Montag, 14. Mai 2012

Kuwait



Verglichen mit der absolutistischen Diktatur Kuwait war der Irak unter Saddam Hussein ein Hort der Freiheit und der Liberalismus.

Kuwait ist übrigens mit knapp 18.000 km2 nicht ganz so winzig wie man oft denkt. 
 Das ist eine Größenordnung Oberbayern, Sachsen, Rheinland-Pfalz, Slowenien, Israel.
Die anderen Klischees dürften schon eher zutreffen: Heiß wie die Hölle (selbst die Wassertemperaturen in der Kuwaitischen Bucht betragen rund 30°C), Wüste, keine Fauna, Öl, Reichtum. 
Über die drei Millionen Einwohner (davon eine Million Kuwaiter) bestimmt nur die Herrscherfamilie. Staatsoberhaupt ist der Emir Scheich Sabah al-Ahmad al-Dschabir as-Sabah und als Regierungschef fungiert Scheich Nasir al-Muhammed al-Ahmed as-Sabah. 
Der Emir ist dabei weltliches UND geistliches Staatsoberhaupt. Es gilt die Scharia.

Die as-Sabahs hatten sich Ende des 19. Jahrhunderts, hin und her gerissen zwischen der Türkischen und Britischen Einflusssphäre, auf die Seite der Engländer geschlagen. 
In den Wirren des Ersten Weltkrieges waren die Grenzverläufe in der Wüste etwas unklar.
 1922 jedoch schnitten die Britischen Kolonialherren relativ willkürlich das heutige Staatsgebiet Kuwaits aus dem Irak hinaus. Irakische Regierungen erkannten diesen Landraub niemals an und wehrten sich dementsprechend auch 1961 heftig gegen die UN-Anerkennung Kuwaits als selbstständigen Staat, nachdem die Briten endlich ihre Herrschaft aufgeben wollten.

Es war also nicht ganz abwegig von Saddam Hussein 1990 in Kuwait einzumarschieren, zumal er tatsächlich von den mehrheitlich Sunnitischen Golfstaaten betrogen wurde.

 Gemeinsam mit den USA hatten sie 1980 den Irak massiv in einen Krieg mit dem verhassten Iran gedrängt. 
Wie heute wieder, wollten sie die Perser unbedingt plattmachen und als Hegemonialmacht ausschalten. Amerika versorgte Saddam mit Waffen und Geheimdienstmaterial, Kuwait sagte finanzielle Hilfen zu.

Der Iran, den man nur ein Jahr nach der großen Revolution für völlig instabil gehalten hatte, ließ sich aber nicht so einfach schlagen, wie man sich das in Riad, Kuwait-City und Washington ausgedacht hatte. 
Nach acht Jahren und einer Million Toten, kam der Stellvertreterkrieg aus Erschöpfung zum Erliegen.
Der Irak war ökonomisch ruiniert und wartete vergebens auf die von Kuwait zugesagten Milliarden.
Auch der folgende Golfkrieg 1990/91 endete desatrös für Saddam. 
Die As-Sabahs aber siegten auf ganzer Linie. 
Nicht etwa aus eigener Kraft, aber sie verstanden es die ihnen politisch eigentlich fernen West-Demokratien auf ihre Seite zu ziehen.
 Die USA unter George Bush I legte sich wirklich für den antidemokratischen Menschenrechts-antagonistischen Zwergstaat ins Zeug.

Besser is‘, denn Kuwait sitzt auf dem gewaltigen dem Burgan-Feld, dem zweitgrößten Ölvorkommen der Erde und fördert täglich an die drei Millionen Barrel Öl. 
Kuwait exportiert jährlich für gut 80 Milliarden Dollar Ölprodukte und kauft trotz eines permanenten 10%igen Haushaltsüberschusses jede Menge schöne Dinge aus der EU und den USA, um unsere Wirtschaft anzukurbeln.

Und wenn man ordentlich Geld machen kann, stören auch Nebensächlichkeiten wie Menschenrechtsverweigerung, Demokratie-Abwehr und das Drangsalieren von Oppositionellen nicht.

Guido Westerwelles Haus stellt klar:

Die politischen Beziehungen sind freundschaftlich und gut. Deutschland genießt als bedeutende politische und wirtschaftliche Kraft in Europa und als Land mit traditionell guten Beziehungen zur arabischen Welt großes Ansehen. Zahlreiche Besuche deutscher Spitzenpolitiker in Kuwait in den letzten Jahren zeugen davon. 2007 unterzeichneten beide Staaten ein Abkommen über die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich. Im November 2008 fand in Berlin die erste, im Dezember 2010 in Kuwait die zweite Sitzung der Gemeinsamen Wirtschaftskommission  statt. Bisherige Höhepunkte der beiderseitigen Besuchsdiplomatie war der Besuch von S.H. Scheich Sabah Al-Ahmad Al-Jaber Al-Sabah in Deutschland im April 2010 und die Teilnahme von Bundespräsident Wulff an den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit (gleichzeitig 20. Jahrestag der Befreiung und 5. Amtsjubiläum des Emirs) am 26. Februar 2011 in Kuwait.
Die deutsch-kuwaitischen Wirtschaftsbeziehungen sind problemfrei und gut.  […] Die deutschen Exporte nach Kuwait betrugen 2010 rund 1,2 Mrd. Euro. Dies entspricht einem Anstieg von etwa 24% gegenüber dem Vorjahr. [….] Primär liefert die deutsche Industrie hochwertige Kraftfahrzeuge, Maschinen, Anlagen (insbesondere Kraftwerke), elektrotechnische und chemische Erzeugnisse, Eisenwaren und Lebensmittel nach Kuwait. Unter den kuwaitischen Lieferländern belegte Deutschland 2010 hinter USA und China den 3. Platz.  Kuwait hält erhebliche Investitionen in Deutschland und ist an namhaften deutschen Unternehmen beteiligt.

Kritische Worte findet der Außenminister nicht.
Was gäbe es auch an Kuwait auszusetzen?

 Vielleicht, daß für Blasphemie die Todesstrafe eingeführt wurde?

Wer Gott oder den Propheten Mohammed in Kuwait verunglimpft, soll in Zukunft mit dem Tod bestraft werden. Das Parlament hat ein entsprechendes Gesetz beschlossen. Nicht-Muslimen droht Haft.
Das kuwaitische Parlament will Gotteslästerung in Zukunft mit dem Tod bestrafen. Ein entsprechendes Gesetz habe die Versammlung mit 40 zu sechs Stimmen beschlossen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur der Öl-Monarchie am Donnerstag.
(dpa 03.05.12)

Todesstrafe wird bisher aber schon fleißig praktiziert.
 Seit 2005 ließ die Al-Sabah-Familie 19 Menschen erhängen.

20.05.2007 Khan Anwar Islam Gul, 28.11.2006 Sanjaya Rowan Kumara, 21.11.2006 Mayan Mohammad Iqbal Mayan, 21.11.2006 Abdul Rahim, 21.11.2006 Taj Muhammad, 21.11.2006 Faraj Jodah, 21.11.2006 Taj Muhammad, 02.05.2006 Farraj Mansour Nasser Al-Rukaibi, 02.05.2006 Mohammad Mitab Mohammad, 02.05.2006 Qathban Al-Shimmiri, 02.05.2006 Sami-Allah Ansari,02.05.2006 Tammah Al-Mutairi, 02.10.2005 Mohammed Ahmed Khan, 02.10.2005 Abdul-Basir Abudl-Hai, 02.10.2005 Faz Mohammed Youssef Khan, 02.10.2005 Sayyed Modather Shah Hikmat, 02.10.2005 Mohammed Ishaq, 11.01.2005 Ayub Shah, 11.01.2005 Usman Khan.

Guido stört es offenbar weiter nicht.

Auch den Bericht zur Lage der Menschenrechte 2011 erwähnt das FDP-geführte Haus nicht.

Kritiker des Ministerpräsidenten wurden schikaniert und verfolgt. Ausländische Arbeitsmigranten wurden von ihren Arbeitgebern ausgebeutet und misshandelt. Tausenden von staatenlosen Bidun mit Wohnsitz in Kuwait blieb die Staatsangehörigkeit verwehrt und damit auch der Zugang zum Gesundheits- und Schulsystem sowie zu anderen Bürgerrechten. Mindestens drei Menschen wurden zum Tode verurteilt.
Zwei Kritiker des Ministerpräsidenten wurden weiterhin schikaniert und strafrechtlich verfolgt.
  • Muhammad Abd al-Qader al-Jasem, ein Journalist und Kritiker des Ministerpräsidenten, wurde am 11. Mai 2010 festgenommen. Ihm wurde vorgeworfen, mit Artikeln in seinem Weblog den Status des Emirs, des Staatsoberhaupts von Kuwait, unterminiert zu haben. Am 28. Juni wurde er gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt. Am 22. November verurteilte ihn ein Strafgericht zu einer Haftstrafe von einem Jahr, die er sofort antreten musste. […]
  • Khaled al-Fadala, der Generalsekretär der Nationalen Demokratischen Allianz (National Democratic Alliance), einem Zusammenschluss liberaler politischer Organisationen, wurde am 30. Juni zu drei Monaten Haft und einer Geldstrafe verurteilt. Er wurde für schuldig befunden, in einer Rede, in der er Korruption in Kuwait kritisiert hatte, den Ministerpräsidenten beleidigt zu haben. […]
  • Am 9. April 2010 wurden 33 ägyptische Staatsbürger festgenommen, die sich in einem Restaurant in Kuwait getroffen hatten, um einen möglichen Kandidaten für die ägyptischen Präsidentschaftswahlen 2011 zu unterstützen. 25 von ihnen wurden umgehend ausgewiesen, die anderen acht wurden nach vorliegenden Informationen freigelassen.
  • Am 8. Dezember 2010 löste die Polizei unter Einsatz von Gewalt eine öffentliche Versammlung im Haus des Parlamentsabgeordneten Jama'an al-Harbash auf. Dabei soll sie mehrere Mitglieder des Parlaments und weitere Personen tätlich angegriffen haben, die daraufhin im Krankenhaus behandelt werden mussten. Frauen wurden auch weiterhin durch Gesetze sowie im täglichen Leben diskriminiert.
  • Im April 2010 untersagte ein Gericht die Berufung von Frauen als Staatsanwältinnen. (AI 2011)