Samstag, 7. April 2012

Bleibt alles gleich




Wie schon gelegentlich erwähnt, gucke ich sehr gerne die „Tagesschau vor 20 Jahren“ im TV. 
Das ist amüsant, lehrreich und auch immer wieder verstörend.

Es wirft kein allzu gutes Licht auf die Gattung Homo Sapiens. Denn die Themen sind sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene erstaunlich gleich geblieben. 

Die Themen von 1992 lauteten:
Darf man mit der PDS zusammenarbeiten? Müßten wir nicht mal das Steuersystem vereinfachen und gerechter machen? Ist die Rente noch sicher? Wie werden wir der Kostenexplosion im Gesundheitswesen Herr? Wohin tun wir bloß den ganzen Atommüll? Und wir verteilt man die finanziellen Lasten zwischen den Bundesländern?

International hat es gerade gewaltig am Golf gekracht, weil die Amis im Irak einmarschiert sind. 
In Russland ist die Kreml-gesteuerte Demokratie irgendwie fraglich und Israel ist im Dauerkonflikt mit den Nachbarn; fanatisierte jüdische Siedler stellen ein offensichtlich unüberwindbares Hindernis bei Verhandlungen mit den Palästinensern dar.

Deutschland  mischt insofern mit, als es fleißig Waffen in die Krisengebiete liefert und den aggressiven Kurs des US-Militärs unterstützt.

Und dann waren da noch diese naiven deutschen Schriftsteller, bzw „Intellektuellen“, die sich öffentlich gegen auch nur indirekte Beteiligung Deutschlands an Kriegen aussprachen. 1990/1991 hieß das „Frankfurter Appell.“

Den kriegsunlustigen Schriftstellern schlug eine breite politische und publizistische Front der Empörung entgegen. 
Sie würden die Gefahren für Israel verkennen und überhaupt zeugten ihre Friedensappelle bloß von Naivität.

Die damalige Kohl-Merkel-Regierung überwies 18 Milliarden DM als deutschen Beitrag in die US-Kriegskassen.

Damit wurden dann 42 Tage und Nächte pausenlose Bombardements der Irakischen Bürger mitfinanziert. Mindestens 150 000 Menschen starben unter den angeblich "sauberen, chirurgischen" Schlägen.
Anschließend kam die Weltgemeinschaft auf die grandiose Idee das ungeliebte Regime mit harten Sanktionen mürbe zu machen.
Mehr als 1 Million Opfer, vor allem Kinder, forderte das bis 2003 andauernde Embargo. 

Tolle Leistung, lieber Westen.

2012 haben wir es soweit gebracht, daß wieder ein „Intellektueller“ öffentlich rumnörgelt, daß die von Deutschland unterstützte Nahost-Strategie kontraproduktiv wäre. 

An der Form, die Günter Grass wählte könnte ich viel kritisieren. 

Und ja, er haute auch diesmal viele Fehler in sein „Gedicht“. 

Ein Déjà-vu ist die Diskussion dennoch.

Es ist natürlich Unsinn ein „Tabu“ zu konstruieren, das nur der tapfere Grass breche. 

Israels derzeitiger Regierungskurs wird nicht nur überhaupt kritisiert, sondern nach meinem Empfinden wird Netanjahu sogar nahezu ausschließlich kritisiert. 
Welches Land stellt sich denn hinter den augenblicklichen Kurs?

Selbst mit dem allerengsten Verbündeten, nämlich der USA, herrscht Eiszeit. 
Obama und Netanjahu können sich ganz offensichtlich nicht leiden. Obama straft den Israelischen Kollegen damit ab, daß er sich beharrlich weigert einen Fuß auf Israelischen Boden zu setzen.

Beim G20-Gipfel in Cannes im November 2011 bekam man einen aufschlussreichen Eindruck davon, wie Bibis Verbündete über ihn denken.

Sarkozy zog in dem Gespräch mit Obama über den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu her. "Ich kann Netanjahu nicht ausstehen, er ist ein Lügner", sagte Sarkozy dem US-Präsidenten in dem eigentlich vertraulichen Gespräch. Obama erklärte darauf offenbar nur lakonisch: "Du hast ihn satt, aber ich habe jeden Tag mit ihm zu tun!"

Die internationale Lähmung gegenüber der Kriegsgefahr am Golf ist heute genauso groß wie eh und je.
Alle Zeichen stehen auf „war“, jeder weiß es, viele sagen es. Aber keiner hat eine Idee oder den Mut den Wahnsinn aufzuhalten.

Der Nahost-Experte Michael Lüders ist einer derjenigen, die den Israelischen Militärschlag für  "fast schon sicher" halten und dies (anders als Grass suggeriert) auch deutlich kundtun.

Michael Lüders: Es wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einem solchen Angriff Israels kommen. Deutschland wird dann auf der Seite Israels indirekt in diesen Krieg mit einbezogen, vermutlich in Form einer symbolischen Unterstützung.    Die Regierenden in Berlin werden das allerdings nur mit großen Bauchschmerzen tun. Denn ein Krieg gegen den Iran, egal wie man ihn begründet, wäre ein völkerrechtlicher Angriffskrieg. Und das verbietet das Grundgesetz. Man wird vermutlich versuchen, sich aus der Affäre zu ziehen, indem man es als Präventivkrieg darstellt.
[…]
tagesschau.de: 2008 hat Kanzlerin Merkel bei ihrer Rede in der Knesset erklärt, die Sicherheit Israels sei deutsche Staatsräson und für die Bundesregierung "nicht verhandelbar". Wäre es vorstellbar, dass sich Deutschland im Falle eines Krieges militärisch beteiligt?

Lüders: Ich traue, ehrlich gesagt, keinem deutschen Politiker diese Dummheit zu. Militärisch gesehen brauchen die Israelis eine deutsche Unterstützung nicht. Man kann nur hoffen, dass sich die Bundesregierung hier sehr zurückhaltend zeigt. […]
Wenn sich Deutschland mit Israel solidarisch zeigen möchte, wäre die Bundesregierung gut beraten, den Israelis diesen Krieg auszureden, der in jeder Hinsicht der helle Wahnsinn ist. Sowohl US-amerikanische als auch israelische Geheimdienstler und führende Militärs warnen vor den Folgen eines Angriffs auf den Iran. Vor diesem Hintergrund wäre es geradezu aberwitzig, wenn sich Deutschland auf diesen Krieg einlassen würde.
[…]
tagesschau.de: Israelische Verteidigungsexperten gehen davon aus, dass der Iran innerhalb von sechs Monaten über waffenfähiges Uran verfügen könnte. Ist diese Einschätzung realistisch?

Lüders: Nein, das ist absoluter Unfug. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass der Iran nach der Atombombe greift. Der ranghöchste amerikanische General Martin Dempsey hat im vorigen Monat in einem CNN-Interview gesagt, die USA hätten keinen Beweis dafür, dass der Iran an einer Bombe baut und sie hielten den Iran für einen rationalen Akteur.

[…] tagesschau.de: Sie sagen, ein Angriff Israels ist fast schon sicher. Wann rechnen Sie damit?

Lüders: Wann genau es passiert oder nicht, weiß natürlich niemand. Bei dem Treffen von Netanjahu und Obama am 5. März in Washington war die Rede davon, dass beide Seiten noch ein Zeitfenster von zwei Monaten einräumen, um zu einer Verhandlungslösung zu kommen. Aber wenn mal eine solche Dynamik greift, wie wir sie jetzt erleben, dann ist nicht davon auszugehen, dass eine der Parteien einen Rückzieher macht.
[…]  Ahmadinedschad ist ein furchtbarer Demagoge, er ist wiederholt durch antiisraelische Polemik aufgefallen und hat den Holocaust geleugnet. Er hat seinem eigenen Land einen Bärendienst erwiesen, denn er hat den Kriegstreibern in Israel und den USA damit eine Steilvorlage geliefert. Aber dieses Zitat, was immer wieder in den deutschen Medien zu vernehmen ist, ist sachlich falsch. Der Iran hat nicht damit gedroht, Israel zu vernichten. Das ist eine falsche Übersetzung einer Rede von 2005, wo Ahmadinedschad erklärte, dass der Zionismus vor der Geschichte keinen Bestand haben werde. Er hat gesagt, das Besatzerregime müsse Geschichte werden, so wie das Apartheitsregime in Südafrika Geschichte geworden ist.
Der Iran hat keinen Grund, Israel anzugreifen, es gibt keine territorialen Konflikte mit Israel, die beiden Länder liegen 2000 Kilometer auseinander. Es ist hier viel Ideologie im Spiel und es geht um Machtansprüche.

tagesschau.de: Aber warum macht Teheran keine Zugeständnisse, um zu deeskalieren?

Lüders: Welches Zugeständnis sollen die Iraner denn machen? Durch die wirtschaftlichen Sanktionen setzt man ihnen die Pistole auf die Brust. Und egal, welche Zugeständnisse sie in der Vergangenheit gemacht haben, es wurde ihnen immer negativ ausgelegt ...

Wir segeln also mal wieder sehenden Auges in die mögliche Apokalypse.

In meinen persönlichen Unterlagen (1990/1991 war ich gegen den Golfkrieg sehr aktiv) habe ich auch die Friedensblaupause wiederentdeckt, die am 23.02.1991 in der „taz“ als Anzeige erschien.


Der „TITANIC-Friedensplan für den Golf IV“

Sei:

Saddam = Hitler

Dann:

Saddam/ Gandhi X Saddat + (A. Schweitzer)2    =  √ Allen Übels

Damit aber auch:

Saddam = Hussein

Also:
Frieden = Krieg

Genau!
Krieg = Frieden!

Aber auch 

Freiheit = Unfreiheit! 

Denn dies wurde gestern noch einmal von dem allseits geschätzten brillanten Intellektuellen Benedikt XVI festgestellt.
Erst wenn wir auf unseren freien Willen verzichten, nicht mehr selbstständig denken, sondern das tun was Gott befiehlt, sind wir frei! Wer sich nicht Gottes Befehlen fügt, sondern eigenen moralischen Werten folgt, leugnet die Wahrheit und macht sich zum Sklaven.

Genau.
 Man versteht schon, wieso sich der gesamte Bundestag zu Standing Ovations bemüßig fühlte, als Ratzi seine gagaeskes Weltbild ausbreitete.


Der natürliche Wille des Menschen Jesus schreckt vor dem Ungeheueren zurück. Er bittet, daß ihm dies erspart bleibe. Aber als Sohn legt er diesen menschlichen Willen in den Willen des Vaters hinein: Nicht ich, sondern du. Damit hat er die Haltung Adams, die Ursünde des Menschen umgewandelt und so den Menschen geheilt. Die Haltung Adams war gewesen: Nicht was, du Gott, gewollt hast, sondern ich selber will Gott sein. Dieser Hochmut ist das eigentliche Wesen der Sünde. Wir denken, wir seien erst frei und wahrhaft wir selber, wenn wir nur noch dem eigenen Willen folgen. Gott erscheint als Gegensatz unserer Freiheit. Von ihm müssen wir uns befreien, so denken wir: Dann erst seien wir frei. Dies ist die grundlegende Rebellion, die die Geschichte durchzieht und die grundliegende Lüge, die unser Leben verfälscht. Wenn der Mensch gegen Gott steht, steht er gegen seine Wahrheit und wird daher nicht frei, sondern entfremdet. Frei sind wir erst, wenn wir in unserer Wahrheit sind, wenn wir eins mit Gott sind. Dann werden wir wirklich „wie Gott“ - nicht indem wir uns Gott entgegensetzen, ihn abschaffen oder leugnen. Im ringenden Gebet des Ölbergs hat Jesus den falschen Gegensatz zwischen Gehorsam und Freiheit aufgelöst und den Weg in die Freiheit eröffnet. Bitten wir den Herrn, daß er uns in dieses Ja zum Willen Gottes hineinführt und uns so wahrhaft frei werden läßt. Amen.
(Radio Vatikan 05.04.2012)