Donnerstag, 30. August 2012

Topfer und Äter - Teil II





Die Todesstrafe ist natürlich in jeder Hinsicht verwerflich. 
Abgesehen von den offensichtlich amoralischen Aspekten stößt mich immer ab, wie wichtig die Zeugen das Hinrichten nehmen.
In Amerika gilt das Killen eines Killers eben auch als Wiedergutmachung für die Angehörigen des ursprünglichen Opfers. 
Rache ist eine ganz starkte Motivation.
Während man es in fortschrittlicheren Demokratien gerade als Zeichen der Zivilisation ansieht, daß Verbrechen von einer NEUTRALEN Person nach OBJEKTIVEN Maßstäben vom Staat geahndet werden, ist in den Staaten noch der mittelalterliche Vergeltungsgedanke wichtig. 

Angehörige der Opfer geben immer wieder zu Protokoll, daß sie erst wieder richtig schlafen könnten, wenn sie sie mit eigenen Augen gesehen hätten, wie der Täter hingerichtet werde. 
Die von einem Gewaltakt Betroffenen erhoffen sich Heilung von einem weiteren Gewaltakt.
Indem die Spirale der Brutalität noch eine Umdrehung weiter geschraubt wird, meinen sie ernsthaft der Gerechtigkeit zu dienen.

Das Perverse daran ist zudem, daß man einem Angehörigen die „Freude macht“ Zeuge einer Hinrichtung zu sein und dadurch gleich neue Hinterbliebene und Trauernde produziert. 
Auch die Straftäter haben in der Regel Kinder, Geschwister, Eltern, die sie lieben und die in fürchterliche emotionale Abgründe geraten, wenn ihr Sohn/Mann/Vater im Todestrakt hockt.
 Diese Angehörigen sind nun die unschuldigen Opfer.

Mir fehlt von Geburt auf an das Rache-Gen. 
Ich habe immer Mitleid und kann nicht das geringste Vergnügen dabei empfinden, wenn jemand eingesperrt, gequält, bestraft oder gedemütigt wird.

An diesem Punkt der Diskussion kommt unweigerlich die Gegenrede: 

Mit dem braucht man kein Mitgefühl haben, der hat es verdient.


Nun ist aber Mitgefühl eben ein „Gefühl“ und als solches von mir nicht rational steuerbar.

Ich weiß ja, daß Saddam Hussein oder Milosovic keine netten Menschen waren und nichts Gutes „verdient“ hatten. Da ich sie aber nicht persönlich kenne, empfinde ich auch keinen Hass und insofern missfiel es mir dabei zuzusehen, wie Saddam gedemütigt und gekillt wurde.

Am liebsten würde ich die Gefängnisse generell abschaffen. Zumal man weiß, daß Gefängnisaufenthalte die Menschen erst richtig verrohen lassen und kriminell machen.
 Natürlich sehe ich rational ein, daß es Strafvollzug geben muß - schon allein, weil viele Verbrecher einfach gefährlich für ihre Mitmenschen sind und die Gesellschaft vor ihnen beschützt werden muß.
Aber mir ist die Forderung nach noch höheren und härteren Strafen immer suspekt. 

Eine widerliche Fassette der menschlichen Gesellschaft ist das - offenbar geilen sie sich an Züchtigungen und Leid anderer auf.
 Das war schon in der Antike so, das trieb die Zuschauer ins römische Collosseum, zu Inquisitions-Hinrichtungen, zu Auto-Dafés, zu den Scheiterhaufen, zu den Guillotinen und noch heute die den öffentlichen Steinigungen und Baukränen.

Ich finde es abartig. 
Und unvernünftig. 

Man muß aus der Gewaltspirale herauskommen und dazu erfordert es Mut. Den Mut dem Blutrausch des Pöbels zu widerstehen.

Als CDU und FDP 2001 die Regierung in Hamburg übernahmen, gelang ihnen das im Wesentlichen mit einer Angstkampagne vor der angeblichen Kriminalität. Die CDU flüchtete ins Irrationale und appellierte an die niedersten Instinkte. 
Vielleicht konnte sie nicht anders, angesichts einer SPD-Regierungsbilanz nach 44 Jahren roter Herrschaft in Hamburg, welche die Hansestadt zur mit Abstand reichsten Region in ganz Europa gemacht hatte, zu dem prosperierenden Bundesland mit dem höchsten Pro-Kopfeinkommen.
Hauptversprechen der Schwarzgelben + Rechtspopulist Schill: 

Bau und Wiedereinführung von geschlossenen Jugendanstalten. Unerzogene Kinder wegsperren, hinter Schloß und Riegel.

 DAS ZOG. So will es der Urnenpöbel.
Daß jeder Kriminalist beweisen kann, daß solche geschlossenen Anstalten kontraproduktiv sind und die Kinder auf der Kippe endgültig auf die schiefe Bahn schieben, interessierte niemanden.
Wenn man dann noch bedenkt, daß 80 % der Jugend-Straftaten mit Drogen und Beschaffungsdelikten zu tun haben, könnte ich ohnehin verzweifeln. Süchtige sind Kranke und gehören behandelt; ggf substituiert oder vom Staat mit Opiaten versorgt.
Und wer Drogen nimmt, aber nicht süchtig ist, gehört entkriminalisiert, damit gar nicht erst eine Drogenmafia entsteht.

Ich weiß nicht wie viele der knapp drei Millionen US-Strafgefangenen wegen Drogenkonsum hinter Gittern hockt. Vermutlich auch die Mehrzahl. 
Ein krankes und sadistisches System ist das. 

Hier werden Opfer zu Tätern gemacht und die ohnehin am meisten Geschädigten weiter misshandelt.

Vermutlich ist die soziologische und psychologische Forschung auch noch lange nicht am Ende mit ihren Bemühungen Kriminalität zu erklären. 
Kann nicht jeder zum Mörder werden? Als Opfer von Umständen? Was ist eigentlich persönliche Verantwortung und was ist schuldloses Verhalten? Wann ist jemand „krank“, bzw „nicht zurechnungsfähig?“

„Der ist doch krank!“ ist das erste was uns einfiel, als wir von Anders Breivik oder dem „Batman-shooter“ James Holmes hörten. Normal ist das ja wohl nicht.

Wenn sie aber vor Gericht stehen, wollen wir keinesfalls, daß sie als „krank“ gelten, weil sie dann nicht verantwortlich gemacht werden können.

Ich halte es durchaus für vorstellbar, daß die Wissenschaftler in 50 Jahren entsetzt auf das Justizsystem vom Anfang des 21. Jahrhunderts zurück blicken und es für außerordentlich bararisch halten, daß wir einfach wegsperren, um büßen zu lassen.

Bei all den Delikten, die mit Trieben und Emotionen zusammen hängen, ist es noch viel komplizierter. Kann ein sogenannter „Kinderschänder“ überhaupt strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden? Und was ist mit all den Menschen, die ihre Ehepartner aus Hass ermorden? Kann man da überhaupt dem Täter die volle Schuld zusprechen? Oder ist es nicht gerade in langen Beziehungen so, daß Frust und Aggressionen so kulminieren können, daß es einfach zu einem Mord kommen muß?

Ich habe da keine Antworten. 

Und damit keine Missverständnisse aufkommen:
Wer Schwächere vergewaltigt und/oder umbringt, muß ohnehin eingesperrt werden - egal ob er persönlich verantwortlich ist oder psychisch so getrieben wurde, daß er keine Wahl hatte. 

Selbstverständlich kann jemand, von dem eine solche Gefahr ausgeht nicht frei gelassen werden.
 
Beim kirchlichen Kinderficken denke ich dementsprechend auch gar nicht lange über den einzelnen Vergewaltiger-Pfaff nach. Na klar, Priesterseminare ziehen Typen mit so einer Prädisposition an und bieten ihnen ein ideales Umfeld. Aber „müssen“ sie dann die Messdiener befummeln? Oder könnten sie es auch lassen und tun es nur deswegen weil die Umstände so günstig sind und sie Deckung erhalten? 
ICH WEISS ES NICHT.

Was ich aber sicher sagen kann, ist daß man die Vorgesetzten der kinderfickenden Priester, die Bischöfe und den Vatikan, NICHT entschuldigen kann. 
Als Dritte stehen sie eben nicht unter Triebstau. Sofern sie etwas erfahren, gibt es überhaupt keine Rechtfertigung dafür „übergriffige Priester“ einfach immer weiter zu versetzen und ihnen damit neue Kinder-Opfer zuzuführen, wie das der Regensburger Bischof Müller tat, der dafür vom Papst zum Obersten Glaubenshüter der Kirche, zur Nr. 3 des Vatikans befördert wurde.
Ratzinger hatte es als Chef eben jener Behörde über 20 Jahre lang genauso gehalten. 
Die Kinderfickerfälle weltweit landeten alle auf seinem Schreibtisch und er ließ es zu.

Was mit dem einzelnen Sexpriester passiert ist mir egal.
(Sicherheitsverwahrung? Therapie? Knast?) 

 Aber Müller und Ratzinger - die gehören ins Gefängnis.

Die Kirchen haben aber immer noch nicht verstanden, daß die Definition der Begriffe „Opfer“ und „Täter“ recht einfach ist, wenn es um einen erwachsenen Mann in Soutane und einen missbrauchten kleinen Jungen in dessen Obhut geht.

Das Kind ist dann das Opfer und gehört geschützt, liebe RKK.

Der ehemalige Chef von Radio Vatikan hatte 2010, zur Hochphase der Kinderfickerfälle die Täter wortreich entschuldigt.

Ganz Katholik, reagierte Freiherr von Gemmingen-Hornberg nach üblichen Schema - die Täter sind in Wahrheit die Opfer und das Ganze wird noch mit einem tolldreisten Nazivergleich à la Kreuznet in Worte gefasst.
Die Kinderpenis-begeisterten Pater würden inzwischen genauso verfolgt wie die Juden im dritten Reich.
Na klar, völlig unschuldige Opfer wie die Juden und Kinderficker - das ist für den Top-Vatikaner ein und dasselbe.


"Es ist fatal, nun den ganzen Orden schlecht zu machen. Ich muss einen Vergleich ziehen: Mit den Juden ist es so losgegangen, dass vielleicht der ein oder andere Jude Unrecht getan hat. Dann aber hat man schlimmerweise alle angeklagt und ausrotten wollen. Man darf nicht von einzelnen Missetaten ausgehen und eine ganze Gruppe verurteilen", sagte der frühere Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan der Heilbronner Stimme.


Da ist es Zeit meine immer wieder gern zitierten Lieblingsaussagen von Bischof Afonso und Kardinal Degenhardt auszupacken.

In einem Interview hatte Bernardo Álvarez Afonso Homosexualität und Päderastie gleichgestellt und behauptet, dass Minderjährige nicht immer schuldlos an sexuellem Missbrauch seien:


"ES GIBT13-JÄHRIGE KNABEN, DIE DAS SOGAR WÜNSCHEN
WENN DU NICHT AUFPASST, PROVOZIEREN SIE DICH."



Wir kennen das ja auch von deutschen Kardinälen:
Wenn Katholiken pädophil sind und kleine Kinder mißbrauchen sind nicht etwa sie selbst schuld sondern nach katholischer Lesart entweder die Opfer selbst, oder deren Mütter - wie es Kardinal Degenhardt erkannte:


„WENN JUNGE MÄNNER STÄRKER MIT DER PFLEGE VON KLEINKINDERN BETRAUT SIND UND DABEI NACKTE ENTBLÖSSTE KÖRPER STÄNDIG SEHEN; SIE BERÜHREN UND SAUBER MACHEN MÜSSEN, IST DIE GEFAHR GROSS, DASS SIE BEGIERDEN NICHT WIDERSTEHEN KÖNNEN. DER VIELE KÖRPERKONTAKT MIT DEM JUNGEN KINDE BEI DER PFLEGE WÜRDE IHNEN SICHER OFT ZUM VERHÄNGNIS WERDEN.
UND DESWEGEN STELLEN WIR FEST; DASS AUCH DIESE KONSEQUENZ; DASS VÄTER HAUSMÄNNER WERDEN, AUCH NEGATIVE ASPEKTE HAT!“


Diese katholische Sicht der Vergewaltigung kleiner Kinder brachte zuletzt der amerikanische Franziskaner-Mönch und TV-Star Father Benedict Groeschel (79) zum Ausdruck:


Teens Seduce Priests In Some Sex Abuse Cases


Ja genau. So ist es. Die armen Priester müssen rund um die Uhr aufpassen, um nicht von diesen dauergeilen Messdienern besprungen zu werden.

Nur ein Mann mit überlegener Moral wie Father Groeschel kann das so klar erkennen. Deswegen spicken wir ja auch unsere Ethikräte mit katholischen Geistlichen, damit sie uns die Wahrheit verkünden.


It's been close to a decade since an investigation into clergy sex abuse cases by The Boston Globe unearthed a shocking scandal and cover-up that rocked the foundations of the Catholic Church in the U.S. and around the world.
 Ten years may have passed, but the wounds have yet to fully heal in America, especially in light of the recent Penn State allegations, as well as the trial of Monsignor William Lynn, former secretary for the clergy in the Archdiocese of Philadelphia.
In light of this, the recent comments by Groeschel seem both puzzling and jarringly out of step with current sentiments.


Katholiban sind unbelehrbar.

Groschel gab dem „national catholic register“ am 27.08.12 ein Interview:


[Interviewer]: Part of your work here at Trinity has been working with priests involved in abuse, no?

[Father Groeschel]: A little bit, yes; but you know, in those cases, they have to leave. And some of them profoundly — profoundly — penitential, horrified. People have this picture in their minds of a person planning to — a psychopath. But that's not the case. Suppose you have a man having a nervous breakdown, and a youngster comes after him. A lot of the cases, the youngster — 14, 16, 18 — is the seducer.

[Interviewer]: Why would that be?

[Father Greoschel]: Well, it's not so hard to see — a kid looking for a father and didn't have his own — and they won't be planning to get into heavy-duty sex, but almost romantic, embracing, kissing, perhaps sleeping but not having intercourse or anything like that.

It's an understandable thing, and you know where you find it, among other clergy or important people; you look at teachers, attorneys, judges, social workers. Generally, if they get involved, it's heterosexually, and if it's a priest, he leaves and gets married — that's the usual thing — and gets a dispensation. A lot of priests leave quickly, get civilly married and then apply for the dispensation, which takes about three years.

But there are the relatively rare cases where a priest is involved in a homosexual way with a minor. I think the statistic I read recently in a secular psychology review was about 2%. Would that be true of other clergy? Would it be true of doctors, lawyers, coaches?

Here's this poor guy — [Penn State football coach Jerry] Sandusky — it went on for years. Interesting: Why didn't anyone say anything? Apparently, a number of kids knew about it and didn't break the ice. Well, you know, until recent years, people did not register in their minds that it was a crime. It was a moral failure, scandalous; but they didn't think of it in terms of legal things.

If you go back 10 or 15 years ago with different sexual difficulties — except for rape or violence — it was very rarely brought as a civil crime. Nobody thought of it that way. Sometimes statutory rape would be — but only if the girl pushed her case. Parents wouldn't touch it. People backed off, for years, on sexual cases. I'm not sure why.

I think perhaps part of the reason would be an embarrassment, that it brings the case out into the open, and the girl's name is there, or people will figure out what's there, or the youngster involved — you know, it's not put in the paper, but everybody knows; they're talking about it.

At this point, (when) any priest, any clergyman, any social worker, any teacher, any responsible person in society would become involved in a single sexual act — not necessarily intercourse — they're done. And I'm inclined to think, on their first offense, they should not go to jail because their intention was not committing a crime.
(zitiert nach Matt C. Abbott 30.08.12)