Donnerstag, 6. Dezember 2012

Selbstbetrug




Man neigt dazu in der Rückschau Dinge zu idealisieren.
Das Essen früher bei Oma hat viel besser geschmeckt, die Schulzeit war so schön und die Freunde waren so ungeheuer interessant.
Ebenso verblassen a posteriori die unangenehmen Aspekte des Lebens.
Das wissen zum Beispiel diejenigen, die wie ich tief in den Kiefer eingewachsene Weisheitszähne ziehen lassen haben.
Man macht das wegen der zu erwartenden Schmerzen immer in zwei Sitzungen. Erst zwei auf einer Seite und zu einem anderen Termin die beiden auf der anderen Seite.
Beim ersten mal ist man noch gespannt, wundert sich über die Geräusche, die Hebelbewegungen und insbesondere darüber, wenn nach überstandener Prozedur eine nette Assistentin ein nasses, heißes Frotteetuch auf mein Gesicht legt und dies dann tiefrot ist, weil man offenbar wie ein abgestochenes Schwein Blut gespritzt hat.
Wenn die Betäubung nachläßt wird es richtig fies und man schwört sich die anderen beiden Weisheitszähne nie ziehen zu lassen.
Allerdings, nach einigen Wochen, kommt man ich albern vor. Soooo schlimm war es ja nun auch wieder nicht und hatte nicht die Betäubung auch so gewirkt wie es sein sollte?
 Also ruft man den Kieferchirurg für das zweite Paar Zähne an und stellt schließlich bei der Prozedur fest „verdammt noch mal, das war doch richtig schlimm!“ 
Man hatte die Schmerzen vergessen, erinnert sich aber plötzlich wieder bestens.

Mit die übelsten Schmerzen, die es gibt, sind die Gehirnschmerzen, die man erleiden muß während man lesend oder TV-glotzend konservativen Untermenschen wie Roland Koch, George W. Bush oder Matthias Matussek folgt.


Diese Typen sind pure Folter und aus gutem Grunde in den Genfer Konventionen geächtet.
Und es gibt viele Kanaillen dieser Kategorie. Franz Josef Strauß, Kanther, Dregger, Gerhard Löwenthal, Richard Cheney, …

Aber selbst diese inkarnierten Alpträume verlieren mit der Zeit ihren Schrecken. 
Je mehr Jahre vergehen, desto weniger versteht, man wieso man einst mit unmittelbarem Brechdurchfall auf diese Namen reagiert hatte.
Im Vergleich mit der aktuellen Riege der Fürchterlichen - ich will ja keine Namen nennen - wirken doch Kohl und Koch harmlos.






 Oder?

Vermutlich spielt einem aber wieder nur das Gedächtnis einen Streich.
Man hat das Ausmaß der Grässlichkeit eines George W. Bush einfach vergessen, weil man ihn nicht mehr jeden Tag sieht.

 

Aber es ist wie beim zweiten mal Weisheitszähne ziehen - wenn man einen dieser Schlimmen ob eines Jubiläums oder einer Retrospektive noch einmal ausführlich vor Augen geführt bekommt, fällt einem gleich wieder ein, was man früher erlitten hatte.

Ich glaube, die Widerlichkeit von erzkonservativen Politikern oder Popen ist begrenzt.
 Es gibt physikalischer Endpunkte. 
So wie es nicht kälter als der absolute Nullpunkt (Null Kelvin = −273,15 °C) werden kann, ist die Doofheit einer Sarah Palin nicht mehr unterschreitbar.
So wie sich nichts schneller als das Licht bewegen kann, ist die Niederträchtigkeit einer Michele Bachmann nicht zu überholen.
Gerade im Katholizismus und der GOP ist man immer wieder versucht Personen auszumachen, die übler als alles je Dagewesene zu sein scheinen.
Sind nicht Kurienerzbischof Müller und Limburgs Prunk- und Protz-Bischof Tebartz-van-Elst abstoßender als alle anderen? Das kann man wohl nur bejahen, weil man vergessen hat wie grauenvoll die Kardinäle Groer, Faulhaber und Innitzer waren. Weil Bischof Kurt Krenn schon lange von der Bildfläche verschwunden ist.

Auch die diesjährige US-Präsidentschaftswahl ließ in mir das Gefühl aufsteigen, daß mit Herman Cain, Rick Perry, Gingrich, dem Molch, Rick Santorum und Gaga-Bachmann ein nie mehr unterschreitbares Niveau-Minimum erreicht wäre.
ABER man hatte auch nicht mehr Palin, Cheney und Bush täglich vor Augen!

Die Post-Gingrich-Romney-Generation der US-Republikaner gibt sich allerdings redlich Mühe neue absolute Tiefpunkte zu definieren.
Da ist zum Beispiel Partei-Darling Rubio, der zum Quartett der Zukunft gehört.
Paul Ryan, Senator Marco Rubio (Fl), Senator Rand Paul (Kentucky) und Gouverneur Bobby Jindal (Louisiana). Sie alle sind jung, brennen darauf die Karriereleiter weiter hinauf zu steigen und sind komplett durchgedreht.

Rubio hat inzwischen klar gestellt, was er von diesen verrückten Wissenschaftlern hält, die behaupten die Erde sei nicht von Gott gemacht worden und sogar älter als 6000 Jahre.
Rubio was asked how old the planet was in an interview with GQ magazine published November 19. The senator, who's considered to be weighing a 2016 presidential bid, replied saying the Earth's age is "one of the great mysteries."

Emphasizing he "was not a scientist," Rubio said "whether the Earth was created in seven days, or seven actual eras, I'm not sure we'll ever be able to answer that."

[…] He emphasized it was a matter of "how do you reconcile what science has definitively established with what you may think your faith teaches" and further maintained his stance that parents should be able to teach their children whatever they believe.
Ebenfalls ganz frisch sind die Aussagen des US-Senators aus einem der wichtigsten Staaten zur Frage ob Homosexualität eine Sünde sei.
Well, I can tell you what faith teaches and faith teaches that it is. And that’s what the Bible teaches and that’s what faith teaches. But it also teaches that there area bunch of other sins that are no less. […] As a policy maker, I could just tell you that I’m informed by my faith. And my faith informs me in who I am as a person — but not as a way to pass judgment on people.
Für einen deutschen Konservativen wären solche Statements außerordentlich extrem. 

In Amerika liegt der absolute Nullpunkt des politischen Anstands allerdings viele Etagen unter dem Europäischen.

Im tiefsten Ethikkeller sitzt beispielsweise der Chairman des Political action committee „Government Is Not God“ (ging-pac) William Murray. 
Das Ging-Pac wurde 1994 zur Unterstützung von konservativen homophoben Republikanern gegründet und sammelt Geld und Ressourcen, um die demokratischen Gegenkandidaten unter Beschuss zu nehmen.

Der Wahlsieg Obamas war da natürlich nicht eingeplant. 

Dabei hatte das PAC mit der „Campaign to save America from Barack Hussein Obama“ doch noch im September 2012 so eindringlich gewarnt:
President Barack Hussein Obama is the most viciously anti-Christian and anti-Jewish person ever to occupy the White House.

[........] Keep in mind the following facts about Obama:  

  • Obama hates the military. He has sued in court to block a measure which extends early voting for members of the military!  This does away with the tradition for allowing special circumstances for military personnel in voting which dates back to the Civil War! And, he’s using the power of the Department of Justice to attack states that are trying to enforce voter ID laws – to ensure honest elections!
  • Obama hates the U.S. Constitution. He believes it is a “living document” that is outdated and needs to be reinterpreted by liberal judges. That’s why he ignores it whenever he wishes – and why he now has two anti-Constitution judges on the Supreme Court: Sonia Sotomayor and Elena Kagan. Both believe they have the right to decide what the Constitution means – not what the Founding Fathers meant when they wrote it!
  • Obama hates religious liberty. On August 1, the HHS Mandate went into effect requiring companies, including those religious organizations that have religious beliefs to the contrary, to provide abortion services to their employees.  Obama seems to forget the Constitution’s First Amendment: “Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof, or abridging the freedom of speech.”
  • Obama loves Islam. His key role in the “Arab Spring” has caused governments en masse to turn to Sharia Law in the Middle East.  And, he’s regularly betrayed Israel since he took office. His anti-Israel policies are worse than even Jimmy Carter.
  • Obama hates traditional marriage. He directed the Department of Justice to not defend the Defense of Marriage Act (DOMA) passed in 1996 and signed by then-President Clinton. Obama supports gay marriage – but during his 2008 campaign, he claimed he was against gay marriage.
  • Obama hates America as a force for freedom in the world. He intends on spending the next four years finishing off our nation. He’ll rule by executive order, regulations, lawsuits, and entangle us in international treaties that will destroy our national sovereignty. In short, he’ll rule America like his ideological buddy Hugo Chavez – the tyrant who runs Venezuela.
  • Obama hates capitalism – the economic system that made our nation the most prosperous in the history of mankind. He has a Marxist ideology that compels him to do everything in his power to destroy free enterprise and to remake America into a European welfare state.
Unverständlich, daß Obama dennoch gewählt wurde.

Ging-Chef Murray ist noch leicht angefressen und erklärt uns via WorldNetDaily ganz genau wofür Obama steht.
Obama Channeling Hitler and Creating 'Unholy Alliances with Evil'

After warning that government programs like Social Security turn people gay, Government Is Not God PAC head William Murray writes in WorldNetDaily today that President Obama is using Adolf Hitler as a model to pursue his “false Garden of Eden on Earth.” He says that just as Hitler used money stolen from Jews he sent to death camps to fund his war effort, Obama is trying to raise taxes on the rich to build a “culture of dependency.”

Murray also claims that Obama is targeting Jews and Christians because their faiths are getting in the way of his attempt to grow the size of government, while supposedly aiding Muslims, “radical environmentalists, Christian-hating atheists, homosexual radicals” and liberals. As Democrats put together “unholy alliances with evil,” Murray warns that if conservatives don’t embrace anti-choice and anti-gay positions then the U.S. will face God’s judgment.
Ich kann nur jedem empfehlen Murrays Worte HIER nachzulesen. 
Ein echtes „Vergnügen“.
Es wird nicht so leicht, das Niveau noch zu unterbieten. 
Aber bei der GOP bin ich zuversichtlich.
Ob wir in einigen Jahren dasitzen werden und finden, daß Murray doch eigentlich noch vergleichsweise harmlos war?