Mittwoch, 13. April 2016

Instinktpolitiker

Baudouin, von 1951 bis 1993 König der Belgier, war zurückhaltend. Kein extrovertierter Typ, der es geliebt hätte in der Öffentlichkeit zu stehen. Das Gleiche gilt für seinen schon fast 70 Jahre amtierenden Kollegen Bhumibol Adulyadej den Große (* 5. Dezember 1927, seit dem 9. Juni 1946 König von Thailand), der ebenfalls als schüchtern gilt.

Beide Monarchen waren, bzw sind aber außerordentlich beliebt, werden über alle Maßen verehrt.
Offenbar braucht es keine Rampensäue an der Staatsspitze.

Olaf Scholz in Hamburg würde sich nie wie die Kollegen Guttenberg und Leyen für Homestories in der BUNTEN anbiedern.
Der Mann gilt als radikal unprätentiös und ist dennoch als Regierungschef sehr beliebt.
Grundsätzlich haben es aber die Volkstribune leichter in Demokratien zu reüssieren.
Daher werden Werbebotschaften wie „nah am Menschen“ so von den Parteizentralen überstrapaziert. Basisverbundenheit und Volkstümlichkeit gelten als große Trümpfe im Wahlkampf.

So erleben wir auch im milliardenschweren aktuellen US-Wahlkampf wie mit allen Mitteln „Bürgernähe“ simuliert wird.
Kandidatenehefrauen backen Kekse, man präsentiert sich beim Caucus und CNN veranstaltet „Townhallmeetings“, bei denen scheinbar ganz normale Menschen mal auf Augenhöhe mit der gesamten Familie Trump plaudern können.
Solche Begegnungen sind sorgfältig inszeniert, man will ja keine Überraschungen erleben, wenn die Kamera läuft.

Bürgernähe zu demonstrieren kann unangenehmerweise offenbaren, daß Bürger nicht so sind, wie man sie gern hätte.
Mit dem echten Bürger auf der Straße umzugehen kann man leider sehr schlecht lernen. Das ist einem weitgehend in die Wiege gelegt.
Gerd Schröder mit seiner hemdsärmeligen kumpelhaften Art war darin ein Meister.
Ihn konnte man auf jedem Markplatz oder Kantine abwerfen und im Nu gelang es ihm, die Menschen zu vereinnahmen.
Ich habe Schröder gelegentlich bei Wahlkämpfen live gesehen; es ist schwer zu beschreiben wie es funktioniert, aber er verfügt wirklich über diese „Aura“. Wenn er die Halle betritt, nimmt er schnell jeden in seinen Bann.
Schröder schaffte es jedem Auditorium das Gefühl zu geben, nur bei dieser Gelegenheit etwas Exklusives zu verraten, die speziellen Anliegen zu verstehen.
Er war ein Instinktpolitiker im besten Sinne; konnte also Stimmungen erspüren.
Zudem war er in der Lage den Kontakt mit vielen Menschen gleichzeitig aufrecht zu erhalten. Ich fand nie, daß er ein brillanter Redner war, wenngleich er natürlich viel besser als Merkel vortragen kann, aber er versteht es jedem einzelnen im Publikum das Gefühl zu geben direkt angesprochen zu sein.

Der begabteste lebende Politiker in dieser Hinsicht ist Bill Clinton. Er ist ein „begnadeter Händeschüttler“, der im direkten Kontakt durch Mimik, Gesten, aber eben auch physisch begeistern kann. Sein instinktives Gespür für das jeweilige Gegenüber ist Legende.

Sigmar Gabriel ist auch ein Instinktpolitiker. Immer wieder haut er Vorschläge raus, die eine direkte Reaktion auf Stimmungen an der Basis sind, die er stets seismographisch abscannt.

Gabriel ist aber dennoch recht unbeliebt und demoskopisch kontraproduktiv, weil sein Instinkt nur in eine Richtung wirkt.
Anders als Clinton und Schröder kann er nicht zuhören; er nimmt die Bedürfnisse der anderen nicht genügend wahr, sondern hält seinen Instinkt für einen objektiven Maßstab.
Das kann nicht gut gehen.

Instinktpolitiker können im Idealfall gleichzeitig intellektuell sein und auf rationaler Ebene entscheiden.
Helmut Schmidt und Bill Clinton stehen für diese seltene Kombination.
Sie können die Massen begeistern, im persönlichen Kontakt beeindrucken und dennoch als Wissen-aufsaugende Intellektmaschinen hochrational und abgewogen entscheiden.

Ersteres ist wichtig um ins Amt zu kommen; letzteres ist wichtig, um im Amt zu bestehen.

Ich glaube, daß medienscheue, introvertierte Menschen, die womöglich dem „einfachen Volk“ gar nichts zu sagen haben, dennoch brillante Politiker sein können.
Es gibt diesen Typus Olaf Scholz, der als Bundesarbeitsminister den größten Anteil daran hatte wie gut Deutschland durch die Finanzkrise kam und somit dem Land einen großen Dienst erwies, der dabei aber nicht geschätzt wurde und darüber sogar sein Amt verlor.

Angela Merkel verfügt ganz sicher nicht über Volkstribun-Qualitäten wie die schillernden Guttenbergs, die Säle zu kochen bringen.
Sie ist eine miese Rednerin und im direkten Kontakt mit dem gemeinen Volk auch nach 26 Jahren an der Spitze der Bundespolitik bemerkenswert ungeschickt. Sie weiß nicht was sie mit ihren Händen anstellen soll, verfügt über keinerlei Schlagfertigkeit und kann mit öffentlichen Gefühlen überhaupt nicht umgehen. Die Frau ist öffentlich völlig humorbefreit.
Legendär ihre pampigen und ungelenken Sprüche, wenn Einfühlsamkeit gefragt wäre.
Merkel mag keine Hunde, schätzt es nicht angefasst zu werden.
Als sie nach ihrem Skiunfall längere Zeit an Krücken gehen mußte, berichteten Beobachter, sie habe es genossen dadurch nicht ständig die Hand geben zu müssen und nicht umarmt zu werden.

Diese Introvertiertheit schätze ich an ihr.
Vielleicht stimmt es ja sogar, was immer wieder über sie geschrieben wird, daß sie im ganz kleinen Kreis auch ganz anders kann, ausgelassen ist und Witze reißt.

Man muß kein begnadeter Wählerbegrapscher sein, um ordentlich zu regieren.
Es ist womöglich sogar effektiver, wenn man stattdessen kühl analysiert und über politische Instinkte verfügt.

Unglücklicherweise sind Merkels Instinkte in der Politik denkbar untauglich.
Wenn Merkel sich persönlich für eine inhaltliche Angelegenheit stark macht, kann man geradezu sicher sein, daß sie in eine Sackgasse läuft.

Sie begann damit schon vor ihrer Kanzlerschaft mit ihrem beherzten Eintreten für die totale Entsolidarisierung in der Gesundheitspolitik (Stichworte „Kopfpauschale“ und „Leipziger Parteitag“) und ihrer vehementen Unterstützung von George W. Bushs Irakkrieg.

Merkel hat ein ausgesprochenes Händchen dafür stets das Falsche zu tun!

Meine Diagnose von vor sechs Jahren:

(…) Und genau da liegt die Wurzel des Übels dieser Bundesregierung - man darf Frau Merkel keine Personalentscheidungen überlassen, weil sie ein legendär schlechtes Händchen hat.

Wann immer sie jemanden ausguckt, kann man sicher sein, daß sie ins Klo greift.


Das betrifft Entscheidungen auf allen Ebenen.
Mit Ruprecht Polenz, Laurenz Meyer, Volker Kauder, Ronald Pofalla und Hermann Gröhe hat sie nun schon den fünf CDU-Generäle installiert und auch Nr. Fünf ist vollkommen damit überfordert die eigene Partei vor dem weiteren Abstieg zu bewahren.

Wir alle kennen Merkels Missgriffe auf der Regierungsebene - Pofalla (schon wieder), Jung, Schröder und Schavan heißen die offensichtlichen Totalpfeifen.

Bemerkenswert schlecht und unerwartet luschig ist aber vor allem Schäuble, der nicht mal in der Lage ist bereits einstimmig gefasste finanzielle Beschlüsse gegen das Kabinettsküken Schröder zu verteidigen.

Auf Europäischer Ebene ist er nicht nur hoffnungslos überfordert, sondern einer der größten Bremser internationaler Vereinbarungen und somit auch Kostentreiber in der Griechenlandkrise. (……….)

Ich nehme an, daß Merkel selbst begriffen hat, was für eine Megadummheit sie da angerichtet hat, indem sie ungefragt nach vorn preschte und eine künstlerische Bewertung des Böhmermann-Stücks vornahm.
So bauschte sie selbst eine außenpolitische Krise auf und sitzt in einem schweren Dilemma: Grundgesetz verraten oder Flüchtlingsdeal mit Erdogan riskieren?

Vermutlich beißt Merkel jetzt zu Hause in die Schreibtischplatte!
Das ist ihr Schicksal - sie fährt gut mit der Methode so zu tun als ob sie Politik nichts anginge und sich konsequent überall rauszuhalten.
Aber WENN sie ausnahmsweise mal den Pfad verlässt und eine deutliche Meinung vertritt, ist es auch IMMER ein totaler Griff ins Klo.
Laufzeitverlängerung für AKWs, demonstrative Unterstützung für GWBs Irakkrieg und nun die Erdogan-Nummer.

Das ist wie mit ihren CDU-Generalsekretären. Das ist nun einmal die ureigene Aufgabe eines Parteichefs eine geeignete Person auszusuchen und dementsprechend pickte Merkel eine Vollpfeife nach der nächsten.

"Einen zweiten Fehlgriff können Sie sich nicht mehr leisten“ lachte einst der neue CDU-General Laurenz „Skinhead“ Meyer in Anspielung auf den Totalfehlgriff Polenz seine Chefin an. Falsch gedacht. Auch Mayer wurde wegen Unfähigkeit wieder entlassen.
Merkel schaffte es sogar gleich zwei Bundespräsidenten durchzudrücken, die solche Fehlbesetzungen waren, daß sie zurücktreten mußten; Köhler und Wulff.

Die Bundeskanzlerin verfügt als Reziprok-Instiktlerin über ein extrem schlechtes Urteilsvermögen.

Deswegen sollte man froh über jeden Tag sein, an dem sie wie üblich sinnlos mäandernd und inhaltsfrei schwafelnd NICHTS POLITISCHES anstellt.


2 Kommentare:

  1. Na ich weiß nicht.
    Ich bin beileibe kein Fan von Merkel.
    Von mir aus gehört sie längst abgeschossen, aber die Strategie des Aussitzens (hat sie sich wohl von Kohl abgeschaut) hat doch bislang gut für sie funktioniert.
    Glück für sie, dass es niemanden gibt, der sonst noch Kanzler kann.
    Sigmar Gabriel? Muahahah!
    Auch in den Reihen der CDU gibt es viele, die es schlechter machen würden, aber wer besser, bzw. als Kanzlerkandidaten wählbarer?

    Es ist doch so, dass niemand der (ehemaligen) Volksparteien einen brauchbaren Kandidaten stellen kann, der Visionen hat, Charisma und Kompetenz.

    Merkel überlebt momentan aufgrund einer Alternativlosigkeit.
    Sie ist halt nur schlecht, und damit besser als die unterirdischen, die möglicherweise ins Rennen gewofen werden.

    Denn Deutschland ist paralisiert. Niemand verspricht sich von der nächsten Bundestagswahl etwas neues, eine Alternative zur momentanen Politik.
    Letztendlich regiert doch sowieso die Wirtschaft und deren Interessen, die bereitwillig von der politischen Klasse umgesetzt wird.
    Und man ist dann immer wieder auch entsetzt, dass der kleine Mann nicht zur Urne geht, dessen Interessen doch immer mehr an das Kapital verkauft wird.

    Ein deutscher Sanders würde der SPD gut tun.
    Dummerweise weist die SPD aber keine Sozialdemokraten mehr auf.

    Es ist einfach nur noch frustrierend, denn eine Demokratie macht doch aus, zwischen politischen Alternativen und Modellen wählen zu können.

    Werde, wie immer die Linken wählen, die manchmal zumindest noch gute Oppositionsarbeit machen.
    Für eine eine kommende Regierung stehen aber leider nur noch inkompetente Versager zur Wahl.

    Und genau DAS zersetzt die Demokratie.

    Wer wundet sich da noch über eine mangelnde Wahlbeteiligung, oder den Zulauf zur AfD?

    Man könnte verzweifeln!

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    1. Das sehe ich weitgehend genauso wie Du.
      Es ist in keiner Partei Personal da.

      Allerdings will ich diesbezüglich den Wähler nicht aus der Verantwortung entlassen.
      Dem Urnenpöbel gefällt ja offenbar der rundgelutsche Ödnis-Kandidat.
      Die eigentliche Regierungsarbeit wird doch gar nicht mehr bewertet.

      Für's Erste wird es jedenfalls nicht besser werden in Deutschland:

      http://tammox2.blogspot.de/2016/04/endlich-schluss-mit-der-groko.html


      LGT


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