Freitag, 23. März 2012

Am Thema vorbei.



Der SPIEGEL, bzw in diesem Fall sein Autor Lenz Jacobsen, schafft es mal wieder als Letzter durchs Ziel zu gehen.

Heute ist ihm aufgefallen, daß es irgendwie nicht mehr so recht in die Zeit passt, wenn christlich geführte (aber staatlich bezahlte!!!!!!!!!!!) Kindergärten, Krankenhäuser, Altenheime, etc Mitarbeiter feuern, nur weil sie beispielsweise geschieden sind.

Kann sich der Arbeitgeber-Gigant Kirche mit 1,3 Millionen Angestellten solchen Bibel-Dogmatismus noch leisten?

Guten Morgen!

Jacobson greift hier den Fall Königswinter auf, der in diesem Blog schon vor sechs Wochen ausgebreitet wurde - „Wo die Welt noch in Ordnung ist.

Die Geschichte ist denkbar einfach:
 Ein Kindergarten in Rauschendorf, der zu 100 % von der Kommune und Null % von der Kirche finanziert wird, hat eine Kindergärtnerin namens Bernadette Knecht, 47, von der ohne Ausnahme alle Eltern begeistert sind. 37 Elternpaare von 37 Elternpaaren insgesamt wünschen sich Knechts Verbleib in dem Job. Nur der Pfaff, Udo Maria Schiffers, will das nicht und feuerte Frau Knecht, weil sie gegen das sechste Gebot - Du sollst nicht Ehe brechen - verstieß und sich scheiden ließ.

Ja, und es ist rechtlich ganz klar - der Pfaff darf das, was kein anderer Arbeitgeber sich erlauben dürfte. Kündigungen aussprechen, weil ihm die persönliche Lebensführung einer Angestellten nicht passt. Und das obwohl die Kirche gar nicht der Arbeitgeber ist, sondern nur der Träger ist.

Aber so wollen es unsere Politiker.

Jacobson zitiert den Kirchenrechtler Muckel mit den zwei grundsätzlichen Alternativen, die sich der Kirche nun bieten.

"Da wird allenthalben weggeguckt", erklärt Stefan Muckel, Kölner Professor für Kirchenrecht. In der Kirche sei längst eine Diskussion entbrannt, ob sie sich als Arbeitgeber diesen Dogmatismus noch leisten könne. Muckel sieht nur zwei Auswege: "Entweder schrumpft sich die Kirche sozusagen gesund und entlässt wirklich alle, die sich nicht an ihre Regeln zur Lebensführung halten. Oder sie wird nachsichtiger und setzt darauf, ihre christliche Botschaft so weiterhin möglichst breit zu streuen."

Ein ziemlich erbärmlicher Zugang zu dem Thema:
 Mitleid mit der armen Kirche, die in einem ach so schlimmen Dilemma steckt und sich zwischen verflachter Moral und Schrumpfung entscheiden muß?

Die Frage geht nun wirklich an allen entscheidenden Themen vorbei.

Wen interessiert es in welche Richtung sich die Kirche entwickelt?

Der Skandal ist doch, daß normale Bürger mangels Alternative gezwungen werden auf katholische Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten und Pflegeheime zurückzugreifen, obwohl sie diese ohnehin als Steuerzahler selbst finanzieren.

Daß die beiden großen Kirchen, insbesondere durch die Ausgrenzungs-Organisationen Caritas und Diakonie, als Träger für so viele Einrichtungen fungieren und dafür auch noch vom Staat gelobt werden, ist der Skandal. 
Sie schmücken sich mit fremden Federn, nutzen neutrales Steuerzahlergeld zur Mitglieder-Rekrutierung für ihre Sekte, die sich nicht um Antidiskriminierungsregeln kümmert.

1,3 Millionen Menschen arbeiten für kirchliche Träger und sind somit Zwangsmitglieder einer homophoben, antisemitischen, misogynen, islamophoben und reaktionären Weltanschauungsgemeinschaft, die bis heute ein imaginäres „Juden unerwünscht“-Schild in ihre Personalabteilungen stellt.

Wer geschieden ist oder sich so wie ich als Atheist geoutet hat, ist von einem Job ausgeschlossen - obwohl die Kirche noch nicht mal selbst den Lohn bezahlt.

"Kann sich der Arbeitgeber-Gigant Kirche mit 1,3 Millionen Angestellten solchen Bibel-Dogmatismus noch leisten?"
BLÖDE FRAGE!

Natürlich kann sich die Kirche das leisten. Sogar in der "Arbeiterpartei" SPD, die sich also eigentlich um diskriminierte Angestellte sorgen sollte, hat es die schweren Religioten Thierse und Nahles an der Spitze, die unablässig die RKK loben und preisen!
Der Chef der FDP ist im ZK der Katholiken.
Die CDU ist sowieso durch und durch kirchenhörig
Und die Grünen sind auch voll auf Christenkurs - Göring-Eckhardt ist EKD-Präsidentin und als der oberste Pädophilen-Beschützer Ratzinger im Bundestag war, haben sie ihm alle stehen applaudiert.

Also JA, solange wir solche Politiker wählen, kann sich die Kirche das leisten!

Lenz Jacobsen nennt das Beharren auf das sechste Gebot „Bibel-Dogmatismus“.

Dabei stellt er die Kirchliche Moral an sich aber nicht in Frage, sondern gibt nur zu bedenken, ob man sich buchstabengetreu daran halten müsse, oder ob „die Kirche“ nicht auch mal ein Auge zudrücken könne.

Das ist aber viel zu kurz gesprungen. 
Die kirchliche Moral ist nichts, das man mehr oder weniger streng auslegen sollte, sondern eine Perversion, die man bekämpfen muß.

Atheisten, Schwule und Geschiedene zu feuern ist ja nur die eine Seite der Medaille. 
Interessant ist doch die Frage, wer NICHT gefeuert wird.
 Zum Beispiel Pastoren, die Kinder misshandeln.

Sie verstoßen nämlich nicht gegen die Kirchenmoral.
 Die „Ehe zu brechen“, wie es die Kindergärtnerin Knecht tat, indem sie ihren Mann verließ, ist eine TODSÜNDE. 
Messdiener zu vergewaltigen oder zu verprügeln ist verglichen damit nur ein minderschweres Problem.
 Einmal beichten und gut is‘!

Eine Kirche, die ernsthaft Menschen feuert, weil sie durch Scheidung moralisch untragbar geworden sind, aber die Kinderficker weiter Kinder ficken lässt, hat keine strenge Moral oder merkwürdige Moral, sondern gar keine Moral.

Wäre der Trierer Bischof Stephan Ackermann eine Führungskraft irgendwo in Wirtschaft oder Politik, dann wäre jetzt wohl der Zeitpunkt für den Rücktritt: Erst kommt im letzten Jahr heraus, dass Ackermann noch im Jahre 2011 im Falle eines Täter-Priesters die eigenen Leitlinien der katholischen Kirche nicht einhält. Und nun sind es mindestens sieben Priester, die in seinem Bistum allerlei priesterlichen Aufgaben nachgehen dürfen – verbunden mit der Hoffnung, sie mögen sich nunmehr von Kindern und Jugendlichen fernhalten. Nach dem Motto: „Du du, nun ist aber Schluss“. Was für eine Verkennung des psychischen Drucks unter dem solche Täter stehen und der sie zu immer neuen Taten treibt!
Ja, Ackermann besitzt sogar die Frechheit zu behaupten, dieses Vorgehen diene der Prävention. Es wäre schlimmer, wenn die Täter nun irgendwo frei herum liefen, ohne dass der Bischof auf sie aufpasste. Bitter kann man dazu nur feststellen: Hätte die Kirche diese Seelsorger nicht solange gedeckt, wären viele von ihnen dort, wo Berufenere auf sie aufpassen würden.
Was Ackermann als Nächstenliebe gegenüber gefallenen Mitbrüdern zu verkaufen sucht, ist nur ein weiteres Beispiel für die Unfähigkeit der Kirche, im eigenen Laden aufzuräumen und sich endlich mit den strukturellen Ursachen auseinanderzusetzen: Neben der verkorksten Sexualmoral ist das Festhalten am Zwangszölibat zu nennen, wodurch das falsche Personal angelockt und ein vergiftetes Binnenklima in der Männerkirche geschaffen wird.

Die Ackermanns kommen damit durch, weil sie von den Religioten in den Bundestagsparteien unterstützt werden.

Wir wählen die!

Ich habe mich schon irgendwie damit abgefunden, daß Nahles und Thierse geistig vollkommen umnachtet sind. Unter 500.000 Parteimitgliedern gibt es eben auch völlig Verrückte.

Viel schlimmer finde ich, daß sie immer mit ihren eigenartigen Kirchenlobeshymnen durchkommen und niemand widerspricht.

Immerhin sind das ja nicht nur "Meinungen", die Thierse von sich gibt, sondern vor Allem auch faustdicke LÜGEN! Kann da nicht mal Gabriel was dazu sagen?

Jedes SPD-Mitglied sollte sich für so einen Menschen wie Wolfgang Thierse schämen.

Der größte Depp der SPD-Bundestagsfraktion sieht übrigens die Zahlungen der Kirchenmitglieder als Wohltätigkeit für den Staat an. 
Die Kinderschänderorganisation, die zehntausende Heranwachsende auf nicht in Worte zu fassende brutale Weise gequält hat, nennt Thierse „moralisch“, die Kirchen wären gar der „moralische Kitt der Gesellschaft“.


Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse sieht in der Kirchensteuer eine finanzielle Unterstützung der Gläubigen für den Staat. Denn mit den Mitteln würden jene sozialen und kulturellen Leistungen der Kirchen unterstützt, die sie für die öffentliche Hand übernähmen, schreibt Thierse in einem Beitrag für die in München erscheinende Zeitschrift „Jesuiten“. Dadurch werde auch die Vielfalt von Angeboten und damit auch der soziale und kulturelle Reichtum der Gesellschaft gefördert. Die Eigenbeiträge der Gläubigen müssten daher „mindestens als Gewinn für beide Seiten“ betrachtet werden, so der SPD-Politiker. Gleichzeitig verwies Thierse auch auf die Bedeutung der Kirchen als „moralischer Kitt der Gesellschaft“.

Da man aber in der Politik kaum Hilfe findet, ist es umso erfreulicher, daß wenigstens überhaupt jemand klare Worte findet; in diesem Fall Carsten Frerk, dessen Kommentar ich dringend empfehle:

Das ist schlicht falsch. Auch wenn Thierse es immer wieder so sagt.
Wolfgang Thierse ist ein umtriebiger und entschlossener Lobbyist seiner christlichen Religion, einer der Sprecher des Arbeitskreises Christinnen und Christen in der SPD und seit langen Jahren hinzugewählte Einzelpersönlichkeit im Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Er verunglimpft konsequent u.a. die Thesen der Laizisten in der SPD als „Anachronistische Forderung“. Das ist jedoch Politik und wer nicht gemobbt werden will, sollte wohl nicht in die Politik gehen. Meinungen kann man insofern sagen und ändern, Tatsachen aber bleiben Tatsachen.
[…] Nach der letzten vorliegenden Gesamtdarstellung („Caritas und Diakonie in Deutschland, 2005)) werden aus den kirchlichen Finanzeinnahmen rund 840 Millionen Euro für die von Thierse angesprochenen sozialen Leistungen ausgegeben. Das ist bei einem Jahresvolumen der Caritas und Diakonie von rund 45 Milliarden Euro gerade einmal knapp 2 Prozent der Kosten. Legt man dann noch zugrunde, dass die Kirchensteuer nur rund die Hälfte der Kircheneinnahmen ausmacht, dann stammen also auch nur 420 Millionen Euro aus der Kirchensteuer. Das heißt, nur etwa ein Prozent der Kosten von Caritas und Diakonie werden von den Kirchen selber finanziert.
Das könnte man als kirchlichen Beitrag auffassen, der von anderen Stellen nicht finanziert werden muss, aber das stimmt so einseitig eben nicht.
Diese kirchlichen Beiträge werden von Seiten des Staates dadurch gewürdigt, dass als Ausgleich dafür die gezahlte Kirchensteuer in voller Höhe von der Einkommensteuer abgesetzt werden kann. Diese „Begünstigung anerkannter Religionsgesellschaften und ihnen gleichgestellter Religionsgemeinschaften [erfolgt ] aus kirchen- und sozialpolitischen Erwägungen.“ Der Staat, also Bund und Länder verzichten dadurch nach den Angaben der 23. Subventionsberichts der Bundesregierung (Seite 74) im Jahr 2012 auf Steuereinnahmen in Höhe von 2,88 Milliarden Euro.
Die kirchen- und sozialpolitische Erwägung, den Beitrag der Kirchen durch Stützung der Kirchensteuer auszugleichen, war vielleicht noch in den fünfziger Jahren noch ein Nullsummenspiel für beide Seiten: was die Kirche finanzierte, bekamen die Kirchenmitglieder als Steuererleichterung zurück, so dass sie motivierter waren, die Kirchensteuern zu bezahlen, damit die Kirche „so viel Gutes“ damit tue.
Nun hat sich die Kirche aber seit Jahrzehnten immer mehr aus den selber finanzierten oder mitfinanzierten sozialen Leistungen zurückgezogen. Deutlichstes Beispiel dafür sind die früheren Kirchengemeindeschwestern, die als Diakonissen oder Ordensschwestern im Kirchendienst von den Kirchengemeinden finanziert wurden. Sie waren, als‘ praktische Seelsorge‘, für die soziale und einfache medizinische Betreuung der Gemeindemitglieder bei Wind und Wetter unterwegs. Diese kirchlich finanzieren Gemeindeschwestern gibt es jedoch schon lange nicht mehr, sie sind übergewechselt in die öffentlich finanzierten Sozialstationen von Caritas und Diakonie.
(hpd 23.03.12)