Montag, 16. Januar 2017

Amerika- Batshit Crazy.



Hurra, bei mir geht es wirtschaftlich aufwärts.
Ich steige ein in die große Welt des Unternehmertums und werde zukünftig EUR 320,- PRO MONAT zusätzliche Einnahmen generieren. Bin also bald mit Trump auf Augenhöhe.
Damit alles seine Ordnung hat, ging ich heute Morgen in meine Bankfiliale, um ein Unterkonto zu meinem Girokonto zu eröffnen.
Der eigentlich für mich zuständige Sacharbeiter mußte mich verlassen, da die Bank herausgefunden hatte, daß ich einen Gewerbeschein besitze und somit automatisch kein Privatkunde mehr bin, sondern nun zu den „Geschäftskunden“ gehöre. Klar, mit 320,- Tacken im Monat ist man eben wer.
Geschäftskundenberater Eralp Özdemir starrte zunächst eine halbe Stunde auf meine US-ID-card. Sowas habe er ja noch nie gesehen.
„Entschuldigen Sie, das muß ich erst mal prüfen“ – sprachs und verschwand zur Befragung der Vorgesetzten.
Ob das sowas wie ein Personalausweis für Amerikaner sei? Und wieso wolle ich denn in Deutschland ein Konto ausgerechnet bei ihm eröffnen?
Hmmm, könnte es daran liegen, daß ich zufällig nebenan wohne und schon seit meinem 16. Lebensjahr ein Girokonto bei dieser Bank unterhalte?
So ging einige Zeit ins Land. Eine Antwort von mir, verwirrtes Staunen meines Gegenübers und dann immer „Entschuldigen Sie, das muß ich erst mal prüfen“; Rücksprache mit den Filialleiter, warten, und von vorn.

Noch einmal zur Verdeutlichung – ich wollte Geld einzahlen und nicht etwa Geld von der Bank haben.

Schließlich strahlte mein Geschäftskundenberater; er begrüße mich als neuen Kunden (nach einigen Jahrzehnten, die ich dort schon Kunde bin) und überreichte mir in mehrfacher Ausführung das vierseitige

Form W-9. (Rev. December 2014). Department of the Treasury. Internal Revenue Service. Request for Taxpayer. Identification Number and Certification.

?

Auf meine Entgegnung, daß ich so etwas noch nie vorher gesehen hätte und außerdem weder eine „Employer Identification Number“ noch eine „Social Security Number“ besäße, bildeten sich langsam Schweißperlen auf seiner Stirn.

Was soll das?

Taxpayer Identification Number (TIN) Enter your TIN in the appropriate box. The TIN provided must match the name given on line 1 to avoid backup withholding. For individuals, this is generally your social security number (SSN). However, for a resident alien, sole proprietor, or disregarded entity, see the Part I instructions on page 3. For other entities, it is your employer identification number (EIN). If you do not have a number, see How to get a TIN on page 3.  Note.
If the account is in more than one name, see the instructions for line 1 and the chart on page 4 for guidelines on whose number to enter.
Part II  Certification   Under penalties of perjury, I certify that:
1.  The number shown on this form is my correct taxpayer identification number (or I am waiting for a number to be issued to me); and
2.  I am not subject to backup withholding because: (a) I am exempt from backup withholding, or (b) I have not been notified by the Internal Revenue Service (IRS) that I am subject to backup withholding as a result of a failure to report all interest or dividends, or (c) the IRS has notified me that I am no longer subject to backup withholding; and 3.  I am a U.S. citizen or other U.S. person (defined below); and 4. The FATCA code(s) entered on this form (if any) indicating that I am exempt from FATCA reporting is correct.
Certification instructions.
You must cross out item 2 above if you have been notified by the IRS that you are currently subject to backup withholding because you have failed to report all interest and dividends on your tax return. For real estate transactions, item 2 does not apply.
For mortgage interest paid, acquisition or abandonment of secured property, cancellation of debt, contributions to an individual retirement arrangement (IRA), and generally, payments other than interest and dividends, you are not required to sign the certification, but you must provide your correct TIN. See the instructions on page 3

Ja, willkommen im Jahr 2017. Die USA greifen nun durch und sorgen dafür, daß auch im Ausland nationales US-Recht gilt.

Man stelle sich vor, andere Nationen würden einfach ihre nationale Gesetzgebung auf den Rest der Welt ausdehnen.
Dann könnte beispielsweise der Finanzstaatssekretär Jens Spahn in Berlin gesteinigt werden, weil Homosexualität in Riad so bestraft wird.
Man stelle sich vor andere Staaten würden den Geltungsbereich ihrer Gesetze auf die USA ausdehnen. Was wohl der US-Kongress davon hielte.

Umgekehrt geht es aber, weil die USA eben die USA sind – reich, mächtig, Atombomben, NSA – da stecken sich Gabriel und Merkel sofort gegenseitig die Köpfe in den Hintern, um wirksam wegzusehen. Was Amerika darf, dürfen andere noch lange nicht. Und das betrifft eben nicht nur das Ausspähen von Millionen Deutschen.


Um noch einmal auf meine Wenigkeit zurück zu kommen:
Das ist immerhin ein völkerrechtlich bindender Vertrag zwischen zwei Staaten, der besagt, daß eine im Ausland lebende juristische Person nur einmal besteuert werden kann.
Da ich in Deutschland meine Steuererklärungen abgebe, bin ich aber ohnehin auf der sicheren Seite, weil die Steuern hier bekanntlich höher sind als in den USA.
Dachte ich.
Seit einiger Zeit will Washington aber grundsätzlich alle Amerikaner (die nicht so smart sind wie Donald Trump und daher gar keine Steuern zahlen müssen) abkassieren – auch wenn sie in Deutschland leben und dort schon besteuert werden.

Seit einigen Jahren werden immer mehr in Europa lebende Amerikaner zu Expats- geben also aus Furcht vor den US-Steuerbehörden ihren US-Pass ab.

[…..] Die rasant steigende Zahl von Amerikanern, die ihren Pass zurückgeben, wird von Experten vor allem mit dem neuen Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) von 2010 erklärt. Spätestens 2014 müssen im Ausland lebende US-Bürger nach diesem neuen Gesetzes ihre Steuern erklären. Tun sie es nicht, drohen drakonische Strafen: Wenn bei der Meldung über die Auslandskonten - das sogenannte FBAR - wichtige Details unterschlagen werden, droht eine Buße von 27,5 Prozent vom höchsten Betrag, der in den vergangenen acht Jahren auf einem Konto angesammelt wurde.
Ein Entkommen aus der Steuer-Schlinge wird immer schwieriger. Denn der FATCA zwingt Banken im Ausland, auf Basis bilateraler Abkommen mit den USA die Konto-Details amerikanischer Expats herauszugeben - oder 30 Prozent von deren US-Einkünften einzubehalten. [….]

Die Flucht aus der Staatsbürgerschaft betrachten die nationalistischen US-Kongressabgeordneten als extremen Affront.

Daher gehen sie aggressiv auch gegen Menschen vor, die gar keine US-Bürger (mehr) sind, sondern beispielsweise als Deutsche in Deutschland leben.

Hätte die Bundeskanzlerin auch nur Rudimente eines Rückgrats, würde sie sich vehement gegen diese Praxis verwehren und sich vor ihre deutschen Landsleute stellen.
Aber wie wir beim Thema Snowden, NSA, Selektorenliste gesehen haben, kriecht Merkel vor Washington und wagt keine Widerworte.

2014 erschwerten die USA die Regeln für das Aufgeben der US-amerikanischen Staatsbürgerschaft. Die Gebühr für einen solchen Antrag in der US-Botschaft wurde 2016 von 450 auf 2.400 US-Dollar erhöht!

Es gab Zeiten, in denen ein Pass für das Land der „unbegrenzten Möglichkeiten“ verheißungsvoll war, in denen Ausländer von einer Greencard und einer visafreien Einreise träumten. Damals waren es jedes Jahr höchstens ein paar Hundert Querulanten, die aus politischen Gründen keine US-Bürger mehr sein wollten.
Seit einigen Monaten ist das anders: Das neue Steuergesetz FATCA, kurz für „Foreign Account Tax Compliance Act“, hat in den vergangenen Monaten Tausende im Ausland lebende Amerikaner dazu motiviert, ihren Pass abzugeben. Und die Zahl wächst weiter.
Wer sich in Deutschland von Amerika lossagen möchte, muss sich zunächst die Belehrungen auf der Botschafts-Seite durchlesen. Dort wird mit zukünftigen Schwierigkeiten bei der Einreise gedroht, zwingend notwendigen Visa – oder gar einer Verweigerung der Einreise.
Persönliches Erscheinen in der Botschaft in Berlin ist ein Muss, eine Unterschrift ist zu leisten. [….]
Schon immer mussten US-Bürger, unabhängig von ihrem Wohnort, Steuern bezahlen. Viele scheinen das bisher nicht so genau genommen zu haben. Doch dank FATCA werden seit Anfang Juli sämtliche Einkünfte automatisch an die US-Steuerbehörde Internal Revenue Service, kurz IRS, übermittelt.
Das betrifft je nach Schätzung sechs bis sieben Millionen Menschen: Sie müssen zukünftig bei der IRS eine Steuernummer beantragen und anschließend eine Steuererklärung abgeben. Die entsprechenden Daten übermitteln deutsche und europäische Banken, die per Gesetz dazu verdonnert worden sind.
Weltweit fungieren seit der Einführung von FATCA 77.000 Banken und andere Finanzdienstleister nebenberuflich als freie Mitarbeiter der amerikanischen Steuerbehörde. In Deutschland sind es bisher 2555 Institute. Damit gibt es für US-Bürger faktisch kein Bankgeheimnis mehr. [….]
(DIE WELT 05.09.2014)

Wir sprechen hier wohlgemerkt über Dinge, die noch unter Obama geschahen.

Mit US-Präsident Trump und beiden Kongresskammern unter Teebeutel-Kontrolle wird es für uns Auslandsamerikaner sicher noch deutlich ungemütlicher.

Widerspruch und mangelnde Ehrerbietung duldet Trump nicht.


Es kann nicht mehr lange dauern, bis die Expats und Austrittswilligen auch eins übergezogen bekommen.

So ist das eben bei den stündlichen Twitter-Rants des mächtigsten Mannes der Erde: Sie faszinieren auf mehreren Ebenen.

Man staunt über die schiere Bösartigkeit.
Man staunt über Trumps fortgesetzte Unfähigkeit seine Rolle als Präsident zu begreifen, daß ihm scheinbar gar nicht bewußt ist, wieviel Schaden er anrichtet.
Man staunt wie viele eklatante Bildungslücken, Fehlinformationen und Lügen Trump in 140 Zeichen offenbaren kann.
Sachlich völlig auf dem Holzweg war er gestern bei seiner Zeterei wider die deutschen Autokonzerne und ebenso falsch lag er tags zuvor bei den Beleidigungen der Bürgerkriegsikone John Lewis.

Als der notorisch unbeliebte GWB im Januar 2001 sein Amt antrat lag seine Zustimmungsrate bei 61%, obwohl es diese erbitterte Auseinandersetzung über das Wahlergebnis vor dem Supreme Court gab. So sind die Amerikaner; sie scharen sich immer um einen neuen Präsidenten, weil das Amt selbst verehrt wird.
Trump kommt gegenwärtig auf 37% Zustimmung.
Eine Katastrophe für den bewunderungssüchtigen potus #45.

Aber immerhin; weit über ein Drittel der Amerikaner müssen sich angesichts der national-rassistischen Gülle Trumps nicht hysterisch heulend übergeben, sondern applaudieren dem neuen Kamikaze-Kurs ihres blondierten Führers.


Gruselig.
Wenn ich meinen US-Pass doch loswerden sollte, könnte ich gut als Staatenloser weiterleben, Merkel akzeptiert mich ja nicht als Deutschen.

Ich fühle zu keiner Nation eine Verbindung.

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