Dienstag, 20. August 2013

Angie im Glück



Merkels gewaltige Sympathiewerte und das sensationelle Abscheiden der CDU in Umfragen kommt nicht aus heiterem Himmel. Dafür gibt es viele Ursachen.
Maßgeblich tragen zu dieser Stimmung die auf breiter Front versagenden Medien bei, die ihren eigentlichen Auftrag völlig vernachlässigen. Wie die amerikanische Presse, die eine Dekade zuvor das investigative Arbeiten vollkommen aufgegeben hatte und sich stattdessen in George W. Bush-Hofberichterstattung beschränkten, schreiben auch die großen deutschen Pressehäuser und die von CDU-Parteimitgliedern verwalteten Fernsehstationen unkritisch und wohlwollend.
Es wundert wenig, daß sich Merkel gleich den Moderator des ZDF-Heute-Journals Steffen Seibert als Regierungssprecher holte.
Was er nun für die CDU-Kanzlerin verkündet, berichten seine ehemaligen Kollegen als wären es Fakten. Überprüft und hinterfragt wird gar nicht mehr.

Eigentlich sollten Medien ihren Regierenden streng auf die Finger schauen. Berichterstattung über Angela Merkel ähnelt aber selbst im Wahlkampf eher einem Stichwortgeben und Verlautbaren.
Die [ZDF-] Doku „Macht Mensch Merkel“ erzielte eine miserable Quote: einstellig, weniger als drei Millionen Zuschauer. […] Könnte es sein, dass sich das Publikum in Scharen von den Medien abwendet, weil die Berichterstattung zum Einschlafen ist?
Eigentlich ist der Film ja ganz nett. Aber: irgendwie kritiklos. Merkel wird gezeichnet als bürgernahe, besorgte, hilfsbereite Kanzlerin. [...]  Am Ende nennen die Autoren die Kanzlerin einen „Popstar der Politik“.
[…] Was sich im politisch-publizistischen Komplex der Hauptstadt mittlerweile eingeschliffen hat, ist eine Art höfische Huldigung Merkels und ihres Parteiengefolges. Der Berliner Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister nennt es im Forum Talk-Republik „eine Art von Bewunderung für eine Machtpolitikerin, eine Frau, die auch noch aus dem Osten kommt“.
Und das sogar im Wahlkampf, wo es jetzt hieße, Gegensätze herauszuarbeiten. Als Merkel eine (Ost-)Berliner Schule besuchte, sei sie von begeisterten Bildjournalisten der Bundespresse umringt worden. Einen „Jubelparcours“ nannte das eine unbedarfte Lokaljournalistin. „Es herrschte eine Stimmung wie beim Justin-Bieber-Konzert“. Reporterfragen waren dort nicht erlaubt.

Eine komfortable Lage für die amtierende Scheinregierung, die sich gemütlich in ihrer Tatenlosigkeit ausruhen kann.
Der Urnenpöbel ist inzwischen derart von dem Merkel-zustimmenden Unterton der gesamten Presse indoktriniert, daß er es als Majestätsbeleidigung auffasst, wenn sich Politiker anderer Parteien kritisch zur Bundeskanzlerin äußern. Sie wird tatsächlich als die Obermutti empfunden, der man zwar nicht immer zustimmt, die man aber mit Händen und Füßen verteidigt, wenn jemand außerhalb der Familie frech wird.
Und so plätschert der Wahlkampf dahin. Alle lieben Merkel und wer das nicht tut, wagt es kaum das zu sagen, weil man sich dann den Zorn der phlegmatischen Masse zuzieht.
Ganz im Sinne ihres Ziehvaters Helmut Kohl modelliert sie Deutschland aus bräsigen, satten Geisteszwergen, die längst zu schwach geworden sind, um die volkszersetzenden Vorgänge, die Schwarzgelb ihnen einbrockt überhaupt zu bemerken – geschweige denn etwas dagegen zu unternehmen.

Tatsächlich passt die maue Vorstellung der Parteien zum dürftigen Interesse der Gesellschaft. Denn es ist ja nicht so, dass die Bundesbürger nach politischer Debatte und komplexen Problemlösungen gierten, dass sie sich von den Parteien unterfordert fühlten und deshalb an der etablierten Politik vorbei sprühende Kontroversen anzettelten. Um allein den Parteien den tristen Wahlkampf anzulasten, müsste sich die Öffentlichkeit selbst wacher und interessierter zeigen. Doch für einen spannenden Wahlkampf fehlen nicht nur die politischen Akteure, sondern es fehlt auch der gesellschaftliche Adressat. Die Republik wirkt satt und sorglos. Zu satt für die leidenschaftliche politische Auseinandersetzung.

Man kann das deutsche Phlegma politisch und soziologisch nicht mehr erklären.

Es spricht viel dafür, dass [Merkel] Kanzlerin bleiben wird. Warum?
[….]   Was kann die Tiefenpsychologie zur Analyse des Phänomens beitragen? Was bindet ein halbes Volk so dauerhaft an eine Gestalt und belohnt sie durch derart gute Umfragewerte? [….] Wählt man Mütter ab, die so viel Ruhe und Zuversicht ausstrahlen? Verstößt man sie, wo sie doch die Familie zusammenhält, kratzt man an ihrem Lack, wo sie doch mit der Kritik der Rivalen so umgeht, als handle es sich um voraussehbares, aber ungefährliches Kläffen?
[…] Diese Übertragung, diese Delegation der Verantwortung, gilt Angela Merkel. Sie wird es schon richten, glauben ihre Anhänger mit fast kindlicher Hingabe. In einem solchen 'regressiv' eingerasteten Vertrauen zur Mutter will man keine Veränderung, blendet eigene Zweifel aus, erhebt Vertrauen und Zuneigung zu einer weit über die Tagespolitik hinausreichenden Kategorie. Kinder verteidigen ihre Eltern, idealisieren sie, solange sie keine allzu offensichtlichen Schwächen zeigen oder gar Verbrechen begehen - selbst dies bedeutet noch lange keine Abkehr.
[….] Dass ein anderer Kanzlerkandidat vielleicht klüger ist, mehr informierte Worte pro Zeiteinheit hervorbringen kann und auf ironische Weise böse ist, festigt umso mehr die Anhänglichkeit an die unaufgeregt erscheinende Dame, die so viel Erfahrung und internationales Ansehen angehäuft hat und dem kindlichen Stolz das Bild der 'mächtigsten Frau der Welt' bietet. [….]
(Tilman Moser, SZ vom 05.08.2013)

Die unter Nahles vollkommen degenerierte SPD-Kampagnenfähigkeit kann dieser psychologisch agierenden Kanzlerin nicht viel entgegensetzen.
Heute will sie beispielsweise, daß ich HOCKER fotografiere.
Na, das wird die Unentschlossenen sicher beindrucken.

Wir gehen jetzt gemeinsam in den Endspurt und nutzen unsere Chancen. Der Tür-zu-Tür-Wahlkampf ist Euer entscheidender Beitrag dafür, dass das gelingt. Macht weiter so, Ihr seid der Schlüssel zum Erfolg! [….]
Auch Peer, Sigmar und Frank-Walter legen noch mal eine Schippe drauf. Morgen startet die „Klartext Open Air"-Tour unter dem SPD-Schirm, bei dem wir den Menschen auf Augenhöhe begegnen. […]
Zum Schluss: Die Hocker vom Deutschlandfest sind in der ganzen Republik unterwegs: macht Fotos, ladet sie hier hoch und zeigt allen, wo die Hocker überall gelandet sind.
Wir freuen uns über 150 Jahre, auf die nächsten 33 Tage und die letzten 72 Stunden. Macht mit. Für unseren gemeinsamen Erfolg.
Herzliche Grüße
Andrea Nahles
(Mitgliederbrief 20.08.13)

Wenn jemand richtig Wahlkampf macht, indem er die Wahrheit sagt und die Folgen von Merkels Minus-Politik aufzeigt, wird das sofort als unangenehmes Poltern empfunden.
Da senkt die auf die Kanzlerin eingeschworene Presse empört die Daumen.

Angriff auf Bundesregierung
Schröder wettert gegen "Lügen" bei der Griechen-Rettung

Gerhard Schröder greift in den Wahlkampf ein: Der Altkanzler attackiert den Zickzackkurs von Merkel und Schäuble in der Frage neuer Griechenland-Hilfen. Die Regierung habe "vertuscht und verschleiert".
Eine solche Vorlage lässt Gerhard Schröder sich nicht entgehen. Am Morgen hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei einer Wahlkampfveranstaltung in Ahrensburg gesagt, Griechenland benötige ein drittes Hilfsprogramm. Daraufhin nutzte der Altkanzler am Abend seinen ersten Wahlkampfauftritt in Detmold zum Frontalangriff auf die Griechenland-Politik der Bundesregierung.
Der Sozialdemokrat warf seiner Nachfolgerin Angela Merkel (CDU) vor, den Bürgern die Unwahrheit über die Kosten der europäischen Schuldenkrise zu sagen. "Mit Vertuschen und Verschleiern gewinnt man kein Vertrauen des Volkes, sondern nur mit Klartext", sagte Schröder bei einer Veranstaltung mit SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück.
Während Schäuble ein drittes Hilfspaket für Griechenland andeute, sage Merkel immer, sie sehe das nicht, sagte Schröder. "Möglicherweise hat sie die falsche Brille aufgehabt." Der Sozialdemokrat schimpfte, es werde eine "ganz große Lüge" über die Kosten der Euro-Krise vorbereitet. Deutschland werde dafür zahlen müssen.

Frevel!
Daß der Gerd so was sagen darf!