Mittwoch, 19. Dezember 2012

Das ist doof!


Man kann es auch ganz ohne Substanz und Hintergrundwissen weit bringen, hoch geachtet werden und auf Top-Positionen hocken.
Dazu braucht es nur Chuzpe, Kamerageilheit, Selbstverliebtheit und eine Begabung zum Blender.
Gauck, Wulff und Guttenberg sind solche Typen.
Drei, die sich mit heißer Luft aus ihren eigenen Fürzen zum Popanz aufgeblasen haben.

In Deutschland gibt es eine lange Historie der Adoration von Pfeifen, Pfaffen und Pfuschern.*
Gauck auf Guttenbergs Spuren
„Statt in Afghanistan für eine sofortige Beendigung der militärischen Auseinandersetzungen zu werben, propagiert Bundespräsident Gauck eine Fortsetzung des Krieges“, so Wolfgang Gehrcke, Mitglied im Vorstand der Fraktion DIE LINKE, zum Abschluss des Weihnachtsbesuchs von Bundespräsident Gauck in Afghanistan. Gehrcke weiter:
„Zum Kriegsgetöse gehörte zu allen Zeiten, dass Präsidenten und Oberbefehlshaber den ‚Soldaten im Felde‘ Tannenbäume und Weihnachtspost überbrachten. Zu Guttenberg als Verteidigungsminister verband seinen Weihnachtsbesuch mit einer Fernsehshow, Gauck hält in Afghanistan Predigten. Aber von der Weihnachtsbotschaft ‚Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen‘ ist er weit entfernt. In Afghanistan herrscht weder Friede, noch sind die Zustände in dem Land so, dass sie Menschen gefallen könnten.
Gaucks Afghanistanbesuch ist die präsidiale Begleitmusik zur Verlängerung des ISAF-Mandates durch den Bundestag. Darauf können die Menschen in Afghanistan und auch die deutschen Soldaten gut verzichten. Der Abzug der Bundeswehr ist die einzig sinnvolle Alternative. Und wäre eine wirklich gute Weihnachtsbotschaft nicht nur für die Soldatinnen und Soldaten.“ 

(Pressemitteilung der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, 19.12.2012)
Neben den üblichen CDU-Vollpfeifen hat gerade das Bundesverteidigungsministerium, welches als Schleudersitz gilt, erstaunlicherweise auch immer wieder sehr gute Minister hervorgebracht: Leber, Schmidt und Struck nämlich.

Als Peter Struck 2009 aus dem Bundestag ausschied, war er einer der wenigen Politiker, die ich wirklich vermisste.
Ich schrieb echte Lobeshymnen auf ihn und konstatierte, daß sogar die von Struck nicht unbedingt heiß geliebte Angela Merkel seine überragenden Qualitäten schätzte.

Seine politischen Erinnerungen, So läuft das. Politik mit Ecken und Kanten. Propyläen, Berlin 2010, bilden eins der wenigen Politikerbücher, die wirklich sehr aufschlußreich und kurzweilig sind.

Und nun das; heute hat ein Herzinfarkt den notorischen Raucher Struck wenige Tage vor seinem 70. Geburtstag weggerockert.

SHIT!
Er war einer von den Guten.

Genau das Gegenteil der oben genannten Mehr-Schein-als-Sein-Blender, die es im ständigen Bestreben sich selbst zu inszenieren vor jede Kamera drängt.
Struck hat eher weniger als mehr gesagt, sich komplett aus der Yellow-press herausgehalten und erkennbar nicht den geringsten Wert darauf gelegt sich in Partei und Volk beliebt zu machen.
 Er war Sachpolitiker, der rational und mit einem enormen Kenntnisstand agierte.
Es kam immer wieder vor, daß andere Politiker abfällig über diesen eher unnahbaren, wenig kumpelhaft wirkenden Hintergrundwerker sprachen. 
Auch Gerhard Schröder hat diese Gelassenheit lange mit Gleichgültigkeit oder Desinteresse verwechselt. Struck organisiere in der Bundeshauptstadt Bonn „das Kartell der Mittelmäßigkeit“, ätzte der damalige niedersächsische Ministerpräsident in den 90er Jahren über seinen Landsmann Struck, nachdem der ihm die Fähigkeit zum Kanzlerkandidaten abgesprochen hatte. Als Struck Fraktionschef und Verteidigungsminister war, schätzten sich die beiden dann allerdings sehr.
(Tagesspiegel 19.12.12)
Nach den Plantsche-Bildern auf Mallorca, die der liebestolle Scharping mit seiner „Gräfin“ in der Bunten abdrucken ließ, mußte Struck als Verteidigungsminister eine völlig verunsicherte Truppe übernehmen, die zudem auch noch das erste mal mit den Beinen in einem richtigen Krieg außerhalb Europas steckte.
Ihm gelang das eigentlich Ungelingbare: Struck erwarb enormes Vertrauen in der Generalität, bei den einfachen Soldaten und im Parlament.
Er wurde ein extrem beliebter Verteidigungsminister, den die Truppe mochte, weil er keine wolkigen Sprechblasen abließ. Auf sein Wort war absoluter Verlass. 

Ich werte es als besondere Ehre, daß die kriegerische US-Zicke Donald Rumsfeld sich über Jahre weigerte dem deutschen Amtskollegen die Hand zu geben.

 Seine Parlamentskollegen scheinen ehrlich „betroffen“ zu sein. CDU’ler äußern sich auffällig positiv. SPD’ler verehrten ihn sowieso. 
Wir verlieren nicht nur einen großen Politiker, einen der für viele Menschen im Land ein  Vorbild war. Wir verlieren einen Freund, einen engen Weggefährten, einen
Mann voller Herzenswärme, Humor und Lebensklugheit.
Zweimal wurde Peter Struck an die Spitze der Fraktion gewählt, als einziger
Fraktionsvorsitzender seit Gründung der Bundesrepublik. Er genoss von Anfang
an hohe Anerkennung in der Fraktion. Und über die Jahre wurde aus
Anerkennung tiefe Zuneigung. Die Menschen mochten ihn für seine Offenheit,
Geradlinigkeit und für seine klaren Ansagen.
(SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier)
 Aber auch die Kleinen sind selten einmütig:
In Peter Struck verliert unser Land einen großen Sozialdemokraten und leidenschaftlichen Parlamentarier. Sein Spruch, dass kein Gesetz den Bundestag so verlasse wie es hineingekommen sei, wurde als ,,Struck'sches Gesetz" zum geflügelten Wort. Als Vorsitzender der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag von 1998 bis 2002 und danach als Bundesminister der Verteidigung trug er entscheidend zum Zustandekommen und Erfolg der rot-grünen Regierungskoalition bei. Wir erinnern uns mit Dankbarkeit an eine faire und partnerschaftliche Zusammenarbeit.
(Die Grünen-Fraktionschefs Jürgen Trittin und Renate Künast 19.12.12)

Tiefe Trauer über den Tod von Peter Struck
Zum plötzlichen Tod von Peter Struck erklärt der Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, Gregor Gysi:
Über viele Jahre konnte und durfte ich mit Peter Struck zusammenarbeiten. Er war fleißig, engagiert und verlor nie das Gefühl für die Situation der Bevölkerung, für Menschen in Armut. Er konnte sich freundschaftlich, kollegial und solidarisch verhalten, inzwischen eher eine Rarität in der Politik. Er besaß auch Humor und war lebenslustig, fuhr – für mich völlig unverständlich – gerne Motorrad. Wir sollten versuchen, ihn mit seiner Lebenslust in Erinnerung zu behalten.
Seinen Angehörigen drücke ich mein tief empfundenes Beileid aus.
(Pressemitteilung der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, 19.12.2012)

Die Nachricht von Strucks Tod habe ihn und alle Fraktionsmitglieder "persönlich tief getroffen", sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Brüderle. Der ehemalige Verteidigungsminister und langjährige Vorsitzende der SPD-Fraktion bleibe "als leidenschaftlicher Parlamentarier und vorbildlicher Demokrat" in Erinnerung, der "fair und kollegial über Fraktions- und Koalitionsgrenzen hinweg" mit den Liberalen zusammengearbeitet habe. "Unsere Gedanken sind jetzt insbesondere bei seiner Familie."
(liberale.de 19.12.12)
 Kritische Töne sind auch in den Kommentaren kaum zu finden; die Journaille verneigt sich.
Die Beschreibungen als knorriger Typ, die gefielen ihm. Sein Charakter hob ihn auch ab von den jüngeren Abgeordneten in der eigenen Partei, aber auch im Parlament insgesamt, deren Glattheit und Karrierebewusstsein er mit wachsender Skepsis sah. […]

Parlamentarier war er mit Begeisterung: "Es gibt nichts Höheres", hat er einmal gesagt. Das Struck'sche Gesetz, wonach kein Gesetz aus dem Parlament so herauskommt, wie es als Entwurf hineingegangen ist, war auch Ausdruck des großen Selbstbewusstseins als Parlamentarier. […] Als Verteidigungsminister entließ er ohne viel Federlesens suspekte Traditionalisten aus der Bundeswehr, was ihm Respekt verschaffte. […]

Er hatte über all die Jahrzehnte einen Schlaganfall und zwei Herzinfarkte. Der Mann hätte sich auch mal schonen können, ja müssen. Aber das wollte er nicht. Einem dritten Herzinfarkt ist er am Mittwoch erlegen.

Peter Struck war sturmfest, erdverwachsen, ein Raubauz und feiner Kerl. Es gibt wohl wenige Akteure im Berliner Polit-Betrieb, die die überraschende Nachricht von Peter Strucks Tod nicht betroffen macht. Der langjährige SPD-Parlamentarier wirkte nach außen oft knorrig und unnahbar, in Wahrheit war er aber ein echter Kumpeltyp, einer, mit dem man Pferde stehlen konnte, wie es so schön heißt.

[…] Nur mit Angela Merkel wurde er nie warm. Mit der Kanzlerin legte sich Struck zu Zeiten der Großen Koalition als SPD-Fraktionschef oft und gerne an. Seine Poltereien gegen Merkel waren legendär und sorgten bei den Genossen in der sonst so freudlosen Koalition stets für beste Stimmung. Immer wieder warf er ihr öffentlich Führungsschwäche vor. Auch im Koalitionsausschuss gerieten sie aneinander. Struck gestand offen: "Sie kann mich nicht leiden und ich sie nicht."

[…] Obwohl es anfangs Zweifel gab, ob Struck der richtige Mann für den Schleudersitz auf der Hardthöhe war, verschaffte er sich schnell Respekt. Seine offene, direkte Art kam bei Offizieren und einfachen Soldaten gleichermaßen gut an. Struck war unentwegt bei der Truppe unterwegs und warb daheim für die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Er war ein Kümmerer, einer, der die Sorgen der Soldaten ernst nahm. Wer ihn in seinem Büro besuchte, konnte da stets eine liebevoll aufgebaute Sammlung an Abzeichen, Wimpeln, Mützen und anderem Militär-Nippes bewundern. Wenn er über seine Truppenbesuche berichtete, geriet er regelrecht ins Schwärmen.

[…]  Im Gegensatz zu vielen anderen Politikern schaffte Struck ein elegantes Karriereende: Er wurde nicht aus dem Amt gedrängt, sondern bestimmte selbst den Zeitpunkt des Aufhörens. […] Eine andere von Strucks Passionen war das Motorradfahren. Es konnte einem passieren, dass man als Journalist zum Interview verabredet war und Struck erschien in voller Motorradmontur. "Los, stellt mal eure Fragen. Ich fahr gleich noch eine Runde", erklärte er dann trocken.

Jetzt hat Peter Struck seine letzte große Fahrt angetreten. Viel zu früh, leider.
 Zum Schluß noch ein paar echte Strucks:
     "Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es eingebracht wurde."
Struck als Fraktionschef im Jahr 1999

    "Diskussionsfreude finde ich gut. Eine stumme Partei ist 'ne dumme Partei."
SPD-Fraktionschef Peter Struck 2007 über die Debatten in seiner Fraktion

    "Jede Fraktionssitzung ist jetzt ein kleiner Parteitag."
Struck würdigt 1999 die neue Diskussionskultur in der SPD, nachdem Gerhard Schröder Parteichef geworden ist.

    "Die kann mich mal."
Struck als SPD-Fraktionschef 2008 an die Adresse der CDU, die forderte, er solle sich entschuldigen. Struck hatte Hessens Ministerpräsident Roland Koch unterstellt, über eine U-Bahn-Attacke ausländischer Jugendlicher auf einen Rentner froh zu sein.

    "Es ist schon ein hartes Brot, mit diesen Schwarzen da in Berlin zu regieren, das kann ich euch sagen!"
SPD-Fraktionschef Struck über die sozialpolitischen Forderungen der Linken

    "Sie kann mich nicht leiden und ich sie nicht."
Struck über Kanzlerin Merkel, 2009

    "Dafür hätte er nicht nach Amerika fahren müssen. Es sei denn, er hat Wert auf die Fotos am Times Square gelegt."
Struck im Jahr 2009 zu den Ergebnissen der Gespräche von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit dem Opel-Mutterkonzern General Motors in den USA



*Das gilt übrigens auch für viele andere Berufe.
Man denke nur an die ungeheuer beliebten und viel beschäftigten Schauspieler, wie Veronica Ferres und Til Schwaiger, die beide ebenso Mimik- wie Talent-los mit ihrer extrem unangenehmen Persönlichkeit nerven.
Von deutschen Popmusikern will ich gar nicht erst anfangen.