Donnerstag, 27. Juni 2013

Pay Politik - Teil VII


Keiner weiß genau wie die Bundestagswahl im September ausgehen wird.
Da aber die Kanzlerin mit riesigem Abstand auf der Beliebtheitsskala vor ihren Herausforderern steht, muß man das Schlimmste befürchten.
Gut möglich, daß Schwarzgelb weiterregiert, aber da immerhin die Möglichkeit besteht, daß zumindest die FDP aus der Regierung fliegt, müssen noch ein paar Fakten geschaffen werden.
Westerwelle hat schon längst dafür gesorgt, daß lauter verdiente FDP-Kader auf die attraktivsten Botschafterposten versetzt wurden. Niebels gesamtes Ministerium dient als Versorgungsanstalt für FDP-Mitglieder, die auf dem freien Markt keinen Job finden würden.
Schwarzgelb insgesamt, ist der absolute Tiefpunkt dessen, was man sich unter „käuflicher Politik zu Ungunsten des Allgemeinwohls“ vorstellen kann.
Regierung blockiert Kampf gegen Abgeordnetenbestechung.

Die Organisation Lobbycontrol stellt Schwarz-Gelb ein verheerendes Zeugnis aus: Von der Mövenpick-Spende an die FDP bis zum Seitenwechsel des CDU-Staatsministers Eckart von Klaeden - die Liste fragwürdiger Aktivitäten und Wirtschaftskontakte in dieser Wahlperiode ist lang.

Achtmal lag dem Rechtsausschuss des Bundestages in dieser Legislaturperiode ein Gesetzentwurf mit strengeren Regeln zur Abgeordnetenbestechung vor. Achtmal wurde dieser von der Regierungskoalition abgeschmettert - zuletzt Mitte Juni. Seitdem steht fest, dass es vor der Bundestagswahl kein neues Gesetz geben wird. Deutschland bleibt beim Thema Abgeordnetenbestechung Entwicklungsland.

Die Bundesrepublik unterzeichnete zwar bereits 1999 ein Strafrechtsübereinkommen des Europarates und 2003 die Uno-Konvention gegen Korruption, um die Bestechung von Abgeordneten schärfer zu bestrafen - geschehen ist seitdem aber nichts. […] Wer [...] Geld annimmt, um im Gegenzug einen Änderungsantrag einzubringen, kommt nach wie vor straffrei davon.

Die Blockadehaltung ist symptomatisch für das Auftreten von Schwarz-Gelb beim Thema Lobbyismus. Die Korruptionswächter des Europarates haben Deutschland schon mehrfach wegen seiner Tatenlosigkeit gerügt. Am Dienstagmorgen stellt die Organisation Lobbycontrol in Berlin ihren Lobbyreport 2013 vor. Die Aktivisten ziehen eine Bilanz der Regierungszeit von Union und FDP - und die fällt verheerend aus. Fünf Kernbereiche hat Lobbycontrol untersucht und in Ampelfarben bewertet: Lobbytransparenz, Seitenwechsel zwischen Politik und Wirtschaft, Parteienfinanzierung, Nebeneinkünfte und Abgeordnetenkorruption. In vier von fünf Feldern steht die Ampel auf Rot - Stillstand.
Heute versuchte es die Opposition noch mal mit allen Mitteln – aber die von den Deutschen so heißgeliebte Merkel ließ alles blockieren, damit sich die Koalitionsabgeordneten weiterhin straffrei bestechen lassen können.
Nun wurde also doch abgestimmt: Nachdem die schwarz-gelbe Koalition die Gesetzesentwürfe der Opposition zur Verschärfung des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung immer wieder im Rechtsausschuss vertagt hatte, griff die SPD heute tief in die parlamentarische Trickkiste, um eine namentliche Abstimmung über ihren eigenen Entwurf zu erzwingen.

Mit einem Änderungsantrag zu einem völlig anderen Gesetz – dem “Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken” – setzten die Sozialdemokraten das Thema Abgeordnetenkorruption auf die Tagesordnung. Union und FDP blieb daher nur die Möglichkeit, ihr Gesetz gegen fragwürdige Geschäftspraktiken bei Inkassounternehmen, Abmahnanwälten und Telefonwerbung ganz von der Tagesordnung zu nehmen oder sich auf die namentliche Abstimmung einzulassen.

Union und FDP: Blockade statt eigener Vorschläge.

Wenig überraschend stimmten die Abgeordneten der Regierungsparteien gegen den Entwurf. Von 586 anwesenden Parlamentariern stimmten 201 für den Antrag, 319 dagegen und 66 enthielten sich. Mit Nein stimmten Union und FDP, die Linke enthielt sich.

Die Koalitionsabgeordneten hatten den SPD-Gesetzesentwurf zur Abgeordnetenbestechung bereits im März 2012 in einer Plenardebatte zurückgewiesen. Auch Grüne und Linke hatten eigene Vorschläge gemacht, wie der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung verschärft werden könnte. Ohne eine Reform kann Deutschland die UN-Konvention gegen Korruption nicht ratifizieren.

Die schwarz-gelbe Koalition selbst hat keinen eigenen Vorschlag gemacht, wie Abgeordnetenkorruption in Zukunft bestraft werden soll. Sie begnügte sich damit, die Initiativen aus der Opposition zurück zu weisen.
Schwarzgelb eben.
„Es entsteht der missliche Eindruck, dass Politik nicht mehr gewählt, sondern bestellt wird. Diese Bundesregierung ist zu einem schnöden Dienstleistungsunternehmen für finanzstarke Lobbyisten verkommen. […]  Für die Mövenpick-Spende hat die Bundesregierung nach der Wahl sofort geliefert. Der Mehrwertsteuersatz für Hotelübernachtungen wurde drastisch gesenkt. Die Spende hat sich gerechnet. So ungeniert und schamlos werden solche Geschäfte in der Regel selten abgewickelt. Regelmäßig erhalten CDU, CSU, SPD, FDP und Grüne Spenden von Konzernen. Für diese ‚Landschaftspflege‘ erwarten die Unternehmen natürlich immer ein offenes Ohr der Politiker. Gern schreiben die Unternehmensverbände ihre Gesetze auch selbst Die Regierungspolitiker müssen die Vorlagen dann nur noch in den Bundestag einbringen und beschließen.

Für die bereitwillige Unterstützung gibt es eine einfache Erklärung: Ich nenne es nachgelagerte Bestechung. Politiker benutzen ihr Mandat als Sprungbrett in die Wirtschaft. Erst kommt die Pflicht, dann kommt die Kür. Damit  täuschen sie die Wählerinnen und Wähler. CDU/CSU und FDP sind dafür bekannt, dass sie eine Politik für die Konzerne und Banken machen. Ihr politisches Personal legt sich nie mit den Mächtigen in der Wirtschaft an. Sie wollen ihrer Karriere nicht schaden.
Womöglich regiert Schwarzgelb nur noch zehn Wochen. 
Daher fordert nun auch noch die besonders großzügig an CDU und FDP spendende Automobilbranche eine Dienstleistung ein.
Insbesondere die deutschen Autobauer haben bekanntlich den Anschluß an die technische Weltspitze verloren. Sie können nicht Hybrid, sie können nicht Öko. 
Sie bauen immer noch mehrere Tonnen schwere Superspritschlucker, als ob es keinen Klimawandel gäbe und unendlich viel Erdöl vorhanden wäre.
Die EU würde gern die Industrie ein wenig in die richtige Richtung schubsen. So daß unser Planet nicht ganz so schnell zerstört wird.
Dass sich BMW und Mercedes gegen den EU-Abgaskompromiss sträuben, hat einen einfachen Grund: Die beiden Unternehmen haben schwere Spritschlucker im Portfolio. […]  Die schärferen Abgasvorschriften der EU belasten vor allem die deutschen Hersteller von PS-starken Geländewagen, Limousinen und Sportwagen massiv.
Aber da ist die Anti-Klima-Kanzlerin vor.
Auf Zuruf des mächtigsten Lobbyisten überhaupt, des ehemaligen CDU-Ministerkollegen Wissmann, stoppte Merkel persönlich den Umweltschutz. Freie Fahrt für die Industrie.
Wenn es um Milliardenschwere Gefallen für Industrie, Banken, Spekulanten und andere einflussreiche Oligarchen auf Kosten des Steuerzahlers und der Umwelt geht, kann die sonst so phlegmatische Zauder-Merkel durchaus mal durchgreifen.
Nach starkem Druck der Autoindustrie hat sich Kanzlerin Merkel persönlich eingemischt - und damit die EU-Regel vorerst abgewendet, den CO2-Ausstoß im Autoverkehr zu reduzieren. Heftige Vorwürfe kommen von Umweltorganisationen und aus dem Europaparlament.

[…] Auf deutschen Druck hin verschoben die EU-Botschafter eine eigentlich für Donnerstag geplante endgültige Festlegung. Von deutscher Seite hieß es, die Auflagen seien nicht entscheidungsreif. Eine Abstimmung gab es nicht. Irland, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, vertagte das Thema.

"Skandalös", nannte dies Renate Künast, Chefin der Grünen-Fraktion im Bundestag. Die Kanzlerin mache "Lobbyarbeit für die Konzerninteressen von Daimler, BMW und Volkswagen und torpediert deswegen die EU-Klimapolitik". Der Vorsitzende des Umweltausschusses im Europaparlament, der SPD-Abgeordnete Matthias Groote, sagte: "Sie haben einen mühsam erarbeiteten Kompromiss kaputt geschlagen. Das ist das Dreisteste, was ich in acht Jahren Brüssel erlebt habe".

Ähnlich sieht das die Umweltorganisation Greenpeace: Sie warf Merkel vor, "demokratische Prozesse zu kidnappen und andere Regierungen einzuschüchtern, um einige wenige Luxusauto-Hersteller zu hätscheln".

Vom Verband der Automobilindustrie (VDA) hieß es hingegen: "Bei einer so wichtigen industriepolitischen Entscheidung muss Sorgfalt vor Schnelligkeit gehen. […]  Erst Anfang der Woche hatte die EU einen Kompromiss zu Grenzwerten für das Treibhausgas CO2 erreicht. Nach Gerüchten in Brüssel hat Deutschland massiven Einfluss auf die anderen EU-Staaten ausgeübt, um eine Verzögerung der Entscheidung zu erreichen.

Ein EU-Diplomat sagte, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) persönlich habe zum Hörer gegriffen und unter anderem Irlands Premierminister Enda Kenny angerufen.
So Leid es mir tut, aber in diesen Angelegenheiten gehe ich völlig konform mit der Einschätzung der LINKEN im Bundestag.
Lobbyismus regiert im Kanzleramt.

„Im Kanzleramt regiert offenkundig Lobbyismus in reinster Form. Staatsminister Klaeden, der nach der Wahl Ende 2013 zu Daimler-Benz wechseln wird, sorgt zusammen mit seiner Chefin, Bundeskanzlerin Merkel, dafür, dass das Geschäftsmodell seines neuen Arbeitgebers nicht so sehr von lästigen Umweltauflagen der EU beeinträchtigt wird“, so Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, zur Entscheidung des EU-Rates, die gerade erzielte Einigung über verschärfte CO2-Grenzwerte für Autos auf Druck des deutschen Kanzleramtes zu vertagen. Leidig weiter:

„Während VW von Erfolg zu Erfolg eilt und bald die weltweite Nummer 1 im Automobilbau sein will, droht das Kanzleramt damit, dass die deutsche Autoindustrie bald Fahnenflucht begeht. So schlecht aber kann der Standort Deutschland bzw. Europa gar nicht sein, wie ihn Ex-CDU-Verkehrsminister Matthias Wissmann als Chef des Automobilverbandes VDA an die Wand malt. Bedrohungsszenarien über die massenhafte Verlagerung von Arbeitsplätzen sind allerunterste Schublade. Vor allem ist das Gegenteil richtig. Nur wenn die deutsche und europäische Automobilindustrie Vorreiter beim Klima- und Umweltschutz sind, werden sie ihre starke Marktposition auf Dauer behalten können. Denn angesichts des nicht mehr rückgängig zu machenden Ölpreisanstiegs können sich dank des Spritschluckers der Marke Klaeden immer weniger Menschen mehr leisten Auto zu fahren. Mehr Klimaschutz bedeutet weniger Verbrauch und das bedeutet billiger fahren. Das Modell funktioniert nur noch, weil solche Luxuskarossen als Dienstwagen erheblich subventioniert werden. Deshalb ist die Reform der Dienstwagenbesteuerung anhand des CO2-Ausstoßes ein dringliches Vorhaben für die neue Legislaturperiode.“
Noch einmal:

Ein Volk, das eine solche Politik mit 70% Zustimmung bewertet und die CDU zur mit Abstand stärksten Partei machen will, ist nicht reif für die Demokratie.