Mittwoch, 6. Juni 2012

Eviva Espana



Ja nach Spanien reisen viele Europäer
Nur wegen Sonne und Wasser und Wein
Einer später doch der and're um so eher
Fährt Richtung Spanien und packt die Koffer ein
Den Regenmantel lassen wir zu Haus
In Spanien sieht es nicht nach Regen aus


Ob und wie jemand Fremdworte benutzt, finde ich immer wieder faszinierend.
Mit Fremdworten kann man sich in Szene setzen und seine Eitelkeit befriedigen (Methode Peter Sloterdijk), oder aber man präzisiert Aussagen und stellt sinnvolle Zusammenhänge her.

Interessanterweise unterliegen Fremdworte Moden. Initiiert von einer Person, kann ein bestimmter Begriff plötzlich omnipräsent werden.

Als Verteidigungsminister Scharping mit seiner neuen Geliebten im Pool auf Mallorca plantschte und die Bilder von der Bunten veröffentlichen ließ, erschien monatelang kein Artikel über ihn, in dem er nicht „erratisch“ genannt wurde. 
Eine passende Beschreibung allerdings. Tatsächlich hatte man den überwältigenden Eindruck, daß Scharping völlig der Realität entkoppelt und wirr agierte.

Im Vorlauf des Irakkrieges positionierte sich Außenminister Fischer wider des angelsächsischen „Bellizismus‘“ und fortan wurden die Grünen (Kosovo!!) bei jeder Gelegenheit bellizistisch genannt. Ganz so, als ob sie auch Jux und Dollerei gerne mal Krieg spielen wollten.

Gerhard Schröder popularisierte 2002 den Begriff „Kakophonie“, als er donnerte, mit selbiger müsse in der rotgrünen Koalition nun Schluß sein. 
Auch dieses Fremdwort griff die Journaille begeistert auf und schrieb nun bei jeder kleinen Dissonanz zwischen Rot und Grün, es herrsche wieder Kakophonie.

Irgendwie drollig die damaligen Irritationen und kontroversen Meinungsäußerungen als derartigen Missklang zu werten, daß es eines Fremdwortes bedurfte. Welch unfassbares Chaos in Kabinett und Kanzleramt auch herrschen kann lernten wir erst ab 2009.

Das aktuelle Modewort lautet „Austerität.“

Mir ist entgangen wer eigentlich damit anfing. 
Aber im Jahr 2012 kann sich niemand zur „Eurokrise“ äußern, ohne sich deutlich pro oder contra der Austeritätspolitik zu positionieren.

Wikipedia:  (engl. austerity, von lat. austeritas „Enthaltsamkeit“, „strenge Einfachheit“) ist ein Fremdwort für „Strenge“ oder „Sparsamkeit“. Es wird heute vor allem in ökonomischen Zusammenhängen gebraucht und bezeichnet dann eine staatliche Haushaltspolitik, die einen ausgeglichenen Staatshaushalt ohne Neuverschuldung anstrebt (Austeritätspolitik).

In diesem Blog wurde die Merkelsche Austeritätspolitik mehrfach scharf kritisiert. 
Verwerflich und verlogen und heuchlerisch ist dabei insbesondere wer wem mit dem Austeritätsfinger droht. 
Es sind immer die Deutschen, namentlich Schäuble, Merkel und Rösler, die von den angeblich unsoliden Staaten Irland, Italien, Spanien, Portugal und Griechenland drastische Einsparungen und Haushaltsdisziplin fordern.
 Es werde „deutsch gesprochen in der EU“ vermeldete Merkels Fraktionschef Kauder. 
Am deutschen Wirtschaftswesen solle Europa genesen.
Austerität einzufordern ist dabei hauptsächlich ein Signal an die heimischen Wähler. Billige Anbiederung.
Übersetzt heißt das nämlich: 

Guckt euch die faulen Griechen an - das hat man davon, wenn man disziplinlos rumprasst. Wir Deutschen hingegen sind sparsam und fleißig und halten unser Geld zusammen. Deswegen geht es uns auch so gut und zu verdanken ist das alles der eisernen Haushaltspolitik Merkels.

Viele Wähler glauben das vermutlich auch.
 Merkel selbst ist dabei mehrfach ertappt worden, wie sie dreist lügend behauptete die Griechen gingen früher in Rente und arbeiteten weniger als Deutsche.

Vor Allem aber macht Merkel in Deutschland das Gegenteil von Austeritätspolitik. 
Sie hat massive Konjunkturpakete verabschiedet, viele Branchen regelrecht mit Geld geflutet und die deutsche Staatsverschuldung explodieren lassen.

Die Konjunkturpakete von 2008, die noch heute ihre segensreiche Wirkung entfalten, stammen natürlich vom damaligen SPD-Koalitionspartner.
Die Deutschen sollten der SPD heute noch auf Knien dafür danken, daß damals nicht die Krisenpolitik durchgesetzt wurde, die CDU, CSU und FDP heute von allen anderen Ländern fordern.

Auch nach der 2009er Bundestagswahl schmiss Merkels Regierung mit Geld um sich. 
Keine Spur von Austerität. Unter Schwarz-GELB wird das Geld allerdings zu den ohnehin Wohlhabenden geschaufelt (Milliarden für Hoteliers und Versicherungskonzerne,..) oder wie bei der Herdprämie sinnlos aus dem Fenster geworfen, statt mit den Milliarden die Nachfrage zu stimulieren.

Aktuelles Beispiel ist der „Pflege-Bahr“.

Fünf Euro im Monat will der Staat springen lassen, wenn ein Bürger sich gegen das Risiko versichert, zum Pflegefall zu werden. So soll die Lücke zwischen den Leistungen der (erzwungenen) gesetzlichen Pflegeversicherung und den tatsächlichen Kosten geschlossen werden.
Das hört sich ganz gut an. Doch greift die Koalition das Problem an der falschen Stelle an; und sie verwendet das falsche Handwerkszeug. Um das zu verstehen, muss man Folgendes wissen: Richtig teuer wird es für den Staat und damit für die Steuerzahler, wenn immer mehr Leute nicht mehr in der Lage sind, die Pflegekosten aus der eigenen Rente zu finanzieren. Das betrifft vor allem Langzeitarbeitslose und Menschen mit niedrigem Einkommen. Doch ausgerechnet diese Gruppe wird nicht in der Lage sein, einen Pflege-Riester abzuschließen. Wer Monat für Monat kaum über die Runden kommt, macht sich mehr Sorgen um die Gegenwart als um die Zukunft. Keinesfalls zahlt er 50 oder 60 Euro im Monat für eine zusätzliche Pflegeversicherung.
Wozu auch? Denn eine zusätzliche Absicherung lohnt sich für sie gar nicht. Kann ein armer Mensch die Kosten für das Pflegeheim nicht zahlen, springt die Sozialhilfe ein. Das heißt, wer sich als Langzeitarbeitsloser oder Geringverdiener einen Pflege-Riester anschafft, mindert nicht das eigene Finanzrisiko, sondern allenfalls das staatliche.
Ganz anders stellt sich die Lage für Gutverdiener oder Vermögende dar. Wer ein komfortables Auskommen hat, kann sich eine private Pflege-Police auch ohne Zuschuss leisten. Der Pflege-Riester bedeutet für diese Gruppe demnach vor allem eines: ein aus Steuergeldern gestütztes Programm zum Schutz des Erbes.

Das ist vermutlich aber immer noch besser, als die Medizin, die Merkel in Griechenland und Spanien durchsetzen will.

Die Iberer sollen regelrecht erwürgt werden. 
Funktionieren kann das nicht. Aber was kümmert Rösler und Merkel die schnöde Realität?

Knechtung Spaniens führt ins Verderben.
"Was in Griechenland passiert ist, darf sich in Spanien nicht wiederholen", warnt Michael Schlecht, Chefvolkswirt der Fraktion DIE LINKE. "Angela Merkels Euro-Rettungspolitik ist offenkundig gescheitert. Wer versucht, Spanien durch den sogenannten Rettungsschirm zu knechten, und der spanischen Bevölkerung dafür weitere massive Kürzungen abverlangt, führt das Land ins Verderben." Schlecht weiter:
"Der Weg der konditionierten Finanzhilfen und barbarischen Kürzungsprogramme ist gescheitert. Dieser Weg führt in die Rezession und vermindert noch nicht einmal neue Schulden. In Spanien geht es im Kern um eine Banken- und Finanzmarktkrise. Wer ernsthaft dagegen vorgehen will, muss die Spekulationsmachine abschalten. Die EZB muss die Euro-Staaten direkt mit Krediten versorgen, damit die Zinsbelastung nur noch ein Prozent beträgt, statt der horrenden Zinsen von sechs bis sieben Prozent, die private Banken verlangen. "
(Pressemitteilung der Linksfraktion im Bundestag 06.06.12)

Auf den Nachdenkseiten schildert Jens Berger in einem sehr empfehlenswerten Artikel die katastrophalen Folgen des Merkel’schen Diktats und endet mit dem Satz 

„Nicht nur Spanien, sondern auch das europäische Haus brennt lichterloh und Angela Merkel ist die Brandstifterin.http://vg08.met.vgwort.de/na/9893794c09144a02accae2a2bf0aa56f
(JB 05.06.12)

Eine Wortwahl, die er offensichtlich bei Joschka Fischer abgeguckt hat.

 Dem Ex-Außenminister ist vor ein paar Tagen schon der Kragen geplatzt:

Das europäische Haus steht in Flammen, und London fordert ein vernünftiges und entschlossenes Verhalten der Feuerwehr. Freilich hat er die Rechnung ohne die Feuerwehr (uns Deutsche) und unsere Feuerwehrhauptfrau Angela Merkel gemacht. Europa, angeführt von Deutschland, löscht lieber weiter mit Kerosin statt mit Wasser, und der Brand wird so mit der von Merkel erzwungenen Austeritätspolitik beschleunigt. Genau deshalb hat sich die Finanzkrise in der Euro-Zone innerhalb von drei Jahren zu einer wirklichen Existenzkrise ausgewachsen.

Das erlebt man auch selten, daß Jens Berger, Helmut Kohl, Linkspartei, Helmut Schmidt und Joschka Fischer einer Meinung sind. 
Alle bewerten die Europa-Politik der derzeitigen „bürgerlichen“ K.O.alition gleich.

Glückwunsch Frau Merkel. 

Sie konnte zwar nicht die Kakophonie in den eigenen Reihen abstellen - aber dafür sind sich alle anderen einig in ihrer Ablehnung.


Nur der Urnenpöbel findet sie noch immer toll.