Samstag, 20. Juli 2013

Witzrepublik Deutschland



Gestern war Merkels traditionelle große Hauptstadtpressekonferenz vor der Urlaubspause.
Das war lustig.
Sieben Wochen nach den Snowden-Enthüllungen hatte Merkel rein gar nichts zur Aufklärung beizutragen.
Sie ist nicht nur ahnungslos; sie erkennt auch keinen Anlass in irgendeiner Form Druck auszuüben, um ihrem Wahlvolk die erwarteten Antworten zu verschaffen.
Ihr hoffnungslos überforderter Innenminister gibt sich auch heute wieder komplett out of order.
Innenminister Friedrich betont, wie "vertrauensvoll" die Nachrichtendienste beider Länder zusammenarbeiten. Doch die jüngsten Äußerungen des NSA-Geheimdienstchefs zum Thema kennt er gar nicht.

"Jetzt wissen die Deutschen Bescheid", hat NSA-Chef Keith Alexander gesagt, nachdem die Spähprogramme des US-Geheimdienstes bekannt wurden. "Wir sagen ihnen nicht alles, was wir machen oder wie wir es machen - aber jetzt wissen sie es", sagte er kühl auf einem Sicherheitsforum in Aspen im US-Bundesstaat Colorado.

Doch ausgerechnet Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich ist offenbar nicht auf dem Laufenden über die jüngsten Äußerungen des Amerikaners. "Ich weiß nicht, was der Herr Alexander da gesagt hat", sagte der CSU-Politiker dem ZDF - mehr als einen Tag, nachdem die Äußerungen des US-Geheimdienstchefs bekannt geworden sind.

"Ich kann nur sagen: Wir haben eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Amerikanern im wirtschaftlichen Gebiet, im gesellschaftlichen, im politischen - auch bei der Zusammenarbeit der Nachrichtendienste", so Friedrich weiter.
Und der zweite Stressminister, dem die Probleme ebenfalls hoffnungslos über den Kopf gewachsen sind, ist mittlerweile eindeutig der Lüge überführt.

Dokument erschüttert de Maizières Glaubwürdigkeit. Verteidigungsminister de Maizière gerät im Zusammenhang mit dem Drohnen-Debakel zunehmend unter Druck. […] In der Euro Hawk-Affäre gibt es einen weiteren Beleg dafür, dass Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) früher als angegeben Kenntnis vom Ausmaß der Probleme hatte. In einem der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Dokument zur Vorbereitung auf ein Gespräch mit Abgeordneten der Regierungsfraktionen heißt es, die Zulassung der Drohne gestalte sich "als extrem schwierig und risikobehaftet". Es trägt das Datum 6. März 2013, der Minister hat es am 12. März abgezeichnet.   Dies widerspricht seiner Aussage aus dem vergangenen Monat, eine Besprechung am 1. März 2012, bei der er erstmals von Zulassungsproblemen gehört habe, sei "der einzige Zusammenhang" gewesen, in dem er vor dem 13. Mai 2013 "mit dem Thema Euro Hawk befasst worden" sei.

An diesem 13. Mai hat er seiner Schilderung nach die Entscheidung seiner Staatssekretäre gebilligt, die Serienbeschaffung der Aufklärungsdrohne zu stoppen. In dem jetzt aufgetauchten Dokument mit dem Aktenzeichen 01-02-03/BE heißt es aber bereits, die "ursprünglich geplante Serienbeschaffung Euro Hawk" sei "extrem risikobehaftet und derzeit nicht absehbar". Es seien "gegebenenfalls Alternativen" zu "betrachten", die als Trägerplattform für die Aufklärungselektronik in Frage kämen. […]

Der SZ liegt zudem eine E-Mail vor, in der ein Beamter am 11. März die Aussage präzisierte, die Zulassung gestalte sich als äußerst schwierig. Er betont darin, dass der Entscheidungsprozess noch laufe, und empfiehlt vor diesem Hintergrund, die Aussage über die Schwierigkeiten mit der Zulassung "von der aktiven in die reaktive Sprechempfehlung zu übernehmen". Dieser Bitte kam einer der Staatssekretäre dann nach. […]

Der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner sagte der SZ: "Diese schriftliche Vorlage beweist, der Minister hat gelogen. Er wusste sehr wohl vor dem 13. Mai von erheblichen Problemen und Risiken beim Euro Hawk." De Maizière, so Lindner, habe sich "in seinen Unwahrheiten verfangen, die sich schwarz auf weiß, mit schriftlichen Vermerken, belegen lassen".

Auf diese „Baustellen“ angesprochen, lächelte Merkel nur und erklärte hartnäckig ihre Regierung sei die ERFOLGREICHSTE seit Gründung der Bundesrepublik.

 Auch in der aktuellen NSA-Affäre scheint sich ihre gewohnte Strategie zu bewähren: Tatenlosigkeit.  […] In keiner Umfrage ist der Abstand zwischen Union und SPD kleiner als zehn Prozent, zeitweise hat sich diese Differenz sogar der 20-Prozent-Marke angenähert. Der SPD ist es - Stand Mitte Juli 2013 - nicht gelungen, hinreichend viele Wähler von ihrem Kanzlerkandidaten zu überzeugen oder sich in genug Themen von der Union abzusetzen.

[….]  Die konservativen Merkel-Gegner bleiben im Splitterpartei-Bereich. Der Mehrzahl der CDU-Sympathisanten und potenziellen Wähler ist die zwischen Feuilleton und Scholastik changierende Diskussion darüber, was es heute bedeuten mag, konservativ zu sein, ziemlich egal. Merkel hat die relevanten Teile der Partei nicht gerade planvoll, aber in ihrem Sinne effizient zur Merkel-Regierungserhaltungspartei umgebaut. […]

Ein Beispiel ist die öffentliche Wahrnehmung der NSA-Affäre. Dass die Sozialdemokraten der Kanzlerin Tatenlosigkeit vorwerfen, ist ungefähr so, wie wenn man als Glasbenutzer einem Elefanten vorwirft, dass er mit Hilfe seines Rüssels trinkt. (Der Elefant ist nun einmal ein Elefant, und er kommt ganz gut über die Runden damit.) Merkel vermeidet es bei heiklen Themen nach Kräften, sich um das zu kümmern, was sie für Einzelheiten hält. Das hat sie nie gemacht, weil das gefährlich werden kann, und das wird sie auch, wie sie am Freitag bei ihrer Pressekonferenz wieder demonstriert hat, in Sachen NSA nicht tun. Man mag das zynisch nennen, aber zu ihrem Kalkül gehört dabei auch, dass die Affäre jene, die CDU wählen wollen, nicht davon abhalten wird.

[…]  Merkel und auch der jederzeit wendige Horst Seehofer […] bekennen sich mehr oder weniger offenherzig zum Umfallen als politischer Taktik und durchaus auch zur Ausnutzung des Plagiats. […]  Seehofer ist in diesem Sinne ein skrupelloser Opportunist. Auch deswegen könnte er die Landtagswahl gewinnen. Merkel ist ein wenig skrupulöser, aber Berufs-Opportunistin ist auch sie.
Die Strategie der Tatenlosigkeit“ ist dabei tatsächlich noch besser, als Taten à la Schwarzgelb.
Der neueste Coup, der mal wieder etwas unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des sonnenhungrigen urlaubenden Urnenpöbels stattfindet, ist auch ein Schildbürgerstreich erster Güte.
Der nächste Irrsinn.

Der Atomenergie in Europa geht es schlecht. Sehr schlecht. Dies hat jedoch wenig mit Fukushima zu tun, dafür umso mehr mit dem Boom erneuerbarer Energien. Wenn Brüssel nun versucht, Kernkraftwerke zu subventionieren, dann ist dies keine kleine Beihilfe. Es ist der Versuch, den Lauf der Dinge zu ändern - und weitere Milliarden in eine Technologie zu pumpen, die sich am Markt nicht behaupten kann.

Es muss wirklich hundsmiserabel um die Atomenergie in Europa stehen. Da haben die Staaten über Jahrzehnte alles getan, die Nuklearwirtschaft zu päppeln. Sie haben zinsgünstige Kredite lockergemacht, sie haben große Teile der nuklearen Risiken vergemeinschaftet, sie blicken großzügig darüber hinweg, dass es für den Atommüll bis heute keine Lösung gibt. Und jetzt das: Brüssel will den Weg frei machen für neue Atom-Subventionen. Billiges Geld, bis hin zu Einspeisetarifen für Atomstrom, soll zögerlichen Investoren auf die Sprünge helfen. So weit ist es also gekommen mit der Kernkraft.

[…] Wenn die Sonne scheint und der Wind weht, ist der Ökostrom konkurrenzlos billig. Denn im Unterschied zu den konventionellen Kraftwerken müssen die Betreiber von Windrädern und Solarmodulen nichts für Brennstoffe zahlen. Das ist ihr Charme.

Gegen diese Art Wettbewerb kommt das billigste Atomkraftwerk nicht an. […] Mag die Kernkraft also rein wirtschaftlich erledigt sein, politisch ist sie es noch lange nicht. […] Wer Atomstrom erzeugt, kann sich auf einen gesetzlich garantierten Strompreis freuen. Es wäre eine jener unverhohlenen Hilfen für die Atomwirtschaft, die Brüssel nun womöglich legitimiert.  Nicht nur energiepolitisch, sondern auch ökonomisch wäre das ein Irrsinn. Ökonomisch, weil die Europäer damit einer Technologie Milliarden hinterherwerfen, die sich ganz offensichtlich am Markt nicht mehr behaupten kann - von den Sicherheitsrisiken und dem ungeklärten Verbleib des Atommülls ganz zu schweigen. Energiewirtschaftlich, weil damit ausgerechnet jene Kraftwerke gefördert werden, die sich mit erneuerbaren Energien am wenigsten vertragen.

The Urnenpöbel loves it.