. "Damit tut man dem Publikum keinen Gefallen."
Matusseks fanatische Ratzinger-Jubelei half zwar nicht dabei weiter ihn als seriösen Journalisten wahrzunehmen, aber er gewann Freunde bei den dumpfen Dunkelkatholiken. Der bekannte Tradi Michael Hesemann verteidigt seinen Fundi-Bruder auf Kathnet und setzt ihn in ein Boot mit dem Schwulenhasser Martin Lohmann.
Tiefer kann ein SPIEGEL-Redakteur nun wirklich nicht mehr sinken. Was mag der Soziopath bloß gegen die Chefredaktion in der Hand haben, daß sie ihn immer noch nicht gefeuert hat?
Matthias Matussek stand stellvertretend für uns alle am TV-Pranger – Kathophobie: Wer sich für die Kirche und für den Zölibat einsetzt, der ist in der medialen Öffentlichkeit zum Abschuss freigegeben. […] Matussek eckt an, mehr noch: Der Mann ist eine ständige Provokation. Wäre er nicht Deutschlands brillantester Kulturjournalist, [ROFLMAO !!! – Tammox] man hätte ihn beim SPIEGEL längst weggemobbt. Bekennender Katholik, noch dazu Papstfan, beim Blatt eines Rudolf Augstein, dessen Jesus-Buch eine ganze Generation in Glaubenszweifel gestürzt hat. […]  Er ist nicht auf den Mund gefallen, kann schlagfertig kontern, hat Humor und treue Augen. […]

Dass sich eine Late Night Show der öffentlich-rechtlichen ARD als TV-Pranger erweisen würde, dass man seine öffentliche Hinrichtung durch gezielten Rufmord plante, das konnte er nun wirklich nicht ahnen. Als Katholik glaubt Matussek zunächst einmal an das Gute im Menschen. [ROFLMAO !!! – Tammox] Auch wenn ihm in dieser Situation zumindest daran starke Zweifel gekommen sein mögen.

[…]  Darf das öffentlich-rechtliche Fernsehen als Plattform zur öffentlichen Desavouierung eines unbequemen Autors dienen, der das Pech hat, einer religiösen Minderheit anzugehören? Ist etwa der Bildungsauftrag der durch unsere TV-Gebühren finanzierten ARD durch solche Peinlichkeiten erfüllt? Kann es sein, dass wir weiterhin gezwungen werden, für Rufmord und Schauhinrichtungen auch noch zu bezahlen?

Machen wir uns nichts vor: es ging nicht einmal um Matussek. Er stand stellvertretend für uns alle am TV-Pranger. Wer sich für die Kirche und für den Zölibat einsetzt, der ist in der medialen Öffentlichkeit, geprägt von Christophobie im Allgemeinen und Kathophobie im Speziellen, zum Abschuss freigegeben. Gestern Lohmann, heute Matussek, morgen … warten wir’s ab.

Bis dahin aber gilt: Wir sind alle Matussek!

Montag, 22. Juli 2013

Und die Zeit vergeht.....


 Vor 25 Jahren fing ich an zu studieren.
 Es gab damals Gewissheiten, die so selbstverständlich waren, daß man gar nicht auf die Idee kam sie überhaupt in Frage zu stellen.
Man überlegt ja auch nicht, ob eines Tages nicht mehr die Sonne aufgehen würde.
Sicher war beispielsweise, daß Frauen in der Politik nicht für die klassischen Ressorts in Frage kommen. Innen-, Verteidigung-, Außen-, Finanz- oder Wirtschaftsminister können eben nur Männer sein, weil sie klarer denken und sich nicht von Modefragen oder Adelshochzeiten ablenken lassen.
(Die Personalie Merkel täuscht irgendwie darüber hinweg, daß in diesen Kernressorts der Bundespolitik tatsächlich bis heute eine 100%-Männerquote gilt. Auch 100% der deutschen Bundespräsidenten sind männlich)
Ein unumstößliches Gesetz war/ist auch die ewige CSU-Regentschaft in Bayern, daß die CDU von einem katholischen Mann geführt wird, daß sich atomwaffenstarrende NATO- und Warschauer-Pakt-Staaten gegenüberstehen und daß man auf dem Weg nach Berlin mit genau 100 km/h über diese nach Zweitakter-Sprit stinkende Transitstrecke fahren mußte.

Das war allerdings nicht sehr schlimm. Zwar wurde man mit ungeheuerlichen 50 Pfennig für eine Klobenutzung um seine Westdevisen betrogen, wenn man an der Raststätte Quitzow, mit eigenem Intershop, fünf Kilometer östlich von Glövzin hielt. Aber das tat man doch gerne, weil man sich dann gleich mit ein paar Stangen Prince-Zigaretten und diesen 1,5-Liter-Flaschen Finlandia-Vodca eindeckte. (Damit machte man sich auch immer beliebt bei den Berlinern, die einem für ein paar Tage eine Übernachtungsgelegenheit boten.)
Diese 220 km DDR haben mich nie gestört. Ich habe mir nie gewünscht, daß das eine auf „Westniveau“ ausgebaute Rennstrecke ohne Geschwindigkeitsbegrenzung mit jeder Menge Autobahnraststätten wird.
Man kannte es ja nicht anders und vermisst nichts, das man nie hatte.

Heutige Teens und Twens können sich nicht mehr vorstellen ohne Handy und Internet zu existieren.
Dazu muß man aber erst mal an diese Dinge gewöhnt sein.
'Wie zweckfrei!' dachte ich, als ich das erste „Handy“ sah – ich weiß noch genau; es war im „Café V“ am Lausitzer Platz in Berlin-Kreuzberg. Wir saßen in einer größeren Runde draußen und ausgerechnet der Typ, der neben mir saß bekam auf einmal einen Anruf. 
Alle drehten sich zu ihm um. „Wie peinlich bist DU DENN?“ herrschte ich ihn an!
Mach das Ding bloß aus, wenn wir weiter durch die Kneipen ziehen. Ich will nicht, daß jemand denkt, ich gehöre dazu!“
Jan beharrte aber darauf, daß das ungeheuer praktisch sei und bald würden ganz viele Leute mit so was rumrennen.
Die anderen stimmten aber meiner Einschätzung zu, daß das völlig absurd wäre. Es mache doch überhaupt keinen Sinn zu telefonieren, wenn man draußen unterwegs wäre. Diese Mobiltelefone wären nur was für Wichtigtuer.

Es gab aber andere deutsche Gewissheiten, die ich durchaus kritisch gesehen habe. 
Ich war immer einer der wenigen, die die strengen 9.00-18.00 Uhr-Ladenöffnungszeiten beklagten. Allerdings wußte ich aus Amerika, daß es auch anders geht.
Trotzdem konnte ich es kaum glauben, als es auf einmal einen verkaufsoffenen Donnerstag gab und einige Geschäfte bis 20.00 Uhr aufhatten. Das war ein harter Kampf. Bis heute halten Kirchen, CDU und Gewerkschaften in einer grotesken Allianz am Sonntagsöffnungsverbot fest.

Eine andere deutsche Regelung, die ich schon so lange ich denken kann, scharf ablehnte, ist die Strafbarkeit von Suizid und die Beihilfe dazu.
 Was für eine absurde Perversität, daß ein erwachsener Mensch, der auf der Intensivstation an einem Dutzend Kabeln hängt, nicht selbst bestimmen darf, wann er genug hat.

Und schon vor Tschernobyl war ich ein extremer Gegner der Atomkraft – wenn es mir auch unvorstellbar erschien, daß „die Politik“ das jemals auch so sehen könnte.
 Es kamen zwar diese neumodischen „Grünen“ auf, aber die würden selbstverständlich niemals Regierungsverantwortung übernehmen. Sie verstanden sich ja auch grundsätzlich als parlamentarischer Arm der Opposition.

Einige Dinge mußte man erst einmal „in echt“ irgendwo anders gesehen haben, um sich vorstellen zu können, daß so etwas überhaupt möglich ist.
Natürlich mußte ich auch kichern und mich zusammenreißen, als ich mich das erste mal in Amsterdam in einem Coffee-shop im Souterrain über verschiedene Grassorten beraten ließ und dann anschließend oben bei Kaffee und Käsebrot probierte mit diesen coolen großen Blättchen einen Joint zu bauen.
1989 zog ein sehr guter Freund von mir nach Rotterdam, den ich dort öfter mal besuchte. Der Gewöhnungseffekt mit den Coffeeshops setzte enorm schnell ein.
Sie verloren die Anziehungskraft; ich hatte nicht mehr den Drang einen Vorrat anzulegen und benahm mich auch nicht mehr wie ein doofer Tourist, wenn mal ich dort einkaufte.
Offensichtlich verwandelte sich Holland durch die Marihuana-Legalisierung auch nicht in ein einziges Sodom-und-Gomorrha. Im Gegenteil, niederländische Städtchen wirken besonders ordentlich und aufgeräumt.

Blicke ich jetzt 25 Jahre zurück, stelle ich fest, daß einige prinzipielle Neuerungen enorm schnell gekommen sind.
 Ich muß mich heute noch manchmal bei der Vorstellung kneifen, daß Rumänien und Bulgarien und Polen zur EU gehören, daß die UdSSR nicht mehr vom ZK der KP kontrolliert wird.

Anderes scheint nach wie vor wie zementiert zu sein. 
Es ist noch nicht einmal eine halbwegs vernünftige Regelung der Patientenverfügung zustande bekommen. Eine „assistierte Selbsttötung“ wie in den Benelux-Ländern ist in Deutschland absolut undenkbar.

 Auch die Schlacht um die verfassungsrechtlich gebotene Entflechtung von Staat und Kirche scheint noch hunderte Jahre entfernt zu sein.
Ich bin mir zwar sicher, daß das irgendwann kommen wird. Aber ob ich das noch erlebe, wage ich zu bezweifeln.

Hätte man mir allerdings vor 25 Jahren gesagt, daß der katholische Kanzler und CDU-Vorsitzende Kohl zusammen mit einem konservativen homosexuellen amtierenden Außenminister dereinst als Trauzeuge bei einer legalen Schwulenhochzeit auftritt, wäre ich vor Lachen umgefallen.
Aber in der Tat – der schwerreiche Miteigentümer der WAZ-Gruppe, Inhaber einer riesigen Anwaltskanzlei und Kohl-Verteidiger Stephan Holthoff-Pförtner heiratete vor drei Tagen seinen Partner Klaus Sälzer. Als Intimus des Altkanzlers hatte das CDU-Mitglied Holthoff-Pförtner ihn in allen Strafverfahren vertreten.
Der 83-Jährige Oggersheimer, der mit seiner gesamten Familie gebrochen hat, hält ausgerechnet seinem Anwalt die Treue und fungierte als Treuzeuge.  
Der frühere CDU-Vorsitzende bestätigte nun, dass er nicht nur als Gast, sondern auch als Trauzeuge dabei war. „Ich habe es - gerade auch menschlich - für einen guten Freund sehr gern getan“, so Kohl.  Weiterer Trauzeuge war Außenminister Guido Westerwelle (FDP), der mit seinem Partner Michael Mronz ebenfalls in einer eingetragenen Partnerschaft lebt.

In der Union gibt es immer wieder Streit um die Homo-Ehe. Im konservativen Flügel wird die Gleichstellung von homosexuellen Lebenspartnerschaften mit der Ehe strikt abgelehnt.   Holthoff-Pförtner, der ebenfalls CDU-Mitglied ist, verteidigte Kohl gegen Ende der 90er Jahre in der CDU-Spendenaffäre. Im Lauf der Jahre entwickelt sich daraus auch eine Freundschaft.   Nach Berichten von „Bunte“ und „Westdeutscher Allgemeiner Zeitung“ waren bei der Hochzeit auch Kohls Ehefrau Maike Kohl-Richter und Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) dabei.
Zeiten ändern sich.

Aber bei der Drogenpolitik muß noch was passieren. 
Wer noch nicht die von Brad Pitt coproduzierte Doku „Amerikas längster Krieg“ über die Sinnlosigkeit des Drogenkriegs gesehen hat, soll das bitte tun.

Eine Billion Dollar hat sich Amerika die Bekämpfung der Drogensüchtigen bisher kosten lassen. 
2,4 Millionen Menschen wurden in den letzten 40 Jahren wegen Drogendelikten eingesperrt. 

Derzeit wachsen 2,9 Millionen Kinder in den USA auf, von denen mindestens ein Elternteil wegen Drogenmissbrauchs im Gefängnis sitzt. 

Obwohl Schwarze gemäß ihres Bevölkerungsanteiles 13 % der Chrystal-Meth-User stellen, sind 91% der wegen Chrystal-Meth verurteilten Gefängnisinsassen schwarz.

Die Bilanz nach 40 Jahren Drogenkrieg:
Drogen sind billiger und reiner und leichter erhältlich denn je. Der totale Irrsinn.

Guckt Euch das auch mal an.

Ob ich noch erleben werde, daß dieser Irrsinn geändert wird und die Drogengesetzgebung abgeschafft wird? Bei der Prohibition hat man es ja auch irgendwann erkannt.

Sonntag, 21. Juli 2013

Merkels ekelhaft langer Arm – Teil II


Wenn man sich über die EU ärgert – und das tun leider nicht nur dümmliche Populisten vom Schlage der AfD – sehnt man sich als Befürworter der vereinigten Staaten von Europa nach charismatischen Führungsfiguren.
Die EU-Gipfel sind bedauerlicherweise immer so ergebnislos, weil keiner das Rückgrat hat der ewigen Bremse Merkel entgegenzutreten oder seiner eigenen Bevölkerung etwas zuzumuten.
Merkel ist gerne Kanzlerin. Punkt.
Da ist die EU für sie nur eine taktische Reserve. Ein Instrument, mit dem sie sich profilieren kann oder dem sie Schuld zuschieben kann.
Echte Fortschritte im Einigungsprozess oder gar in der gemeinsamen Außen – und Verteidigungspolitik sind ihr völlig egal.
Aber wer ist denn sonst auf der Europäischen Ebene, dem man guten Gewissens vertraut?
Dem oder der man eine zentrale Rolle wünscht?
Der letzte europäische Regierungschef, den ich wirklich mochte, war José Luis Rodríguez Zapatero, der inzwischen durch die konservative Vollpfeife Rajoy ersetzt wurde.
 Helle Thorning-Schmidt finde ich noch halbwegs sympathisch, aber international trat sich noch nicht so recht in Erscheinung.
Ganz prima ist Jens Stoltenberg, aber Norwegen ist nicht Mitglied der EU.

In der zweiten Reihe ist der Baske Joaquín Almunia, 65, noch einer der Guten.
Der Professor für Arbeitsrecht (unter anderem hatte er einen Lehrstuhl in Harvard inne) engagierte sich schon während der faschistischen Diktatur für die Sozialisten in Spanien. 
Er war einer derjenigen, die sich nicht wie Bergoglio oder Merkel an ein Regime anpassten. Im Untergrund baute er die Spanische Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) mit auf, wurde in den 1980ern Minister in der Regierung von Felipe González und von 1997 bis 2000 Parteichef.
Heute ist Almunia Wettbewerbskommissar der EU und versucht die dreistesten Ungerechtigkeiten auszubügeln.
Im Vergleich zum atomenergieophilen Erratik-Plauderer Oettinger, der als EU-Energiekommissar erneuerbare Energien und Zukunftstechnologien konterkariert, ergreift Almunia zu Gunsten der Vernunft Partei.
Viel Erfolg hat er dabei allerdings nicht, da MERKELS EKELHAFT LANGER ARM ihm in die Speichen greift.
Die großen deutschen Energiekonzerne setzen ihr „Parteispenden“ bekanntlich sehr effektiv ein. Diese Regierung agiert nur nach vorheriger Bezahlung.
Die eigentlich wegen der „Energiewende“ fällig werdende Ökostromabgabe umgehen die Multis und verschaffen sich einen enormen Wettbewerbsvorteil, indem die Kosten stattdessen einfach den Privathaushalten und Kleinverbrauchern auf’s Auge gedrückt werden.

Es ist das Ministerium des Vizekanzlers Rösler von der Lobbyorganisation „Für Die Privatwirtschaft“ (FDP), welches die Steuerbefreiungen genehmigt. 
Das gehört alles zur schwarzgelben Kernkonzeption „Umverteilung von unten nach oben.“
Almunia wollte da endlich zu Gunsten der deutschen Verbraucher einen Riegel vorschieben, aber dieselben Verbraucher lieben ihre Merkel dafür, daß sie ihnen ökonomisch schadet.

In Sachen „Ökosteuerbefreiung für steinreiche Großkonzerne damit der kleine Mann mehr blechen muß“ wirkte Merkel gemäß ihrer gewohnten Erfolgsstrategie Tatenlosigkeit
Was Du heute kannst besorgen, verschiebe weit bis morgen.
Die Bundesregierung hat in der vergangenen Woche erheblichen Druck auf die EU-Kommission ausgeübt. Nach SPIEGEL-Informationen wurde ein geplanter Vorstoß gegen Deutschland nach massiven Interventionen des Kanzleramts kurzfristig wieder von der Tagesordnung genommen.

Die Behörde von Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia wollte vergangenen Mittwoch ein Verfahren gegen die umstrittene Teilbefreiung von der Ökostromumlage einleiten, die energieintensive Unternehmen in Deutschland genießen. In den vergangenen Jahren fanden immer mehr Firmen Wege, diese Ausnahme für sich zu nutzen und nur noch einen geringen Beitrag zur Förderung der erneuerbaren Energien zu leisten. In Deutschland ist die Privilegierung für Stromfresserfirmen umstritten, da vor allem kleine Betriebe und Haushalte sie ausgleichen müssen. Brüssel wollte prüfen, ob deutsche Industriebetriebe durch die Ausnahmen unzulässige Vorteile im Wettbewerb mit anderen europäischen Firmen genießen.

[…] Nach Informationen des SPIEGEL gab Almunia das Vorhaben erst nach Druck der Bundesregierung auf. Es soll nun Ende September eingeleitet werden - also nach der Bundestagswahl.
Der Urnenpöbel ist so begeistert, daß er gleich der SPD noch einen Prozentpunkt weniger geben möchte und die FDP laut Emnid wieder auf 6% hievt.

Samstag, 20. Juli 2013

Witzrepublik Deutschland



Gestern war Merkels traditionelle große Hauptstadtpressekonferenz vor der Urlaubspause.
Das war lustig.
Sieben Wochen nach den Snowden-Enthüllungen hatte Merkel rein gar nichts zur Aufklärung beizutragen.
Sie ist nicht nur ahnungslos; sie erkennt auch keinen Anlass in irgendeiner Form Druck auszuüben, um ihrem Wahlvolk die erwarteten Antworten zu verschaffen.
Ihr hoffnungslos überforderter Innenminister gibt sich auch heute wieder komplett out of order.
Innenminister Friedrich betont, wie "vertrauensvoll" die Nachrichtendienste beider Länder zusammenarbeiten. Doch die jüngsten Äußerungen des NSA-Geheimdienstchefs zum Thema kennt er gar nicht.

"Jetzt wissen die Deutschen Bescheid", hat NSA-Chef Keith Alexander gesagt, nachdem die Spähprogramme des US-Geheimdienstes bekannt wurden. "Wir sagen ihnen nicht alles, was wir machen oder wie wir es machen - aber jetzt wissen sie es", sagte er kühl auf einem Sicherheitsforum in Aspen im US-Bundesstaat Colorado.

Doch ausgerechnet Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich ist offenbar nicht auf dem Laufenden über die jüngsten Äußerungen des Amerikaners. "Ich weiß nicht, was der Herr Alexander da gesagt hat", sagte der CSU-Politiker dem ZDF - mehr als einen Tag, nachdem die Äußerungen des US-Geheimdienstchefs bekannt geworden sind.

"Ich kann nur sagen: Wir haben eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Amerikanern im wirtschaftlichen Gebiet, im gesellschaftlichen, im politischen - auch bei der Zusammenarbeit der Nachrichtendienste", so Friedrich weiter.
Und der zweite Stressminister, dem die Probleme ebenfalls hoffnungslos über den Kopf gewachsen sind, ist mittlerweile eindeutig der Lüge überführt.

Dokument erschüttert de Maizières Glaubwürdigkeit. Verteidigungsminister de Maizière gerät im Zusammenhang mit dem Drohnen-Debakel zunehmend unter Druck. […] In der Euro Hawk-Affäre gibt es einen weiteren Beleg dafür, dass Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) früher als angegeben Kenntnis vom Ausmaß der Probleme hatte. In einem der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Dokument zur Vorbereitung auf ein Gespräch mit Abgeordneten der Regierungsfraktionen heißt es, die Zulassung der Drohne gestalte sich "als extrem schwierig und risikobehaftet". Es trägt das Datum 6. März 2013, der Minister hat es am 12. März abgezeichnet.   Dies widerspricht seiner Aussage aus dem vergangenen Monat, eine Besprechung am 1. März 2012, bei der er erstmals von Zulassungsproblemen gehört habe, sei "der einzige Zusammenhang" gewesen, in dem er vor dem 13. Mai 2013 "mit dem Thema Euro Hawk befasst worden" sei.

An diesem 13. Mai hat er seiner Schilderung nach die Entscheidung seiner Staatssekretäre gebilligt, die Serienbeschaffung der Aufklärungsdrohne zu stoppen. In dem jetzt aufgetauchten Dokument mit dem Aktenzeichen 01-02-03/BE heißt es aber bereits, die "ursprünglich geplante Serienbeschaffung Euro Hawk" sei "extrem risikobehaftet und derzeit nicht absehbar". Es seien "gegebenenfalls Alternativen" zu "betrachten", die als Trägerplattform für die Aufklärungselektronik in Frage kämen. […]

Der SZ liegt zudem eine E-Mail vor, in der ein Beamter am 11. März die Aussage präzisierte, die Zulassung gestalte sich als äußerst schwierig. Er betont darin, dass der Entscheidungsprozess noch laufe, und empfiehlt vor diesem Hintergrund, die Aussage über die Schwierigkeiten mit der Zulassung "von der aktiven in die reaktive Sprechempfehlung zu übernehmen". Dieser Bitte kam einer der Staatssekretäre dann nach. […]

Der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner sagte der SZ: "Diese schriftliche Vorlage beweist, der Minister hat gelogen. Er wusste sehr wohl vor dem 13. Mai von erheblichen Problemen und Risiken beim Euro Hawk." De Maizière, so Lindner, habe sich "in seinen Unwahrheiten verfangen, die sich schwarz auf weiß, mit schriftlichen Vermerken, belegen lassen".

Auf diese „Baustellen“ angesprochen, lächelte Merkel nur und erklärte hartnäckig ihre Regierung sei die ERFOLGREICHSTE seit Gründung der Bundesrepublik.

 Auch in der aktuellen NSA-Affäre scheint sich ihre gewohnte Strategie zu bewähren: Tatenlosigkeit.  […] In keiner Umfrage ist der Abstand zwischen Union und SPD kleiner als zehn Prozent, zeitweise hat sich diese Differenz sogar der 20-Prozent-Marke angenähert. Der SPD ist es - Stand Mitte Juli 2013 - nicht gelungen, hinreichend viele Wähler von ihrem Kanzlerkandidaten zu überzeugen oder sich in genug Themen von der Union abzusetzen.

[….]  Die konservativen Merkel-Gegner bleiben im Splitterpartei-Bereich. Der Mehrzahl der CDU-Sympathisanten und potenziellen Wähler ist die zwischen Feuilleton und Scholastik changierende Diskussion darüber, was es heute bedeuten mag, konservativ zu sein, ziemlich egal. Merkel hat die relevanten Teile der Partei nicht gerade planvoll, aber in ihrem Sinne effizient zur Merkel-Regierungserhaltungspartei umgebaut. […]

Ein Beispiel ist die öffentliche Wahrnehmung der NSA-Affäre. Dass die Sozialdemokraten der Kanzlerin Tatenlosigkeit vorwerfen, ist ungefähr so, wie wenn man als Glasbenutzer einem Elefanten vorwirft, dass er mit Hilfe seines Rüssels trinkt. (Der Elefant ist nun einmal ein Elefant, und er kommt ganz gut über die Runden damit.) Merkel vermeidet es bei heiklen Themen nach Kräften, sich um das zu kümmern, was sie für Einzelheiten hält. Das hat sie nie gemacht, weil das gefährlich werden kann, und das wird sie auch, wie sie am Freitag bei ihrer Pressekonferenz wieder demonstriert hat, in Sachen NSA nicht tun. Man mag das zynisch nennen, aber zu ihrem Kalkül gehört dabei auch, dass die Affäre jene, die CDU wählen wollen, nicht davon abhalten wird.

[…]  Merkel und auch der jederzeit wendige Horst Seehofer […] bekennen sich mehr oder weniger offenherzig zum Umfallen als politischer Taktik und durchaus auch zur Ausnutzung des Plagiats. […]  Seehofer ist in diesem Sinne ein skrupelloser Opportunist. Auch deswegen könnte er die Landtagswahl gewinnen. Merkel ist ein wenig skrupulöser, aber Berufs-Opportunistin ist auch sie.
Die Strategie der Tatenlosigkeit“ ist dabei tatsächlich noch besser, als Taten à la Schwarzgelb.
Der neueste Coup, der mal wieder etwas unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des sonnenhungrigen urlaubenden Urnenpöbels stattfindet, ist auch ein Schildbürgerstreich erster Güte.
Der nächste Irrsinn.

Der Atomenergie in Europa geht es schlecht. Sehr schlecht. Dies hat jedoch wenig mit Fukushima zu tun, dafür umso mehr mit dem Boom erneuerbarer Energien. Wenn Brüssel nun versucht, Kernkraftwerke zu subventionieren, dann ist dies keine kleine Beihilfe. Es ist der Versuch, den Lauf der Dinge zu ändern - und weitere Milliarden in eine Technologie zu pumpen, die sich am Markt nicht behaupten kann.

Es muss wirklich hundsmiserabel um die Atomenergie in Europa stehen. Da haben die Staaten über Jahrzehnte alles getan, die Nuklearwirtschaft zu päppeln. Sie haben zinsgünstige Kredite lockergemacht, sie haben große Teile der nuklearen Risiken vergemeinschaftet, sie blicken großzügig darüber hinweg, dass es für den Atommüll bis heute keine Lösung gibt. Und jetzt das: Brüssel will den Weg frei machen für neue Atom-Subventionen. Billiges Geld, bis hin zu Einspeisetarifen für Atomstrom, soll zögerlichen Investoren auf die Sprünge helfen. So weit ist es also gekommen mit der Kernkraft.

[…] Wenn die Sonne scheint und der Wind weht, ist der Ökostrom konkurrenzlos billig. Denn im Unterschied zu den konventionellen Kraftwerken müssen die Betreiber von Windrädern und Solarmodulen nichts für Brennstoffe zahlen. Das ist ihr Charme.

Gegen diese Art Wettbewerb kommt das billigste Atomkraftwerk nicht an. […] Mag die Kernkraft also rein wirtschaftlich erledigt sein, politisch ist sie es noch lange nicht. […] Wer Atomstrom erzeugt, kann sich auf einen gesetzlich garantierten Strompreis freuen. Es wäre eine jener unverhohlenen Hilfen für die Atomwirtschaft, die Brüssel nun womöglich legitimiert.  Nicht nur energiepolitisch, sondern auch ökonomisch wäre das ein Irrsinn. Ökonomisch, weil die Europäer damit einer Technologie Milliarden hinterherwerfen, die sich ganz offensichtlich am Markt nicht mehr behaupten kann - von den Sicherheitsrisiken und dem ungeklärten Verbleib des Atommülls ganz zu schweigen. Energiewirtschaftlich, weil damit ausgerechnet jene Kraftwerke gefördert werden, die sich mit erneuerbaren Energien am wenigsten vertragen.

The Urnenpöbel loves it.

Freitag, 19. Juli 2013

Der Christ des Tages Teil LXXVI



Ach, wie ich Kreuznet vermisse! 
Im Gegensatz zu anderen ultrarechten faschistoid daherredenden Fanatikern, hatte Kreuznet immer noch diese unfreiwillige Komik. 
PI, Junge Freiheit, Burschenschaftler, Vertriebenenverbände oder NPD sind dagegen nüchtern-humorlos.
Klar, die NPD’ler sind natürlich solche Deppen, daß man sie vorzüglich verarschen kann, aber von allein sind sie humorlos wie ein Fusselsieb nach hundert Trommeln Herrensocken.
Kreuznet hingegen kreierte Ausdrücke wie „Brechreiz-Turnübungen mit seinem Unzuchtspartner“ (=David Berger hat Sex) oder „Gummiisolatoren für das männliche Geschlechtsteil (=Kondom).
Besonderes Augenmerkt richtete das dunkelkatholische Hetzportal naturgemäß auf die verschiedenen Bischöfe. Wenn auch 90% der „Inhalte“ Homosexualität und dabei ganz besonders den Analsex zum Gegenstand hatten. Darin gleichen sich fundamentale Christen überall auf der Welt: Sie beschäftigen sich manisch mit rektalen Sexualpraktiken, welche eindeutig ihr größtes Faszinosum darstellen.
Die Bischöfe wurden entsprechend der Begeisterung für anale Penetration weitgehend anhand ihrer Einstellungen zur Homosexualität bewertet.
Ein konservativer Bischof, der wiederholt homophob auffällig wurde, bekam das Etikett „neokonservativ.“ 
Drifteten seine antischwulen Ausfälle nicht in den Bereich der Volksverhetzung ab, lief der Bischof unter „altliberal“.
Selbst ein ganz konservativer Knüppel wie Bischof Mixa wurden noch despektierlich als „Fluchtbischof“ bezeichnet. Und wenn einer wie der adelige Wiener Erzbischof Schönborn auch einmal Milde gegenüber „Gomorrhisten“ walten ließ, wurde er fürderhin als „Homoporn-Kardinal“ beschrieben.
Gnade vor den Augen Kreuznets bekam eigentlich nur der stets als „Heldenbischof“ titulierte FSSPX-Bischof Williamson, der seine üblichen reaktionären und homophoben Ansichten noch mit Holocaustleugnung und Nazi-Ansichten würzte. 
Einen jovial-umgänglichen konservativen Kirchenfürsten wie Kardinal Lehmann traf die ganze Wucht des Kreuznet-Hasses: „Kriechen trotz Übergewicht“ und daß der Fuldaer Bischof Algermissen anders als sein ultrakonservativer und schwulenhassende Vorgänger Erzbischof Dyba menschliches Verhalten zeigen konnte, brachte ihm das Urteil „Solariumsbischof“ ein.
Dabei war es eher der Kreuznet-Liebling Mixa, der durch Protz und Solarium auffiel:
Empfohlen hatte sich Mixa damals durch seine besondere Liebe zur Förderung junger Priester und durch die Disziplinierung eines Pfarrers, der beim Ökumenischen Kirchentag an einem evangelischen Abendmahl teilgenommen hatte - trotz großer Widerstände der Kirchenbasis. […]   Scheinheilig in einer vergoldeten Parallelwelt. Bischof Walter Mixa war für Benedikt XVI., alias Joseph Ratzinger, ein wichtiger Mann zur Durchsetzung seiner kirchenpolitischen Linie in Deutschland. Er bezeichnete sich selbst als "kultivierten Konservativen". Mixa verkörperte eine Kirche, wie sie der Papst will. Ein Fundamentalist, ein Hardliner, ein Rückwärtsgewandter - doch der papsttreue Stadtpfarrer von Schrobenhausen hat sich als Scheinheiliger enttarnt.   Je frommer und schriller seine Sprüche wurden, desto größer wurde die Kluft zu Mixas Parallelwelt, in der er lebte und sich dazu auch noch ganz komfortabel mit Wein, Solarium und Blattgold eingerichtet hatte. Bischöfe wie Mixa sind das Ergebnis einer negativen Auslese: Nicht seelsorgerliche oder theologische Qualifikationen entschieden über ihren Aufstieg, sondern Papsttreue und blindes Befolgen römischer Anweisungen.
(Peter Wensierski, 08.05.10)
Ach, wie ich Kreuznet vermisse! 
Was hätten sie wohl zu Ratzingers Flucht vor der Verantwortung geschrieben? Eine schöne Verschwörungsgeschichte wäre ihnen sicherlich eingefallen.
Wie würde Kreuznet auf Franzis mangelnde Homophobie reagiert haben? Es vergehen inzwischen mehrere Tage am Stück, in denen keine einzige Hassattacke gegen Schwule aus dem Vatikan kommt. Nur eben die üblichen Schwuchtelein.
Ein von Papst Franziskus in eine Schlüsselposition im Vatikan berufener Prälat hat einem Medienbericht zufolge mehrere homosexuelle Affären gehabt. Battista Ricca habe in seiner Zeit als Botschafter des Vatikans in Montevideo Affären mit Männern gehabt, berichtete am Freitag die italienische Wochenzeitschrift "L'Espresso". Der Kirchenmann sei in der Hauptstadt Uruguays auch einmal zusammengeschlagen worden, nachdem er mehrere Schwulen-Bars besucht habe.
Auch wenn die Homoattacken aus Rom derzeit seltener werden, weil Franzi offenbar weniger manisch auf Analsex fixiert ist als Joseph Ratzinger und sein Freund Georg Gänswein, so ist die RKK-Leitungsebene selbstverständlich nicht weniger homo-hysterisch.
Ausgerechnet der als „Solarium-Algermissen“ Gescholtene legte zuletzt nach.
Heinz Josef Algermissen, 70, seit 12 Jahren Bischof in Fulda, mag auch kein Homoperversen.
Das erklärte der Christ des Tages Nr 76 im legendären „Bonifatiusboten.“
In dem Kirchenblatt hatte sich schon der olle Dyba über Schwule ausgelassen:
Zum katholischen Priesteramt taugen nun aber nicht alle Hodenträger.
Naive Menschen könnten meinen, daß in einem Beruf, der ohnehin zum Zölibat verpflichtet Penisgröße, Potenz und sexuelle Orientierung irrelevant wären - aber weit gefehlt:
Es ist außerdem zwischen guten (=heterosexuellen) und schlechten (=homosexuellen) Enthaltsamen zu unterscheiden.
Letztere dürfen auf Anweisung des aktuellen Pontifex‘ gar nicht erst zum Priesterseminar zugelassen werden.
Aufklären kann hier der stets brillante Erzbischof Dyba, der zwar zur Zeit tot ist, aber ob seines frommen Adlerblicks in die erotischen Abgründe mit Sicherheit bereits einen Ehrenplatz auf Wolke 7 in Gottes Himmel ergattert hat.
Im Bonifatiusboten verkündete er schon 1997, daß nur derjenige katholischer Priester werden könne, „der das Zeug zu einem gesunden und guten Familienvater“ hätte. Homosexuellen fehle dagegen das „Opferbewusstsein“ für das Priesteramt. 
(Tammox 06.03.2011)
Homosexuelle können aber nicht nur NICHT Priester werden, sie sind auch gemeingefährlich – so Algermissen in eben jenem Bonifatiusboten:
 „Der ideologische Kulturkampf zur Relativierung der treuen und lebenslangen Ehe“ wurde „deutlich verschärft“ - Pervertierte Journalisten-Sprachregelung hat sogar den Begriff „Hetero-Ehe“ geprägt. […]

„Wer heute den Zeitgeist heiratet, ist morgen schon ein Witwer“, hat vor Jahren bereits der große Theologe Hans Urs von Balthasar festgestellt.

Wer jedem Trend hinterherläuft und auf jeder neuen Welle mitschwimmt, wird notgedrungen oberflächlich, dessen Handlungskriterien werden schnell beliebig.

[…]  Daneben wurde der ideologische Kulturkampf zur Relativierung der treuen und lebenslangen Ehe in den letzten Jahren deutlich verschärft. Die rechtliche Anerkennung eingetragener Lebenspartnerschaften als Resultat eines „Emanzipationsprozesses“ war die Bresche, um den Konsens über die Besonderheit und Bedeutung der Ehe als Verantwortungsgemeinschaft für Fruchtbarkeit, Generationensolidarität und gesellschaftliches wie staatliches Wohl sozusagen amtlich endgültig zu zerbrechen.

Das geht schon so weit, dass eine pervertierte Sprachregelung unter Journalisten den Begriff „Hetero-Ehe“ geprägt hat, um damit das zu bezeichnen, was vor einigen Jahren fraglos das Normale und Gesunde war. Andererseits schienen sogar führende CDU-Politiker vom Etikettenschwindel der „Homo-Ehe“ befallen zu sein.

Ist uns eigentlich nicht mehr bewusst, dass derartige Begriffe in kurzer Zeit Wahrheit verändern und stabile Haltungen zerstören? Über die Folgen werden wir uns noch wundern.

Mit den Irrungen und Wirrungen über das Wesen der Ehe hat der Artikel 6 sein geistiges Fundament verloren, das den Vätern des Grundgesetzes noch plausibel war.