Sonntag, 2. Februar 2020

Ein Rat, den ich Franziskus nicht gebe.

Am 26. August 1978 errang der kerngesunde 65-Jährige Albino Luciani eine gewaltige Machtfülle, indem er Papst wurde. 1958 wurde er überraschend vom legendären Bauern- und Reformpapst Roncalli zum Bischof ernannt und elf Jahre später von Pillenpapst Montini zum Patriarchen von Venedig befördert.
Der ärmlichen norditalienischen Verhältnissen entstammende Luciani war in Venedig außerordentlich beliebt und volksnah.
Er ist bis heute einer der ganz wenigen katholischen Topkleriker des Jahrhunderts, dem die Herzen zuflogen und wird als “Il Papa del sorriso” (deutsch: „Papst des Lächelns“) und “Il sorriso di Dio” (deutsch: „Das Lächeln Gottes“) verehrt.
Es lässt sich leicht nachvollziehen welche Überlegungen seiner Kardinals-Kollegen im Konklave 1978 zu seiner Wahl führten. Nach dem strengen und gefürchteten Adeligen Montini, der als unnahbar und unsympathisch galt, wollte man die RKK nach dem gesellschaftlichen Aufbruch der 1960er Jahre wieder mit Europas Gesellschaft versöhnen. Jeder würde Luciani lieben – der Plan ging auf.
Der zweite Teil des kurialen Plans sah allerdings vor, daß der einfältige Luciani aus der Provinz, der nie in der römischen Kurie mitgemischt hatte, leicht zu manipulieren und dirigieren sein würde. Das sah im allerersten Moment tatsächlich so aus, als er seine beiden Amtsvorgänger ehrte, indem er den Doppelnamen Johannes Paul I. annahm.
Aber dann ging alles schief. Luciani begriff nämlich schnell welche enorme Macht sein neues Amt ihm verschaffte.

(……) Das Papstamt steht für maximale Machtfülle.
Er wird direkt vom Heiligen Geist (=Gott) ausgesucht, amtiert folglich auf Lebenszeit als Stellvertreter Gottes auf Erden.
Weltlich betrachtet ist es ein absolutistisches Amt. Ein Papst ist nicht nur oberster Chef der Exekutive, Judikative und Legislative, sondern er ist praktischerweise auch noch unfehlbar.
Noch beindruckender ist seine kirchenrechtliche Stellung.

Franzi verfügt über Primatialgewalt (der Primatsanspruch des Papstes ergibt sich aus Matthäus 16 : Als Nachfolger des Apostels Petrus, irdischer Stellvertreter Jesu Christi und Hirte der Universalkirche verfügt der Papst in der römisch-katholischen Kirche „über höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt, die er immer frei ausüben kann“ (can. 331 CIC).
Der Papst ist Träger der Höchstgewalt (potestas suprema); es steht also nichts und niemand über ihm; und der
 Vollgewalt (potestas plena), also maximale Gewaltenfülle in materieller und formeller Hinsicht. Materiell meint, daß sich päpstliche Gewalt über absolut alle Sachgebiete der Kirche erstreckt. Formal heißt Amtsgewalt des Papstes über Exekutive, Legislative und Judikative umfasst.
Franzi ist oberster Richter der Kirche und zwar ohne sich selbst an kirchliches Recht halten zu müssen (prima sedes a nemine iudicatur). Was er entscheidet ist daher automatisch letztinstanzlich und unanfechtbar.
Die Primatialgewalt ist unmittelbar (potestas immediata), so daß sich der argentinische Einlunger willkürlich in alles was ihm beliebt einschalten kann ohne irgendwelche Vorinstanzen abwarten zu müssen.
Ferner verfügt Bergoglio über Universalgewalt (potestas universalis), kann also seine Primatialgewalt auch auf alle Teile wie Bistümer, Klöster, Pfarren anwenden; und:
bischöfliche Gewalt (potestas vere episcopalis) und frei ausübbare Gewalt. Kein Kardinal, kein Kirchengericht, noch nicht mal alle 4.000 Bischöfe der RKK zusammen können Franzi bei seinem Machtgebrauch hindern. (…..)

Luciani verschwendete keine Zeit, verlangte Einblick in die dunkelsten Kapitel der Kirche, studierte die Finanzgebaren und war drauf und dran einschneidende Änderungen und Modernisierungen zu veranlassen.
Alles Weitere ist bekannt. Nach nur 33 Tagen war Luciani plötzlich tot und wurde entgegen aller Gepflogenheiten blitzartig ohne Obduktion beerdigt. Die Todesursache wurde nie bekannt; es steht aber immerhin fest, daß die offiziellen Verlautbarungen des Vatikans unwahr sind, daß irgendetwas verschleiert wurde.
Entweder starb der lächelnde Papst urplötzlich eines natürlichen Todes (Embolie, Herzinfarkt…) und hätte damit gezeigt, daß die Katholische Überzeugung vom Heiligen Geist, der im Konklave den neuen Stellvertreter Christi auf Erden bestimmt ganz großer Humbug ist.
Oder er wurde von konservativen Kräften innerhalb der Kurie vergiftet. Das ist schon deswegen nicht unwahrscheinlich, weil das eine seit 1000 Jahren praktizierte Methode im vatikanischen Kampf um die Macht ist. Aber auch diese Variante wirft nicht gerade ein gutes Licht auf die Kurie und so ging man im nächsten Konklave auf Nummer sicher. Gewählt wurde erstmals nach 500 Jahren ein Nicht-Italiener, der im fernen Polen unmöglich mit den kurialen Machenschaften verquickt sein und konnte und der mit seinen frischen 58 Jahren geradezu sagenhaft jung und gesund war.
Diesmal ging der kuriale Plan besser auf. Der Pole riss das zweitlängste Pontifikat der Geschichte ab, war im Gegensatz zu seinem Kurz-Vorgänger erzkonservativ und interessierte sich kein bißchen für die kurialen Machenschaften, so daß die Präfekte und Kurienerzbischöfe nach Herzenslust ihre Ränke weitertreiben konnten.

Wir lernen: Aus der gewaltigen Machtfülle des Papstamtes wird nur dann echter Einfluss generiert, wenn man sie mit der Zeit in der Kurie multipliziert.

Große Macht mal ein Monat = fast nichts.

Ganz anders sieht es bei Nachnachfolger Lucianis als Pontifex Maximus aus.
Joseph Ratzinger, der geschickt die Mär von dem gelehrten Professor ohne weltliche Triebe streut, ist in Wahrheit etwas ganz anderes. Weder ist seine akademische Potenz so groß, wie seine Adepten verbreiten; Alan Posner wies ihm mit Leichtigkeit grobe Zitatverfälschungen und unwissenschaftliche Methoden nach. Noch ist Ratzinger frei von Machtgier. Ganz im Gegenteil.
Geschickt riss er alle wichtigen Entscheidungen seit seinem Aufstieg zum Präfekten der Glaubenskongregation im Jahr 1981 an sich.
Er bestimmte im Wesentlichen wer zum Kardinal erhoben wurde und dominierte als theologische Nummer Zwei der RKK alle Debatten. Nebenher zog er so eifrig die Fäden, daß er unabhängig von seinem Präfektenjob auch formal als Dekan des Kardinalskollegiums der Chef aller Kardinäle wurde und somit 2005 die Beerdigung Wojtilas, die Sedisvakanz und die neue Papstwahl dominierte.
Nach 24 Jahren als Top-Kurialer waren ihm fast alle Papstwähler zu persönlichen Dank verpflichtet und wenig überraschend wurde er selbst Papst. Aus Sicht des Konklaves war das logisch. De facto hatte Ratzi ohnehin in den Jahren des Wojtila-Siechtums regiert und mit einen 79 Jahren war er außerdem unverdächtig irgendwelche ungewollten Reformen vom Zaun zu brechen.

Ratzinges Einfluss-Bilanz sieht also ganz anders als die Lucianis aus:

De facto Allmacht mal 39 Jahre = Gewaltig viel.

Das gewaltige Machtbewußtsein Ratzingers zeigte sich schnell.
Keineswegs wollte er sich mit seinen beliebten, aber in der Kurie einflusslosen Vorgängern gemein machen und nannte sich nicht etwa Johannes-Paul III, sondern wählte den Namen Benedikt, der nach fast 100 Jahren im Abklingbecken (Benedikt XV war Papst von 1914 bis 1922) neu zu erfüllen war.
Insbesondere brach er vom ersten Tag an mit der demonstrativen Prunklosigkeit seiner beiden Vorgänger (und wie sich nun herausstellt auch der seines Nachfolgers). Die schlichten weißen Gewänder des Polens verachtet Ratzinger und schwelgte im Luxus. Nun konnte es gar nicht genug Gold und Edelsteinig sein.
Benedikt trug Hermelin, rote Prada-Schühchen, verschiedene Camauri in Samt, Seide und Damast – stets mit teuerster Hermelinfütterung. Goldene Luxus-Roben, die er aber stets nur einmal trug.
 Und natürlich immer wieder seine heißgeliebten Pracht-Mozzetti: Die Mozzetta aus weißem Seidendamast mit Hermelin gefüttert, die Mozzetta aus rotem Tuch mit Hermelin gefüttert, seine Mozzetta aus rotem Samt mit Hermelin gefüttert.

Ganz sicher ist immer noch nicht, weswegen Benedikt XVI. im Jahr 2013 zurücktrat. Ich kenne viele Gerüchte, er wäre von dunkeln Kräften rund um den Opus Dei mit Schwulen-Geschichten erpresst worden. Das kann ich aber a) nicht verifizieren und b) wäre es aus Sicht der Legionäre Christi oder des Opus Dei kontraproduktiv einen derart konservativen Papst abzusägen.
Möglicherweise hatte er wirklich einfach keinen Bock mehr. 
Titanic Feb 2020

Seinem Nachfolger versprach er aufgrund der ungeklärten Machtverhältnisse zwischen zwei Päpsten auf engstem Raum im Vatikan-Kloster Mater Ecclesiae ein Leben in Stille und Gebet zu führen.

Bergoglio wußte aber bald Bescheid. Wieder einmal hatte Joseph Ratzinger gelogen. Keineswegs würde er auf die Insignien seiner Macht verzichten.
Der Ex-Papst nennt nicht wieder „Pater Ratzinger“, verzichtet auf keine Privilegien und schon gar nicht denkt er daran wie andere ehemalige Kardinäle eine einfache schwarze Soutane zu tragen.
Ratzi fährt das volle Protz- und Prunk-Programm weiter.

[……] Leb­te Ratz­in­ger tat­säch­lich wie ein Ere­mit in sei­nem Klos­ter, wäre vie­les ein­fa­cher. Aber der Mann aus Marktl am Inn un­ter­zeich­net sei­ne Post be­harr­lich mit »Papa eme­ri­tus«, trägt wei­ter die wei­ße Sou­ta­ne und das Schei­tel­käpp­chen ei­nes Pon­ti­fex und er­teilt den apos­to­li­schen Se­gen. Sich nicht von den äu­ße­ren An­zei­chen des Pap­st­amts tren­nen zu wol­len, sei ein Aus­druck un­er­hör­ter Ar­ro­ganz, zürnt ein Ratz­in­ger-kri­ti­scher Kar­di­nal. [….]
(DER SPIEGEL, 01.02.2020)

Franzi ist in der unglücklichen Lage wenig dagegen unternehmen zu können, ohne seine eigene Legitimation zu beschädigen.
Der nörgelnde Altpapst benimmt sich allerdings divenhaft wie eh und je, fährt ihm immer wieder in die Parade und ist dabei zu allem Übel auch noch sagenhaft ungeschickt.
Statt still echten Einfluss auszuüben, wie er es als Glaubenspräfekt tat, gibt er weiterhin den Pannenratz, den wir ab 2005 kennengelernt haben.

Regensburger Rede, Klage gegen das Titanic-Magazin, Holocaustleugner-Verehrung, homophil-hysterische Homophobie, Piusbrüder-Skandal, Vatileaks-Skandal, Kam­mer­die­ner Pao­lo Ga­brie­le-Skandal, Ri­chard Wil­li­am­son,  ho­mo­se­xu­el­le Lob­by in der Ku­rie, Auf­satz über die theo­lo­gi­sche Le­gi­ti­ma­ti­on des Staa­tes Is­ra­el, Be­ne­dikts Bei­trag vom April 2019 im »Kle­rus­blatt«, in dem er die Lo­cke­rung der Se­xu­al­mo­ral nach 1968 als Er­klä­rung für se­xu­el­len Miss­brauch an­führt.

Nach seinem letzten Clash der Päpste um das Thema Zölibat ahnt sowohl die liberalere Franzi-Fraktion um Kardinal Kaspar, als auch die ultrakonservative Ratzi-Fraktion um Kardinal Müller, daß der Vatikan mit zwei Päpste eine Fehlkonstruktion ist, die beiden Seiten schadet.
Der jüngere Papst setzt offenbar auf eine biologische Lösung und hofft auf Ratzingers baldiges Ableben.
Aber so eine Wette kann schiefgehen.
Man denke nur an die kerngesunde agile Elisabeth II, geb. 1926, deren Ehemann Philipp, geb. 1921, auch noch fit ist.
So viel jünger ist der nur einlungige Bergoglio, geb. Dez 1936, auch nicht. Luciani starb als 65-Jähriger Papst.

Wenn ich Herrn Bergoglio etwas im Sinne der katholischen Kirche raten sollte, dann wäre es lieber sofort ein Ende mit Schrecken zu provozieren.
Immerhin ist Franzi doch nicht um drastische Ausdrucksweisen verlegen.
Er müsste mal gewaltig vor versammelter Kardinals-Mannschaft auf den Tisch schlagen:

Titanic Feb 2020
 Diese elende Intriganten-Schwuchtel Ratzinger soll sich gefälligst nach Bayern verpissen und ohne den Schutz der vatikanischen Staatsbürgerschaft zusehen, wie sie mit den Kinderfickern fertig wird, die sie als Münchner Erzbischof aus Essen auf kleine Kinder gehetzt hat.
Jetzt ist mal Schluss mit weißen Prachtkleidchen, Hermelindeckeln und Heiligkeits-Brimborium. Soll der sich endlich wieder eine kratzige schwarze Woll-Kutte mit Klumpschuhen anziehen und mir nicht die gute Vatikanstadt-Luft wegatmen. Prügel-Schorsch geht direkt an die bayerische Staatsanwaltschaft und kann hier nicht mehr als Papst-Bruder rumchillen.
Und sexy Gänsi behalte ich auch für mich. Soll doch eine korpulente Bayern-Nonne mit Bratpfannen-Händen Ratzingers welken Hintern windeln.

Burke, Sarah und Müller würden die Krise 
kriegen, aber was sollen sie schon machen? Wenn nur noch ein Papst übrig ist, ist nur noch einer allmächtig.
Es würde Franzis Agenda sehr helfen, wenn er endlich gezeigt hätte, daß er sich auch durchsetzen kann. Außerdem müsste er dann keine Rücksicht mehr nehmen und könnte auch offener zeigen, daß er natürlich konservativer ist, als alle in ihn hineininterpretieren. Er könnte damit die Kirche versöhnen, einigen und stärken.

Da ich aber eine schwache und sterbende Kirche bevorzuge, werde ich diesen Rat nicht erteilen und im Gegenteil hoffen, daß Bergoglio nie seinen Mund aufmacht. Auf daß Ratzi, Gänsi, Burke, Sarah und Müller ihm noch mehr auf der Nase herumtanzen mögen und die Kurie als genau die intrigante Schlangengrube entlarven, die sie ist.
Mögen sich möglichst viele Katholiken angewidert von dem Schauspiel abwenden.