Freitag, 5. Juli 2013

Autokorrektur



Zurückrudern. Mea Culpa. Abbitte leisten.
Natürlich stimmt es, was ich vor zwei Wochen über die Vertriebenen geschrieben hatte. 
Von allen extremen Politgruppen, die wir in Deutschland zu bieten haben, waren mir die Vertriebenen-Verbände immer die mit Abstand Unsympathischsten.
Schon allein die Selbstüberschätzung, daß sie behaupten für alle Vertriebenen zu sprechen!
Die meisten Menschen mit Wurzeln in östlichen ehemals deutschen Gebieten, halten die CSU-affinen Trachten-Fanatiker vom BdV für genauso abartig, wie sie es auch wirklich sind. Das einzig „Gute“ an den Vertriebenen ist, daß sie mit Erika Steinbach und Bernd Posselt Topfunktionäre haben, die genauso so grotesk und unsympathisch sind, wie ihre Verbände. 
Aber es war eine aus dem Moment heraus entstandene Überzeugung, die in statu nascendi formuliert wurde, als ich mich gerade mit den Funktionären beschäftigt hatte.
Das Besondere an Konservativen ist aber, daß sie in jeder Ausprägung den Eindruck vermitteln der Tiefpunkt der menschlichen Kultur zu sein.
Wer gern Bundestags- oder Landtagsdebatten, bzw Parteitage  ansieht, wird das Phänomen kennen. Je länger die Diskussionen andauern, desto mehr Redner tauchen auf, von denen man voller Überzeugung denkt „das ist nun aber wirklich der Allerwiderlichste von allen!“
Man ahnt ja unter normalen Umständen gar nicht was für ein Gesochs von der rechten Basis in die Parlamente und Parteivertretungen geschickt wird.
Mit solchen Typen versöhnt man sich nur, wenn sie a posteriori im milden Licht des Vergessens verblassen.

Typischerweise erschien mir im ersten Halbjahr 2012 George W. Bush noch vergleichsweise sympathisch und intelligent zu wirken, nachdem ich mehrere intensive Dosen Cain, Bachmann und Gingrich bei den Primaries der GOP erlebt hatte.
Diese unfassbare Bösartigkeit und Primitivität der US-Republikaner schien so übermächtig, daß dagegen auch Rumsfeld und Cheney irgendwie ganz anständig wirkten.
Ich glaube allerdings, daß das ein Akt der Selbsttäuschung war. 
In vier Jahren hatte man eben schon wieder vergessen wie abartig GWB und die Seinen gewirkt hatten, als man sie noch beinahe täglich gesehen hatte.
Guckt man sich eine halbe Stunde GWB-Videos an und vergegenwärtigt sich noch mal Rummys Sprüche und Cheneys Visage, wird man recht schnell daran erinnert, wie übel die waren.

Diesen Effekt erlebte ich heute bei einem Bericht über BURSCHENSCHAFTLER.
Liest man darüber etwas mehr, kommt man schnell zu folgendem Schluß:

Von allen extremen Politgruppen, die wir in Deutschland zu bieten haben, waren mir die Burschenschaftler immer die mit Abstand Unsympathischsten.
Schon allein die Selbstüberschätzung, daß sich diese versoffenen Rechtsradikalen als Bildungselite Deutschlands ansehen! Dazu noch dieser grottig-altmodische Nazi-Begriff „Bursche“.

Daß sich diese versoffen-völkischen Kotbraunen und Entenküken-killenden Möchtegern-Arier ausgerechnet in Hamburg so wohlfühlen, und offenbar verstärkt hier zusammenrotten, ist für mich selbstverständlich ein besonderes Ärgernis.

Mit Schmiss auf dem Schulhof

Burschenschaften von Schülern aus ganz Deutschland treffen sich in Hamburg. Manche hetzen mit völkischen Ideen. [….]  Das harmlose Bild der Chattia als spaßige Verbindung aus Schülern und "Alten Herren" weicht dem einer konspirativen Gruppe, schwer einsehbar für Außenstehende, aber klar in der Haltung: Und die ist laut Verfassungsschutz eindeutig rechtsextrem. Am Sonnabend findet das bundesweite Jahrestreffen der Schülerburschenschaften in Hamburg statt. Ausrichter ist der Dachverband "Allgemeiner Pennäler Ring" (APR), das größte Bündnis der Bewegung.

Ein paar Absätze unter der Einladung zu Partys und Reisen verrät die Chattia mehr über ihre Ideologie. "Volkstum, Wahrheit, Recht", heißt es vor einem schwarz-weiß-roten Banner, den Farben der Verbindung. Und die der Reichskriegsflagge. "Wir fordern Männer, die bereit sind, ihr Ich hinter die Gemeinschaft zurückzustellen und die bereit sind, die ewigen Ideale Deutschlands zu leben." Dann schreiben sie viel von Ehre, Kameradschaft und dem Stolz auf das Deutschsein – Vokabeln, die sich auch in der Rhetorik rechtsextremer Parteien wie der NPD finden. [….] Zu den Männerbünden gehören das Fechten und die Geselligkeit, Fahnen und uniformes Äußeres. Bilder, die gut ins 19.Jahrhundert passen. Seit Jahren machen Bünde negative Schlagzeilen. 2011 sangen Burschen das Deutschlandlied auf der Wartburg, inklusive erster Strophe. Vor allem Verbindungen aus dem Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB) mit 10.000 Mitgliedern fallen auf: Unverhohlen propagieren einige ein rassistisches und völkisches Weltbild. Seit zwei Jahren diskutiert der Verband, ob nur Bürger deutscher Abstammung aufgenommen werden dürfen. Eine Art "Arier-Nachweis". [….] Das Netzwerk der Burschenschaften reicht bis zu Minderjährigen. In etwa 120 "Pennalen Burschenschaften" organisieren sich Schüler in Bünden. [….] Die Chattia wurde 1989 im hessischen Friedberg gegründet. Mitte der 90er siedelte sie nach Hamburg um – und wurde auch von Jochen Schmutzler aufgebaut, einem langjährigen Mitglied der NPD. 2005 veröffentlichten die Chatten eine Anzeige im NPD-Monatsblatt "Deutsche Stimme", um neue Burschen zu gewinnen. 2008 erschien das Buch "Blutzeugen – Beiträge zur Praxis des politischen Kampfes in der Weimarer Republik" im rechtsextremen Nordland-Verlag. Der Autor: André Busch, Mitglied der Chattia. […] "Es gibt Anhaltspunkte, dass einige Mitglieder neonazistisch ausgerichtet sind und der NS-Zeit positiv gegenüberstehen", sagt Torsten Voß, stellvertretender Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes. [….]
(Christian Unger, HH Abla, 05.07.13)