Von deutscher Schlager/Pop-Musik halte ich mich strikt fern; erst recht, wenn sie von Ossis gemacht wird.
Kurioserweise gibt es aber mehrere deutsche Ost-Sangesformationen mit beeindruckender Haltung. Feine Sahne Fischfilet aus Mecklenburg-Vorpommern mit ihrem intelligenten Frontmann Jan Gorkow. Kraftklub aus Sachsen mit ihrem stets stabilen Chef Felix Kummer. Silly, aus Ost-Berlin mit der leider 1996 gestorbenen legendären Tamara Danz. Die Prinzen, ebenfalls aus Sachsen, mit ihrem umtriebigen Sänger Sebastian Krumbiegel. Ihm verdanken wir den Ohrwurm-Text
Ich wär so gerne Millionär / Dann wär mein Konto niemals leer / Ich wär so gerne Millionär / Millionenschwer / Ich wär so gerne Millionär / Geld, Geld, Geld, Geld, Geld, Geld, Geld, Geld / Geld, Geld, Geld, Geld, Geld, Geld, Geld, Geld.
Die Zeilen gehören zu den drei einprägsamsten Highlights des DDR-Popkultur über den Westen. (Die anderen beiden sind Nina Hagens Ich glotz' von Ost nach West,2,5, 4 / Ich kann mich doch gar nicht entscheiden / Ist alles so schön bunt hier! / Ich glotz′ TV (sie glotzt TV) / Ich glotz′ TV (sie glotzt TV) und Tamara Danz‘ Wir wollen schön sein, aber auch klug / Doch in jedem Falle reich genug / Alles wird besser, / Aber nichts wird gut).
„Ich wär’ so gerne Millionär“ ist mittlerweile 34 Jahre alt und zeigt, was meine Generation ursprünglich mal unter „einer Million“ verstand; nämlich unermesslichen Reichtum, mit dem man für immer ausgesorgt hätte und sich alles leisten könnte. In meiner Grundschulzeit war „was würdest du mit einer Million machen?“ eine beliebte Frage unter Kindern, die wir phantasievoll diskutierten. Es war sowas, wie die Frage nach Allmächtigkeit. „Die Begriffe „Lotto-Million“ und „sechs Richtige“ wurden fast synonym verwendet: Immer ging es um diese unfassbare Summe von „einer Million D-Mark“.
Heute ist die Zahl nicht mehr so beeindruckend.
Wenn ich in Hamburg durch die etwas schöneres Stadtteile rund um die Außenalster fahre – let alone die Elbvororte – denke ich manchmal an den unermesslichen Immobilienreichtum, der dahinter steckt. Jede der Wohnungen, die man von außen sieht, ist mehr als eine Million Euro, also sogar zwei Millionen DM, wert. In Frankfurt, Berlin oder gar München ist es genauso. Für eine Million bekommt man heute in einer Großstadt eine schicke Neubau-Zweizimmerwohnung. Mehr nicht. Omas sprichwörtliches Häuschen in der Vorstadt ist heute leicht eine Million wert. Es gibt massenhaft Millionäre in Deutschland; nämlich fast drei Millionen!
[….] Laut dem UBS Global Wealth Report 2024 ist die Zahl der Millionäre weltweit in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Trotz eines leichten Rückgangs im Vorjahr gab es 2023 rund 58 Millionen Dollar-Millionäre weltweit. In Deutschland habe sich die Anzahl der Millionäre besonders dynamisch entwickelt: Während es 2022 noch etwa 2,6 Millionen Millionäre gegeben habe, sei diese Zahl 2023 auf 2,821 Millionen angestiegen.
Bis 2028 prognostiziert der Bericht für Deutschland einen weiteren Anstieg um etwa 14 Prozent. Das würde die Zahl der Millionäre auf voraussichtlich 3,229 Millionen erhöhen. Diese Entwicklung unterstreicht einerseits den wachsenden Wohlstand in Deutschland. Andererseits ist dabei aber zu beachten, dass das Durchschnittsvermögen hierzulande im internationalen Vergleich nur auf Platz 17 rangiert. […] Die Zahl der Millionärinnen und Millionäre weltweit ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Das ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen: […] Steigende Immobilienpreise: Die Wertsteigerungen bei Gebäuden, Häusern, Wohnungen und Grundstücken haben einer Studie zufolge wesentlich dazu beigetragen, dass in Deutschland 90 Prozent der Millionäre reich geworden sind. […]
Werte von einer Millionen Euro zu besitzen, ist also inzwischen ein Massenphänomen. Daß die selbst genutzte Eigentumswohnung eine Million Euro wert ist, bedeutet dabei längst nicht mehr, finanziell sorgenfrei zu sein und sich alles leisten zu können.
Die neue Größenordnung für wirklich reiche Menschen lautet „Einkommensmillionär“.
[….] In Deutschland leben laut Daten der Statistischen Landesämter die meisten Millionäre sowohl in Bezug auf Vermögen als auch Einkommen in den folgenden Bundesländern und Städten.
· Vermögensmillionäre: Nordrhein-Westfalen hat die größte Anzahl an Vermögensmillionären, gefolgt von Bayern und Baden-Württemberg. Diese Regionen zeichnen sich durch ihre hohe Bevölkerungszahl und wirtschaftliche Stärke aus.
· Einkommensmillionäre: Hamburg weist die höchste Dichte an Einkommensmillionären pro 10.000 Steuerpflichtigen auf, gefolgt von Bayern und Baden-Württemberg. In Hamburg haben 12 von 10.000 Steuerpflichtigen Jahreseinkünfte von mehr als 1 Million Euro, während es in Bayern 9 von 10.000 sind. [….]
Jedes Jahr über eine Million Euro dazu zu bekommen, ist schon eher als reich anzusehen. Die Königsklasse bilden heute aber die "Ultra High Net Worth Individuals" (UHNWI).
Sebastian Krumbiegels Hit von 1991 müßte auf die heutige Zeit umgeschrieben also heißen: Ich wär so gerne Uhnwi / Dann wär mein Konto niemals leer / Ich wär so gerne Uhnwi / Hunderte Millionenschwer / Ich wär so gerne Uhnwi / Geld, Geld, Geld, Geld, Geld, Geld, Geld, Geld / Geld, Geld, Geld, Geld, Geld, Geld, Geld, Geld.
[….] In Deutschland wächst die Zahl der Superreichen rasant - 3.900 Menschen besitzen nun fast ein Drittel des gesamten Finanzvermögens. Nur zwei Länder der Welt haben noch mehr Superreiche als Deutschland.
In Deutschland leben inzwischen rund 3.900 sogenannte Superreiche - das sind Menschen mit einem Finanzvermögen von mehr als 100 Millionen Dollar. Innerhalb eines Jahres stieg die Zahl der Superreichen um 500 Personen, das Vermögen dieser Gruppe wuchs um 16 Prozent. Ein Zuwachs, der sich vor allem durch die starken Kursgewinne an den internationalen Finanzmärkten erklären lässt. Diese 3.900 Superreichen, auch "Ultra High Net Worth Individuals" (UHNWI) genannt, besitzen laut dem neuen "Global Wealth Report 2025" der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) zusammen knapp drei Billionen Dollar. Das sind rund 27 Prozent des gesamten Finanzvermögens in Deutschland. Insgesamt umfasst das Bruttovermögen der deutschen Haushalte 22,9 Billionen Dollar - davon entfallen 11,1 Billionen auf Finanzvermögen, also Bankguthaben, Wertpapiere, Pensionen und Bargeld. 11,8 Billionen Dollar sind in Immobilien und anderen Realwerten angelegt. [….]
Millionär zu sein, finde ich immer noch ganz nett. Aber doch irgendwie auch profan. Millionen Deutsche sind Millionäre. Deswegen interessiert mich ein schnöder Lotto-Gewinn auch weniger. Lieber wäre mir der Eurolotto-Jackpot von 120 Millionen Euro, um gleich in den exklusiveren Club der Uhnwi aufzusteigen.
Bekanntlich sind die Chancen, den Eurolottojackpot zu knacken minimal. Andererseits ist es aber auch unmöglich durch Erwerbsarbeit zum Multimillionär aufzusteigen. Anders als unsere Eltern und Großeltern, können Erwachsene des Jahres 2025 keine großzügige Innenstadtwohnung oder das Haus mit Garten in der Vorstadt kaufen, wenn sie nur Gutverdiener sind. So bekommt man die Hunderttausende Euro Eigenkapitalanteil bei der Finanzierung niemals zusammen.
Es gibt nur zwei realistische Wege, um zu den 500 Menschen zu gehören, die es im Jahr 2024 vermochten zu Uhnwis aufzusteigen: Eierschaukeln und erben.
Das ganz ganz große Geld „verdient“ man, indem man wie Frau Klatten oder Herr Quandt in Ruhe chillt und durch pures Nichtstun immer mehr Milliarden einsammelt. Der pure Besitz lässt einen reicher werden. Die andere Möglichkeit ist es, abzuwarten, bis Mutter, Vater, Onkel, Großeltern sterben und einem hunderte Millionen Euro hinterlassen. Dafür zahlt man auch im Gegensatz zu dem Normalo, der nur das kleine Häuschen der Eltern erbt, keine Erbschaftssteuer, weil Uhnwis natürlich Vermögensberater haben, die Doppelstiftungsmodelle und ähnliches ersinnen, so daß der Fiskus stets leer ausgeht.
Das ist politisch so gewollt. Demonstrativ verweigern sich Ministerpräsidenten mehr Steuerfahnder einzustellen oder Maßnahmen zu ergreifen gegen die 100 Milliarden Euro, die jedes Jahr durch Steuerhinterziehung geraubt werden.
Denn diese Superreichen halten mit ihren Parteispenden die verantwortlichen Politiker bei Laune. Außerdem gilt Kapital als scheues Reh. Insbesondere Bayern lockt Milliarden-schwere Unternehmen mit dem Hinweis auf nachlässige Steuerfahndung an. Die Uhnwis sollen sich ja nicht belästigt fühlen und dann womöglich in andere Bundesländer, oder gar ins Ausland fliehen. Es sind aber nicht etwa nur sinistere schwarzgelbe Politiker, die heimlich als Lobbyisten für Superreiche agieren, während die untern 2/3 der Einkommenspyramide immer ärmer werden. Nein, es ist der Urnenpöbel selbst, der das unbedingt will. CDU, CSU, FDP, AfD und FW versprachen alle vor der Bundestagswahl sehr klar und deutlich, bei den Ärmsten zu kürzen und das Vermögen im großen Maßstab von unten nach oben zu verteilen. Dieser „Wir machen Superreiche noch superreicher“-Block erhielt fast 60% der Stimmen. Der Urnenpöbel hätte auch für den umgekehrten Weg stimmen können; Millionärsabgabe, Vermögenssteuer, höherer Spitzensteuersatz, um sie Normalverdiener zu entlasten; aber eine faire Vermögensverteilung war nicht gewünscht: SPD 16,4% und Linke 8,8%.
[…] Wirtschaftsministerin gegen Klimaziele: Reiche opfert uns den Reichen […] Zu starr findet Katherina Reiche, Bundeswirtschaftsministerin von der CDU, die Klimaziele. Frühere Bundesregierungen hätten die Ambitionen hochgeschraubt, beschwert sie sich, „ich weiß nicht, ob man das vorher durchgerechnet hat“ – obwohl die hochgeschraubten Ambitionen vor allem einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu verdanken sind.
Schon zu Anfang von Reiches Amtszeit warnte Lobbycontrol, sie sei fossile Lobbyistin. […] Inzwischen – keine acht Wochen später – ist klar: Reiche und die CDU torpedieren Klimaschutz, wo sie können.
Zuerst zum Durchrechnen, das ist nämlich recht leicht: Klimaschutz – beschleunigter Erneuerbaren-Ausbau, besserer ÖPNV, klimaneutrales Heizen – lässt die Wirtschaft schneller wachsen, ganz abgesehen von den monströsen Klimafolgeschäden, die man so vermeidet. Das hat die OECD ausgerechnet. Kein Klimaschutz ist teurer als Klimaschutz, das beweisen Studien und Katastrophen wie im Ahrtal oder in Valencia immer wieder. […] Und dieses Geld muss auch aus den Profiten der Unternehmen und den Vermögen der Milliarden-Erben kommen, die so gern Geld an die CDU spenden. Reiche kämpft lieber für den unverminderten Überreichtum einer winzigen Zahl von Menschen als für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen. […]
Die Merz-Regierung arbeitet gegen die Zukunft, gegen die Jugend und gegen Solidarität.
Der Urnenpöbel findet es toll und belohnt die CDU jede Woche mit besseren demoskopischen Zahlen. Auf daß es auch dieses Jahr mindestens 500 neue Uhnwis und eine Million hungernde Rentner mehr gibt.